wichtige Persönlichkeiten oder allgemeine Ursachen??

@Panzerreiter, Pfeiferhans

Der Impuls, dass die Cheopspyramide gebaut wird.
Von "Erfinden" ist in diesem Zusammenhang ja auch nicht die Rede!
Bedenkt doch mal die Gegenfrage:"Wäre diese Pyramide ohne Cheops gebaut worden?"
Ich denke nicht, dass diese Frage unumwunden mit Ja beantwortet werden kann.
Ich sehe das in dem Sinne, dass der Pinsel die Farbe nach dem Willen des Malers auf die Leinwand bringt.
Dass Cheops über die Mittel verfügen musste, ist eine überflüssig zu erwähnende Selbstverständlichkeit, die ebenso wenig gegen die Persönlichkeit des Cheops spricht, wie für seine Persönlichkeit. Eigentlich ging es vorliegend ja nicht darum, ob XY eine Persönlichkeit war oder nicht, aber meinetwegen können wir das auch vertiefen. Was ihn zur Persönlichkeit der Geschichte macht, ist meiner Meinung nach die Entscheidung, die größte Pyramide haben zu wollen und diesen Entschluss dann durch geeignete Maßnahmen durchzusetzen.
Wenn man hiervon abstrahiert, dann ist eine historische Persönlichkeit ein Mensch, der eine Entscheidung trifft und diese durchsetzt oder durchzusetzen versucht und durch dieses Streben in der Anschauung Dritter aus der anonymen Masse heraustritt. Im Guten wie im Bösen.

Oder habt Ihr alternative Vorschläge, wonach zu bemessen ist, wer eine historische Persönlichkeit war?
 
Oder habt Ihr alternative Vorschläge, wonach zu bemessen ist, wer eine historische Persönlichkeit war?
Ja. (s.u.)
Darum ging es mir aber nicht. So wenig wie elysian. Und genausowenig wie dem ursprünglichen Fragesteller, dem ich mich im Rahmen meiner Argumentation immer noch verbunden fühle.
a)Finde Sie heraus ob der Verlauf der Geschichte von wichtigen Persönlichkeiten geformt oder ist sie eine Wirkung aus den allgemeinen Ursachen heraus? Geben Sie für beide Seiten Argumente an!
Diese Verbundenheit gepaart mit meinem Advocatus-Diaboli-Gen :)devil:) führt dazu, dass ich gerne relativiere, sobald ich die Gelegenheit dazu sehe.

Denn, wie gesagt, m.E. ist unsere Geschichtsschreibung zu sehr auf die "großen Persönlichkeiten" fixiert (ich erinnere an Cäsar, der in bester Rambo-Manier ganz allein die Helvetier besiegt hat), wodurch quasi eine Rückkopplung stattfindet: Sie wirken noch bedeutender. Mit jedem Buch, in dem steht, dass sie bedeutend sind.
Bleiben wir mal kurz bei Cäsar: Wer hat eigentlich geschrieben, "Cäsar" habe die Helvetier, die Gallier, die Belgier usw besiegt? Er selber! Nett von der Nachwelt, seine Selbstbeweihräucherung als Beweis für seine großen Taten herzunehmen...

Spaß beiseite. Natürlich ist der olle Julius eine bedeutende Persönlichkeit. Wir brauchen dafür auch keine Haare zu spalten, wie fähig seine Soldaten nun waren und ob andere Heerführer das eventuell auch geschafft hätten. Er war nun mal derjenige, der hat. Dass es andere, potentiell bedeutende Persönlichkeiten gegeben haben mag, die bei einem Fehlen Cäsars ähnlich ins Rampenlicht der Geschichte getreten wären, sei dahingestellt. Denn die Geschichte kennt sie nicht und damit sind sie eben nicht bedeutend, im Sinne von "auf ewig unvergessen".

Man sieht an Cäsar, dass nicht nur große Taten einen zur bedeutenden Persönlichkeit machen, sondern auch ein gerüttelt Maß an populistischem Auftreten. Ordentliche Propaganda, und sei sie in eigener Sache.
Wir kennen Helmut Kohl als den Kanzler der Einheit. Aber wer kennt etwa den Chef das DDR-Luftsturmregiments "Willi Sänger", der sich mit seinen Männern geweigert hat, gewaltsam gegen die Demonstranten vorzugehen? Kein Schwein. Dabei war er für die Ereignisse bedeutender als Kohl, der bloß publikumswirksam in die Kamera winken musste, als alles vorbei war.
So sind viele Persönlichkeiten in der Geschichte zu "bedeutenden" Persönlichkeiten geworden - auf Kosten derer, die eigentlich die Ereignisse vorangebracht haben.

Cheops ist in meinen Augen schon auch eine bedeutende Persönlichkeit.
Aber nicht etwa, weil er sich eine dicke Pyramide bauen hat lassen. Denn selbst dass er die Idee dazu hatte, ist nicht beweisbar. Wieder eine Rückkopplung: Wir kennen in dem Zusammenhang mit der gleichnamigen Pyramide nur Herrn Cheops, also wird er ja wohl die Idee dazu gehabt haben. Und - bumms- wird das als Tatsache verkauft.
Wissen wir's?
Vielleicht saß er ja gelangweilt auf seinem Thron, spielte mit der Doppelkrone und war neidisch auf Papa, als ein namenloser Berater ihm vorschlug, man könne doch so ein Riesending in die Wüste stellen, viel größer als das von Cheops Senior (Snofru hieß der alte Herr).
Er hat die Pyramide weder geplant, noch organisiert, noch finanziert, noch gebaut. Er liegt ja noch nicht mal drin. Wir klammern uns an den letzten Strohhalm und erklären: "dann hatte er halt wenigstens die Idee dazu". Naheliegende These, aber nicht beweisbar, sorry.

Ob die Pyramide ohne ihn gebaut worden wäre, kann ich tatsächlich nicht mit einem klaren "ja" beantworten. Aber kann jemand sie im Gegenzug mit einem klaren "nein" beantworten? Jemand anderes hätte vielleicht etwas völlig anderes an einem anderen Ort gebaut und wir kämen gar nicht auf die Idee, eine Pyramide zu vermissen. Vielleicht hat gar der doofe Cheops weit größere Wunder weit bedeutenderer Persönlichkeiten verhindert, indem er alle Kapazitäten mit dem Bau der Pyramide belegt hat. Kann er ja, er ist ja der König.

Cheops ist für mich nicht wegen der ollen Pyramide eine bedeutende Persönlichkeit, sondern allein deswegen, weil ich außer ihm kaum einen seiner Zeitgenossen kenne. Weil sein Name überliefert wurde, nicht der des namenlosen Beraters, der die tollen Ideen hatte. Weil er halt der König war - bestimmt kein schlechter - und die anderen schlauen Köpfe, von denen er garantiert eine Menge haben musste, bloß die Schergen. Aber ich weiß nicht, weshalb er bedeutend war. Seine Zeitgenossen haben ihn bedeutend gemacht, die werden schon ihre Gründe gehabt haben. Ich bin ihnen ausgeliefert, sie haben entscheiden, man müsse Cheops für alle Zeiten kennen, also tue ich das. Kann ja gar nicht anders. Meine Bücher, meine Lehrer, das Fernsehen, meine Diskussionspartner im Forum - alle erzählen mir, Cheops hat die Pyramide gebaut. Na gut, ist recht, ich glaub's. Deshalb ist der Herr bedeutend.
So wie Geld bekanntermaßen Geld nach sich zieht, zieht Ruhm auch Ruhm nach sich. Wir koppeln wieder...

Wonach zu bemessen ist, wer eine historische Persönlichkeit ist, ist leicht. Denn diese Bemaßung haben uns andere abgenommen. Auch wenn wir hier zu dem Schluss kämen, Cheops wäre keine historische Persönlichkeit, ändert das was an der Tatsache, dass er nun mal eine ist?
Das Kriterium ist die Bekanntheit in der Geschichtsschreibung, so einfach ist das. Wir haben da nichts mehr zu entscheiden.

Richard Löwenherz ist bekannt als mutiger Gegner Saladins. Er ist bedeutend. Vielleicht hätte sein Pferdeknecht aber den ewigen Frieden zwischen Muslimen und Christen gestiftet, wenn man ihn mit Saladin hätte reden lassen? Wer weiß? Sinnlos, darüber nachzudenken, denn Richard war nun mal der Chef. Er musste in dieser Situation eine historische Persönlichkeit werden, ob er nun den Kreuzzug mit einem totalen Sieg beendet oder gnadenlos verbockt hätte. Egal.

Deshalb ist für mich eine Diskussion um die Bemaßung, wer eine historische Persönlichkeit sei und wer nicht, müßig. Dass sich die Diskussion irgendwie entgegen dem Willen aller Beteiligten dahingehend entwickelt hat, ist interessant zu beobachten. Denn die ursprüngliche Frage war es, wie elysian ja auch angemerkt hat, nicht. Es ging darum, wer oder was den Lauf der Geschichte formt. Persönlichkeiten oder allgemeine Ursachen?
Und da bleibe ich dabei: Das eine kann ohne das andere nichts bewirken.

Gruß,

Panzerreiter
 
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Wir kennen in dem Zusammenhang mit der gleichnamigen Pyramide nur Herrn Cheops, also wird er ja wohl die Idee dazu gehabt haben. Und - bumms- wird das als Tatsache verkauft.
Wissen wir's?
Vielleicht saß er ja gelangweilt auf seinem Thron, spielte mit der Doppelkrone und war neidisch auf Papa, als ein namenloser Berater ihm vorschlug, man könne doch so ein Riesending in die Wüste stellen, viel größer als das von Cheops Senior (Snofru hieß der alte Herr).
Er hat die Pyramide weder geplant, noch organisiert, noch finanziert, noch gebaut. Er liegt ja noch nicht mal drin. Wir klammern uns an den letzten Strohhalm und erklären: "dann hatte er halt wenigstens die Idee dazu". Naheliegende These, aber nicht beweisbar, sorry.

Ich halte sehr viel von der strafrechtlichen Definition des mittelbaren Täters und seinem Werkzeug.
Der mittelbare Täter handelt mit Tatherrschaftswillen kraft überlegenem Wissen oder überlegenem Willen.
Auf unsere Frage gemünzt folgt daraus, wer es in der Hand hatte, das historische Geschehen in Gang zu bringen, zu steuern, es vielleicht zu bremsen.
Insofern ist es irrelevant, ob der Vorschlag zum Bau der Pyramide von Cheops himself ausging oder nicht. ER hat jedenfalls entschieden, DASS diese Pyramide gebaut wird. Davon können wir mit Sicherheit ausgehen!
Alles weitere findet nach seinem Willen statt. Die ausführenden Personen ordnen sich seinem Willen unter, und handeln in dem Streben, diesen Willen zu erfüllen.
Dieser Befund trifft auf Cheops Pyramide ebenso zu, wie auf Cäsars kämpfenden Soldaten.

Sofern wir nicht die Frage nach der Willensfreiheit des Menschen überhaupt stellen wollen, sehe ich hier das ausschlaggebende Kriterium. Dringt man zu der Frage vor, ob der jeweilige Mensch überhaupt verantwortlicher Treiber war oder doch nur durch die Umstände verantwortungsfrei Getriebener, berührt man den Kern der Ausgangsfrage.
Hierüber herrscht seit Jahrtausenden ein bis dato unentschiedener Streit.

Wonach zu bemessen ist, wer eine historische Persönlichkeit ist, ist leicht. Denn diese Bemaßung haben uns andere abgenommen. Auch wenn wir hier zu dem Schluss kämen, Cheops wäre keine historische Persönlichkeit, ändert das was an der Tatsache, dass er nun mal eine ist?
Das Kriterium ist die Bekanntheit in der Geschichtsschreibung, so einfach ist das. Wir haben da nichts mehr zu entscheiden.

Jain. Immerhin stellt sich bei dem zutreffenden Grundbefund die Frage, weshalb man sich denn der jeweiligen Persönlichkeit überhaupt erinnert hat. Ich denke: bei Alexander und Cäsar sind es deren Kriege, bei Cheops ist es sein Grab. In jüngerer Vergangenheit wurden auch ganze Zeitalter nach Personen deklariert.
Ich vermute, dass die wohl weltweite Überzeugung, Menschen seien für Verhaltensweisen, insbesondere ihre eigenen, verantwortlich, dazu führt, historische Ergebnisse bestimmten Personen als in unterschiedlichen Sinnen Verantwortliche zuzuordnen.
Der Knackpunkt ist, ob der Mensch überhaupt verantwortlich gemacht werden kann oder nicht bzw. ob dieses sozialethische Prinzip der Verantwortlichkeit naturwissenschaftlich betrachtet haltlos ist. Andererseits könnte man natürlich auch fragen, ob unsere Ethik naturwissenschaftlich begründbar sein muss.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hierüber herrscht seit Jahrtausenden ein bis dato unentschiedener Streit.
Der wohl noch weitere Jahrtausende unentschieden bleiben wird, denke ich. Denn hier prallen verschiedene Denk- und Argumentationsansätze aufeinander: Der philosophische, der moralisch/ethische und der rationale. Keiner davon kann die Frage allein in Dominanz gegenüber den anderen beantworten und keiner davon ist wissenschaftlich mess- und damit beweisbar. (auch der rationale nicht!) Diese Problematik hast du ja auch im zweiten Teil deines Posts angesprochen. Ich denke, das Problem an sich sehen wir weitgehend konform, wenngleich wir in einer Diskussion zu diesem Thema wahrscheinlich unterschiedliche Standpunkte vertreten.

Immerhin stellt sich bei dem zutreffenden Grundbefund die Frage, weshalb man sich denn der jeweiligen Persönlichkeit überhaupt erinnert hat. Ich denke: bei Alexander und Cäsar sind es deren Kriege, bei Cheops ist es sein Grab. In jüngerer Vergangenheit wurden auch ganze Zeitalter nach Personen deklariert.
Das befasst sich aber nicht mit der Frage, wer eine historische Persönlichkeit ist, sondern warum eine Persönlichkeit historisch wurde.
Das klingt jetzt mit Sicherheit haarspalterischer, als es ist, denn da kann bereits im Ansatz die Diskussion aneinander vorbei gehen. Wenn letzteres (das warum) gefragt ist, liegen wir wahrscheinlich so weit auseinander nicht, wenngleich ich selbst der strafrechtlichen Definition des mittelbaren Täters und seinem Werkzeug wohl weit skeptischer gegenüberstehe als Du.

Diese meine Skepsis gegenüber der Personifizeirung der Geschichte hat aber generelle Gründe und hat - da nicht ich darüber entschieden habe, wessen Name nun, aus welchen Gründen auch immer, überliefert werden soll - keine Auswirkung auf die eigentliche Frage.
Meine Skepsis soll nicht dazu dienen, eine historische Persönlichkeit als solche wegzudefinieren, sondern soll dazu anregen, zu hinterfragen, ob die (bequeme) Fixierung der Geschichtsschreibung und -forschung auf historische Persönlichkeiten möglicherweise den Blick auf die Geschichte verfälscht. ("Das waren ja nicht die Deutschen, das war der böse Hitler", analog dazu die vielen Kellerleichen, die andere Völker gerne verdrängen)

Wenn die Frage ausschließlich nach dem "warum" geht, also völlig losgelöst vom "zu Recht?", stimme ich weitgehend zu. Natürlich ist Cheops wegen seiner Pyramide berühmt. Natürlich ist Alexander wegen seiner Eroberungen berühmt.
Ich schiebe trotzdem, um nicht der Bequemlichkeit zu verfallen, die Frage hinterher, wie viele Personen, die möglicherweise mehr auf dem Kasten hatten und die mehr als der Auftraggeber zur Verwirklichung beigetragen haben, schnöde vergessen wurden.
 
.......Der mittelbare Täter handelt mit Tatherrschaftswillen kraft überlegenem Wissen oder überlegenem Willen.
Auf unsere Frage gemünzt folgt daraus, wer es in der Hand hatte, das historische Geschehen in Gang zu bringen, zu steuern, es vielleicht zu bremsen.
Insofern ist es irrelevant, ob der Vorschlag zum Bau der Pyramide von Cheops himself ausging oder nicht. ER hat jedenfalls entschieden, DASS diese Pyramide gebaut wird. Davon können wir mit Sicherheit ausgehen!
Alles weitere findet nach seinem Willen statt. Die ausführenden Personen ordnen sich seinem Willen unter, und handeln in dem Streben, diesen Willen zu erfüllen.
Dieser Befund trifft auf Cheops Pyramide ebenso zu, wie auf Cäsars kämpfenden Soldaten.

Wenn ich auch gut nachvollziehen kann, was du meinst und allgemein für die Vergangenheit eher eine strenge Hierarchie unterstellt wird, um beim Cheops Beispiel zu glauben, berücksichtigt diese Betrachtung mE zu wenig den Willen der Anderen.
Wie weit geht diese Unterordnung unter den Anführerwillen? Folgt man dem Anführer auch dann, wenn sein Willen konträr zum eigenen ist.
Oder "erwählt" man einen Anführer, der den eigenen, vielleicht vagen Willen besser ausdrücken und erfolgreicher verfolgen kann.
Natürlich sind die Übergänge der Gefolgschaft fließend.
Inwieweit man in einem despotischen Unterdrückungssystem den konträren eigenen Willen zu verfolgen in der Lage ist oder ob man diesen für sich selbst umformuliert um zu überleben, gehört aber eher nicht zum Thema und trifft nur auf Extremsituationen zu.




.......Jain. Immerhin stellt sich bei dem zutreffenden Grundbefund die Frage, weshalb man sich denn der jeweiligen Persönlichkeit überhaupt erinnert hat. Ich denke: bei Alexander und Cäsar sind es deren Kriege, bei Cheops ist es sein Grab. In jüngerer Vergangenheit wurden auch ganze Zeitalter nach Personen deklariert.

Ich möchte da meine Aussage vom Kristallisationspunkt wiederholen.
Die wilhelminische oder victorianische Epoche wurde eher so genannt, weil Victoria und Wilhelm in dieser Zeit regierten, die Verdienste oder wertneutral die besonderen Ausprägungen dieser Epochen wurden durch viele Personen und Umstände definiert.
Um zu Cheops zurückzukommen, ich bin kein "Altes-Ägypten-Kenner, glaube aber gelesen zu haben, dass der Pyramidenbau nicht unbedingt Sklavenfron zum Ruhme eines einzelnen Menschen gewesen sein muß.
Die Ägypter sahen den Pharao als Gott und indem sie ihm die Reise und den Aufenthalt im anderen Leben erleichterten, dienten sie auch ihrem eigenen Stand im Jenseits, also der Pharao als Mittler und seine Pyramide als Kristallisationspunkt der Jenseitsvorstellung. Dazu können Ägyptenkenner bestimmt genaueres sagen.

Ich vermute, dass die wohl weltweite Überzeugung, Menschen seien für Verhaltensweisen, insbesondere ihre eigenen, verantwortlich, dazu führt, historische Ergebnisse bestimmten Personen als in unterschiedlichen Sinnen Verantwortliche zuzuordnen.
Der Knackpunkt ist, ob der Mensch überhaupt verantwortlich gemacht werden kann oder nicht bzw. ob dieses sozialethische Prinzip der Verantwortlichkeit naturwissenschaftlich betrachtet haltlos ist. Andererseits könnte man natürlich auch fragen, ob unsere Ethik naturwissenschaftlich begründbar sein muss.

Dem kann ich zustimmen.
 
@Panzerreiter

Wenn die Frage ausschließlich nach dem "warum" geht, also völlig losgelöst vom "zu Recht?", stimme ich weitgehend zu. Natürlich ist Cheops wegen seiner Pyramide berühmt. Natürlich ist Alexander wegen seiner Eroberungen berühmt.
Ich schiebe trotzdem, um nicht der Bequemlichkeit zu verfallen, die Frage hinterher, wie viele Personen, die möglicherweise mehr auf dem Kasten hatten und die mehr als der Auftraggeber zur Verwirklichung beigetragen haben, schnöde vergessen wurden.

Diese Sätze dienen nun einmal der Vereinfachung, um die wesentlichen Informationen grob zusammengefasst zu vermitteln. A) Persien wurde von Makedonien erobert, B) Anführer der Makedonen war ihr König Alexander, =A+B) Alexander eroberte Persien.
Auf diese Weise wird Allgemeinwissen entwickelt. Dieses ist notwendigerweise oberflächlich und fragt allenfalls nach dem "Warum?", nicht aber nach dem "Zu Recht?".
Solche Informationen sollen m.E. auch nur die Grundlage für eine nähere Beschäftigung mit einem Thema bieten. Sobald man sich mit einem Thema näher beschäftigt, kommt man dann zwangsläufig zu einer differenzierenden Betrachtung.
Ich sehe aber durchaus ein Problem, wenn man nun die differenzierende Betrachtung prinzipiell an die Stelle der allgemeinen Betrachtung setzen wollte. Die Informationen würden unweigerlich ungleich länger und für jeden, der sich nicht bereits mit der Thematik ein wenig beschäftigt hat weniger gut nachvollziehbar. Zumal ja auch nicht jeder Mensch über dasselbe Denkvermögen verfügt.
Allerdings grenzt auch die Detailbetrachtung an ihre Grenzen, wo sie ins Reich der Vermutung übergeht. Was wäre wenn ist eine interessante Überlegung, man darf aber ihren spekulativen Wesenszug nicht ausser Augen lassen.

("Das waren ja nicht die Deutschen, das war der böse Hitler", analog dazu die vielen Kellerleichen, die andere Völker gerne verdrängen)

Das Eine ist so falsch wie das Andere.
Einmal werden die Namen dieser Personen in solchen Sätzen ja immer auch metaphorisch benutzt. Nimmt man Dein Hitlerbeispiel, so kann Hitler seine Verbrechen natürlich nicht allein begangen haben. Das ist logisch ausgeschlossen, schlicht unmöglich. Allerdings kann Hitler nicht hinweggedacht werden, ohne dass das historische Geschehen in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Zum Anderen umfasst "die Deutschen" jeden einzelnen Deutschen ohne Ausnahmemöglichkeit. Und das ist nun auch wieder wortwörtlich verstanden verzerrend.
Wir wissen, dass es Ausnahmen gab und nicht wenige der Opfer selbst Deutsche waren.
Daraus ergibt sich, dass auch dieser Satz nicht wortwörtlich verstanden werden darf, wenn er sinnvoll sein soll.


@rena8

berücksichtigt diese Betrachtung mE zu wenig den Willen der Anderen.
Wie weit geht diese Unterordnung unter den Anführerwillen? Folgt man dem Anführer auch dann, wenn sein Willen konträr zum eigenen ist.
Oder "erwählt" man einen Anführer, der den eigenen, vielleicht vagen Willen besser ausdrücken und erfolgreicher verfolgen kann.
Natürlich sind die Übergänge der Gefolgschaft fließend.

Dass die Interessen zwischen z.B. Alexander und seinem Soldaten deckungsgleich oder gegensätzlich sein können, ändert meines Erachtens nichts an der Werkzeugeigenschaft an für sich.
Bei konformen Interessen unterstellt sich der Soldat vermutlich freiwillig dem Willen des Alexander, gerade weil er in der Position ist, seinen, dem des Soldaten gleichen Willen durchzusetzen. Unterm Strich ist es dann immer noch Alexanders Wille, aufgrund dessen die Armeen marschieren oder nicht. Dieses Element nennt man die Tatherrschaft. Einzelheiten sind aus ähnlichen, wie bereits genannten Gründen natürlich noch umstritten.
Wird der Soldat gepresst, wie z.B. durch die Preußen im 7jährigen Krieg, so unterliegt sein Wille erst recht dem Willen des Unterdrückers.

Um zu Cheops zurückzukommen, ich bin kein "Altes-Ägypten-Kenner, glaube aber gelesen zu haben, dass der Pyramidenbau nicht unbedingt Sklavenfron zum Ruhme eines einzelnen Menschen gewesen sein muß.
Die Ägypter sahen den Pharao als Gott und indem sie ihm die Reise und den Aufenthalt im anderen Leben erleichterten, dienten sie auch ihrem eigenen Stand im Jenseits, also der Pharao als Mittler und seine Pyramide als Kristallisationspunkt der Jenseitsvorstellung.

Wir können dies ja auch einfach als richtig unterstellen.
Hierdurch wird ja immer noch nicht beseitigt, dass es in jedem Fall die Entscheidung des Cheops war, dass diese Pyramide gebaut wird. Eigeninteressen der Beteiligten beseitigen ja nicht die den historischen Prozess in Gang setzende Willensentscheidung.

Die wilhelminische oder victorianische Epoche wurde eher so genannt, weil Victoria und Wilhelm in dieser Zeit regierten, die Verdienste oder wertneutral die besonderen Ausprägungen dieser Epochen wurden durch viele Personen und Umstände definiert.

Es haben auch noch zahlreiche andere Personen zu diesen Zeiten regiert, aber Napoleon, Victoria usw. werden dennoch hervorgehoben. Warum?
 
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