Waterloo und Preussen!

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Harald aus Köln

Gast
Tejason schrieb;

"Waterloo .... Preußen sicherte sich mit der Schlacht einmal mehr seinen Platz als Großmacht in Europa. Ohne den Anteil am Sieg hätte das von Napoleon vorher ausgepresste und gedemütigte Land bestimmt nicht den inneren Aufschwung gewonnen wie nach Waterloo..."

Wie gross war der Anteil Preussens aM Sieg der Engländer?
Der größere Anteil?
Hat also nicht England in erster Linie Napoleon geschlagen, sondern eigentlich Preussen?

Wie sieht das ein britischer Historiker?
 
Soweit mir bekannt beziehen sich die britischen Historiker in aller Regel auf die Aussagen von Wellington, die französischen auf diejenigen von Napoleon und die preußisch-deutschen auf die von Gneisenau, Blücher usw..
Das modernste Buch zu dem Thema stammt von Bernard Coppens, der sich mit den tatsächlichen Stabsbefehlen N. beschäftigt hat und diese mit seinen späteren Aussagen verglich. An englischsprachigen Historikern, fiele mir auf Anhieb Chandler ein.
Soweit mir bekannt gibt es kaum wirkliche Zusammenstellungen und Gegenüberstellungen der preußischen, britischen und französischen Befehle, welche nötig wären, um die wirklichen Vorgänge der Tage zu rekonstruieren. In www.napoleon-online.de wurde im Forum die Frage schon mehrfach und ergiebig von Fachleuten, auch Historikern diskutiert.
 
Ich habe mich intensiver mit den napoleonischen Kriegen, insbesondere mit Borodino, der Völkerschlacht und Waterloo beschäftigt. Für mich steht fest, das Wellington, Waterloo ohne das preussische Eingreifen nicht gewonnen hätte, ja wahrscheinlich sogar verloren hätte. Im Gegensatz zu den Franzosen, besaß Wellington zum Ende der Schlacht praktisch keine Reserven mehr. Seine schwere Kavallerie war so stark dezimiert, das Sie der franz. Kavallerie nichts mehr entgegensetzen konnte. Die Verfolgung der Franzosen wurde dann auch folgerichtig, von den Preussen übernommen. Auch der Kampf (Schlacht bei Wavre am 18.6. und 19.6.) gegen die drei Korps (ca. 37 000 Mann Sollstärke) des Marschall Grochy, parallel zur Schlacht bei Waterloo, wurde von den Preussen unter Johann von Thielmann bestritten.
Unbestritten bleibt aber, das wohl nur die Anglo-Alllierten unter Wellington, Napoleon so eine Schlacht liefern konnten.
Die preussische Armee wäre dazu nach Ligny nicht mehr in er Lage gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Qualität der Preußen nach Ligny ist ja so eine der üblichen diskutierten Fragen. Schaut man sich Wavre an und dass dort das Korps Tielmann gegen bedeutend überlegene Kräfte Grouchys den 18. Juni lang standhielt, dann können Blüchers Kräfte nicht so schwach gewesen sein, ebenso wenn man sich die Marschleistungen der Preußen näher betrachtet, das trotz Niederlage mit hohen Verlusten und schlechten Straßen. ...
Bei Belle-Alliance bekamen es die Preußen dann auch noch mit der Reserve Napoleons bestehend aus einem ganzen Teil der Garden zu tun. Gut eigentlich ist in der Hinsicht eher der erstaunlich lange Widerstand der Franzosen bermerkenswert, die sich gegen 2 Armeen zugleich behaupten mussten.
:fs:
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, die Qualität der Preußen war keineswegs schlecht. Ob Sie aber in der Lage gewesen wären, der französischen Hauptarmee unter Napoleon selbst, so lange standhaft Wiederstand leisten zu können, ist dennoch fraglich. Allerdings ist das nun spekulativ.
 
Allerdings ist das nun spekulativ.
Nicht ganz. Die Preußen verfügten bei Ligny noch nicht über alle Kräfte, erhielten nach der Schlacht noch Verstärkung durch ein Korps. Währenddessen hatte Wellington bei Belle Alliance alle seine Truppen einsetzen können, was er vielleicht nicht effektiv genug tat, da er sie zu weit auseinanderzog und N. überschätzte, nämlich hinsichtlich eines Umgehungsmanövers.
N. war aber klar, das betonte er ja immer wieder, dass er Wellington vernichten musste, ein Remis oder gar ein Ausmanöverien und ein Marsch nach Brüssel an Wellington vorbei, hätte ihm bei den zu erwartenden Armeen der Österreicher und Russen nichts genutzt, eher geschadet. Es kann sein, dass Wellington keine Kenntnis über die militärische Schwäche Frankreichs hatte und nicht wusste, dass er in N. Armee die einzige intakte und ernstzunehmende militärische Macht N. sich gegenüber hatte. Wellington hätte sich auch geordnet zurück ziehen können, N. hätte den Krieg verloren.
Aber das nur am Rande...
 
Selbst "vernichten" ist für das, was N. brauchte nicht genug gesagt. Er hätte Wellingtons Armee zerstören müssen, er hätte sie derart zertrümmern müssen, dass man in London friedensbereit geworden wäre. Wellinton und seine Armee hätten nach der Schlacht nicht mehr existieren dürfen, ähnlich dem Ulmer Manöver von 1805, nur eben nicht begleitet von einer zeitlich viel zu aufwendigen Einkesselung. Darauf war N. Belgienfeldzug ausgerichtet, die Ausschaltung zweier Staaten auf einmal.
 
Soweit mir bekannt beziehen sich die britischen Historiker in aller Regel auf die Aussagen von Wellington, die französischen auf diejenigen von Napoleon und die preußisch-deutschen auf die von Gneisenau, Blücher usw.

Ich will nicht hoffen, dass das stimmt, denn das wäre reichlich unprofessionell!
 
Selbst "vernichten" ist für das, was N. brauchte nicht genug gesagt. Er hätte Wellingtons Armee zerstören müssen, er hätte sie derart zertrümmern müssen, dass man in London friedensbereit geworden wäre. Wellinton und seine Armee hätten nach der Schlacht nicht mehr existieren dürfen, ähnlich dem Ulmer Manöver von 1805, nur eben nicht begleitet von einer zeitlich viel zu aufwendigen Einkesselung. Darauf war N. Belgienfeldzug ausgerichtet, die Ausschaltung zweier Staaten auf einmal.
Er hätte die Preußen nach Ligny nicht davon kommen lassen dürfen. Er hätte das preußische Heer bis zum letzten man vernichten müssen. Wenn man ein Gefecht auf der inneren Linie führt so muss zuerst Gegner 1 (also in diesem Fall Preußen) vollständig geschlagen werden, erst danach kann man sich Gegner 2 (in dem Fall Briten & Verbündete) zuwenden. Zum Thema innere Linie sollte man sich Napoleons Italienfeldzug 1805 und Radetzkys Feldzug 1848/49 ansehen.
 
Also ich sympatisiere nach wie vor mit dem legendären Ausspruch: "Ich wollte es wäre Nacht, oder die Preußen kämen."
Wann Wellington diesen Spruch gesagt hat geht aus folgender Seite jedoch nicht hervor, sondern nur, daß die Engländer auf Grund des militärischen Genies Wellingtons anscheinend auch alleine in der Lage gewesen wären, Napoleon zu schlagen. Die Preußen gaben den Franzosen dann noch den Rest.
Hier der Link.
In alten historischen Filmen wird der Schlachtverlauf allerdings immer anders dargestellt, muß wohl unter "künstlerische Freiheit" laufen.
Und AndreasKlammer - bei dir bekomme ich so langsam den leisen Verdacht, daß du eine klitzekleine Antipartie gegen die Preußen hast - oder? :D
 
So wie ich das verstehe, wird das schön durch den Namen widergespiegelt, den die Schlacht(en) auch hätte haben können: La Belle Alliance. Keine Seite hätte ohne die andere erfolgreich sein können.
 
Tejason schrieb;

"Waterloo .... Preußen sicherte sich mit der Schlacht einmal mehr seinen Platz als Großmacht in Europa. Ohne den Anteil am Sieg hätte das von Napoleon vorher ausgepresste und gedemütigte Land bestimmt nicht den inneren Aufschwung gewonnen wie nach Waterloo..."

Wie gross war der Anteil Preussens aM Sieg der Engländer?
Der größere Anteil?
Hat also nicht England in erster Linie Napoleon geschlagen, sondern eigentlich Preussen?

Wie sieht das ein britischer Historiker?

England hat geschlagen. Naja, wenn Hannoveraner und Nassauer auch unter die richtigen "Engländer" zählen, dann haben die Engländer gewonnen.
Wer weiß den eigentllich, wie viele Angehörige Deutscher Staaten auf Seite Wellingtons gekämpft haben ?
Ich meine mich zu erinnern, daß einige Hundert Nassauer ein stark umkämpfte Gehöft hielten ( DTV Augenzeugenberichte Befreiungskriege).

Den Aufschwung genommen hat Preussen schon 1813; gerade durch die Demütigungen und das anschliessende Erstarken. Wieviele Gefechte verlor Preussen 1813/14 ? Eine ganze Menge. Der Unterschied (zu 1806)war doch der, daß sich die Heere Preussens wohlgeordnet und mit festen Herzen zurückzogen, um woanders eben wieder zu siegen ! Diese Moral war denn auch bis 1914 ungebrochen.

Blücher motivierte seine sehr abgekämpften Männer mit den Worten : " Ich habe es meinem Freunde Wellington versprochen". Blücher hat sein Versprechen gehalten, da ist es eigentlich gleichgültig was welcher Historiker meint sagen zu müssen.
Im Grunde wäre eine verlorene Schlacht nicht so schlimm gewesen.
Napoleons Zeit war abgelaufen, gleichgültig welche Schlacht er noch gewonnen hätte. Im Jahre 1813 gab es auch Rückschläge, der Erfolg stellte sich trotzdem ein. Die Deutschen Staaten waren zusammengerückt, bei weiterem Kampf - wer weiß, wäre vieleicht 1871 überflüssig geworden.
 
@ El Quijote
Schau Dir mal die älteren französischen Napoleon-Biographien an! Im Vergleich mit den Memoiren von N., die er auf St. Helena schrieb, bzw. verfassen ließ, wird Dir auffallen, dass das allermeiste, diesen unbewertet u. unüberprüft entnommen wurde. So sah und sieht nunmal Geschichtsschreibung aus.

@ von Drais
Die Aussagen kann ich nicht ganz nachvollziehen. Die Preußen "verloren" bei Großgörschen (franz. Lützen) und Bautzen im Frühjahrsfeldzug ja nie allein, sondern immer zusammen mit den Russen. Die Verluste der Franzosen waren bei Großgörschen doppelt so hoch wie die der Preußen und Russen, da die Franzosen zum einen nur tröpfchenweise auf dem Schlachtfeld eintrafen und zum anderen an Artillerie und Kav. eigentlich erhebliche Deffizite hatten, die sie den ganzen Rest des Krieges nicht ausgleichen konnten.

Die hohen Verluste der Franzosen machten Österreich dazu bereit nach Ablauf des Waffenstillstandes im Spätsommer in den Krieg einzutreten.

Zu Belle Alliance:
Du meinst Hougomont. Das Schloss wurde von Nassauern, Braunschweigern und schließlich auch Briten verteidigt. Oder du irrst Dich in anderer Hinsicht und meintest, La Haye Sainte, das von der Kings German Legion gehalten wurde.
 
Wer weiß den eigentllich, wie viele Angehörige Deutscher Staaten auf Seite Wellingtons gekämpft haben ?

Von den 26 Infanteriebrigaden Wellington waren 9 britisch, von den 12 Kavalleriebriaden 9. Die 29 Geschützbatterien waren etwa zur Hälfte britisch.

Die restlichen Truppen kamen aus Braunschweig, Hannover, Nassau und den Niederlanden.
 
Interessant ist, dass weder im englischen noch im französischen wiki auf die Frage, ob es ein englischer oder preußisch-deutscher Sieg war, eingegangen wird.

Ganz anders in wiki-spanisch. Dort heißt es (ich übersetze mal eben):

“Die Schlacht von Waterloo ist in die populäre Geschichtsschreibung als brillanter Sieg der Engländer und des Herzogs von Wellington eingegangen. Doch muss man berücksichtigen, dass von den eingesetzten Truppen nur 15% Engländer waren, wohingegen sich mehr als 70% aus Deutschen zusammensetzten.

Außerdem muss man auf die fehlende Anfangsinitiative des Herzogs hinweisen und auf den permanenten Druck durch Marschall Blücher. Wenn man also einen Sieger benennen müsste, wären das auf alle Fälle die Deutschen.”


Gruß

Jacobum
 
Wenn ich mich richtig erinnere haben die Preußen die Verfolgung der Franzosen übernommen, was ja noch einer erfolgreichen Schlacht äußerst wichtig ist, die Truppen Wellingtons waren nicht mehr in der Lage. Wenn aber der Verlierer nicht verfolgt wird, sich wieder festsetzen, erholen kann, ist der Schlachtensieg schnell wertlos.

Wer jetzt den größeren Anteil am Schlachtensieg hat, wage ich nicht zu beurteilen. Den Sieg ausgenutzt haben die Preussen!

Grüße Repo
 
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