Wie haben sich Römer eigentlich angeredet?

Ich fühle mich etwas an die Kleinstadt erinnert, in der ich aufgewachsen bin: die relativ wenigen Familien des Orts und die Tendenz, den Vornamen des Vaters/Großvaters weiterzugeben führte dann zu a. mehreren Spielformen des Vornamens und b. Spitznamen und Anhängen an den Nachnamen. Der Umstand, dass man sich allerdings gut kannte und nur in einer relevanten Gruppe kommunizierte, führte erst im Kontakt mit außerörtlichen Instanzen zu Missverständnissen und verblüffenden Einsichten.
Interessant am römischen Modell: Die Titelwerdung von "Caesar". Was als Name beginnt, bleibt als Titel kleben: auch wenn sich Augustus als "Princeps", Erster, bezeichnete, teilte er sich doch diesen Titel mit allen möglichen anderen Ersten im Reich (in den Vereinen, Gilden etc.). "Caesar" hingegen ist einzigartig.

Übrigens sind die Karthager gar nicht so verschieden. Der Spitzname "Blitz" war sicher notwendig, um den Hamilkar von ca. 1000 anderen zu unterscheiden. Wenn man sich in die Details der karthagischen Geschichte vertieft, tauchen hier und da auch andere Spitznamen auf, welche auf Eigenschaften oder Differenzierungsnotwendigkeit verweisen.
 
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Bei Kaisern und Königen späterer Epochen hatte meist der Nachfolger auch den Vornamen des Vorgängers. Da war es dann üblich ihm eine Nummer anzuhängen, wie Karl V.
Die Römer machten das offenbar anders. Sie hatten immer drei Namen zur Auswahl um sich vom Vorgänger zu unterscheiden.
 
Übrigens sind die Karthager gar nicht so verschieden. Der Spitzname "Blitz" war sicher notwendig, um den Hamilkar von ca. 1000 anderen zu unterscheiden. Wenn man sich in die Details der karthagischen Geschichte vertieft, tauchen hier und da auch andere Spitznamen auf, welche auf Eigenschaften oder Differenzierungsnotwendigkeit verweisen.

Das stimmt natürlich. Da gibt's dann ja noch solche Sachen wie Hanno den Großen, Hannibal Monomachos, Hasdrubal den Schönen, Hasdrubal das Böckchen, und Mago den Samniten. Die lese ich aber immer nur als Komplettpaket.

Spannende Diskussion geworden hier übrigens, danke an alle Beteiligten! Namen finde ich immer spanned.
 
Ich kann mir auch nicht vorstellen wie die Mutter ihre Söhne rief, wenn beide und der Vater den gleichen Vornamen hatten. Hätte sie "Titus" gerufen wären alle Drei erschienen.

Da gäbs noch Primus, Secundus, ....
Für Mädchen war das wohl ohnehin üblich, wie auch Maior und Minor.

Wenn jetzt 3 Mütter beim "Kaffeekränzle" liegen, und eine schreit Primus, können natürlich auch wieder 3 Bälger angerannt kommen.
 
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Die kannten doch noch gar keinen Kaffee. Vielleicht tranken sie ein Tässchen lauwarme Fischsoße zum Kuchen.

Deswegen auch die "Anführungszeichen". Dass die Mädels sich allerdings zu regelmässigen Schnatterrunden zusammenfanden, halte ich genetisch für gegeben.

Es wäre eine Dissertation wert, zusammenzutragen, zu welcher Uhrzeit und zu welchem Getränk sich der weibliche Teil der Menschheit jeweils zusammenfand, seit sie reden konnten.
 
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Nummerierung von Herrschern

Ab wann war das eigentlich üblich ? Bei den sächsischen Kurfürsten findet man meist eine Eigenschaft nach dem Namen. Z.B." der Beleibte"," der Dicke"," der Gebissene" bis zum "Starken".
Ich weiß es nicht genau. Die frühesten mir spontan einfallenden Belege sind aus dem 13. Jahrhundert, staufisch/poststaufisch
 
In der Historia Augusta wird von den drei Gordianen als von einem Gordianus, einem Gordianus Iunior und einem Gordianus Tertius geschrieben. Da ist man aber in der Nummerierung noch weit entfernt von einem Louis XVI.
 
Wie war das mit der Nummerierung bei den Ägyptern. Da gibt es ja auch mehrere Amenophis oder Rhamses mit Nummer oder wurden die Zahlen erst in der Neuzeit hinzugefügt ?
 
Beinamen und Ordnungszahlen waren ab dem Mittelalter (so ab dem 13. jahrhundert) zunächst einmal ein Hilfsmittel für die Chronisten, die sich damit bedienten um im Namensgewirr, besonders wenn drei Heinriche oder Eduards oder Ludwigs aufeinander folgten den Überblick zu behalten und es für den Leser ihrer Werke leichter verständlich zu machen. Erst ab dem 19. Jahrhundert hatten die Monarchen selbst sich Gedanken um ihre Ordnungszahlen gemacht, vor allem um sich über sie ihrer dynastischen Kontinuität zu versichern oder um ein Versprechen auf eine zukünftige Kontinuität zu geben. Wenn ich mich recht erinnere, hatte sich der "Bürgerkönig" Ludwig Philipp (1830-1848) ganz bewusst "I." genannt, in der Annahme das es später noch einen zweiten, dritten und vierten geben wird. Ähnlich ist es ja aus UK bekannt, wo sich angeblich sogar Churchill um die Ordnungszahl von Elisabeth Gedanken gemacht hatte und man zu dem Ergebnis gekommen war, sie in Kontinuität zu den englischen Vorfahren die "II." zu nennen. Ein König aus dem 13. Jahrhundert hätte über solche Fragen zweifelsohne nur mit dem Kopf geschüttelt.

Bei den alten Römern hatte man doch, wenn ich mich nicht irre, in erster Linie Töchter nummeriert, ich glaube sogar in der offiziellen Namensgebung. Wenn ich zB nur an die beiden Antonias denke. Irgendein Politiker hatte sogar drei gleichnamige Töchter gehabt, die mit den Anhängseln Prima, Secunda und Tertia versehen wurden. Die Namen der Töchter entsprachen doch in der Regel dem Gentilnomen(?) der Sippe, oder? Julia bei den Iulii, Antonia bei den Antonii ect.

EDIT: Ab dem 19. Jahrhundert wurden Ordnungszahlen sogar für die Aufrechterhaltung von Fiktionen gebraucht. Ludwig XVIII. nannte sich "der achtzehnte" in Nachfolge seines Neffen, der allerdings niemals wegen der Revolution König geworden war. Sein "Königtum" als "XVII." wurde allerdings von den Royalisten, die die Republik natürlich nicht anerkannten, als Faktum angesehen. Das gleiche bei Napoleon III., der sich in Kontinuität zu seinem Cousin dem Herzog von Reichstädt bewusst "III." nannte, obwohl dieser niemals die Gelegenheit hatte als "Napoleon II." zu regieren.
 
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Bei den Römern sind die praenomina Quintus, Sextus und Decimus ein Überbleibsel aus der Frühzeit, in der man Söhne noch durchnummerierte. Später wurden diese Namen eher nach Geschmack vergeben, und der älteste Sohn des "Zauderers" Quintus Fabius Maximus hieß ebenfalls so, ebenso wie der jüngere Bruder Ciceros (die waren nur zu zweit).

Natürlich könnte man trotzdem annehmen, dass davor jeweils vier andere das Kleinkindalter nicht überlebt hatten, was zumindest für die Seltenheit der Namens Sextus und Decimus spricht. Quintus kommt mir jetzt auch eigentlich nur von den Fabiern her geläufig vor, interessanterweise, wo er mehr so als Erbe weitergereicht wurde.

An der Stelle fragen meine Schüler mich immer, wie die Römer so kaltschnäuzig gewesen sein konnten, dein eigenen Nachwuchs durchzunummerieren, und ich führe dann immer einen Friedhof in England an, wo eine mittelalterliche Familie innerhalb weniger Jahre vier Babys beerdigte - die alle John hießen...
 
Ich ärgere mich selbst, dass ich das fragen muss, aber je mehr ich weiß, desto verwirrter werde ich.

Ach, ein Dozent meinte auch mal zu mir, er wisse gar nicht, wie man sich überhaupt in Latein jemals unterhalten konnte. :D Verwirrung ist also normal...

Ich kann mir das nur so vorstellen, dass damals einfach jedem sofort der Kontext geläufig war, in dem ein bestimmter Gnaeus z.B. erwähnt wird. Dann gibts auch noch Deixis und Taxis, also wenn man über jemand Bestimmten redet, sagt man meist "der Marcus dort drüben" und nicht einfach nur "der Marcus" oder wenn man jeden anredet, sieht man denjenigen in der Regal auch an. Daher ist einem Sprecher und dem Angesprochenen klar, wer genau gemeint ist und es ist auch jedem Anderen klar, der genug von der Kommunikationssituation mitbekommt.

Uns, die 2000 Jahre später leben und nur noch unvollständige Situationsbeschreibungen vorfinden oder nur noch lesen, aber nicht dabei sind, verwirrt es natürlich oft, wenn jemand schreibt "der Marcus da...". Wir wissen ja oft gar nicht mehr, wo er denn sein soll... ;)

Es wird wohl im Schlachtgetümmel wirklich viel durch das nonverbale Gedöns drumherum eindeutig gewesen sein, was uns heute uneindeutig erscheint oder es kam, wie heutzutage, sicher auch zu vielen kleinen Verwechslungen, weil sich die Leute z.B. nicht anschauen, sondern nur hören konnten.
 
Das meinte ich ja gar nicht, Water. Dass Quintus, Gaius und Marcus 50% der männlichen Bevölkerung Roms abdeckten, ist klar. Nur fände ich es interessant zu wissen, wer wen mit welchen der drei (/zwei/vier/fünf) Namen anredete. Aber da scheint es keine klaren Regeln zu geben, die sich mir aufgrund des hier gezeichneten Bildes erschließen. Ich denke, so weit sind wir uns einig hier im Thread...
 
Wenn ich mich recht erinnere, hatte sich der "Bürgerkönig" Ludwig Philipp (1830-1848) ganz bewusst "I." genannt, in der Annahme das es später noch einen zweiten, dritten und vierten geben wird.
Die Kaiser des Kaisertums Österreich nannten sich auch alle selbst "I.".

Bei den alten Römern hatte man doch, wenn ich mich nicht irre, in erster Linie Töchter nummeriert, ich glaube sogar in der offiziellen Namensgebung. Wenn ich zB nur an die beiden Antonias denke. Irgendein Politiker hatte sogar drei gleichnamige Töchter gehabt, die mit den Anhängseln Prima, Secunda und Tertia versehen wurden.
Was das mit der offiziellen Namensgebung betrifft, bin ich skeptisch. Bei der ersten Tochter weiß man ja noch gar nicht, ob eine zweite folgt, also wieso sollte man sie "Prima" oder gar "Maior" nennen? (Wobei "Maior" erst recht heikel ist, weil es nur passt, wenn es nur zwei gleichnamige Töcher gibt.) Weder Ciceros Tullia hatte einen Zusatz noch die Iulias von Caesar und Augustus. Die berüchtigte Clodia wiederum hatte zwar zwei Schwestern, ist aber trotzdem nur als "Clodia" bekannt.
Ganz inoffiziell müssen die Nummern allerdings auch nicht gewesen sein. Vielleicht erhielten die Mädchen zwar nicht offiziell den Namenszusatz, wurden aber dann doch regulär so genannt.
 
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Mit welchem Namen sprachen sich die Römer an?

Es gab ja damals Praenomen, Nomen gentile und Cognomen, die Frage ist nun mit welchem Namen sich die Römer im Alltag angesprochen haben. Oder ob es da auch auf die Situation ankam, sowie man heute ja auch nicht alle Menschen mit dem Vornamen anspricht.
 
Meines Wissens wurde der Vorname fast nie verwendet. Auch nicht unter Freunden. Die Mutter mag ihn verwendet haben, oder Geschwister. Aber auch das nicht immer.

Frauen hatten ohnehin keinen Vornamen.
 
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