Weg zur Reichsgründung

Da bin ich ziemlich sicher, denn im übrigen Europa hatten sich die Nationalstaaten längst etabliert und in Italien war Garibaldi gerade dabei, ihn mit Hilfe des Hauses Savoyen zu errichten.

Allerdings schwebte Bismarck ein konservativer deutscher Nationalstaat unter Preußens Führung und unter Ausgrenzung des Volkswillens vor, was ihm dann bekanntlich auch gelang.


Bismarck war ultrakonservativ, der nationalstaatliche Gedanke sehr modern. 1848 lehnte er die Ideen der nationalen Bewegung noch entschieden ab. Woher kommt dann sein Wandel? Ich glaube nicht, dass sein Wandel etwas mit den anderen Nationalstaatsgründungen zu tun hatte, da der französische Nationalstaat ja auch schon seit längerem bestand. Außerdem stellt sich für mich die Frage, warum Bismarck sich nach der Indemnitätsbitte von seinen konservativen Freunden trennte. Wenn er wirklich einen monarchisch ausgerichteten Staat wollte, dann hätte Bismarck nicht zwingend die deutsche Nationalbewegung gebraucht, auf die er sich nach der Indemnitätsbitte zubewegte. Außerdem hat Bismarck bei der darauf folgenden Verfassungsberatung mit dem Parlament gezeigt, dass er bereit war, Kompromisse zu schließen.
 
Bismarck war ultrakonservativ, der nationalstaatliche Gedanke sehr modern. 1848 lehnte er die Ideen der nationalen Bewegung noch entschieden ab. Woher kommt dann sein Wandel?

Für Bismarck war ein Nationalstaat auf der Basis einer demokratischen parlamentarischen Monarchie, wie es die Reichsverfassung von 1849 vorgesehen hätte, ein roteas Tuch. Eine solche Konstruktion lehnte er daher entschieden ab..

Etwas ganz anderes war jedoch ein deutscher "Fürstenstaat" unter Preußens Führung, der zudem ein gewaltiges Gegengewicht gegenüber der multinationalen Habsburger Donaumonarchie sein konnte. Voraussetzung war ein nahezu unmündiges Parlament, das weder die Regierung noch den Reichskanzler bestimmen konnte, das Gesetze nur unter Zustimmung des Bundesrats verabschieden konnte und das der Kaiser jederzeit auflösen oder einberufen konnte.

Ein solcher Nationalstaat lag durchaus im Sinne Bismarcks, denn dort hatten er und der preußische König/deutsche Kaiser eine unbestrittene Dominanz.
 
Voraussetzung war ein nahezu unmündiges Parlament, das weder die Regierung noch den Reichskanzler bestimmen konnte, das Gesetze nur unter Zustimmung des Bundesrats verabschieden konnte und das der Kaiser jederzeit auflösen oder einberufen konnte.

Ein solcher Nationalstaat lag durchaus im Sinne Bismarcks, denn dort hatten er und der preußische König/deutsche Kaiser eine unbestrittene Dominanz.

Sooo unmündig war das Parlament auch nicht.
Artikel 5​
[1] Die Reichsgesetzgebung wird ausgeübt durch den Bundesrath und den Reichstag. Die Uebereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse beider Versammlungen ist zu einem Reichsgesetze erforderlich und ausreichend.
aus documentarchiv.de
Zumindest nicht grundsätzlich anders als heute.

und dies ist, Stand 1867, geradezu revolutionär
V. Reichstag
Artikel 20​
[1] Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor.
Quelle wie oben

man letztlich schon den "Tropfen demokratisches ÖL", den man benötigen würde den künftigen Kaiser zu salben, den Uhland beschworen hatte, finden kann.
 
Es ist auch die Frage, wie die südd. Öffentlichkeit reagiert hätte, so im Frühsommer 1866 bekannt geworden wäre, dass Wien Napoleon die Zustimmung zu einem neuen Rheinbundstaat gegeben hatte.
Für die Schützenhilfe gegen Preussen.

Bismarck hat den Napoleon mit vagen Hoffnungen hingehalten.


Zumindest in der Rückschau scheint es mir, dass Bismarck alles was an Staatsmännern zwischen 1860 und 1880 in Festlandseuropa vorhanden war, mehrfach in überragte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sooo unmündig war das Parlament auch nicht.

Ein Parlament, das weder die Regierung noch den Regierungschef bestimmen darf, vom Staatsoberhaupt jederzeit aufgelöst oder einberufen werden kann und bei der Gesetzesinitiative vom Bundesrat der Fürsten abhängig ist, entbehrt zentraler Befugnisse eines Parlaments.

Nicht umsonst entschloss sich die Reichsregierung angesichts der drohenden Niederlage im Ersten Weltkrieg zu einer "Parlamentarisierung" Deutschlands. Das Wahlrecht wurde erneuert, Abgeordnete statt an den Kanzler gebundene Staatssekretäre in Ministerämter berufen, die Macht des Kaisers erheblich eingeschränkt und der Kanzler und die Regierung künftig an das Vertrauen des Parlaments gebunden. Die Änderungen wurden am 28. Oktober 1918 in der Reichsverfassung festgehalten und damit eine parlamentarische Monarchie geschaffen.

Schon Hindenburg und Ludendorff hatten dies vorgeschlagen, allerdings nicht aus guten demokratischen Gründen, sondern weil sie angesichts der drohenden Niederlage mit den Alliierten in Verhandlungen treten und besonders Wilson entgegenkommen wollten, der demokratische Verhältnisse in Europa gefordert hatte.

Allerdings kam die "Parlamentarisierung des Deutschen Reichs" zu spät und blieb daher lediglich eine historische Fußnote.
 
Ein Parlament, das weder die Regierung noch den Regierungschef bestimmen darf, vom Staatsoberhaupt jederzeit aufgelöst oder einberufen werden kann und bei der Gesetzesinitiative vom Bundesrat der Fürsten abhängig ist, entbehrt zentraler Befugnisse eines Parlaments.

Allerdings kam die "Parlamentarisierung des Deutschen Reichs" zu spät und blieb daher lediglich eine historische Fußnote.


Ja, Repo ist ein Fuchs, Repo weiß das.:D
Stand 1867, war das aber trotz allem eine Revolution von oben.

Was mich aber sehr interessieren würde, ob die Wiener Zugeständnisse an Napoleon III., von wegen "Rheinbund-Staat" usw. zeitnah, so bis 1870 bekannt wurden?
Wobei ich wetten würde, dass Bismarck, so er diese Abmachungen kannte, dies der Presse zugespielt hätte/hat.

Hat da jemand hier Infos?


OT: Angesichts dieser Abmachungen konvertiere ich derzeit evtl. vom Preussen-Fresser zum Habsburger-Fresser.
 
OT: Angesichts dieser Abmachungen konvertiere ich derzeit evtl. vom Preussen-Fresser zum Habsburger-Fresser.

Konzentrier deine kannibalischen Instinkte besser auf den Süden! Ein Wiener Würstchen wird deinen schwäbisch verfeinerten Geschmacksnerven besser schmecken, als eine ordinäre Berliner Bulette aus dem Preußenland! ;)
 
Konzentrier deine kannibalischen Instinkte besser auf den Süden! Ein Wiener Würstchen wird deinen schwäbisch verfeinerten Geschmacksnerven besser schmecken, als eine ordinäre Berliner Bulette aus dem Preußenland! ;)


Sure;)
So a Mehlspeis ist schließlich was anderes wie so eine ordanäre Grombiere

Aber Strafe muss schließlich sein.:motz:
Ich schreibe gerade nach Brüssel.
Der "Kaiser-Schmarrn" muss dringend und sofort in "Robert-Blum-Schmarrn" umbenannt werden.:D
 
Durch die geforderte Gebietsabtretung Elsaß-Lothringens und insbesondere die Kaiserproklamation im Versailler Spiegelsaal hat Bismarck die Franzosen national gedemütigt. Seine Politik, zumindest in diesen beiden Punkten, lief auf verschlechterte das deutsch-französische Verhältnis für die kommenden Jahrzehnte und musste langfristig gesehen zu einem weiteren Krieg führen (siehe 1. und 2. Weltkrieg). Man bedenke, dass Deutschland und Frankreich erst 1963 durch de Gaulles und Adenauer einen Friedensvertrag unterzeichneten. Nehmen wir mal an, dass Bismarck sich dazu gedrungen sah, die Gebietsabtretung von Elsaß-Lothringen zu fordern, warum musste denn der deutsche Kaiser in Frankreich ausgerufen werden?

Moment einmal, bei dir hört es sich ja an, als sei die Abtretung Elsass-Lothringens Teil von Bismarcks Politik gewesen. Bei Bismarck entsteht immer der Eindruck, als hätte er alles kompellt alleine bestimmen können. Die Abtretung Elsass-Lothringens an Deutschland war klar GEGEN Bismarcks Politik gerichtet und von ihm definitiv nicht erwünscht. Vielmehr war sie ein Zugeständnis an die Militärs, die eine strategische Grenze gegenüber Frankreich einforderten. Außerdem spielten auch die Ambitionen der süddeutschen Staaten eine Rolle, die für ihre Unterstützung Landbesitz und Teile der von Frankreich zu entrichtenden Zahlungen (die im Übrigen auch das Verhältnis zum Deutschen Reich sicher nicht verbessert haben dürften) im Blick hatten.
Versailles als Ort der Krönung mag auch politisch motiviert sein, war aber auch ein Zugeständnis an den Umstand, dass sich dort das deutsche Hauptquartier befand.
 
oh doch!!

Moment einmal, bei dir hört es sich ja an, als sei die Abtretung Elsass-Lothringens Teil von Bismarcks Politik gewesen. Bei Bismarck entsteht immer der Eindruck, als hätte er alles kompellt alleine bestimmen können. Die Abtretung Elsass-Lothringens an Deutschland war klar GEGEN Bismarcks Politik gerichtet und von ihm definitiv nicht erwünscht.

Die Annexionsforderung Elsaß-Lothringens wurde in ganz besonderer Weise auch von der deutschen nationalen Bewegung gefordert. Aber ich bin mir sicher, dass Bismarck diese Position ebenfalls vertreten hat. Wie bei der Luxemburg-Krise konnte er Annexionsforderung durch die Forderung der nationalen Bewegung verkleiden, aber es war auf jeden Fall auch seine Absicht, Elsaß-Lothringen zu annektieren. Damit hat Bismarck aber bewusst die andauernde Feindschaft und den Hass Frankreichs auf die Deutschen in Kauf genommen. Und das war meiner Meinung nach einer seiner Fehler.
 
Aber ich bin mir sicher, dass Bismarck diese Position ebenfalls vertreten hat.
Gibt es Belege dafür?
Ich habe nur in Erinnerung, daß er in Lothringen weniger weit vordringen wollte (Verdun ...) als der Generalstab. Wie er zum Elsaß stand, weiß ich nicht. Abseits von nationalistischen Gefühlen war es m. E. keine wirklich wichtige Region, d.h. als Kriegsbeute nicht so entscheidend.

Damit hat Bismarck aber bewusst die andauernde Feindschaft und den Hass Frankreichs auf die Deutschen in Kauf genommen.
Weiß nicht.

Es war völlig unvermeidbar, daß die europäische Vormachtstellung von Frankreich an Deutschland wechselte. Und ebenso unvermeidbar war, daß die Franzosen das nicht so leicht schlucken würden - diese europäische Vormacht war nun schon zwei Jahrhunderte ihr außenpolitisches Hauptziel, oft genug ja auch erreicht worden, das stand ihnen ihrer Meinung nach zu.

Demgegenüber halte ich die Elsaßfrage für nachrangig. Eigentlich kann ich mir kaum vorstellen, daß der Verlust dieses ohnehin nur teilweise französisierten Randgebiets den Franzosen wirklich emotional nahe ging. Aber das Elsaß war eine zentrale Erwerbung Ludwig XIV, als Frankreich sich als Vormacht etabliert hatte. Sein Verlust symbolisierte auch den Verlust dieser Stellung - das war m. E. der Knackpunkt.
 
Gibt es Belege dafür?
Ich habe nur in Erinnerung, daß er in Lothringen weniger weit vordringen wollte (Verdun ...) als der Generalstab. Wie er zum Elsaß stand, weiß ich nicht. Abseits von nationalistischen Gefühlen war es m. E. keine wirklich wichtige Region, d.h. als Kriegsbeute nicht so entscheidend.


Weiß nicht.

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Umgekehrt!
Der Generalstab wollte die beiden wichtigen Festungen Metz und Belfort haben.
Verdun war 1870 völlig unbedeutend. Wurde später als "Ersatz" für Metz ausgebaut.
Im Elsass verlief die Grenze entlang der Sprachgrenze, in Lothringen wg Metz jenseits.
 
Das Gemeine bei Bismarck ist, dass er nie vorher so genau gesagt hat, was er eigentlich vorhat, um nachher zu behaupten, genau so habe er es geplant gehabt.
In einer einer Bismarck-Biographie, die ich gerade gelesen habe, wurde auch vermutet, Bismarck habe die Feindschaft der Franzosen ganz bewußt angeheizt (indem er Elsaß-L. kassiert), um die Franzosen als Erbfeind zu behalten und so das junge Deutsche Reich im Inneren zusammenzuhalten. Andere ernstzunehmende Feinde fehlten anfangs ja noch, das Verhältnis zu Russland und GB war noch gut. Also musste Frankreich schön warm gehalten werden.
Deswegen hat Bismarck nicht gegen die Annektion protestiert, wo er 1866 noch bis zur Selbstmorddrohung gegangen war, um Annektionen auf Kosten Ö.U. zu verhindern.
Die deutsche Nationalbewegung war so scharf auf Elsaß-Lothringen, weil sie es als deutsches Territorium ansah, welches Frankreich geraubt hatte und jetzt im Triumph wieder befreit wurde. Dass die Bevölkerung lieber franz. geblieben wäre, hat man in der allgemeinen Begeisterung wohl nicht so wahrgenommen.
 
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