Wer ist der rechtmäßige Besitzer der Krim?

C

Crimea78

Gast
Das Thema der Zugehörigkeit der Krim ist in den Medien ja bereits stark vertreten. Dennoch erscheint es mir, dass nur Wenige sich mit diesem Thema tiefgründig befassen und dem auf den Grund gehen. Für viele steht die Frage gar nicht zur Diskussion - Die Krim gehört zur Ukraine, dessen territoriale Integrität 2014 verletzt wurde. Aus prorussischer Perspektive hört man oft, die Krim sei wie ein Sack Kartoffeln an die Ukraine "verschenkt" worden durch Nikita Chruschtschow, der ein maßgebender Faktor für die Übergabe sei - die Motive und die Schuldfrage steht auch heute noch zur internationalen Debatte (außer in Russland vielleicht, da gibt es höhchstwahrscheinlich nur die eine Meinung)

In diesem Sinne, ich freue mich auf Diskussionsergebnisse und Resultate

PS: mich würde unter Versierteren interessieren, warum im Gesellschaftlichem Kollektivgedächtnis, das Bild Chruschtschows eingemeißelt ist, wenn in jeglichem Dokument, dass die Übergabe dokumentiert und vertraglich verschriftlicht, Voroshilows Unterschrift sitzt? (Chruschtschow war zu diesem zeitpunkt doch gar Vorsitzender des obersten Sowjets bzw. Staatsführer)
 
Die Fragestellung stützt sich auf die Verwendung des Begriffes/Konstruktes „Besitz“. Warum?
Der Text betrifft die territoriale Unversehrtheit und Souveränität des international/völkerrechtlich anerkannten Staatsgebietes der Ukraine, Status vor der russischen Besetzung der Krim 2014.
UN Resolution 68/262. Territoriale Unversehrtheit der Ukraine:
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Rein völkerrechtlich ist die Sache klar, die Krim gehört zur Ukraine.
Russland selbst hatte das anerkannt, spätestens bei der Rückgabe der Atomwaffen an Russland.
Was mich etwas nachdenklich stimmt, ist der vergleichsweise geringe Widerstand der Bevölkerung bei der Annexion der Krim.
Das Referendum war sicher eine Farce, dennoch sehe ich eine neuerliche Volksabstimmung unter Aufsicht der UN und bei Abwesenheit der Russen als einzig gangbaren Weg für die Zukunft.
Das wäre mein Vorschlag zu kommenden Friedensverhandlungen, auch für die anderen besetzten Gebiete Donezk und Luhansk.
Soll die Bevölkerung entscheiden.

Gruß, muheijo
 
Widerstand, wenn man überrascht wird, Familie hat und Hilfe kaum zu erwarten ist!?
Das war wohl eher die Hinnahme der Realität.
Außerdem gab es da schon "Widerstand" in Teilen der Bevölkerung.
Wenn auf die Geschichte Bezug genommen wird, sollte die Krim wohl eher unabhängig sein,
hat bis vor kurzen nie zur Ukraine gehört und Russland hat das Gebiet dem osmanischem Einflussbereich entrissen.
Die Moskowiter können da kaum mit "Heim zu Russland" argumentieren.
Aber die drehen das eh so, das es in Ihr politisches Konzept passt. Sorry für diese Äußerung, aber das entspricht meines Wissensstandes her in etwa den Tatsachen.
Vielleicht könnt Ihr da mehr und besseres zu sagen.

Falls diese Äußerung zu politisch sein sollte, bitte PN oder löschen, bin mir hier nicht ganz sicher.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir sollten berücksichtigen, dass die Frage nicht auf „Lösungsvorschläge“ gerichtet war, … (das kann das Forum nicht leisten)


sondern historisch und auf Ereignisse/Sachverhalte ausgerichtet.
 
Für mich gibt es überhaupt keinen Grund anzuzweifeln was bei Wikipedia unter den Begriff „Krim“ steht.
Auch nicht nach dem ich bei „WELT“ einen Beitrag von Ulli Kulke (geb. 1952 in Benthe – Stadtteil der Stadt Ronnenberg bei Hannover) gelesen habe.
Herr Kulke bezieht sich in Artikel auch auf Darlegungen von Gwendolyn Sasse.

Gwendolyn Sasse - Wissenschaftliche Direktorin Einstein-Professorin für Vergleichende Demokratie- und Autoritarismusforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Hier zum Artikel bei „WELT“ von 2014:

https://www.welt.de/geschichte/article125628675/Und-ploetzlich-gehoerte-die-Krim-zur-Ukraine.html

Und zu Frau Professorin G. Sasse:

https://www.zois-berlin.de/ueber-uns/prof-dr-gwendolyn-sasse

Was da unter den Sowjetführern so ab 1944 – 1954 mal hin und her gekungelt wurde, ist schwer nachvollziehbar und wirft auch einen Schatten auf die Qualität der beteiligten Personen, deren Umgang mit der Souveränität von Ländern auch wenn sie temporär eine UkrSSR waren.

Hier mal damals wichtige beteiligte Personen:

· J.W. Stalin,
· N.S. Chruschtschow
· G.M. Malenkow
· P. Titov,
· D. Polianski,
· L. Kiritschenko
· u.a.

1954 Übergabe an Ukraine...

1954 deshalb, 1954 jährte sich der 300. Jahrestag von Perejeslaw.

Was da der jetzige russische Präsident will ist für mich gleichzusetzen damit wenn wir die Rückgabe von Schlesien, Pommern und Ostpreußen fordern würden.

Erinnert mich an meinem Geschäftspartner in Wrocław /Breslau in den 90igern.
Während eines Rundgangs durch die Innenstadt von Breslau sagte er zu mir, hier sehe es dir an, 800 Jahre Deutsch, nix Polnisch. Wenn wir unsere Gebiete in der Westukraine zu rückbekommen wird es uns egal sein, wenn ihr Schlesien widerhaben wollt.

Und wenn ich Onkel „Wowa“ richtig verstehe, er möchte liebend gern das Rad der Geschichte bis zum 1./2. September 1939 zurückdrehen. Oder verstehe ich seinen Intimus R. A. Kadyrow falsch?
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Wechsel der Krim von der Russischen zur Ukrainischen Sowjetrepublik fällt in eine besonders spannende Phase der Geschichte der Sowjet-Union. Stalin war 1953 verstorben und um seine Nachfolge tobte im verborgenen Machtkämpfe zwischen Chruschschtow und verschiedenen Konkurrenten.
 
Genau. Deshalb oben der Hinweis, sich auf die historischen Ereignisse etwa im Kontext der SU zu beschränken.

Danke für die Klarstellung.

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Wir sollten berücksichtigen, dass die Frage nicht auf „Lösungsvorschläge“ gerichtet war, … (das kann das Forum nicht leisten)

sondern historisch und auf Ereignisse/Sachverhalte ausgerichtet.

war sie so implizit ausgedrückt, daß ich sie als solche überlesen habe.

Bin allerdings schon gespannt, wie sich das in der weiteren Diskussion ordentlich auseinanderhalten läßt, und sehe vor meinem gesistigen Auge schon eine Menge ideologischer, rhetorischer und haktuell-istorischer Landminen.

Habe vor, auf keine derselbigen selbst zu treten, und halte darob das Maul.
 
Über die Krim schreibt die Wikipedia u.a.:

"1954 unterstellte Nikita Chruschtschow die bis dahin zur RSFSR gehörende Krim der Ukraine. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 wurde die Ukraine erneut souverän, erstmals mit internationaler Anerkennung. Als Gegenleistung für den Verzicht der Ukraine auf die auf ihrem Territorium stationierten sowjetischen Nuklearwaffen garantierten Russland, die USA und Großbritannien im Budapester Memorandum von 1994 die Eigenständigkeit und die bestehenden Grenzen des Landes."

Die Invasion der Krim 2014 durch russische Truppen, die jedoch keine Hoheitszeichen trugen und von den ukrainischen Streitkräften kaum bekämpft wurden, war eine Reaktion auf das vom ukrainischen Parlament verabschiedeten Gesetz, das die ukrainische Sprache wieder zu alleiniger Amts- und Unterrichtssprache in den Schulen bestimmte. Wikipedia schreibt dazu: Kritik an dieser Entscheidung gab es von Seiten Russlands,[36] der OSZE,[37] des Europarats[38] und von den Außenministern Polens, Ungarns und Rumäniens. Die Unruhen im Osten des Landes verschärften sich dadurch weiter, letztlich legte Übergangspräsident Oleksandr Turtschynow ein Veto ein, so dass das Gesetz weiterhin in Kraft blieb.

Aber der Schaden war getan, denn auf der Krim – wie auch im Donbas – wird kaum Ukrainisch gesprochen, deshalb gab es auch kaum Widerstand seitens der Krimbevölkerung gegen die russischen Truppen.

Zuerst verneinte Putin eine Einmischung Russlands auf der Krim, sagte, er könne nichts dafür, was seine Soldaten in ihrer Freizeit tun. Dann aber, als die Reaktion der Schutzmächte USA und Großbritannien eher mau ausfiel, bekannte er sich zu der Invasion, zu der er genötigt worden sei, um russische Bevölkerung auf der Krim vor den Nationalisten in Kiew zu schützen, weil diese die russische Sprache erst marginalisieren und dann ausmerzen wollen.

Nativelanguage2001ua.PNG

Laut Volkszählung aus dem Jahr 2001
Ukraine


Dann berief sich Russland auf Selbstbestimmungsrecht der Völker – Putin verwies dabei zurecht auf Kosovo, dessen Trennung von Serbien vom "Westen" anerkannt wurde – und veranstaltete ein Referendum, das natürlich zu Gunsten Russlands ausfiel. Das würde wahrscheinlich auch der Fall sein, wenn die Krim nicht von russischen Soldaten besetzt gewesen wäre. Nicht nur deswegen war die Reaktion der Schutzmächte – siehe Budapester Memorandum von 1994 – nur schwach.

Daher gehört die Krim zu Russland.

PS: Man muss auch dies berücksichtigen – Zitat aus Wikipedia:

"Kurz nach der Abwahl des Staatspräsidenten Petro Poroschenko [im Jahr 2019] wurde ein unter seiner Präsidentschaft erarbeitetes neues Sprachgesetz verabschiedet, zunächst mit einer Übergangsfrist. Diese lief im Januar 2022 aus. Das Gesetz legt fest, dass die einzige offizielle Staatssprache in der Ukraine Ukrainisch ist und Beamte verpflichtet sind, diese Sprache in ihren beruflichen Funktionen zu sprechen. Behörden, aber auch Dienstleister allgemein sollen Kunden zuerst auf Ukrainisch ansprechen, dürfen aber weiterhin auf Russisch sprechen, wenn sie darum gebeten werden. Zudem müssen Buchläden mindestens 50 Prozent ihres Bestands auf Ukrainisch anbieten. Die Veröffentlichung von Printmedien in russischer Sprache wird nicht verboten, aber es wird festgelegt, dass eine ukrainische Version in gleicher Auflage und gleichem Umfang veröffentlicht werden muss. Dies gilt vorerst nur für überregionale Printmedien, soll aber ab Juli 2024 auch auf regionale Printmedien ausgeweitet werden.[41][42][43]"

Putin hat also nur abgewartet, dass diese Übergangsfrist abläuft.
 
Danke für die Klarstellung.

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war sie so implizit ausgedrückt, daß ich sie als solche überlesen habe.

Bin allerdings schon gespannt, wie sich das in der weiteren Diskussion ordentlich auseinanderhalten läßt, und sehe vor meinem gesistigen Auge schon eine Menge ideologischer, rhetorischer und haktuell-istorischer Landminen.

Habe vor, auf keine derselbigen selbst zu treten, und halte darob das Maul.

Naja, völkerrechtlich ist die Frage im Prinzip klar, und das wurde auch von Russland vertraglich anerkannt. Wie es die Bevölkerungsmehrheit sieht, ist im Augenblick schwer zu sagen, erst recht für uns hier in Deutschland. Historisch kann man natürlich die wechselvolle Geschichte der Region ins Auge fassen, aber daraus ergeben sich noch keine echten Ansprüche, selbst wenn das im politischen Bereich immer mal wieder versucht wird. Dass Stadt X oder Landkreis Y 1519, 1644 oder 1738 zu einem Reich gehörte, aus dem sich später ein moderner Nationalstaat entwickelte, ist ja noch kein Argument für oder gegen eine aktuelle Staatsgrenze. Es gibt eben keine "nationale" Erde, die immer schon und auf ewig Bestandteil eines bestimmten Landes sein muss - allein schon, weil auch die politische Struktur eines solchen Landes nicht von ewiger Dauer ist.
 
Dennoch erscheint es mir, dass nur Wenige sich mit diesem Thema tiefgründig befassen und dem auf den Grund gehen.

Mir eerscheint vor allen Dingen das zu viel auf bestimmte unsinnige Mythen eingegangen wird:

Aus prorussischer Perspektive hört man oft, die Krim sei wie ein Sack Kartoffeln an die Ukraine "verschenkt" worden durch Nikita Chruschtschow, der ein maßgebender Faktor für die Übergabe sei - die Motive und die Schuldfrage steht auch heute noch zur internationalen Debatte (außer in Russland vielleicht, da gibt es höhchstwahrscheinlich nur die eine Meinung)

Warum z.B. greift man so einen Unfug überhaupt auf?

Bei der Auflösung der Sowjetunion hat die russische Föderation, vertreten durch die Jelzin-Administration die Ukraine und deren Staatsgebiet inklusive der Krim in dieser Form anerkannt und damit auf jegliche Ansprüche auf dieses Territorium verzichtet.

Vorangegangene administrative Umgliederungen von Territorien innerhlab der UdSSR, verändern nichts an diesem Umstand.
Wenn man in Moskau der Meinung war, diese Umgliederung rückgängig machen zu wollen, hätte man entsprechende Ansprüche 1991 bei der Auflösung der Sowjetunion anmelden müssen und keine Verträge schließen dürfen, die durch die Anerkennung der Krim als ukrainisches Territorium, darauf explizit verzichteten.

Diese Verträge sind allerdings geschlossen worden und damit ist das Thema völkerrechtlich durch.

Da gibt es nichts zu diskutieren.
 
Aber der Schaden war getan, denn auf der Krim – wie auch im Donbas – wird kaum Ukrainisch gesprochen, deshalb gab es auch kaum Widerstand seitens der Krimbevölkerung gegen die russischen Truppen.

Hast du diese Einlassung von Wikipedia kompiert oder stammt die von dir?

Eigentlich sollte gerade mit Hinblick auf die deutsche Geschichte klar sein, dass sich aus der gesprochenen Sprache noch lange keine Loyalität gegenüber einer bestimmten Nation oder einen Staat ableiten lässt.
Wer gegentieliges behaupten möchte, der schaue sich exemplarisch einfach mal die Volksabstimmung von 1920 in den masurischen und westpreußischen (Marienwerder) Landkreisen an.

Die belegt recht eindrucksvoll, dass die politischen Loyalitäten sich deutlich von den sprachlichen Gewohnheiten der Einwohner unterscheiden können und das bei Sprachen, die wesentlich weiter auseinanderlagen, als das Russische und das Ukrainische.

Der Umstand, dass dort mehr russisch, als ukrainisch gesprochen wurde, ist kein Beleg dafür, dass ausbleibender Widerstand auf Loyalität gegenüber Russland zurückzuführen wäre.
Das ist in diesem Sinne reine Spekulation.

Ähnlich wahrscheinlich, wenn nicht wahrscheinlicher dürfte die Annahme sein, dass offener Widerstand kurzfristig kaum erfolgversprechend erschienen sein mag, zumal die Ukrainische Armee (sicherlich aus dem Kalkül Kiews heraus sich einen Krieg mit Russland nicht leisten zu können), keine ernsthaften Anstalten machte gegen die Besetzung vorzugehen und daher Unterstützung für einen potentiellen Aufstand gegen die Besatzungsmacht nicht zu erwarten war.
Durch die Geographie der Krim und die russische maritime Überlegenheit gegenüber der Ukraine im Schwarzen und im Asowschen Meer, war die russische Seite hier auch schnell imstande die Zugänge zur Krim-Halbinsel zu konttrollieren, so dass Einschluesen von Waffen für einen größer angelegten Guerillia-Krieg kaum im Bereich des Möglichen gewesen sein ddürfte.

Unter diesen Umständen, war mindestens auf der Krim keine Erhebung zu erwarten, die wäre nämlich Selbstmord gewesen.

Daher gehört die Krim zu Russland.

Auch hier nochmal die Frage ob diese Einlassung deiner persönlichen Meinung entspricht oder ob du das von irgendwoher kopiert hast, ohne das entsprechend zu markieren.

Ich kann dazu nur sage, ich kann solche Einschätzungen nicht teilen.
 
Russland hat anerkannt das die Krim zur Ukraine gehört. 'Pacta sunt servanda' gilt auch für Russland.

Wahlen und Volksentscheidungen werden u.a. nur dann anerkannt, wenn sie frei und geheim sind. Es werden sich ja auch noch andere an gläserne Wahlurnen erinnern. Und wo es um die Zugehörigkeit eines Gebiets geht, sind es dort gleiche Wahlen, wenn ein Teil der Bevölkerung geflohen ist und evt. sogar die Besatzer mit abstimmen? Eine alte Frage.

Wenn es in Katalonien und Schottland richtig war, dass nur verfassungsgemäße Abstimmungen rechtmäßig sind, muss das auch in anderen Fällen so gesehen werden.

Bis dahin gehen die historischen Argumente. Was das für die Krim bedeutet ist ein aktueller Schluss.
 
Es werden sich ja auch noch andere an gläserne Wahlurnen erinnern. .

Die sind in verschiedenen Ländern üblich, um Wahlbetrug zu verhindern. So ist für Beobachter nachvollziehbar, dass die Urnen nicht im Vorhinein zur Hälfte mit vorher ausgefüllten Wahlzetteln gefüllt sind.

BTW, die Krim-Regierung hat die OSZE gebeten, Beobachter zu schicken; wurde abgelehnt. Es gab Wahl-Beobachter aus anderen Ländern, die nichts zu beanstanden hatten.

BTW, im Kosovo gab es gar keine Volksabstimmung. Wem gehört dieses Territorium? Offensichtlich Serbien, scheint's...
 
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