Wasserversorgung von Privathaushalten / allgemein

thetis

Neues Mitglied
Hallo!

Ich hab zu dem Thema schon ziemlich lange im Internet rumgestöbert, aber nirgends das gefunden, was ich wissen wollte!
Ich weiß, dass v.a. in Städten aber auch auf dem Land (z.B. die Villen von reichen Leuten) Häuser an eine öffetliche Wasserversorung angeschlossen waren, und - denk ich mal - auch an die Kanalisation.
Ich kenn mich zwar mit Wasserversorgungstechnik absolut nicht aus, aber ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie das damals genau funktioniert hat...
Gab es in der Antike schon Wasserhähne, mit denen man wie heute das Wasser "an" und "aus" machen konnte? Unser Lateinlehrer meinte, dass es das nicht gab, und dass das Wasser "einfach immer gelaufen" ist. Stimmt das so??! Dann müssten ja die Wannen auch in öffentlichen Bädern und so ständig übergelaufen, und das Wasser immer a****kalt gewesen sein!!

Also, Konkretisierung meiner Frage: Wie funktionierte das Wasserversorgungssystem GENAU?

Schonmal danke für eure Antworten!
Thetis
 
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Es gab sehr wohl Wasserhähne auch schon in der Antike - die Frage ist eher, wie weit sie verbreitet waren. Ich weiß nur von dem konkreten Fall der Luxusschiffe des Caligula auf dem Nemi-See, diese waren mit Wasserhähnen ausgestattet. Wenn aber die Technik bekannt war, dann muss es auch mehr davon gegeben haben.

Was die Bäder anging so wurden die mit Hilfe der sogenannten Hypocuasten beheizt. Gib bei der Bildersuche mal "Hypocaustum" ein, da müsste etwas zu finden sein.
 
Gab es in der Antike schon Wasserhähne, mit denen man wie heute das Wasser "an" und "aus" machen konnte?
Ja, die gab es.

Unser Lateinlehrer meinte, dass es das nicht gab, und dass das Wasser "einfach immer gelaufen" ist.
Er hat teilweise recht.
Das Problem war, daß es keine vernünftigen Wasserzähler gab, die die Durchflußmenge hätten feststellen können. D.h. die Berechnung erfolgte nach Kapazität der Wasserleitung.
D.h. man ließ halt sehr oft das Wasser kontinuierlich laufen (z. B. für Brunnen), weil ein Abstellen keine Geldersparnis gebracht hätte.

Bei einem geheizten Badebecken wurde natürlich nicht ständig neues Wasser eingelassen.
Wohl aber z. B. bei den Toiletten, da lief ein beständiger Wasserstrom unten durch um alles mitzunehmen.

Umgekehrt darf man natürlich nicht vergessen, daß der größte Teil der Bevölkerung keinen privaten Wasseranschluß hatte, sondern sein Wasser vom nächsten öffentlichen Brunnen ranschleppen mußte.
 
wie das wasser mit hypocausten beheizt wurde, ist mir schon klar, was mich verwirrt hat war, dass unser lehrer eben gesagt hat, dass das wasser ständig am laufen war, da es angeblich keine abstellbaren wasserhähne gab ^-^
Das Problem war, daß es keine vernünftigen Wasserzähler gab, die die Durchflußmenge hätten feststellen können. D.h. die Berechnung erfolgte nach Kapazität der Wasserleitung.
weiß man, wie viel so ein privathaushalt für eine eigene wasserleitung zahlen musste? das fände ich mal interessant.

P.S: wie konnte eigentlich dieses ganze ausgeklügelte hygiene-/bäder-/zu-/abwassersystem im Mittelalter "vergessen" werden (allgemein kulturelle errungenschaften)?
Ich kann mir ja vorstellen, dass große kriege, völkerwanderungen, epidemien, neue religionen etc. zu gesellschaftlichem wandel führen, aber... manche dinge sind einfach grundlegend!
 
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P.S: wie konnte eigentlich dieses ganze ausgeklügelte hygiene-/bäder-/zu-/abwassersystem im Mittelalter "vergessen" werden (allgemein kulturelle errungenschaften)?
Ich kann mir ja vorstellen, dass große kriege, völkerwanderungen, epidemien, neue religionen etc. zu gesellschaftlichem wandel führen, aber... manche dinge sind einfach grundlegend!

Das römische Versorgungssystem war kein staatliches, sondern basierte auf Mäzenatentum.
Kein Spender = keine gesicherte Versorgung...
Das natürlich in etwas unzulässiger Verkürzung. Vielleicht später mehr.
Ein Tipp: "Luxus & Dekadenz" ist eine sehr lohnende Ausstellung um das Problem besser zu verstehen.
 
In erster Linie sorgten die Kaiser (u. a. Augustus, Caligula, Claudius, Nero, Trajan..) für die Wasserversorgung Roms. Die letzte der 11 Fernwasserleitungen, die Aqua Alexandrina ließ Kaiser Alexander Serverus bauen. Man schätzt die Gesamtkapazität aller Leitungen pro Tag auf 1 Mio. Kubikmeter.

Die von Claudius erbauten beiden Wasserleitungen kosteten 350 Mio. Sesterzen. Umgerechnet kostete so 1 km = 2,25 Mio.
700 Menschen waren zu der Zeit von Claudius als Streckenwärter, Bauarbeiter, Handwerker, Ingenieure etc. damit beschäftigt, die Leitungen instand zu halten.

Wer einen privaten Wasseranschluss beantragen wollte, musste dies beim Kaiser tun. Und das kostete Geld. Ebenso musste die Zuleitung zu den Privathäusern selbst finanziert werden. Der Durchschnitts-Römer holte sich das Wasser aus Becken (lacus) oder Laufbrunnen (salientes). 1350 Schöpfstellen in Rom sind aus der Spätantike bekannt. Noch kürzere Wege hatten die Pompejaner zum Wasser: 40 Schöpfstellen für 8000 Einwohner. Wer nicht selbst gehen wollte und es sich leisten konnte, ließ sich das Wasser von einem "aquarius" bringen.

Wasserhähne gab es nur im privaten Bereich. Das öffentlich überfließende Wasser wurde zur Straßenreinigung und zur Latrinenspülung umgeleitet. Der ständige Durchfluss durch die Leitungen bedeutete auch eine gute Wasserqualität. Verunreinigungen wie bei stehendem Wasser waren so nicht möglich. Chemische Zusätze gab es noch nicht. Einziger Filter war ein Absatzbecken, wo sich Schlamm absetzen konnte.

Ansonsten gab es natürlich auch private Sponsoren, wie tejason schon vermerkt hatte. Aber wenn die Gemeinde pleite war, wandte sie sich auch schon mal an den Kaiser.
 
Da bin ich einer umfassenden Antwort schon enthoben durch den Vorpost. Ich wäre allerdings stärker auf die letzten 2 Sätze eingegangen, denn das war die Regel.

Die Technik ging verloren weil diese Art des Mäzenatentums in den späteren Gesellschaftsformen nicht mehr das Ansehen hatte wie bei den Römern. Entsprechend ging das Wissen darum verloren da es nicht mehr nachgefragt wurde. Ja die Städte, die noch aus Römerzeit eine solche Anlage hatten waren nicht einmal mehr in der Lage oder willens, den laufenden Unterhalt und die Pflege aufzuwenden die für den Betrieb notwendig waren.

Kein Wunder übrigens, da die laufenden Kosten für diese Anlagen sich ja nicht selbst trugen. Wie hätte man denn beim "Endkunden" des Wassers abrechnen können und sollen? Das Wasser lief, egal ob es gebraucht wurde oder nicht. Der statistische pro-Kopf-Verbrauch an Wasser in Pompeij etwa lag nach manchen Schätzungen noch über jenem der heutigen US-Bürger, die bekanntlich als die übelsten Verschwender natürlicher Resourcen von Umweltschützern angegriffen werden. Der Vergleich hinkt natürlich, immerhin floss das meiste Wasser in Pompeij ja auch ungenutzt in die Gosse ab. Ökonomisch waren die antiken Wasserversorgungen niemals gewesen, sondern Ausdruck von Macht, Herscherwille und Quell persönlichen Ansehens. In der anders struktuierten Gesellschaft des Mittelalters war eine Wasserleitung kein Werte mehr, diese Ziele auszudrücken. Bekanntlich siedelten sich etwa die Germanen im ehemaligen Dekumatland östlich des Rheines nach Aufgabe des Limes nur sehr selten in ehemaligen römischen Ortschaften an, sondern gründeten meist neue Siedlungsstätten näher an natürlichen Wasserläufen. Eine aufwändige Wassertechnik wie in manchen villa rustica der römischen Oberschicht war schon aufgrund der Gesellschaftsstruktur nicht möglich...
 
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Kein Wunder übrigens, da die laufenden Kosten für diese Anlagen sich ja nicht selbst trugen. Wie hätte man denn beim "Endkunden" des Wassers abrechnen können und sollen? Das Wasser lief, egal ob es gebraucht wurde oder nicht. Der statistische pro-Kopf-Verbrauch an Wasser in Pompeij etwa lag nach manchen Schätzungen noch über jenem der heutigen US-Bürger, die bekanntlich als die übelsten Verschwender natürlicher Resourcen von Umweltschützern angegriffen werden. Der Vergleich hinkt natürlich, immerhin floss das meiste Wasser in Pompeij ja auch ungenutzt in die Gosse ab. ...

Theoretisch standen jedem Römer 600 Liter Wasser täglich zur Verfügung.

Eine Abrechnung hätte nur bei "Endverbrauchern" stattfinden können, die eine Wasserleitung im Haus hatten. Am Durchmesser des Wasserrohres müsste man das berechnen können.

Eine aus heutiger Sicht echte Verschwendung war es, ein Wasserbecken für künstliche Seeschlachten zu füllen. 2 v. Chr. wurde die Schlacht von Salamis nachgestellt mit 30 Schiffen. 2 Wochen dauerte es, bis dieses Becken (Naumachia) gefüllt war.
 
Zur Wasserverteilung und –bezahlung habe ich noch etwas gefunden.
97 n. Chr. bekleidete der Konsul Sextus Julius Frontinus das Amt des Aufsehers über die städtische Wasserversorgung (curator aquarum) und er beschrieb seine Aufgabe.
Ich werde nun darlegen, worum sich ein Wasserkommissar kümmern muss und welche Gesetze und Senatsbeschlüsse dazu dienen, die Verfahren zu regeln. Mit Blick auf das Recht der Wasserentnahme durch Privatbesitz muss er darauf achten, dass niemand Wasser ohne schriftliche Erlaubnis des Kaisers entnimmt, wozu er keine Erlaubnis hat und dass niemand mehr Wasser entnimmt als er Erlaubnis hat. … Er muss größte Wachsamkeit gegen vielerei Arten des Betrugs walten lassen. Die Kanäle außerhalb der Stadt müssen häufig mit größter Sorgfalt hinsichtlich der garantierten Wassermengen inspiziert werden. Dasselbe muss im Fall der Zisternen und öffentlichen Brunnen getan werden, so dass das Wasser Tag und Nacht ohne Unterbrechung fließen kann.

Das Recht der zugewiesenen Wassermenge geht nicht auf einen Erben, Käufer oder sonst neuen Eigentümer des Besitzes über. Aber öffentliche Thermen haben schon vor langer Zeit das Privileg erhalten, das einmal gewährte Wasser für immer zu behalten…
Wie das Wasser verteilt wird beschreibt Marcus Vitruvius Pollio (röm. Architekt).
Kommt die Leitung an die Stadtmauer, so soll man ein Wasserschloss errichten und mit dem Wasserschloss verbunden zur Aufnahme des Wassers einen aus drei Wasserkästen bestehenden Wasserbehälter. Im Wasserschloss lege man drei Rohrleitungen an, ganz gleichmäßig verteilt auf die Wasserkästen, die so untereinander verbunden sind, dass das Wasser, wenn es in den beiden äußeren Kästen überläuft, in den mittleren Kasten fließt. In dem mittleren Kasten sollen Rohrleitungen so angelegt werden, dass sie zu allen Bassinbrunnen und Springbrunnen führen, damit das Wasser nicht in den öffentlichen Anlagen fehlt; aus dem zweiten Wasserkasten sollen Rohrleitungen zu den privat betriebenen Badeanstalten führen, denn so können die privaten Mietbäder das Wasser nicht wegnehmen, weil sie von den Ausgangsstellen an eine eigene Wasserleitung haben, aus dem dritten Wasserkasten Rohrleitungen zu den Privathäusern, damit die, die privat Wasser in ihre Häuser leiten, jährlich dem Volk ein Wassergeld zahlen, durch das sie die Unterhaltung der Wasserleitung durch die Steuerpächter sicherstellen. Dies sind die Gründe, weshalb ich diese Einteilung so festgesetzt habe.
Wasserleitungen waren auch ein empfindlicher Nerv der Stadt im Fall von Belagerungen. Der byzantinische Feldherr Belisar nahm im Gotenkrieg die Stadt Neapel ein, indem er seine Leute durch die Wasserleitung schickte. Der Gotenkönig Witigis wiederum zerstörte 537 n. Chr. bei der Belagerung Roms die Aqua Marcia, die u. a. die Caracalla-Thermen speiste. Niemand hatte danach die finanziellen Mittel sie wieder instand zu setzen. 847 n. Chr. stürzten die Gewölbe bei einem Erdbeben ein.
 
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