Ich habe jetzt über die Uni Fernleihe
The French Armies in the Seven Years' War: A Study in Military Organization and Administration von Lee Kennett bekommen und durchgelesen. Ist wohl derzeit das beste an Literatur, was es zur frz. Armee im Siebenjährigen Krieg auf englisch gibt (obwohl es von 1967 ist
).
Und während dieser Stunden stand die Infanterie (auch hier die absoluten Elite-Regimenter) wie auf dem Exerzierplatz wartend - aber in bester Reichweite der alliierten Artillerie. Die Ärmsten standen also die ganze Zeit da und wurden heftigst dezimiert - bis dann der Rückzugsbefehl kam.
Der Kommandant der Grenadiers de France, der Marquis de Saint Pern, soll seine Soldaten nicht aus dem Feuer abgezogen haben um einem hinter ihnen stehenden Grenadier Trupp beeindrucken zu können. Restultat: 300 Tote, darunter 2 Colonels (einer davon war der Vater von Lafayette). Ein weiteres Beispiel für das im Gegensatz zur militärischen Effizienz stehende Ehrenverständnis des Offizierkorps.
Wahrscheinlich waren die eingesetzten Mittel eben doch nicht ausreichend, um ein gutes Stück entfernt von den eigenen Nachschubbasen ein so großes Gebiet zu besetzen und zu halten.
Der Kostenaufwand pro Soldat war bei der frz. Armee der höchste aller am Krieg beteiligten Armeen. Problem war, dass es keinen Einfluss auf die Qualität der Armee hatte. Die frz. Armee hatte etliche strukturelle Fehler. Das Brot für die Truppe wurde z.B. nicht mit mobilen Öfen gebacken, sondern mit Ziegelöfen, welche vor Ort erst errichtet werden mussten.
Wie es genau um die finanzielle Lage Frankreichs stand, weiß ich momentan nicht.
Frankreich war schon zu Beginn des Krieges in keiner guten Lage. Genaue Zahlen mit Verwendungszweck sind im Grunde nicht mehr wirklich aufzutreiben, habe noch nichts in der Richtung gefunden. Kennett gibt an das viel in den Jahren 1791 und 1871 unwiederbringlich verloren gegangen ist. Allerdings ging es den Ministern Ludwigs des XV. damals auch nicht anders. Für 1758 wurde mit einem Defizit von 133.000.000 Livres gerechnet. Nur 84.000.000 Livres daneben.^^
Die ordonnancement au comptant war für "geheime" Ausgaben gedacht, allerdings wurden unter Ludwig XV. damit Summen von bis zu 100.000.000 Livres bezahlt. Verwendungszweck und Empfänger waren nicht erkenntlich. Auch waren die Informationen über die Ausgaben oft erst viel zu spät verfügbar. So z.B. die Daten der besonderen Kriegsausgaben (extraordinaire des guerres) der Artillerie für 1758, welche erst 1770 bei der Chambre des Comptes vollständig waren.
Es hätte wohl die klare Führungsstruktur gereicht, die französischen Truppen waren gut genug, um sie auch ohne Charisma zu führen.
Das Offizierskorps hätte einer kompletten Überarbeitung bedurft. Gegen Ende der Herrschaft Ludwigs XV. kamen auf 900 Colonels 163 Regimenter. Diese enorme Menge an hohen Offizieren konnte nicht sinnvoll untergebracht werden und war wohl auch sicher nicht interessiert daran das ein Oberbefehlshaber lange im Amt blieb.
General Cornillon an Belle-Isle:
"Was den meisten Schaden anrichtet, ist die große Menge an nutzlosen und faulen Offizieren; sie setzen ein schlechtes Beispiel, Stimmen Kritik an, welche ihre Untergebenen annehmen."
Belle-Isle an Mortaigne:
"Sie schwärmen in den Hauptquartieren herum in tumultösen Versammlungen; streitend, Fehler findend und Arbeit störend."
Kommt es nicht desöfteren vor, dass bei Kompetenzgerangel an der Spitze, nach unten um so energischer auf den Befehlsweg beharrt wird?
Ging nicht so einfach, der Druck aus Versailles war enorm. Die Intrigen setzten sich in der Armee fort. Wenn der Untergebene gute Verbindungen hatte, musste er mit Vorsicht behandelt werden.
Schon bei der Schlachtordnung war der General zur Rücksicht auf die Offiziere gezwungen.
Clermont an Belle-Isle, 15. Juni 1758:
"M. de Randant wollte zur Linie zurückkehren.... M. d'Armentières fand das es unannehmbar für ihn währe bei Infanterie als zweiter unter M. de Contades zu kämpfen and wünschte die Verlegung zur Kavallerie. M. de Poyanne wollte bei den Carabiniers bleiben, was mich dazu zwang alle Offiziere des Rechten und des Linken Flügels umzuverteilen und meinen Plan störte, die Infanterieoffiziere zur Infanterie und Kavallerieoffiziere zur Kavallerie zu packen."
Im Prinzip war es wohl eine generelle Haltung der europäischen Adelskavallerie, Mut und direkten Angriff höher zu schätzen als disziplinierte Taktik und geschicktes (feiges) Manövrieren. Aber die Franzosen hatten ja schon im Mittelalter den Ruf (und das Selbstbild), die Elite der Ritterschaft zu sein und diese Ideen am konsequentesten zu leben.
Die Idee die Kavallerie im Zentrum zu postieren dürfte für die frz. Offiziere gar nicht so unbekannt gewesen sein. Es gab unter Ludwig XIV. schon eine erfolgreiche Schlacht, mit der gleichen Aufstellung.
Hast du Kriegswesen im Zeitalter der Kabinettskriege schon durchgelesen, Brissotin? Ich finde die Stelle nicht mehr wieder. :fs: