Wie hat sich die Ilias überliefert?

balticbirdy

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Das ist eine Frage, die ich mir schon lange stelle - speziell für die Zeit vom Ende der Antike bis zur Renaissance. Ich meine jetzt nicht lateinische Übersetzungen und Anpassungen der Römerzeit - sondern die Originalfassung mit ihren Hexametern. Soweit ich weiß, wurde in den Klöstern immer wieder abgeschrieben, dabei entstanden auch Fehler.
Aber griechisch wurde in den römisch-katholischen Klöstern des Abendlandes doch nicht vordergründig tradiert. Blieb uns der Text auf dem Umweg über Byzanz und die Orthodoxie erhalten?
Gleiches gilt für die erhaltenen griechischen Tragödien und Komödien.
Lysistrata – Wikipedia ist so schlüpfrig, dass ich mir eine Überlieferung durch die Klöster schwer vorstellen kann.
Wer kann etwas dazu sagen?
 
Der Satyricon des Petronius ist ja auch ein etwas schlüpfriger Text, der die hetero wie homosexuelle Spielart der Liebe eingehend beschreibt und das heute erhaltene Romanfragment, das nur in einem einzigen Exemplar erhalten blieb, verdankt seine Erhaltung den Bibliothekaren eines Klosters.
 
Zur Ilias sind bislang über 200 mittelalterliche Handschriften bekannt, zur Odyssee über 70. Die editio princeps erfolgte 1488 in Florenz durch Demetrios Chalkondyles auf der Basis einer heute verschollenen Handschrift. Daneben existieren rund 2000 Homer-Papyri (3. Jh. v. Chr. - 7. Jh. n. Chr.), z.B. P.Heid. Inv. G 4011 recto (Homer, Ilias XI 819-832).
 

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1488 ist Renaissance. Meine Frage bezog sich auf die Zeit davor. Woher stammen denn die Papyri mit den Fragmenten? Aus irgendwelchen Sinaiklöstern?

@Scorpio, vieles blieb ja nur dadurch erhalten, dass man Pergament quasi recyclte und dann mit einem frommen Text überschrieb. Kann also vielleicht sein, dass sich Petronius in Gesellschaft mit einem Evangelisten befand?
 
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Natürlich ist 1488 Renaissance - und? :grübel:
Die Papyri sind über ganz Ägypten verstreut gefunden worden. Mit Homer lernt man nicht nur heute an der Schule Griechisch.
 
@Scorpio, vieles blieb ja nur dadurch erhalten, dass man Pergament quasi recyclte und dann mit einem frommen Text überschrieb. Kann also vielleicht sein, dass sich Petronius in Gesellschaft mit einem Evangelisten befand?

Nur ein einziges, stark reduziertes Exemplar des Satyricon überlebte in der Benediktinerabtei in Fleury. Von ihm stammen alle anderen Texte des Satyricon.
Die handschriftliche Überlieferung gliedert sich in vier Klassen:
  • O - Die sogenannten „Kurzen Exzerpte“, bester Vertreter ist die älteste Handschrift, der Codex Bernensis 357 und der Codex Leidensis Vossianus 4° 30 („B“), angeblich aus der 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts, daneben die Handschriften „R“ und „P“ mit ihren Nachfolgern.
  • L - Die sogenannten „Langen Exzerpte“, überliefert über die Codices Cujacianus und Benedictinus. Abkömmlinge des Bened. waren die Codices Memmianus und Dalecampianus. Keiner dieser Codices ist erhalten, die Rekonstruktion des L-Textes erfolgt über die Abschrift des Cod. Scaligeranus 61 und die gedruckten Texte (Tournes., Pithou) mit ihren Hinweisen auf unterschiedliche Lesarten.
  • H - Der Codex Paris. lat. 7989 olim Tragurensis, Die sogenannte Cena Trimalchionis (nur in einem Exemplar in Trau überliefert, Abschrift des vermutlich 1423 von Poggio in Köln entdeckten Exemplars, das ins 9. Jh. datiert wird).
  • Φ - Die sogenannten Florilegia („Blütenlesen“), Zitatsammlungen aus dem 12.-14. Jh.
Eine gesonderte Betrachtung verdienen die verstreut überlieferten Bruchstücke aus dem verlorenen Teil des Satyricon.
Satyricon (Petron) – Wikipedia
 
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