Was spricht gegen den >>Friedensherrscher<< Augustus

KarlCooper

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Hallo,
in allen Büchern wird immer von dem Friedensherrscher Augustus für das Römische Reich geschrieben. Aber gibt es eigentlich auch Dinge, die gegen diese Bezeichnung Augustus als "Friedensherrscher" sprechen?
 
Naja, zuerst versuchte er ja Germanien für sich zu erobern. Aber als die Legionen im teutoburger Wald draufgingen, wollte er den Frieden im Reich sichern. Also kann man ihn von dem Teutoburger Wald an als Friedenskaiser sehen.

Doch zum Resüme kann ich nichts mehr sagen, das ist ja die große Frage.
 
Schwerwiegender finde ich die innerrömischen Auseinandersetzungen. Im Grunde hat er das Erbe Caesars mit Gewalt erstritte. So bezwang erst die die Verschwörer um Brutus und Co, dann den Konkurrenten Marc Anton.
Wie friedlich es dabei zuging, zeigt sich im Fall Casaerions. Den Sohn Caesars und Kleopatras ließ er einfach hinrichten, obwohl dieser fast noch ein Kind war.
Sein größtes Verdienst zur Sicherung des Friedens, war seine Langlebigkeit. Wäre Augustus früh gestorben, hätte es sicher keinen jahrzehntelangen Frieden gegeben. ;)
 
Hallo,
in allen Büchern wird immer von dem Friedensherrscher Augustus für das Römische Reich geschrieben. Aber gibt es eigentlich auch Dinge, die gegen diese Bezeichnung Augustus als "Friedensherrscher" sprechen?

Leben und Wirken des Augustus wurden häufig unterschiedlich bewertet. Interessant ist, was einzelne Historiker dazu sagen (Auszug aus der alten Tante Wiki:

Der Althistoriker Theodor Mommsen hat Augustus’ Prinzipatsordnung nicht als Allein-, sondern als Doppelherrschaft gedeutet, die sich Senat und Princeps geteilt hätten.[28] Gegen dieses Bild wandte sich Ronald Syme, dessen 1939 erschienenes Werk The Roman Revolution vor allem aufgrund seines reichhaltigen Materials als Ausgangspunkt der modernen Augustus-Forschung gilt. Symes Darstellung war von der Ausbreitung faschistischer Bewegungen im Europa seiner Zeit geprägt. Für ihn war Augustus ein Diktator. Ähnlich wie Mussolini – nur mit entgegengesetzter, negativer Bewertung – sah Syme in seinem Aufstieg Parallelen zum aufkommenden Faschismus. Augustus’ Regime sei aus einer Revolution hervorgegangen, er selbst ein Parteimann, der gestützt auf Geld und Waffen die alte Führungsschicht beseitigt und durch eine neue ersetzt habe. Als kalkulierender Machtmensch habe er die alte, zerfallende Republik zu Grabe getragen, um unter einer scheinbar republikanischen Fassade eine Alleinherrschaft zu begründen.

Der Historiker Jochen Bleicken urteilt zwar kritisch, aber nicht abwertend über den Princeps: In der antiken Geschichte gebe es nur Alexander und Caesar, deren Leistungen sich mit denen des Augustus vergleichen ließen. Dennoch könne man ihn nicht mit diesen „Großen“ gleichsetzen, die im Grunde nur zerstörend gewirkt hätten. Augustus hingegen sei vor allem der wegweisende „Baumeister des Römischen Kaiserreichs“ und „Erzieher“ der neuen Eliten des Prinzipats gewesen.[29] Von einer Heuchelei des Augustus oder von einem Fassadencharakter seines Regimes könne keine Rede sein.[30] Dietmar Kienast sah in Augustus gar den selbstlosesten Machthaber der gesamten Geschichte.[31] Auch Klaus Bringmann zieht in seiner aktuellen Augustus-Biographie eine insgesamt positive Bilanz der Regierungszeit des ersten römischen Kaisers: Anders als Ronald Syme sieht er in dessen Leistungen den Beleg dafür, dass der Besitz der Macht für Augustus kein bloßer Selbstzweck war.
Es ist also festzuhalten, dass die moderne Geschichtsschreibung vorwiegend positiv über Augustus urteilt!

Tatsächlich sicherte Augustus dem Römischen Reich mit dem Kaisertum Frieden und relativen Wohlstand, der von der Julisch-Claudischen (14-68) bis zur Severischen Dynastie (193-235) reichte - auch wenn diese Zeit nicht frei war von Krisen und Spannungen, die die Folge innerer Widersprüche waren, die dem Kaisertum immanent waren: Es durfte von seinen Voraussetzungen her keine Erbmonarchie sein und doch war die dynastische Sukzession Unterpfand der Stabilität. Das Ende einer Dynastie konnte Bürgerkrieg mit verheerenden Folgen für die antike Welt bedeuten. Zum Glück ist es dazu nur zweimal gekommen: nach Neros gewaltsamen Ende (68) und nach der Ermordung des Commodus (192).

Kaum vorwerfen kann man Augustus den Bürgerkrieg. Nach Caesars Ermordung war ein Machtvakuum entstanden und die ungeklärte politische Lage trieb automatisch einer Lösung zu.
 
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Es ist doch gerade die Beendigung der Bürgerkriege und die Prosperität des Imperiums, die Augustus als "Friedensherrscher" erscheinen lassen. Jenseits der oft knappen und lapidaren Formulierungen in Überblickswerken, die Augustus eben als Friedensbringer beschreiben, kann man ettliche Gründe und Gegenden finden, in denen das Imperium kriegerisch aktiv war ( Neben Germanien ist vor allem Afrika zu nennen). Somit bleibt für mich eben nur die Beendigung des Unruhepotentials der innerrömischen Gesellschaft und der Bürgerkriege, die Augustus nach seiner Machtsicherung äußerst effektiv durchgesetzt hat. Vor seinem Machtantritt kann man ca 100 Jahre Auseinandersetzungen und offenen Bürgerkrieg feststellen. Diese Bürgerkriege, insbesondere die Zeit von Sulla bis Caesar haben zwar erst die Grundsteine für die Herrschaftsorganisation des Augustus ermöglicht, dennoch sind es Jahre voller Unruhe, Umwälzungen und Ungewissheit gewesen, die dann durch die Herrschaft des Augustus abgelöst wurden.
 
Sueton stellt Augustus allerdings mit einem Hauch von Kritik dar, indem er ihm in seinem Bericht über den Perusinischen Krieg das Zitat "Es muss gestorben werden" in den Mund legt. Diesem Ausspruch folgte die exemplarische Ermordung des Stadtrates von Perusia.
Der damals noch Octavian herrschende Kaiser hatte einen starken Hang zur Macht, sein Prinzipat wurde wohl nicht nur positiv bewertet.
Ein Machtmensch muss man aber wohl sein, um sich die Macht in einem solchen Reich zu erstreiten.
 
Hier wurde fast alles gesagt - und ich stimme dem zu. Möchte aber auch darauf hinweisen, dass Augustus ein unglaublich gutes PR-Netzwerk aufbaute und erhielt --- nicht nur, dass er seine Diktatur (denn darum handelte es sich, wenn es auch den Namen nicht mehr trug) unter dem neuen Titel des "Princeps" (was als "Erster" ein durchaus gewöhnlicher Titel in der römischen Kultur war, Vorsitzende von Kollegien, Festen und sogar Gladiatoren hießen so) etablierte, er schuf mit dem "Augustus" sogar einen religiösen Titel, der sonstige Könige und Herrscher in den Schatten stellte.
Neben dieser herrschaftlich-religiösen Neuordnung gab es auch ein Kulturprogramm, das er allerdings (der Glaubwürdigkeit halber?) zu großen Teilen seinen Freunden überließ. Dessen Vielschichtigkeit ist bezeichnend: wurde doch jedem etwas geboten, neben Festen und Circusspielen auch Theater und Literatur. Nicht zuletzt durch die Auftragsarbeit des offiziellen "Gründungsmythos" der Stadt Rom des Dichters Vergil (und die im Nachgang erfolgte Vermarktung und Verbreitung dieses Werks) wurde eine kulturelle Zäsur geschaffen, die für uns vielleicht deutlicher wahrnehmbar ist als sie damals war: der Umgang mit den "unliebsamen" Poeten wie Naso beweist, dass es durchaus muffig war hinter der Marmorfassade.
 
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