Welche Ämterrechte hatte Augustus?

recognite

Mitglied
Ich bin dabei, die vornehmlich innenpolitische Macht Augustus zusammenzustellen, die er zur Hochzeit seiner verschleierten "Diktatur" hatte.

Imperator
Vollkommene Befehlsgewalt über das Heer

konsularische Sonderrechte
???

proconsularische Sonderrechte
Verwaltung der Provinzen

Zensor
Verfügung über den Fiskus

tribunizische Gewalt
Gesetze vorschlagen, Veto einlegen

Pontifex Maximus
Regelung aller Belange der religio romana


Fragen:

1. Zum einen interessiert mich, welche Rechte genau er mit diesen konsularischen Sonderrechten bekam. Wirklich alle 1:1 ?

2. Kann man die restlichen so stehen lassen?

3. Fehlt etwas wichtiges?
 
Um welchen Zeitpunkt geht es denn konkret? Er hatte nicht immer alle Kompetenzen gleichzeitig. Konsularische Rechte hatte er, als er Konsul war (u.a. 31 bis 23). Das sind aber keine Sonderrechte, sondern die normalen Kompetenzen, die Konsuln immer hatten.
 
Imperator ist nur ein Titel, der aber keine Rechte beinhaltet.

Seine militärische Gewalt kam aus dem imperium proconsulare, für fast alle Provinzen mit größeren Armeen und der Tatsache, daß er das Heer als seine Klientel aufbaute.

Die tribunicia potestas ist aus den genannten Gründen die zweite wichtige Amtsgewalt.

Der Zensor hat wenig mit der Verfügung über den Fiskus zu tun, sondern mit Vermögenschätzung. Auch konnten die Zensoren Senatoren ernennen. Augustus hatte dieses Amt nur kurz inne, weil ohnehin jeder seinen Empfehlungen folgte. Ab Vespasian war der Princeps auch lebenslang Censor. Die Staatskasse namens Fiscus wurde erst mit Augustus eingerichtet. Alle Gelder dort liefen über die Beamte des Princeps (a rationibus) an den Quaestoren vorbei. Das alte Aerarium des Senats, degenerierte zur Stadtkasse.

Die konsularische Amtsgewalt war angesichts der anderen Gewalten nicht notwendig für einen Kaiser. Aber jeder Kaiser wollte mal aus Imagegründen Konsul sein. Anfangs war es sicher hilfreich für Augustus, Konsul zu sein. Das war aber keine Gewalt, sondern ein konkretes Amt. Später musste er aber auf das Konsulat verzichten, um die Senatoren nicht gegen sich aufzubringen. Die reine Gewalt ohne Amt hatte er meines Wissens nie.

Pontifex Maximus war hilfreich, damit auch die richtige Zukunft vorausgesagt wurde.

Meines Wissens war er auch noch Princeps Senatus, was aber nicht wirklich notwendig gewesen wäre.

Er regierte also im wesentlichen mit 2 Amtsgewalten, insgesamt bis zu 5 (fett). Dazu kam eine clevere Klientelpolitik, ein riesiges Vermögen und eine kaiserliche Verwaltung unter Umgehung der republikanischen Ämter.

Augustus hat mit Inbrunst an Überzeugung behauptet, daß er nur mit dignitas und auctoritas geherrscht hat und keine besondere potestas innehatte. Das mit der potestas war gelogen, aber ohne dignitas und auctoritas überlebte kein Princeps sonderlich lange.

Von einer verschleierten Dictatur würde ich nicht sprechen. Das würde weder der römischen Dictatur noch dem römischen Principat gerecht.
 
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Die konsularische Amtsgewalt war angesichts der anderen Gewalten nicht notwendig für einen Kaiser. Aber jeder Kaiser wollte mal aus Imagegründen Konsul sein. Anfangs war es sicher hilfreich für Augustus, Konsul zu sein. Das war aber keine Gewalt, sondern ein konkretes Amt. Später musste er aber auf das Konsulat verzichten, um die Senatoren nicht gegen sich aufzubringen. Die reine Gewalt ohne Amt hatte er meines Wissens nie.

Herrschaft und Widerstand Im Augusteischen Principat: Die Konkurrenz ... - Maria H. Dettenhofer - Google Books
Maria Dettenhofer ist durchaus davon überzeugt, dass der Verlust des Konsulats für Augustus eine richtige innenpolitische Niederlage darstellte, da er sehr gerne weiter Konsul geblieben wäre. In die Richtung geht sein erster Vorschlag, das Konsulat um eine Stelle zu erweitern, die er selbst dauerhaft innehaben würde, während die zwei anderen Stellen für die Senatoren wären. Das allerdings wurde von den Senatoren abgelehnt.

Ab dem Jahr 19 v. Chr. besaß Augustus das imperium consulare als Ausgleich für die mehr oder weniger freiwillige Aufgabe des Konsulats. Damit war seine Stellung mit Ämtern und Amtsgewalten ausreichend definiert. Das Konsulat selbst hat Augustus nur noch Ehrenhalber zweimal bekleidet, als seine Enkel die Männertoga anlegten, in den Jahren um die Zeitenwende.
 
Ab dem Jahr 19 v. Chr. besaß Augustus das imperium consulare als Ausgleich für die mehr oder weniger freiwillige Aufgabe des Konsulats.

Interessant, danke für die Berichtigung.

Aber wozu braucht er das imperium consulare? Worin lag der Mehrwert gegenüber der tribunicia potestas, die ihn ja bereits befähigte Gesetze einzubringen und jede Maßnahme eines Beamten zu blockieren?

edit: Hhmm, ich glaub ich habs. Das imperium consulare befähigte ihn innerhalb von Italien Gesetze im Sinne einer Executive auch umzusetzen. Immer vorausgesetzt, er kassierte keinen Einspruch von einem lebensmüden Konsul oder Volkstribun ;)
 
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Das zeigt doch alles nur, dass die Grundlage von Augustus Macht die faktische war: Er hatte die Möglichkeit, sich aus dem reichhaltigen Angebot an Titeln und Befugnissen der alten Republik die heraus zu suchen und auf seine Person zuzuschneiden, die ihm a) die legale Möglichkeit gab, das zu tun, was er ohnehin getan hätte, und das b) nicht wie die Diktatur aussehen zu lassen, die es im Kern war.

Die bisherigen Traditionen wurden weit genug gewahrt, um sich auf sie berufen zu können, aber in ihrem Kern doch wesentlich verändert. Das ging nur mit einer entsprechenden außerlegalen Machtgrundlage, die ja zweifellos vorhanden war.
 
Was ist denn das imperium consulare? Kann das eine Verwechslung mit dem imperium proconsulare maius sein, das ihm die militärische Gewalt auch in den senatorischen Provinzen und Italien (incl. Rom) gab? Das erhielt er aber schon 23, gemeinsam mit der tribunicia potestas.

Pontifex maximus war er erst ab 12 v.Chr., nachdem Lepidus gestorben war.

Seine auctoritas ist auch nicht zu verachten. Allerdings muss man darin den Einfluss einbeziehen, den er durch das militärische Machtmonopol hatte und gegen den also kaum einer zu opponieren wagte.
 
Das imperium consulare war einfach die Amtsgewalt eines Konsuls, ohne das Amt selbst zu bekleiden. Das imperium proconsulare machte den Inhaber zum Statthalter der Provinzen, für die dieses imperium eingeräumt wurde (also die sog. kaiserlichen Provinzen), und zum Befehlshaber der dort stationierten Truppen; rang- und kompetenzmäßig war der Inhaber den Prokonsuln der sog. senatorischen Provinzen gleichrangig. Das imperium proconsulare maius gab dem Inhaber (vermutlich) auch eine Oberaufsicht über die Prokonsuln, die die senatorischen Provinzen regierten.

Der Unterschied zwischen imperium consulare und imperium proconsulare ist vor allem der, dass das imperium consulare auch für Rom und Italien galt.

Das genaue Verhältnis des imperium consulare zum imperium proconsulare maius ist unklar. Es wird mitunter (z. B. von Werner Eck) argumentiert, dass dieselbe Person nicht zwei imperia gleichzeitig innegehabt haben könne, daher sei das imperium proconsulare maius durch das imperium consulare ersetzt worden und habe das imperium consulare sämtliche Kompetenzen des imperium proconsulare maius enthalten. Das mit den zwei imperia halte ich allerdings für nicht stichhaltig, da es auch möglich war, dass dieselbe Person gleichzeitig Konsul und Dictator ist (nicht erst Caesar, sondern das kam schon davor vor), obwohl sowohl die Dictatur als auch das Konsulat von Amts wegen ein imperium enthielten. Außerdem hatte der Konsul (und somit auch der Inhaber eines vom Konsulat losgelösten imperium consulare) vermutlich (da gibt es allerdings auch andere Meinungen) keine direkte Weisungsbefugnis gegenüber den Prokonsuln, wenngleich der Konsul im Falle von Kompetenzkonflikten (also wenn sich z. B. der Konsul in die Provinz eines Prokonsuls begab) den Vorrang gegenüber dem Prokonsul hatte. Daher denke ich nicht, dass das imperium consulare automatisch auch sämtliche Kompetenzen des imperium proconsulare (maius) beinhaltete. Außerdem wurde das ursprünglich 27 v. Chr. auf zehn Jahre verliehene imperium 18 v. Chr. verlängert, obwohl Augustus bereits 19 v. Chr. das imperium consulare erhalten hatte. Es scheinen dann also tatsächlich beide imperia nebeneinander existiert zu haben.

Ganz grundsätzlich möchte ich allerdings einmal anmerken, dass wir über Augustus' verschiedene imperia und ihre Funktionen vermutlich nicht so viel wissen wie wir oft glauben. Die Quellenzeugnisse, auf denen unser "Wissen" basiert, sind verstreut, unsystematisch und teilweise auch widersprüchlich und stammen auch nicht gerade von Verfassungsjuristen. Für meinen Geschmack wird zu sehr davon ausgegangen, dass die Autoren tatsächlich immer die korrekten Ausdrücke verwendeten und auch sonst alles in diesem Wirrwarr von Kompetenzverleihungen und -verlängerungen korrekt darstellten, und das in einem mitunter größeren zeitlichen Abstand.
 
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Er regierte also im wesentlichen mit 2 Amtsgewalten, insgesamt bis zu 5 (fett).
Allerdings war der Princeps senatus kein richtiges Amt und hatte somit auch keine echte Amtsgewalt, wobei die Bedeutung dieser Funktion in der späten Republik obendrein noch zurückgegangen war. Eigentlich war der Princeps senatus lediglich der Senator, der im Verzeichnis der Senatoren auf dem ersten Platz stand. Er leitete auch nicht die Senatssitzungen, war also kein Senatspräsident, sondern das machten die Konsuln. (Dass Augustus natürlich auch großen Einfluss auf die Senatsleitung hatte, lag nicht an seiner Position als Princeps senatus, sondern als Konsul bzw. dem imperium consulare.) Die Bedeutung des Princeps senatus war vielmehr die, dass er als Meinungsführer im Senat agieren konnte, weil er als Erster seine Meinung äußern und seine Stimme abgeben durfte. Das war in der Republik noch nicht so wichtig, denn damals wagten die anderen Senatoren noch unbekümmert anderer Meinung zu sein, aber in der Kaiserzeit hielten es viele Senatoren natürlich für klüger, sich der Meinung des Kaisers anzuschließen. Außerdem war der Posten mit hohem Ansehen verbunden.

Dass man, wie Du schon angemerkt hast, die realpolitische Bedeutung der Princeps senatus-Funktion nicht überschätzen sollte, ergibt sich schon daraus, dass manche Kaiser auf diese Funktion verzichteten und sie einem anderen Senator überließen.
 
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