Ich wollte dich gestern schon fragen, ob du aus deiner Erfahrung mit zeitgenössischen Quellen Beispiele dafür gefunden hast, dass benachbarte Staaten sich über die Auslieferung von Deserteuren verständigten.
Bei Vaganten und Gaunern wurde eine mögliche Zusammenarbeit bei der Fahndung und Festnahme oft dadurch unterwandert, dass unerwünschte Bettler und Gauner, die für ihren Aufenthalt nicht bezahlen konnten, in benachbarte Territorien abgeschoben wurde, womit man dem Nachbarn die damit verbundenen sozialen Probleme zuschob.
Bei der Vorbereitung der Veranstaltung letztes Jahr im Freilandmuseum Wackershofen mit dem Titel "Anno Domini 1763 - Endlich Frieden" bin ich in einer handschriftlichen Chronik darauf gestoßen, dass Württemberg erfolgreich mit Schwäbisch Hall die Fahndung nach württembergischen Deserteuren vereinbarte. Hällische Amtmänner etc. wurden ausdrücklich zur Mithilfe heran gezogen. Es klang mir so, als wäre diese Abmachung nicht die erste dieser Art.
Es gab mal einen Artikel in einer Essaysammlung, wo es darum ging, dass offenbar zumindest alle hohenlohischen Linien bei der Verfolgung von "Jaunern" zusammen arbeiteten. Den Titel des Buches müsste ich mal raussuchen, würde ich Dir dann per PN schicken.
Es gab auf jeden Fall großangelegte sogenannte "Generalstreifen", wo dann regional auch über die Landesgrenzen hinweg die Fahndung nach Tätern unternommen wurde.
Problematischer scheint mir generell die Verfolgung von mutmaßlichen Verbrechern gewesen zu sein, wo dies ad hoc direkt im Anschluss an eine Tat geschah. Dann wurde diese "Streife" oftmals an der Grenze behindert. Das scheint mir zumindest im Fränkischen aber weniger dadurch begründet, dass es generell usus war, dass sich die Behörden ein Bein stellten, sondern dass sich das bisweilen hochschaukelte. Heißt: ein etwas weniger einsichtiger Schultheiß X hat einmal die Verfolger des Nachbarn zurückgewiesen. Dafür fahren dann die Nachbarn eine Retourkutsche und beschließen künftig auch ebenso zu verfahren.
Außerdem ging es bei der Verfolgung von Straftätern auch oftmals darum, dass diese "Verfolgung" nur zum Vorwand diente, die viel wichtigere Gerichtsbarkeit per Präjudizfall über die bisherigen Grenzen auszubreiten.
Was anderes scheinen generell Ausbrüche von Häftlingen gewesen zu sein. Da habe ich im Archiv und anderswo einige Steckbriefe gesehen, die zeigen, dass man grenzübergreifend zusammen arbeitete. Das mag aber auch daran gelegen haben, dass man ja auch generell beim Betreiben der Gefängnisbauten, Galeerenstrafen, Zwangsarbeit an Kreisfestungen für Verurteilte zusammen wirkte, sonst hätte ja damals garnichts funktioniert.
In dem einen Buch, das hier auch schon zitiert habe, "Leben in der Residenz"*, kommt auch ein Fall vor, wo ein preußischer Werbeoffizier 2 rudolstädtische Deserteure zufällig anwirbt und diese, als er von dem Fehler erfährt, dann umgehend an den Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt wieder ausliefert. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass Schwarzburg-Rudolstadt und Preußen trotz der preußischen Plünderungen im Schwarzburgischen im 7-jährigen Krieg ausgezeichnete Beziehungen zueinander pflegten, die sogar seitens Friedrich II. von einem gewissen Respekt gekennzeichnet waren. Ich glaube, mich entsinnen zu können, dass dann ein paar rudolstädtische Prinzen den preuß. Offizier dann auch noch ein bisschen auf die Schippe nehmen wollten, als er bei Hofe in Rudolstadt vorstellig wurde.*
Über lange Zeit war auch ein preußischer Werbeoffizier in einer schwarzburgisch-rudolstädtischen Stadt einquartiert.
* Horst Fleischer: "Vom Leben in der Residenz - Rudolstadt 1646-1816" Thüringisches Landesmuseum Heidecksburg, Rudolstadt, 1996