Welchen Stellenwert hat die versuchte Fürstenenteignung?

Griffel

Mitglied
In der Rückschau auf die Weimarer Republik werden ja häufig die gesellschaftlichen Gegensätze dargestellt, die es sicherlich gab. Besonders negativ werden ja auch heute noch die verschiedenen Plebiszite dargestellt.:rolleyes:
Eines der bekanntesten dürfte ja das um die Fürstenenteignung gewesen sein.
https://de.wikipedia.org/wiki/Fürstenenteignung

Ich will jetzt mal nicht meine persönliche Meinung voranstellen. Sicherlich gibt es viele gute Gründe für den Pro wie den Contra Standpunkt. Was mich speziell interessiert, ist die Stellung des Artikels 153 der Weimarer Verfassung. Wenn, man diesen als Maßstab nimmt, dann wäre doch eigentlich eine entschädigungslose Enteignung verfassungswidrig und unrechtmäßig gewesen?

Selbst wenn, die Adelsfamilien und ihre Anhänger eine relativ kleine Gruppe in der Bevölkerung stellten. Hätte man die entscheidungslose Enteignung durchgebracht, so meine ich, dass sich daraus ein weiterer Konflikt für die Gesellschaft und den Staat ergeben hätte! Die Radikalisierung war ja in Weimarer ohnehin schon stark ausgeprägt. Ich glaube kaum, dass sich eine halbwegs funktionierende parlamentarische Arbeit hätte durchsetzen lassen. Was zu noch mehr Instabilität geführt hätte. Soviel von mir. Nun sind andere an der Reihe.
 
Besonders negativ werden ja auch heute noch die verschiedenen Plebiszite dargestellt
Was aber wenig mit den Inhalten dieser Plebiszite zusammenhängt, sondern mehr damit, dass das seinen Teil dazu leistete die Weimarer Koalition zu destabilisieren und zu zersetzen.

So brachte z.B. die Vorlage zur Fürstenenteignung die SPD seinerzeit in eine unheimlich schwierige Situation:

Einerseits verlangten nicht wenige ihrer Mitglieder und Wähler, dass man in dieser Hinsicht mit den Kommunisten zusammenarbeiten solle, um die Überbleibsel der Monarchie zu beseitigen, etc.
Andererseits, waren die Zentrumspartei und die Liberalen, als einzig denkbare Koalitionspartner auf Reichsebene natürlich total dagegen.
Wehler hat diese Problematik in seinem Grundlagenwerk über die Weimarer Republik recht ausführlich geschildert.

In diesem Sinne stellten Plebiszite tatsächlich für die extremen Parteien einen Hebel dar, die demokratischen Parteien bei Gelegenheit gegeneinander auszuspielen.
Aber das war eigentlich unabhängig vom Ergebnis dieser Plebiszite, die entscheidende Rolle dafür, spielte der Mechanismus an sich.
 
Was mich speziell interessiert, ist die Stellung des Artikels 153 der Weimarer Verfassung. Wenn, man diesen als Maßstab nimmt, dann wäre doch eigentlich eine entschädigungslose Enteignung verfassungswidrig und unrechtmäßig gewesen?
Hier einmal Artikel 153 der Weimarer Verfassung (Hervorhebung von mir) im Wortlaut: "
Das Eigentum wird von der Verfassung gewährleistet. Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Gesetzen.

Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden. Sie erfolgt gegen angemessene Entschädigung soweit nicht ein Reichsgesetz etwas anderes bestimmt. Wegen der Höhe der Entschädigung ist im Streitfalle der Rechtsweg bei den ordentlichen Gerichten offen zu halten, soweit Reichsgesetze nichts anderes bestimmen. Enteignung durch das Reich gegenüber Ländern, Gemeinden und gemeinnützigen Verbänden kann nur gegen Entschädigung erfolgen.

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein für das Gemeine Beste"

Insofern wäre auch eine entschädigungslose Fürstenenteignung verfassungskonform gewesen, wenn ein entsprechendes Reichsgesetz erlassen worden wäre. Dazu kam es aber nicht. Stattdessen kam es 1926 zu einer von der KPD und SPD intiierten Volksabstimmung über eine entschädigungslose Fürstenenteignung, die jedoch scheiterte. Die meisten Bundesländer hatten bereits vor der Volksabstimmung einzeln mit den ehemaligen Fürstenhäusern einvernehmlich über Enteignungen verhandelt. Es wurden entsprechende Landesgesetze erlassen. In Hessen-Darmstadt, Lippe, den Thüringischen und Mecklenburgischen Staaten standen solche Gesetze jedoch noch aus. Die Auseinandersetzung mit den Fürsten zogen sich dort noch Jahre hin.

Ein Problem war zu trennen, was Hausvermögen der Fürsten und was Staatsbesitz war. Im kleinen Fürstentum Waldeck bspw. wurde dem Fürsten das Nutzungsrecht (nicht Eigentum, aber seine Nachfahren leben noch heute dort) an Schloß Arolsen und das Eigentum an über 3000 Hektar Wald gewährt. Weitere 19.000 Hektar Wald wurden in eine Domanialverwaltung des Freistaates Waldeck überführt, die heute dem Landkreis gehört.
 
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