Wie wurde entschieden, welche Deutsche in den Ostgebieten bleiben dürfen?

iselin

Neues Mitglied
Hallo

Die meisten Deutschen wurden nach dem 2. Weltkrieg ja aus den ehemaligen Ostgebieten vertrieben. Einige jedoch blieben und mich interessiert, wie dies von Statten ging. Wurden sie absichtlich verschont? Wenn ja weshalb? Oder gingen sie quasi vergessen?
 
Nicht alle Deutschstämmigen hatten mit den Nazis kollaboriert, ein Teil von ihnen (z.B Kommunisten oder Sozialisten) sogar Widerstand geleistet. Die hatten gute Chancen bleiben zu dürfen.
 
Nicht alle Deutschstämmigen hatten mit den Nazis kollaboriert, ein Teil von ihnen (z.B Kommunisten oder Sozialisten) sogar Widerstand geleistet. Die hatten gute Chancen bleiben zu dürfen.

aha, davon höre ich zum ersten Mal. Hast Du dazu noch weitere Informationen?


In den Ostgebieten gab es noch einige polnische bzw. polnischsprachige Minderheiten (im südlichen Ostpreußen/Masuren und in Oberschlesien). Diese konnten sich als authochtone Bevölkerung verifizieren lassen und konnten bleiben. M. W. reichte trotz fehlender Kenntnisse im Polnischen sogar ein polnisch klingender Nachname aus, um bleiben zu dürfen.
 
Meine Großeltern väterlicherseits waren aus dem Memelland, als ostpreußische Bauernsippe seit Beginn des 17. Jahrhunderts nachweisbar. Im Winter 1944/45 begann die Flucht vor der Roten Armee. Die endete dann in der Nähe des pommerschen Stolp, heute Słupsk. Dort wurden sie von den Polen eingeholt und festgehalten um die von einheimischen Deutschen verlassenen Bauernstellen zu bewirtschaften. Im April 1945 kam dort mein Vater zur Welt. An die Flucht kann er sich demzufolge nicht erinnern, dafür aber an die Vertreibung. Er war zwölf Jahre alt, als die Deutschen gezwungen wurden in die DDR zu gehen. Was jeder in nur einen Koffer bekam dürfte mitgenommen werden, das Zurückgelassene bekamen nachrückende Polen.
 
Meine Schwiegermutter hatte einen polnischen Familiennamen, und die Familie sprach Deutsch; da die Familie evangelisch war, wurde entschieden, dass sie Deutsche waren.
 
Meine Großeltern väterlicherseits waren aus dem Memelland, als ostpreußische Bauernsippe seit Beginn des 17. Jahrhunderts nachweisbar. Im Winter 1944/45 begann die Flucht vor der Roten Armee. Die endete dann in der Nähe des pommerschen Stolp, heute Słupsk. Dort wurden sie von den Polen eingeholt und festgehalten um die von einheimischen Deutschen verlassenen Bauernstellen zu bewirtschaften. Im April 1945 kam dort mein Vater zur Welt. An die Flucht kann er sich demzufolge nicht erinnern, dafür aber an die Vertreibung. Er war zwölf Jahre alt, als die Deutschen gezwungen wurden in die DDR zu gehen. Was jeder in nur einen Koffer bekam dürfte mitgenommen werden, das Zurückgelassene bekamen nachrückende Polen.

Heisst das, dass die Familie erst 1957 vertrieben wurde? Ich habe gedacht die Vertreibungen fanden zwischen 1945 und ca. 1947 statt.
 
hier noch eine Info von der Bundeszentrale für politische Bildung:

Um eine Entvölkerung insbesondere des oberschlesischen Industriegebiets zu vermeiden, aber auch um vermeintliches polnisches Volkstum wieder erwecken zu können, wurde die Volkszugehörigkeit der als "Autochthone" (= Alteingesessene) bezeichneten einheimischen Bevölkerung in den Oder-Neiße-Gebieten überprüft. Regionale Verifizierungskommissionen prüften eine mögliche polnische Abstammung der Betreffenden, wobei oft schon ein polnisch klingender Familienname und eine Treueerklärung für Polen ausreichten. Die so "Verifizierten" erhielten die polnische Staatsangehörigkeit.

Angesichts der Diskriminierung der Deutschen und der wirtschaftlichen Not wählten viele Oberschlesier und Masuren den Weg der Verifizierung, um unter erträglichen Bedingungen in der Heimat bleiben zu können. Wer die Verifizierung verweigerte, teilte das Schicksal der übrigen Deutschen: Lagerhaft, Zwangsarbeit oder Ausweisung. Bis zum 1. April 1948 waren nach polnischen Angaben rund 1 Million Menschen verifiziert worden. Den circa 170.000 Personen, die bis 1951 trotz allen Drucks die Verifizierung und Annahme der polnischen Staatsangehörigkeit verweigert hatten, wurde in diesem Jahr von Amts wegen die polnische Staatsangehörigkeit verliehen.

Die Deutschen in Polen | bpb
 
Noch ein Nachtrag: Hatte mal irgendwo aufgeschnappt, daß sich Polen irgendwann des wirtschaftlichen Potentials der Deutschen gewahr wurden (nicht als Arbeitskraft, sondern als Tauschobjekt). Irgendwann wurde nicht mehr vertrieben, sondern "festgehalten". Habe noch die Zahl im Kopf, daß für ca. 25.000 Deutsche ein Wirtschaftsvertrag mit Westdeutschland abgeschlossen wurde. Angeblich kamen auf diese Weise die Lizenzverträge mit Grundig (Unitra), Marlboro und Pepsi zustande.
 
Zurück
Oben