Widerstandsgruppen/Freundeskreise

ursi

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Teammitglied
Freundeskreis Herbert Baum

Widerstand von Juden umfasst ein sehr breites Verhaltensspekturm. Es reicht von Selbstbehauptung bis zur aktiven Tätigkeit im Kampf gegen den Nationalsozialismus. Der jüdische Widerstand verschwindet schon fast hinter den bekannten Gruppen wie die „weisse Rose“ oder dem Attentat vom 20. Juli 44. Dennoch gab es einen Widerstand von jüdischen Gruppen in Deutschland und in den besetzten Gebieten. Ihre Tätigkeit war vielfältig, dies muss vor dem Hintergrund der Diffamierung, Verfolgung und Bedrohung durch die Rassenpolitik des NS-Regimes verstanden werden. Erste Reaktionen auf den alltäglichen Terror war organisierte Selbsthilfe, hier wurde unter anderem Versucht bedrohte Juden aus Deutschland rauszubringen. Dann gab es die Jüdische Winterhilfe, die 1938 bereits 25 Prozent der jüdischen Bevölkerung unterstützte.

In Berlin gab es eine Widerstandsgruppe die man sowohl zum Kommunistischen wie auch zum jüdischen Widerstand zählen kann. Die Widerstandsgruppe um Herbert Baum bestand aus jungen Menschen die dem Kommunismus nahestanden und durch ihre gemeinsamen Erfahrungen als Juden und ihre überwiegend kleinbürgerliche Herkunft geprägt war. Man muss aber schon hervorheben, dass sich die Freunde um Herbert und seiner Frau Marianne stets als Angehörige der kommunistischen Widerstandsbewegung sah und sich nicht als eine speziell jüdische Widerstandsgruppe ansah. Die Freunde kannten sich seit Ende der Weimarer Republik und hatten schon früh ihre ersten Erfahrungen mit dem Widerstand gegen das NS-Regime gemacht. 1938/39 fanden die Freunde um Herbert Baum sich wieder zusammen um eine unabhängige Gruppe zu gründen. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion 1941 verbreiteten sie Flugblätter, um auf das Unrecht und die gefährlichen Folgen des Krieges aufmerksam zu machen. Sie verübten am 18. Mai 1942 einen Brandanschlag auf die Ausstellung „Das Sowjetparadis“ im Berliner Lustgarten. Die Folgen des Anschlages waren gering, für die Gestapo hingegen war es ein Beweis für die Schlagkraft und den Widerstandswillen der Regimegegner. In der Folge entstanden viele Gerüchte über den Anschlag, die bis heute das Urteil über die Widerstandsgruppe Baum bestimmen.

Vor dem Anschlag gab es eine nächtliche Flugblattaktion, bei denen andere Widerstandsgruppen wie die Organisation um Arvid Harnack und Harro Schulze-Boysen (Rote Kapelle) beteiligt. Der Brandanschlag wird von Herbert Baum und Werner Steinbrink vorbereitet. Sie besuchen am 17. Mai die Ausstellung und verteilen kleine Behälter mit entzündbarer Flüssigkeit an verschiedenen Stellen der Ausstellung. Es geht ihnen nicht darum die Ausstellung zu zerstören, sondern sie wollen ein Zeichen setzen. Weil die Nationalsozilisten die Ereignisse verschweigen, entstehen Gerüchte. Dazu gehört auch die heute widerlegte Vermutung über die auf den Anschlag folgende Erschiessung von 250 Juden in der ehemaligen Kadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde.
Tatsächlich aber werden wenige Tage nach dem Brandanschlag viele Mitglieder der Widerstandsgruppe um Herbert Baum verhaftet. Zur gleichen Zeit verhaftet die Gestapo 500 Juden in Berlin. Von ihnen werden etwa 150 gemeinsam mit 100 andern Juden die sich im Konzentrationslager Sachsenhausen befinden, als Vergeltungsmassnahme für den in Prag tödlich verletzten Reinhard Heydrich ermordet. 250 Verhaftete werden in das KZ-Sachsenhausen verschleppt, um für weitere Repressalien verfügbar zu sein. Durch die enge zeitliche Verbindung zwischen der Aktion der Gruppe Baum und den von der NS-Führung angeordneten Vergeltungsmassnahmen entstand das Gerücht, mehr als 500 Berliner Juden seien mittelbar Opfer des Brandanschlages geworden.
Herbert Baum wird am 22. Mai 1942 verhaftet. Er nimmt sich am 11. Juni im Gefängnis Berlin-Moabit das Leben. Ein weiteres Mitglied der Gruppe Sala Kochmann versucht sich mit einem Sprung das Leben zu nehmen. Sie wird in ein jüdisches Krankenhaus gebracht und kann dort ein unentdecktes Mitglied der Gruppe warnen. Mitte Juni beginnen die ersten Prozesse vor dem Sondergericht in Berlin. Insgesamt finden mindestens sechs Gerichtsverfahren gegen die Gruppe und ihre Helfer statt.

Drei der Verhafteten begehen Selbstmord, ausser Herbert Baum noch Walter Bernecker und Elfriede Schaumann. Am 16. Juni findet der erste Prozess statt und endet mit der Hinrichtung der neuen Angeklagten. Am 10. Dezember 1942 werden weitere neun Mitglieder, am 21m Mai 1943 wieder drei zum Tode verurteilt. Bis heute ist das Schicksal anderer Mitglieder ungeklärt.
 
Hallo und danke für diese Informationen. Du erwähnst in dem Artikel diverse Flugblätter. Hast du vielleicht eine Idee, wo ich diese finden kann ?

VG
 
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