Weimarer Republik: Wichtige Ereignisse, die zum Scheitern führten

Toni2

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Guten Abend.

Ich muss eine schriftliche Ausarbeitung für die Schule zum Scheitern der Weimarer Republik ausarbeiten. Dabei gehe ich auf Ereignisse ein, die die W.R. prägten. Ich hätte bisher folgende:
1918 Novemberrevolution
28.06.1919: Versailler Vertrag
05.01.1919: Spartakusaufstand in Berlin
13.03.1920: Kapp-Lüttwitz-Putsch
16.04.1922: Vertrag von Rapallo
08.11.1923: Hitler-Ludendorff-Putsch
1923: Ruhrkampf
16.08.1924: Dawes-Plan
28.02.1925: Paul von Hindenburg wird Reichspräsident
05.10.1925: Verträge von Locarno
1928-1930: Weltwirtschaftskrise/ darunter auch der schwarze Freitag in der USA
27.08.1928: Briand-Kellogg-Pakt
01.09.1929: Young-Plan
20.07.1932: Staatsstreich in Preußen
31.07.1932: Reichstagswahl: NSDAP wird stärkste Partei
30.01.1933: Adolf Hitler wird zum Reichskanzler ernan

Diese Themen sind in folgenden Bereichen unterteilt:

18-23 Anfangs- und Krisenjahre
24-28 Relative Stabilisierungsphase
29-33 Endphase der Weimarer Republik

Ich hätte diesbezüglich mehrere Fragen: 1) Ist das, was ich ausgearbeitet habe, bisher richtig so?
2) Gibt es einige wichtige Ereignisse, die mir fehlen, wenn ja, welche?
3) Das Scheitern der Weimarer Republik ist auf den Versailler Vertrag zurück zu führen bzw der V.V. ist die Wurzel allen Übels. Kann ich diese These in den Raum werfen?
4) Kann ich all diese oben genannte Ereignisse als Folgen des V.V. auslegen?
5. Welche von den Punkten sind die gewichtigsten/prägendsten Ereignisse in Bezug auf das Scheitern? Versailler Vertrag natürlich, aber ansonsten Ruhrbesetzung/Ruhrkampf, Schwarzer Freitag und natürlich Reichstagswahlen 1932. Richtig so?


Danke schon mal im Voraus für Antworten
 
3) Das Scheitern der Weimarer Republik ist auf den Versailler Vertrag zurück zu führen bzw der V.V. ist die Wurzel allen Übels. Kann ich diese These in den Raum werfen?

Kannst Du, dann diskutierst Du aber an den Ursachen vorbei. Es war ein Aspekt, der durch die konservativen Eliten (Deutschnationale etc.) einerseits und die radikalen Rechtsextreme (NSDAP) instrumentalisiert wurde.

4) Kann ich all diese oben genannte Ereignisse als Folgen des V.V. auslegen?

Nein, sicherlich nicht! Nicht zuletzt, weil die WR ebenfalls positive Leistungen vollbracht hat auf nahezu allen politischen Bereichen, außenpolitisch und innenpolitisch. Vielleicht hat sie nicht so werbewirksam "Autobahnen" gebaut:D

5. Welche von den Punkten sind die gewichtigsten/prägendsten Ereignisse in Bezug auf das Scheitern? Versailler Vertrag natürlich, aber ansonsten Ruhrbesetzung/Ruhrkampf, Schwarzer Freitag und natürlich Reichstagswahlen 1932. Richtig so?

1. Es gab vor allem von dem rechten Parteienspektrum den Willen und auch die politische Instrumente, die WR in eine autokratische Regierung zu überführen.

2. Die NSDAP war bis zur Weltwirtschaftskrise fast politisch "tot" und konnte sich erholen, weil die etablierten demokratischen Parteien ihre Erfolge bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Probleme nciht in das richtige Licht setzen konnten.

3. Und nicht zuletzt, weil "Wähler" in wirtschaftlichen Not nach jedem "Strohhalm" greifen. Und besonders attraktiv sind da die Strohhalme, die einfach klingen und Erfolg versprechen. Also die berühmten "Stammtischparolen". Und da wären wir am Ende wieder am Anfang, der Instrumentalisierung des VV für die politischen Ziele von Rechts.
 
Hallo Toni2,

  • zur Frage 1: Für die Ausarbeitung reicht es allemal
  • zur Frage 2: Ja, die Hyperinflation, die die Kleinsparer verarmen ließ.
  • zur Frage 3: Kannst Du, greift aber zu kurz. Der VV bzw. verschiedene drastische Bestimmungen waren eine schwere Belastung, aber mitnichten die "Ursache" für den Übergang in die Diktatur.
  • zur Frage 4: Nein. Weder z.B. die sogenannte Novemberrevolution noch der Spartacusaufstand waren eine Folge des VV, der erst danach danach abgeschlossen wurde. Oder der Vertrag von Locarno ist ebenfalls keine Folge des VV, sondern des verlorenen Krieges.
  • zur Frage 5: Die Weltwirtschaftskrise, die übrigens sich nicht nur bis 1930 erstreckte, sondern in der WR sicherlich bis 1933. Sie stärkte letztlich die radikalen Parteien NSDAP und KPD ungemein.
    Thanepower hat in seiner Antwort auf Dich zu diesem Punkt ebenfalls Zutreffendes beigesteuert.

Viele Grüße,

Andreas
 
Danke an die beiden für die Antworten, hat mir sehr geholfen! Hätte aber noch weitere Fragen.

Wann war das jetzt eigentlich mit der Ruhrbesetzung und welche Gebiete wurden denn da noch besetzt? 1) Auf Karten sind manchmal auch Städte wie München als besetzt straffiert.
2) Fand die Hyperinflatation vor oder nach dem Ruhrkampf statt?
3) Die USPD waren die linksradikale Partei, die für die Räterepublik waren. Richtig oder falsch?
4)Die Räte bestanden aus hohen Militärs, die am 1. Weltkrieg beteiligt waren und das wollte und verhinderte die SPD letztendlich auch. Richtig oder falsch?
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Hyperinflation, guck Dir mal die Weltwirtschaftskrise von 1929 an. Man sollte auch immer was ausserhalb der eigenen 4 Wände vor sich geht mit beachten.

Apvar
 
Die WWK hat mit der Hyperinflation, die 1923 in gallopierender Weise ihren Scheitel erreichte, nichts zu tun. Die Ruhrbesetzung war im Prinzip auch eine Folge der laufenden Inflation und somit auch der Aufstand dagegen. Da das Reich nicht in der Lage war, seine Reparationsleistungen zu bezahlen, haben Franzosen und Belgier über diesen Weg versucht, ihre Reparationen in Sachleistungen zu erhalten.

Was die Räte angeht, so waren diese ein sozialrevolutionäres Selbstverwaltungsinstrument, es waren also gerade keine hohen Offiziere in den Räten, gegen deren Regime, Standesdünkel etc. richtete sich die Etablierung der Räte ja gerade. Es waren Arbeiter- und Soldatenräte; die Soldaten meuterten dagegen, von den Offizieren in einem längst verlorenen Krieg als Kanonenfutter verheizt zu werden.
 
Danke an die beiden für die Antworten, hat mir sehr geholfen! Hätte aber noch weitere Fragen.

Wann war das jetzt eigentlich mit der Ruhrbesetzung und welche Gebiete wurden denn da noch besetzt?
1) Auf Karten sind manchmal auch Städte wie München als besetzt straffiert.
2) Fand die Hyperinflatation vor oder nach dem Ruhrkampf statt?
3) Die USPD waren die linksradikale Partei, die für die Räterepublik waren. Richtig oder falsch?
4)Die Räte bestanden aus hohen Militärs, die am 1. Weltkrieg beteiligt waren und das wollte und verhinderte die SPD letztendlich auch. Richtig oder falsch?

Hallo Toni2, gerne geschehen.

zu 1): München? Wäre mir neu, einen Zusammenhang mit der Ruhrbesetzung wäre mir ebenso wenig bekannt. Die gemeinte Ruhrbesetzung hatte 1923 statt gefunden.
Es gibt in Wikipedia zum Thema Ruhrbesetzung eine brauchbaren Artikel mit Karte der besetzten Gebiete, die sind in der Karte gelblich-blau schraffiert markiert.

zu 2): Die Hyperinflation fand während des "Ruhrkampfes" statt (bzw. hatte dort ihren eigentlichen Ausgangspunkt), der ganz wesentlich damit zusammen hängt, da die Reichsregierung in der sowieso schon wirtschaftlich schwierigen Situation zusätzlich einfach weit mehr Geld drucken lies, um die sonst berufstätigen Streikteilnehmer des passiven Widerstandes gegen die Besetzung nun durch die Berliner Regierung weiter zu bezahlen. Das verstärkte die Geldentwertung der schon geschwächten Währung dramatisch und ein negative, rasende Talfahrt begann, die innerhalb kurzer Zeit 1923 sowohl Wirtschaft und Banken lähmte. Und die Regierung zwang, immer noch mehr Geld zu drucken etc.

zu 3): ja

zu 4): da schrieb El Quijote treffend

Was die Räte angeht, so waren diese ein sozialrevolutionäres Selbstverwaltungsinstrument, es waren also gerade keine hohen Offiziere in den Räten, gegen deren Regime, Standesdünkel etc. richtete sich die Etablierung der Räte ja gerade.

Viele Grüße,

Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Ruhrbesetzung war im Prinzip auch eine Folge der laufenden Inflation und somit auch der Aufstand dagegen.

Das sehe ich auch so.

Die Vorgeschichte zeigt zwischen Dez. 1921 und Dez. 1922 bereits

- einen Anstieg des Geldumlaufes von 1000%
- einen Zusammenbruch des Außenwertes der Mark
- einen Anstieg der Großhandelspreise um nahezu 4000%
- einen Anstieg der Lebenshaltungskosten um 3500%
- eine mehr als Verzehnfachung der Löhne in den staatlichen Bereichen
- einen Zusammenbruch des Staatshaushaltes bis Ende 1922.
 
Ich verstehe nicht warum die Inflation (dann Hyperinflation) als ein Grund für die nicht vorllständig gezahlten Reprationen gelten soll und der folgenden Ruhrbesetzung.
Entgegen der allgemeinen weltwirtschaftlichen Tendenz entwickelte die WR eine sehr beachtliche industrielle Produktionssteigerung.
*Durch die – vorläufig beherrschbare – Inflation und niedrige Löhne konnte die Industrie kostengünstig produzieren und sich auf dem internationalen Markt Wettbewerbsvorteile verschaffen. Ging die Industrieproduktion 1920/21 weltweit um 15 Prozent zurück, was damals als starker Einbruch galt, so stieg sie in Deutschland um 20 Prozent an. Freilich erreichte sie 1921 erst wieder 66 Prozent des Vorkriegsniveaus. Die Arbeitslosigkeit fiel bis 1922 unter zwei Prozent, während sie im Ausland durchweg im zweistelligen Bereich lag.*
Kampf um die Republik 1919 - 1923 | bpb

Da finden wir uns hier zuletzt in der unmittelbaren Vorzeit der Hyperinflation, deren Wesen sich an am Umrechnungskurs zum Dollar zeigt, und an inneren Preissteigerungen. (Bei Wiki wird beides vergleichend dargestellt an der Steigerung des Briefportos. (Tabelle) )
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Inflation_1914_bis_1923

Zara Steiner (The Lights That Failed- Seite 191) vertritt in ihrer Auflage von 2005 folgende Betrachtung:
„Die Inflation erlaubte es den Arbeitgebern den neuen Ansprüchen der Arbeiter zu entsprechen, ohne selbst dabei Schaden zu nehmen. Die Arbeiter profitierten, ebenfalls, von einer erweiterten Wohlfahrt und dem Bemühen der Regierung die Arbeitslosigkeit niedrig zu halten.
Selbst als dieser Stillstand der Auseinandersetzungen (truce) angespannt wurde, profitierten weiterhin Teile der Arbeiterschaft von der Inflation.“
(Übersetzung durch mich)
Die Inflation begünstigte demnach zwei Gruppen:
Besitzer von Sachwerten, deren dafür aufgenomme Kredite entschwanden,
und die Habenichtse, die nicht in Gefahr waren Erspartes zu verlieren.

Die Ruhrbesetzung im Januar 1923 findet sich zeitlich in einer Übergangsphase zur Hyperinflation.
So wie ich es zu verstehen glaube, tritt da auch die bittere Erkenntnis der geplagten Franzosen ein, dass es ihnen nicht gelungen ist, sich ihrer vorherigen Bündnispartner, vor der anhaltenden Herausforderung ihrer eigenen Sicherheitsansprüche, annehmbar zu versichern.
(Turgot hat das anderer Stelle sehr gut dargestellt, ich find es grad nicht..)
Insofern würde ich annehmen, dass es keinen erheblichen Zusammenhang zwischen Inflation und Ruhrbesetzung gibt.
Aber da kann ich mich auch täuschen und lasse mich gerne eines Besseren belehren.

P.S.:
Den Threaderöffner Toni2 möchte ich für den, mE, guten Entwurf, in aller Bescheidenheit loben.

Noch eine Nebenbemerkung Toni:
Als der Kappputsch durch einen Generalstreik niedergeworfen wurde, gab es fast Vollbeschäftigung.
Als diese Option gegen Hitler erwogen wurde, war das Gegenteil der Fall.
 
Zuletzt bearbeitet:
Liebe Mitschreiber,

eine Inflation in der Qualität einer Hyperinflation fand nun mal 1923 statt, mit Inflationsraten bis zu vielen tausend % - pro Monat. Die legendäre Theaterkarte für 100 Millionen, die enormen Inflationssprünge innerhalb nur eines Tages, schließlich weniger Stunden, Reichbanknoten zu 5 Milliarden Mark im September 1923....

Geld muss mit Taschen oder Koffern abgehoben werden aufgrund der Menge der - wertlosen - Geldscheine...das war 1923.

Im Anhang eine Tabelle für die Preissteigerungen von 1919 - 1924 für Stuttgart, der gewaltige Sprung ab Februar 1923 ist nicht übersehbar, im Vergleich dazu war die Inflation 1922 nur ein sachter Wind.
Der Zusammenhang der Hyperinflation mit der Ruhrbesetzung und der Geldmengenerhöhung durch die Berliner Regierung für Finanzierung des passiven Widerstandes hatte ich für allgemein wissenschaftlich anerkannt gehalten.....

Allgemeine Informationen zur Hyperinflation des Jahres 1923 und seiner Vorgeschichte können hier nochmals in dieser kleinen, fast beliebigen Auswahl rezipieren werden:

Zeitreise Landkreis Böblingen

Deutsches Historisches Museum, Museum Online

Das historische Lexikon Bayerns


Viele Grüße,

Andreas
 

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Man kann das Thema von verschiedenen Seiten betrachten.

Oben ging es um die Stichworte "Folge von?", "Ausgangspunkt war?" etc. Die Steigerungsraten 1923 haben wohl viele schon mal betrachtet, oder kennen die gigantischen Zahlendrucke auf alten Geldscheinen. So weit, so gut.

Mir ging es vielmehr um die Wirkungsketten, die Erklärung der Phase der Hyperinflation (die zB Pfitzer von Juli 1922 bis zur Stabilisierung ab November 1923 einsortiert). Auch diese Orientierung an Monatsabgrenzungen ist nur beliebig und dient eher Anschaulichkeiten, man findet auch beliebig andere (etwa Schachter 2005 mit der "catastrophic hyperinflationof 1922-1923" oder Feldman, The Great Desaster, etwa im Kapitel "From Galloping Inflation to Hyperinflation January 1922-July 1922", oder: "The Year of Dr. Mabuse: The Hyperinflation and German Society in 1922"). Außerdem könnte man noch zeitgenössische und zeitnahe Beschreibungen, ältere ökonomische Kriterien (Cagan) von aktuellen Kategorisierungen oder Kriterienbildungen für Hyperinflationen unterscheiden, zB IAS 29: Financial reporting in hyperinflationary economies, mit weicheren Kriterien.

Daneben ist ein ökonomisches Problem der Beschreibung von Wirkungsketten die Einsortierung von fundamentalen Ursachen und Triggern der Hyperinflation. All das gehört zusammen, wenn man das Phänomen der Hyperinflation nicht auf einige Monatsraten in der Beschreibung reduzieren möchte. Um zum Historiker zu "wechseln": zum Ereignis ieS gehört der Kontext.

Etliche wissenschaftliche Darstellungen oder professionelle Beschreibungen wie etwa die der Bundesbank greifen daher die Beschreibung der "German Inflation 1914-1923" oder den "Inflationsprozeß" von der Kriegsfinanzierung über die Kriegsfolgeninflation bis zur Hyperinflation 1922/23 auf. In solchen Darstellungen käme auch niemand auf die Idee, wegen des Absinkens des monatlichen WPI/pa etwa von 1327 (Jan23) auf - 86,40 (März23) die eigentliche Hyperinflation erst von April23 (+255) auf Nov23 (+7100) anzusetzen (Webb, Money, S. 505).

Also zur Frage von Wirkungsketten und Wirkmacht in der Ära der Hyperinflation: Die kriegsfolgenbedingte Zerrüttung des Staatshaushaltes ist schon angesprochen worden.

Wie die Anfrage von @hatl oben zeigt, ist doch gerade der (scheinbare) Gegensatz zu den Gütermärkten interessant, die "Erholung" suggerieren, und die monetären Bewegungen dem zunächst sogar folgten. Hier zeigt sich, das sich die geldwirtschaftliche Entwicklung erst im Verlauf entkoppelte und es stellt sich die Frage nach dem "warum?". Wieso griff die Wirkungskette zwischen zerrütteten Staatsfinanzen, entfesselter monetärer Basis, Preis- und Lohnexplosion etc. erst mit einem time-lag und nicht sofort, etwa 1919?

Über diese Faktoren sind Ströme von Tinte geflossen. Sehr empfehlenswert ist (immer noch!) der absolute Klassiker von Bresciani-Turroni, The Economics of Inflation - a study of currency depreciation in post-war Germany aus 1937).

Die Frage von Hatl ist daher aufzubohren: wieso begann die Reichsbank 1921, Ströme von Devisen "um jeden Preis" anzukaufen, wie kollabierten die Jaushalte, welche Wirkungen hatten Nachkriegsspekulationen auf die Mark 1920/22, die (zunächst) zu gewaltigen Einströmungen von (spekulativen?) ausländischen kurzfristigen Finanzinvestments führten, warum endete das schlagartig Mitte 1922? und begann dementsprechend die Spirale? Wie wurden die Wahrnehmungen über die katastrophale Staatslage dominant, oder simpel runtergebrochen: warum steigen dann Brotpreise vom Jan22 von 5 Mark auf 200 Mark Dez22 um 4000%, was man wohl nur untertreibend mit "noch" galoppierender Inflation beschreiben kann?

Bleibt die Frage nach den Triggern, die gerade diese Wahrnehmungsbrüche beeinflussten (wenn die fundamentalen Faktoren bereits gelegt waren und für die Explosion schlummerten). Das setzt beim Stichwort "Vertrauen" an, und auch da gibt es reichlich Thesen, die man hier nur skizzieren kann. Vermutlich ist es weniger "der" trigger, als vielmehr eine Reihe von Ereignissen, darunter der ("mortal blow to the mark" - Feldman) Rathenau-Mord, den Fall der Wirth-Regierung, das Kohle-Problem ab Juni22 (weckte Befürchtungen wie 1919), usw. usf. zur endgültigen Verdichtung der Katastrophenstimmung für Dollarkapital, Wechselkurse, wie inländische Löhne und Preise.
 
Hallo Silesa,

[...]Vielfach d' accord was Hintergründe und Voraussetzungen wie "Vorlauf", aber auch Einwände angeht. Trigger, passender Begriff, ebenso Wahrnehmung und Vertrauen.....Psychologie.
Danke für die Literaturhinweise, ein ganz klein wenig kenne ich mich aus...

Doch erinnern wir uns an am besten an die Frage, die Toni2, ein Schüler mit der Aufgabe einer Ausarbeitung für die Schule, im Beitrag # 4 gestellt hatte:

2) Fand die Hyperinflatation vor oder nach dem Ruhrkampf statt?

Das auch in geschichtswissenschaftlich fundierten Übersichten landläufig als Hyperinflation oder als das Inflations-Jahr, bezeichnete Ereignis stellt die Extrem-Inflation des Jahres 1923 dar.
Die fand nun mal weder vor noch nach dem Ruhrkampf statt. Diese Auskunft, meine ich, reicht vollkommen für eine Schulausarbeitung ;-)
[...]

Viele Grüße,

Andreas
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Zara Steiner (The Lights That Failed- Seite 191) vertritt in ihrer Auflage von 2005 folgende Betrachtung:
„Die Inflation erlaubte es den Arbeitgebern den neuen Ansprüchen der Arbeiter zu entsprechen, ohne selbst dabei Schaden zu nehmen. Die Arbeiter profitierten, ebenfalls, von einer erweiterten Wohlfahrt und dem Bemühen der Regierung die Arbeitslosigkeit niedrig zu halten.
Selbst als dieser Stillstand der Auseinandersetzungen (truce) angespannt wurde, profitierten weiterhin Teile der Arbeiterschaft von der Inflation.“

Neben den Punkten, die Silesia (vgl. auch beispielsweise zur Inflation Henning: Das industrialisierte Deutschland 1914-1978, S. 59ff) angeführt hatte, benennt Taylor (Inflation, S. 116ff) ein Argument, das konsensual zu Steiner ist und in der Gründung der Weimarer Republik angelegt ist.

"So verdienstvoll das Anliegen war [gemeint ist die demokratische Entwicklung der Weimarer Republik], hatte es doch zur Folge, dass Weimarer Politiker, ob sie nun Sozialdemokraten waren oder nicht, Entscheidungen in der Regel mit Blick auf deren politischen und sozialen Nutzen trafen und ökonomische Erwägungen, selbst wenn sie offenkundig vordringlich waren, kaum berücksichtigten."

In diesem Sinne war der Preis für die nicht durchgeführte sozialistischen Revolution 1918, das Zufriedenstellen der Ansprüche der Arbeiter, als Wähler der SPD einerseits, und der Wünsche nach einer wirtschaftlichen Kontinuität von Seiten der Industrie der Prozess, den Steiner beschreibt.

Im Kern war es das Versprechen der Gewerkschaften durch kontinuierliche Verbesserungen - ohne Revolution - die Lage der Arbeiter in Deutschland zu verbessern. In diesem Sinne konnte die innenpolitische Situation kurzfristig durch die Sicherung des sozialen Friedens entschärft werden, der als höheres Gut angesehen wurde, wie die Anpassung der Finanzpolitik an die hohen Kriegsschulden und die Belastungen durch den VV.
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Abend.

.... Ich hätte bisher folgende:
1918 Novemberrevolution
28.06.1919: Versailler Vertrag
05.01.1919: Spartakusaufstand in Berlin
13.03.1920: Kapp-Lüttwitz-Putsch
16.04.1922: Vertrag von Rapallo
08.11.1923: Hitler-Ludendorff-Putsch
1923: Ruhrkampf
16.08.1924: Dawes-Plan
...

So wie ich es verstehe führte keines dieser Ergeignisse zum Scheitern der WR.
Das Thema ist ja:
Weimarer Republik: Wichtige Ereignisse, die zum Scheitern führten

Ich greife mal den Hitler-Ludendorff-Putsch heraus:
Er scheiterte kläglich und führte nicht zu einer Destabilisierung der jungen Republik.
Dennoch zeigt er deren Schwäche beispielhaft.
Da findet sich der Gegensatz zwischen Bayern, welches in abweichender Weise eine Diktatur innerhalb des Bundesstaates darstellte.
Hier zeigt sich auch die Macht der alten demokratiefeindlichen Eliten.
Der Prozess, und insbesondere das folgende Urteil, widerspricht in krasser Weise jeglicher Rechtstaatlichkeit, auch nach den Maßstäben des alten Kaiserreichs.
Es wird in der Folge des Putsches eine sehr bemerkenswerte Beugung des Rechts vorgenommen, nach dem Belieben eines Richters, dessen Wirken symptomatisch ist für diese Zeit.('auf dem rechten Auge blind').

Es ist da auch weniger eine Kausalität bezüglich folgender Entwicklungen zu erkennen, als eine Entblösung der großen Schwierigkeiten, in deren Angesicht sich die Weimarer Republik sehr wacker schlug.
Sie hätte es fast geschafft, wenn ihr nicht Ende der Zwanziger/Anfang der Dreissiger der echte Dolchstoß versetzt worden wäre.
Die dramatischen Ereignisse, bis in die Mitte der 20er, zeigen mE eher die überraschend gute Überlebensfähigkeit der WR angesichts der großen Herausforderungen vor der sie stand.
Das wird leicht übersehen, weil man naheliegend geneigt ist, frühere Ereignisse vom Ende her zu deuten.
 
..
In solchen Darstellungen käme auch niemand auf die Idee, wegen des Absinkens des monatlichen WPI/pa etwa von 1327 (Jan23) auf - 86,40 (März23) die eigentliche Hyperinflation erst von April23 (+255) auf Nov23 (+7100) anzusetzen ..


Das versteh überhaupt nicht.
Also im Wortsinne :D
Es ist mir nicht einmal gelungen die Definition von WPI (Warenpreisindex?) zu finden.
Was ist das?

Ahnungslos hatl..
 
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