Wechselseitige Einflüsse Ägypten-Griechenland?

KTSKNS

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Die ägyptische Hochkultur fußte auf den prädynastischen Kulturen Oberägyptens und Nubiens und es sind Überreste starker mesopotamische Einflüsse aus prä- und frühdynastischer Zeit nachweisbar. Manche Wissenschaftler wie Bernal gehen davon aus, daß "erst die kulturelle Verbindung zwischen Ägypten und einer semitischen Grundkomponente der mesopotamischen Hochkultur" eine zusätzliche Vielschichtigkeit gab. Bernal führt das in seiner hervorragenden Studie "Schwarze Athene- die afroasiatischen Wurzeln der griechischen Antike" sogar noch weiter, indem er die semitischen Einflüsse, über den Umweg Ägypten, auf die griechische Kultur nachweist.
es hat Einflüsse auf Ägypten gegeben, genau wie auf das antike Griechenland, richtig.Bernal übrigens ist von Dr. Mary Lefkowitz auf allerschärfeste kritisiert, zT. wiederlegt worden.
 
In welchen Sachverhalten argumentiert Lefkowitz anders als Bernal? Gibt es dazu deutschsprachige Literatur? Im Internet fand ich leider nur ein englischsprachiges Buch von ihr von 1996, welches sich aber schon vom Erscheinungsdatum nicht auf Bernal beziehen kann.
 
In welchen Sachverhalten argumentiert Lefkowitz anders als Bernal? Gibt es dazu deutschsprachige Literatur? Im Internet fand ich leider nur ein englischsprachiges Buch von ihr von 1996, welches sich aber schon vom Erscheinungsdatum nicht auf Bernal beziehen kann.
www.birgitsauer.org/2003/ theorie/nachlese/vierte_einheit.php - 52k
"Auch Bernals Buch wurde nach Strich und Faden auseinandergenommen und praktisch jede einzelne darin getätigte Behauptungen mit ziemlich eindeutigen Fakten widerlegt (vgl. die Textsammlung, die von Mary Lefkowitz und Guy McLean Rogers unter dem Titel "Black Athena Revisited", University of North Carolina Press, 1996, herausgegeben wurde). Der "Wert" des Buches liegt zum einen darin, dass er eine intensive Debatte über die "Ursprünge" der griechischen Zivilisation ausgelöst hatte, in der z.B. die bislang unterbeleuchtete Rolle des vorderen Orients (Palästina, Persien....) für die Entwicklung Griechenlands herausgestrichen wurde. Zum anderen hat es die Debatte über die Universalität von Wissenschaften neu aufgeworfen, d.h. es wirft gerade auch auf einer Metaebene interessante Fragen auf (v.a. in bezug auf Identitätspolitik und der Universalität wissenschaftlicher Methoden). "
solltest du, User Dagobert, Interesse an den Thesen Bernals haben oder diese diskutieren wollen, bitte ich dich, einen separaten Thread (vgl.Threadthema) zu eröffnen.Im obigen Zitat findest du schon eine Antwort auf deine oben gestellte Frage.Ob oben angegebene Link aufgeht, weiss ich nicht, werde evt. später einen Link nachliefern.
 
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solltest du, User Dagobert, Interesse an den Thesen Bernals haben oder diese diskutieren wollen, bitte ich dich, einen separaten Thread (vgl.Threadthema) zu eröffnen.Im obigen Zitat findest du schon eine Antwort auf deine oben gestellte Frage.Ob oben angegebene Link aufgeht, weiss ich nicht, werde evt. später einen Link nachliefern.
Danke für dwn Link. Leider gibt es das Buch aber anscheinend nur auf englisch. Ich befürchte aber, daß hierzu meine Sprachkenntnisse nicht ausreichen. :(
Eine Diskussion über Bernals Thesen könnte man versuchen. Wäre vielleicht spannend, was andere dazu beitragen können. Aber auch hier befürchte ich, daß ich über die ägyptische Geschichte nicht allzuviel weiß und deshalb früh passen muß.
 
Bernal führt das in seiner hervorragenden Studie "Schwarze Athene- die afroasiatischen Wurzeln der griechischen Antike" sogar noch weiter, indem er die semitischen Einflüsse, über den Umweg Ägypten, auf die griechische Kultur nachweist.

Das kann man glauben, oder auch nicht. In erster Linie ist es eine Hypothese, die von anderen Wissenschaftlern abgelehnt oder stark in Zweifel gezogen wird. Ich persönlich glaube nicht daran, dass kulturelle Einflüsse aus Ägypten die griechische Kultur nennenswert beeinflusst haben.

Natürlich steht keine Kultur isoliert im Raum, doch muss man unterscheiden zwischen einem dominierenden Einfluss einerseits und einer unerheblichen Kulturtrift andererseits. Ich denke, auf Griechenland trifft eher das letztere zu.
 
Das die ägyptische Kultur die griechische und römische stark beeinflußte ist in der Wissenschaft nicht strittig.

Prospekt des Städelmuseums Frankfurt/Main zur Ausstellung: Ägypten-Griechenland-Rom; Abwehr und Berührung schrieb:
In Griechenland hat man sich dagegen früh eindringlich mit der ägyptischen Kultur auseinander gesetzt, man war von der ägyptischen Religion und der mit ihr verbundenen Bilderwelt fasziniert. Von ihrer genuinen Bedeutung abgelöst, wurde sie zur Quelle künstlerischer Inspiration. Ägyptische Vorbilder und Techniken trugen wesentlich zur Ausbildung der griechischen Architektur und der griechischen Großplastik bei und haben die griechische Ikonographie nachhaltig bereichert. In Rom und seinen Provinzen brachte man wie zuvor in Griechenland der ägyptischen Kultur nicht zuletzt wegen ihres hohen Alters eine besondere Bewunderung entgegen. Sie galt als Hort einer in Jahrtausenden erworbenen, letztlich unergründbaren Weisheit und somit als Gegenpol zur wissenschaftlich fundierten rational orientierten Weltanschauung der Römer. Ägyptische Obelisken dienten in Rom der kaiserlichen Repräsentation, ägyptische oder ägyptisierende Motive schmückten öffentliche und private Räume. Kulte ägyptischer Gottheiten wie der Isis und des Serapis verbreiteten sich über das ganze Römische Reich. Das Land am Nil erschien als Stätte paradiesischen Daseins, als Ort der Glückseligkeit.
 
Das die ägyptische Kultur die griechische und römische stark beeinflußte ist in der Wissenschaft nicht strittig.

Nun ist es aber gerade beim ägyptischen Einfluss auf die römische Kultur so, dass dieser erst ziemlich spät dazukam, als sich eine eigenständig römische Kultur schon etabliert hatte, die nun durch ägyptische Elemente bereichert wurde.
 
Nun ist es aber gerade beim ägyptischen Einfluss auf die römische Kultur so, dass dieser erst ziemlich spät dazukam, als sich eine eigenständig römische Kultur schon etabliert hatte, die nun durch ägyptische Elemente bereichert wurde.

Genau das versuche ich seit einiger Zeit zu verdeutlichen. Erst als die griechisch-römische Kultur längst ihre Hochblüte erreicht hatte, kam es im Mittelmeerraum zu gewissen Kulturimporten aus Ägypten. Das begann zur Zeit des Hellenismus und setzte sich dann zur römischen Kaiserzeit fort. Aber man muss ganz deutlich sagen, dass es sich überall nur um "ägyptische Elemente" (vgl. El Quichote oben) handelte, nicht aber um dominierende Einflüsse.
 
Kontakte, d.h. Handel und kultureller Transfer, des Ägäisraums mit Ägypten bestanden schon in der Bronzezeit.
 
Nun ist es aber gerade beim ägyptischen Einfluss auf die römische Kultur so, dass dieser erst ziemlich spät dazukam, als sich eine eigenständig römische Kultur schon etabliert hatte, die nun durch ägyptische Elemente bereichert wurde.


Ja, das ist korrekt. Jedoch gilt diese Tatsache nicht für Griechenland. Griechenland stand bereits in archaischer Zeit unter ägyptischem Einfluß.
 
Da muß ich Dir aber widersprechen. Schon seit dem 2. Jahrhundert vor Beginn der Zeitrechnung beeinflußte das Griechische die römische Kultur auf das Nachhaltigste, da die griechischen Städte in Süditalien in unmittelbarer Nachbarschaft zu Rom standen. Und das nicht nur in der Bildung und Wissenschaft, sondern sehr stark auch im religiösen Bereich. Und wie in dem Zitierten ersichtlich ist, wurde schon die griechische Kultur nachhaltig vom ägyptischen Einfluß bestimmt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß allerdings das griechische und das römische Schriftsystem nicht ägyptischen, sondern phönizischen Ursprungs ist, was man meiner Meinung nach dem meerbeherrschendem Handel dieses Volkes zuschreiben kann.
 
Ja, das ist korrekt. Jedoch gilt diese Tatsache nicht für Griechenland. Griechenland stand bereits in archaischer Zeit unter ägyptischem Einfluß.

Auch wenn du das noch so oft wiederholst, so wird es nicht richtiger. "Unter ägyptischem Einfluss" stand Griechenland zu keiner Zeit. Es gab im gesamten Mittelmeerraum eine Kulturtrift, an der viele Kulturen beteiligt waren. Wenn es derartige Einflüsse gab, so wurden sie von den Griechen so stark umgeformt, dass sie kaum mehr erkennbar sind. Das gilt für die Philosophie, die Literatur, die Bildhauerei und vieles andere.
 
Direkter Einfluss lässt sich ja nachweisen.

Welche ägyptischen Bootstypen standen den Griechischen zum Vorbild?
Welche ägyptischen Waffensysteme standen den Griechischen zum Vorbild?
Welche ägyptischen Baustile standen den Griechischen zum Vorbild?
Welche ägyptischen Wissenschaften standen den Griechischen zum Vorbild?
Welche ägyptischen Kunstgegenstände standen den Griechischen zum Vorbild?

Etc. etc.

Daraus lässt sich doch klären, ob es nun eine reguläre Handelsbeziehung oder ein durchdringender Kulturtransfer war.
 
Daraus lässt sich doch klären, ob es nun eine reguläre Handelsbeziehung oder ein durchdringender Kulturtransfer war.

Dazu habe ich ausführlich in einem anderen Pfad geschrieben, wiederhole es aber gern nocheinmal:

Es gibt kaum Spuren, die sich nach Ägypten oder Babylonien verfolgen lassen, denn die griechische Kunst ist durchaus autonom und eigenständig. Anregungen erhielt sie in mykenischer Zeit von der minoischen Kultur auf Kreta, die wiederum Verbindungen zu Vorderasien aufwies. Doch bricht die mykenische Kultur mit der Invasion der Seevölker um 1200 v. Chr. ab und findet nach den darauf folgenden "dark ages" auch keine Fortsetzung.

In der Baukunst weist weder der griechische Tempel insgesamt noch der dorische, ionische oder korinthische Stil auf Ägypten hin. Der ionische Stil erhielt wohl Anregungen von der ionischen Westküste Kleinasiens, doch ist durchaus offen, wie stark ein fremdes Element hier hervortritt. Tempel wie der Parthenon, der Poseidon-Tempel in Paestum und unzählige andere finden keine Entsprechung in Ägypten oder Babylonien.

Für die Plastik gilt das in noch sichtbarerem Maße, denn die anatomisch korrekt abgebildeten und in voller Bewegung befindlichen Körper sind den ägyptischen Plastiken entgegengesetzt und vom künstlerischen Selbstverstänmdnis her absolut fremd.

In der Religion zeigt sich eine völlig unterschiedliche Auffassung sowohl zu Vorderasien als auch zu Ägypten. Die Griechen haben ihre Götter in ganz starkem Maße personalisiert und sie weit zu sich herabgezogen. Sie sind durchaus nicht allmächtig und Verbindungen zwischen Menschen und Göttern sind an der Tagesordnung. Tiergestaltige Gottheiten kommen nicht vor und waren dem Wesen der Griechen auch fremd. Immerhin gibt es Gottheiten, die mit großer Wahrscheinlichkeit aus Vorderasien importiert wurden. So z.B. die Göttin Artemis, wohl auch Aphrodite und vielleicht auch Dionysos. Es wäre aber falsch zu behaupten, dass deshalb der Urgrund des Götterhimmels außerhalb Griechenlands zu suchen sei.

Am Anfang der griechischen Philosophie steht die Frage nach der Herkunft der Dinge und des Weltgebäudes, die von der Antwort des Mythos fortführt und zum Gedanken des "Logos" überleitet. Etwas vergleichbares gibt es in Ägypten und auch Vorderasien nicht, denn hier haben die Griechen ein ganz eigenständiges Gedankengebäude aufgebaut, das weit in die abendländische Zukunft verweist.

Die griechische Schrift wurde bekanntermaßen wohl gegen Ende des 11. Jh. v. Chr. von den Phönikern übernommen und von den Griechen ergänzt und verändert.

Fazit: Selbstverständlich steht kein Volk isoliert im Raum, sondern ist eingebunden in vielfältige Strömungen aus angrenzenden Gebieten oder von entfernten großen Kulturträgern. Das war gewiss auch im antiken Griechenland nicht anders. Solche Impulse werden also auch die Griechen erhalten haben, neben völlig eigenständigen Entwicklungen. Es wäre aber völlig verfehlt, daraus nun eine fremde Verwurzelung ableiten zu wollen.

Das typische Beispiel einer derartigen Verwurzelung bietet die römische Kultur, die gut sichtbar und nachvollziehbar in der griechischen "wurzelt", auch wenn sie manches abgewandelt hat. Dafür sind Römer aber im technischen bzw. zivilisatorischen Bereich völlig eigenständige und durchaus geniale Wege gegangen.
 
Da muß ich Dir aber widersprechen. Schon seit dem 2. Jahrhundert vor Beginn der Zeitrechnung beeinflußte das Griechische die römische Kultur auf das Nachhaltigste, da die griechischen Städte in Süditalien in unmittelbarer Nachbarschaft zu Rom standen. Und das nicht nur in der Bildung und Wissenschaft, sondern sehr stark auch im religiösen Bereich. Und wie in dem Zitierten ersichtlich ist, wurde schon die griechische Kultur nachhaltig vom ägyptischen Einfluß bestimmt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß allerdings das griechische und das römische Schriftsystem nicht ägyptischen, sondern phönizischen Ursprungs ist, was man meiner Meinung nach dem meerbeherrschendem Handel dieses Volkes zuschreiben kann.

Sehr schön, anders würde ich es nicht sagen.

Man denke da nur an die ägyptische Stadt Naukratis, in der es den Griechen vom Pharao erlaubt war zu wohnen und Handel zu treiben. Der Pharao Amasis (26.Dynastie) knüpfte kulturelle und politische Beziehungen bis ins griechische Festland reichen, ließ den Tempel von Delphi restaurieren; Weihgeschenke gingen an Lindos und Samos etc..

Hier noch einmal die von mir bereits angegebene Literatur zu diesem Thema:

Bukert, Walter: Die Griechen und der Orient, München 2003.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht sollte man an dieser Stelle auch einmal Peter Bol, den Leiter und Kurator des Städel zitieren, welcher mit 40 anderen Wissenschaftlern diese hervorragende Ausstellung in 5 jähriger Arbeit arrangiert hat.
"Griechische Kunst ist ohne den Einfluss Ägyptens überhaupt nicht denkbar".
 
Von einem durchdringenden Kulturtransfer würde ich nicht sprechen, aber es gibt Kontaktflächen.
So wurde z.B. bezüglich der Architektur des gr. Tempels wurde These aufgestellt, dass die monumentale Steinarchitektur nicht genuin griechisch ist, sondern aus Ägypten stammt. Oder es finden sich in einigen gr. Heiligtümern, wie im Heraion von Samos, schon sehr früh Votive ägyptischen Ursprungs.
 
Von einem durchdringenden Kulturtransfer würde ich nicht sprechen, aber es gibt Kontaktflächen.

Ja, in dieser gemäßigten Form lässt sich das wohl akzeptieren, aquilifer. Ich wehre mich lediglich dagegen, dass quasi behauptet wird, die griechische Kultur sei ein Ableger der ägyptischen. Denn davon kann keine Rede sein.
 
Für die Plastik gilt das in noch sichtbarerem Maße, denn die anatomisch korrekt abgebildeten und in voller Bewegung befindlichen Körper sind den ägyptischen Plastiken entgegengesetzt und vom künstlerischen Selbstverstänmdnis her absolut fremd.

Eine naturalistische Wiedergabe des menschlichen Körpers setzt erst am Ende der Archaik mit dem Übergang zum Strengen Stil ein. Die archaische Blockhaftigkeit des Kouros und seine starre Haltung finden durchaus Entsprechungen in Ägypten, abgesehen von einem divergierenden Standmotiv.

Im übrigen stimme ich dir zu, Dieter. ;)
 
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