Was wurde für Kampftiere um 100 n. Chr. aufgewendet?

Scorpio

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Tierhetzen waren eine beliebte Einlage der römischen Unterhaltungsindustrie, fast so begehrt wie Gladiatorenkämpfe. Pompeius und Caesar gaben venationes und Elefantenjagden, Augustus ließ im Laufe seiner Regentschaft 3500 Tiere kämpfen. Titus und Domitian verbrauchten deutlich mehr, bei den Einweihungsspielen des Kolosseums sollen 5000 wilde Tiere gekämpft haben. Doch keiner übertraf den optimus princeps Trajan. Von 107- 109 traten an 150 Tagen der Spiele 10.000 Gladiatoren und 11.000 wilde Tiere auf. Kaum weniger aufwändig waren Spiele zu Ehren der Einweihung des Trajansforums und anlässlich Trajans Eroberungen im Partherkrieg.

Kein späterer Princeps hat Trajan übertroffen, doch was wurde in Rom, in Mainz, in Alexandria für einen Bären, einen Löwen, einen Leoparden gezahlt?

Soweit ich weiß, war der Großhandel mit exotischen Tieren ein Staatsmonopol, eine wahre Armada von Jägern, Veterinären, Trainern versorgte die Metropolen des Imperiums.

In Rom gab es Vivarien, wo die Kampftiere bis zu ihrem Auftritt gehalten und für den Auftritt der Arena präpariert wurden. Doch was kosteten Kampftiere wie Löwen, Tiger, Bären, Elefanten und Nashörner in Rom um 100 n. Chr?

Ich kann mich leider nur ganz vage an einen Hinweis aus unbekannter Quelle erinnern, wonach in der Spätantike für einen Löwen bis zu 16.000 Sesterzen verlangt wurden, was erheblich teuerer als zur Zeit Trajans gewesen sein muß.


Von Cicero ist ein Briefwechsel mit einem gewissen Patiscus überliefert, der sich in Rom als Ädil bewarb und sich seines alten Freundes Cicero erinnerte, der als Statthalter von Cilicia direkt an der Quelle saß und Leoparde besorgen konnte. Patiscus beschwerte sich, dass ihm Cicero aus Pamphylien nur so wenige Panther besorgt habe, während Curio ihm 10 Stück gab und noch 10 afrikanische Leoparde drauflegte.

Cicero entschuldigt sich und versichert, dass die Sache mit Nachdruck verfolgt würde und er jeden verfügbaren Mann zum Fallenstellen abkommandiert habe, dass sich aber schon die Leoparde bei ihm über Überjagung beschwert haben und das Gerücht ginge, sie seinen alle nach Karien ausgewandert.

Gibt es Schätzungen über den Bestand an Großraubtieren und Dickhäutern? War das Imperium Romanum eine Populationssenke für Großraubtiere oder ist das eher eine Behauptung? Immerhin verschwanden die letzten Berberlöwen erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, und obwohl häufig Prämien auf Tiger und Leoparde ausgesetzt wurden, waren sie in Britisch- Indien noch um die Jahrhundertwende sehr zahlreich.
 
Ein wirklich interessantes Thema! Die Reviergrößen bei Tigern und Leoparden liegen bei etwa 50 qkm, einigermaßen intakte Huftierpopulationen vorausgesetzt. Löwenrudel in den Nationalparks (optimal) etwa auch so, kann aber auch bis 400 qkm gehen. Zum Vergleich: Berlin hat nicht ganz 900 qkm. Der Aufwand zum Fangen muss also enorm gewesen sein und die Tiere an den Rand der Ausrottung gebracht haben. Die Christianisierung und damit verbundene Abschaffung dieser makaberen Schauspiele hat den Berberlöwen, Kaspitigern etc. noch einmal eine Galgenfrist bis in unsere Zeit verschafft. Elefanten, Flußpferde und Nashörner überlebten die Antike nördlich der Sahara nicht. Tierimporte aus Indien wird es kaum gegeben haben. Ein Löwe (viel einfacher zu beschaffen als Tiger oder Leoparden) wird vermutlich einen Preis erzielt haben, der einer heutigen Luxuskarosse entspricht. In Wiki wird ein Sklavenpreis von 2000 Sesterzen genannt - 1/8 laut @Scorpios Beitrag.

In Cilicia gibt es heute noch einige Leos, so heimlich dass man nur Spuren findet, aber seit 30 Jahren keinen sah. Die (frühere) Häufigkeit in Indien rührt daher, dass die Jagd auf sie ein Vorrecht der Maharadschas und hohen Kolonialbeamten war. Obwohl, hätte sich nicht der Adel Europas die Hochwildjagd unter den persönlichen Nagel gerissen, gäbe es heute vermutlich überhaupt keine größeren Wildtiere mehr bei uns.
 
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Es würden mich mal konkrete Zahlenangaben interessieren.
Welcher Kaiser ließ wann welche Tiere in welcher Anzahl in die Arena?

Gibt es Angaben, ob man gefangene Löwen nachzüchtete? Das ist im Gegensatz zu anderen Großkatzen kein Problem. Die Zoos verpassen den Löwinnen deshalb die Pille, sonst wüssten sie nicht wohin mit dem vielen Nachwuchs.
 
Augustus sagt in seinen Res Gestae, dass er im eigenen Namen oder im Namen seiner Enkel soundso oft Gadiatorenspiele und venationes gegeben habe und dass dabei 3500 wilde Tiere gekämpft haben. Da das von den Zeitgenossen nachprüfbar war, dürften diese Zahlenangaben stimmen. Augustus übertraf damit deutlich Caesar, der die bisher prächtigsten Spiele und Munera ausrichtete, doch erscheinen diese Zahlen des ersten Princeps relativ bescheiden, wenn man sie auf eine Regierungszeit von über 30 Jahren rechnet. Titus und Domitian haben allein 80 n. Chr 5000 Raubtiere bei den Einweihungsspielen des Kolosseums verbraucht. Trajans Spiele anlässlich der Siege über die Daker dauerten mit Unterbrechungen fast zwei Jahre, und nur wenige Jahre später noch einmal ungefähr der gleiche Aufwand für die Einweihung des Trajansforums und anlässlich des Partherfeldzugs. Domitian pflegte gelegentlich selbst mitzumischen, denn er war ein exzellenter Bogenschütze und tötete von der Loge aus Raubtiere.

Von außerhalb war nicht ehrenrührig, im Gegensatz zu Commodus, der als Secutor und Venator antrat, sich seine Auftritte mit 1 Millionen Sesterzen bezahlen ließ und wie Cassius Dio berichtet, bei einer Veranstaltung 100 Bären erlegte. Die als Quelle unverlässliche Historia Augustalis berichtet, dass Commodus als Frühsport mehrere Tiere tötete.

Über die Nachzucht von Raubtieren weiß ich nichts, doch ist anzunehmen, dass sich die Römer als Pragmatiker darin versuchten, denn Löwen waren gar zu kostbar. Tiger traten immer wieder in Arenen auf, wenn auch niemals in so großer Zahl wie Löwen und Bären. Tiger gab es doch damals auch noch in Anatolien? Allerdings würde ich indische Tiger durchaus nicht als Kampftiere ausschließen. Der erste Tiger, den die Römer sahen, war ein Geschenk eines indischen Fürsten an Augustus. Die Monsunwinde waren im 1. Jahrhundert den Römern bekannt, die auch Drogen und Textilien aus Indien bezogen, und es gab rege Handelskontakte.

Commodus war sel
 
Dass auch Tiere aus Indien beteiligt waren, will ich ja nicht abstreiten - aber zahlenmäßig dürften sie nicht ins Gewicht fallen. Das Gastgeschenk eines Potentaten schickte man bestimmt nicht in die Arena.
Tiger in Anatolien - nur im äußersten Osten (Kurdistan, Armenien - also damalige Parthergrenze) bis in die 1970er. Kennengelernt haben die Altvorderen die Art erstmals auf dem Alexanderzug (Nearchos).
 
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Soweit ich weiß, war der Großhandel mit exotischen Tieren ein Staatsmonopol, eine wahre Armada von Jägern, Veterinären, Trainern versorgte die Metropolen des Imperiums.

In Rom gab es Vivarien, wo die Kampftiere bis zu ihrem Auftritt gehalten und für den Auftritt der Arena präpariert wurden. Doch was kosteten Kampftiere wie Löwen, Tiger, Bären, Elefanten und Nashörner in Rom um 100 n. Chr?

In der tunesischen Magerius-Villa (Smirat, 1966 aufgefunden).

1024px-Sousse_museum_Smirat-retouched.jpg


Der Text um die zentrale Figur, die im Text als curio bezeichnet wird, lautet:
[Spalte 1]
per curionem
dictum . domini mei ut
Telegeni
pro leopardo
meritum ha
beant uestri
fauoris dona
te eis denarios
quingentos

[Spalte 2]
adclamatum est
exemplo tuo mu
nus sic discanp
futuri audiant
praeteriti unde
tale quando tale
exemplo quaesto
rum munus edes
de re tua mu
nus edes
sta dies
Magerius do
nat hoc est habe
re hoc est posse
hoc est ia nox est
ia munere tuo
saccis missos

Bitte beachten, dass die Worte tw. Zeilensprünge machen.

Für jeden Leopard 500 Denar.
 
Vielen Dank für den Beitrag!

Vielleicht noch ein paar Anmerkungen, was man sich unter 1. und 2. Klasse vorzustellen hat.

Erstklassige Kampftiere waren 1. solche, die äußerlich besonders attraktiv, kräftig und aggressiv waren, vor allem aber solche, die sozusagen ausgebildet waren, die vielleicht schon eine oder mehrere Venationes überlebt hatten und die wie die Leoparden in dem Magerius-Mosaik individuelle Namen trugen.

Tiere, die man ausgebildet hatte für den Kampf waren viel gefährlicher. Die hatten aus dem Einsatz gelernt, ließen sich nicht so leicht durch Farben, Lärm etc. abschrecken.

Bei römischen Venationes war das Verhältnis der Chancen nicht so ungleich verteilt wie beim Stierkampf. Der Stierkampf basiert darauf, dass es die erste Begegnung des Stiers mit einem mit Capa oder Muleta ausgerüsteten Menschen ist. Der Stier lernt im Verlauf des Kampfes, Stiere, die schon einmal Erfahrungen mit dem Cape oder der Muleta gesammelt haben, ignorieren oft das Tuch-

War ein Matador nicht in der Lage, den Stier innerhalb von 15 Minuten zu töten, wurde er mit Ochsen aus der Arena geleitet und im Corral getötet, um zu vermeiden, dass er noch einmal kämpft.

Sehr selten nur wurde ein Stier "begnadigt". In den letzten Jahren kommt es häufiger vor, dass ein Indulto ausgesprochen und der Stier begnadigt wird.

Auch bei den Venationes hatte der Mensch die besseren Chancen, es kam aber häufig vor, dass Löwen, Bären und Leoparden mehrere Venatores töteten und regelrecht zu Publikumslieblingen wurden. Junkelmann erwähnt eine Bärin, die den euphemistischen Namen Misericordia (Barmherzigkeit) trug.

Der Kampf gegen Bären und Raubkatzen erster Klasse war extrem gefährlich.
 
War ein Matador nicht in der Lage, den Stier innerhalb von 15 Minuten zu töten, wurde er mit Ochsen aus der Arena geleitet und im Corral getötet, um zu vermeiden, dass er noch einmal kämpft.
20 Minuten. Danach sagt man, hätte der Stier begriffen, wohin er wirklich stoßen muss.
Es sind aber nicht die Stiere, bei denen es dem Matador nicht gelungen ist, sie in der Plaza zu töten (also in gewisser Weise natürlich schon), es sind vor allem die Tiere, die sich nicht wild genug erweisen und nicht kämpfen. Diese werden auch nicht begnadigt und mit Hilfe von sechs Tieren einer weniger aggressiven Rinderrasse aus dem Rund geleitet.

Sehr selten nur wurde ein Stier "begnadigt". In den letzten Jahren kommt es häufiger vor, dass ein Indulto ausgesprochen und der Stier begnadigt wird.
Die Begnadigung erfahren Stiere, die so sehr überzeugt haben, dass man bereit ist, sie wieder gesund zu pflegen (die Tiere sind ja schwerstens verletzt!) um mit ihnen noch viele Nachkommen zu zeugen. Aficionad@s bemängelten vor 20 Jahren aber tatsächlich (ich beobachte diese Szene nich so sehr, dass ich wüsste, wie es heute ist) dass die Begnadigungen sehr inflationär häufig geworden seien.
In Portugal wird in der Praça überhaupt nicht mehr vor Augen des Publikums, sondern hinter den Kulissen getötet, was das Leiden des Tiers nur verlängert.
 
Nur kursorisch kann ich etwas für die Spätantike, 4. Jh., beitragen:

Die Organisation der Spiele hatte aufgehört, eine rein lokale Angelegenheit zu sein. Die Kosten für die Beschaffung wilder Tiere und reinrassiger Pferde aus dem gesamten Reichsgebiet waren drastisch gestiegen. Nur in Zusammenarbeit mit der kaiserlichen Regierung honnten die Mitglieder des Stadtrates überhaupt noch Spiele ausrichten. Das geschah immer seltener und meist nur noch in ausgewählten Städten. Das große Jagdspektakel, das eine der führenden Familien Antiochias vorführen wollte, mußte um sieben Jahre verschoben werden.

Lit: A. Marcone, L'allestimento dei giochi a Roma nel IV secolo d.C., Annali della Smala Normale superiore di Pisa, 3 (1981), S.11
 
20 Minuten. Danach sagt man, hätte der Stier begriffen, wohin er wirklich stoßen muss.
Es sind aber nicht die Stiere, bei denen es dem Matador nicht gelungen ist, sie in der Plaza zu töten (also in gewisser Weise natürlich schon), es sind vor allem die Tiere, die sich nicht wild genug erweisen und nicht kämpfen. Diese werden auch nicht begnadigt und mit Hilfe von sechs Tieren einer weniger aggressiven Rinderrasse aus dem Rund geleitet.


Die Begnadigung erfahren Stiere, die so sehr überzeugt haben, dass man bereit ist, sie wieder gesund zu pflegen (die Tiere sind ja schwerstens verletzt!) um mit ihnen noch viele Nachkommen zu zeugen. Aficionad@s bemängelten vor 20 Jahren aber tatsächlich (ich beobachte diese Szene nich so sehr, dass ich wüsste, wie es heute ist) dass die Begnadigungen sehr inflationär häufig geworden seien.
In Portugal wird in der Praça überhaupt nicht mehr vor Augen des Publikums, sondern hinter den Kulissen getötet, was das Leiden des Tiers nur verlängert.

Für einen Matador sind nicht die aggressiven Stiere, die attackieren, sondern Stiere, die zögerlich angreifen oder gar nicht angreifen besonders gefährlich.

Es kann ein Matador mit einem schwierigen Stier eine gut durchdachte faena leisten, aber eine brillante Darbietung ist nur möglich mit einem toro bravo, der gut embiste ist, der in einer klaren Linie angreift.

Hemingway erwähnt in Tod am Nachmittag einen Stier Hechicero, der mehr als ein halbes Dutzend Pferde tötete. Damals waren die Gäule der Picadores noch nicht mit den Matratzen geschützt, und Pferdelieferanten lieferten die letzten Klepper. Dieser Stier wurde begnadigt und dem Züchter Eduardo Miura übergeben, der damit eine Zuchtlinie, die Miura-Stiere begründete. Miuras galten als sehr tapfer, ausdauernd und intelligent.

Mehrere Matadore wurden durch diese Rasse getötet. Einer der bekanntesten war Manuel Laureano Sanchez Rodriguez alias Manolete. Manolete wurde in Linares getötet. Manolete ging herein zur estocada, er plazierte den Degen, aber beim Augenblick der Wahrheit verletzte ihn der tödlich verwundete Stier, und Manolete, der als herausragender Matador seiner Generation galt (neben Luis Miguel Dominguin und Antonio Ordonez)

Das mano a mano, von Dominguin und Ordonez im Jahre 1960 war es, das Hemingway ein letztes Mal nach Spanien und zum Stierkampf führte. Hemingway schrieb darüber einen Bericht "Gefährlicher Sommer", das allerdings erst in den 1980er Jahren herausgegeben wurde.
 
Manolete wurde in Linares getötet. Manolete ging herein zur estocada, er plazierte den Degen, aber beim Augenblick der Wahrheit verletzte ihn der tödlich verwundete Stier, und Manolete, der als herausragender Matador seiner Generation galt (neben Luis Miguel Dominguin und Antonio Ordonez)
Manolete scherzte sogar noch über Islero (den Stier), er habe ihn mit in den Tod reißen wollen, als er herausgetragen wurde. Dass er tödlich an der Schlagader verletzt worden war, hatten weder er, noch das ihn filmende Kamerateam begriffen. Im Krankenhaus soll er sogar noch geraucht haben, denen war überhaupt nicht klar, wie es im Manolete stand.
 
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