Wien um 1600 herum?

Stronzenberg

Neues Mitglied
Hallo!

Das ist mein erster Post! Ich war mir nicht sicher in welches Unterforum ich meine Fragen stellen kann aber hier passt es zumindest von der Zeit ganz gut.

Es geht um das Wien um das Jahr 1600 herum. Für ein privates Projekt sammle ich da möglichst viele Informationen. Im Internet gibt's eh einiges zu finden aber halt leider nicht alles. Da ich keiner Studierter bin wüsste ich auch nicht wie ich systematisch in den entsprechenden Museumsbibliotheken danach suchen könnte. Deshalb hoffe ich auf einige Antworten hier!

Frage Nummer 1: Hatte Wien zu der Zeit einen Vogt oder war das irgendwie anders organisiert? Und wenn ja wer war das? Ich bezweifle irgendwie das der Kaiser Rudolph II Wien selbst verwaltet hat.

Frage Nummer 2: Stimmt es das die Stadtwache von Wien zu der Zeit noch von den Gilden/Zünften gestellt wurde? Wenn nicht, wer hat sie gestellt?

Es werden sicherlich noch weitere Fragen in die Richtung kommen aber vorerst fällt mir keine mehr ein.

Kleine Zusatzfrage die nicht wirklich was mit Wien zu tun hat: Welche europäische Universität (bevorzugt eine aus Italien oder dem HRR) hat sich zu dieser Zeit besonders viel mit Alchemie und Transmutation beschäftigt?

Vielen Dank, für die vielleicht kommenden Antworten! : )
 
Ein Buchtipp, der dir da weiterhelfen müsste:
Peter Csendes, Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Geschichte einer Stadt, 3 Bde., publ. 2001ff.
(Müsste über jede gute Bibliothek oder die dortige Fernleihe zu beschaffen sein.)

Für Deine Fragestellung wäre Band 2 relevant, falls du mehr über die Entwicklung wissen möchtest oder Wert auf Zusammenhänge legst, würde ich mir auch Band 1 ansehen.
 
Die Universität in Wien gibt es seit dem 14. Jahrhundert, sie ist eine der ältesten europäischen Universitäten, und hatte damals einen durchaus guten Ruf. Auch zur Wiener Universität gibt es viel Literatur.
 
Noch ein Tipp für eine eilige Internet-Recherche:
http://regiowiki.at/wiki/Oswald_Hüttendorfer
(Link befindet sich auf der RegioWiki.AT, ist nicht ident mit Wikipedia, sondern eines der "obskuren" Neben-Wikis, die zwar offiziell keine Konkurrenz oder Gegner von Wikipedia sind, aber de facto von vielen dort, abgelehnt werden).
Oswald Hüttendorfer war der Vorgänger des Wiener Bürgermeisters, der um 1600 amtierte. Im Gegensatz zur Wikipedia gibt es auf der RegioWiki.At (ein österreichisches Lokal-Wiki) eine durchgehende Artikelserie zu allen Wiener Bürgermeister zwischen dem Konrad Poll (dem ersten belegten Bürgermeister) bis zum Vorgänger von Andreas von Liebenberg (dem Bürgermeister der Zweiten Wiener Türkenbelagerung). Diese Serie ist zwar zurzeit zum Teil in Arbeit, bietet aber immerhin zu jedem der Wiener Bürgermeister in diesem Zeitraum die Eckdaten, wobei Vorgänger und Nachfolger jeweils verlinkt sind.)
 
Viele dank für deine Posts! : )

Hab in der Zwischenzeit auch herausgefunden das es neben dem Bürgermeister auch einen habsburgischen Stadtvogt gab der sich um die habsburgischen Besitztümer in und um Wien gekümmert hat. Ich nehm aber an das dieser Vogt stadtpolitisch nicht viel zu sagen hatte außer er saß vielleicht auch im Stadtrat.
 
Eine weitere Buchquelle wäre noch Richard Perger: Die Wiener Ratsbürger 1396-1526, 1988. Das ist zwar bereits etwas älter, allerdings galt der Autor in der Wiener Lokalgeschichtsforschung als sehr genaue Quelle. Da Buch umfasst zwar nicht den Abschnitt, um den es dir geht, aber in ihm ist für jedes Jahr akribisch angeführt, wie die Ämter verteilt waren und dabei werden auch landesfürstliche Ämter wie der Hubmeister berücksichtigt. Wenn du einige dieser Seiten vergleichst, bekommst du einen recht guten Eindruck vom System der Wiener Stadtregierung.

Zu beachten ist auch, dass das, was vor Mitte des 19. Jahrhunderts als Stadt Wien bezeichnet wird, im Wesentlichen den heutigen ersten Bezirk (die Innere Stadt) umfasste. Die übrigen Bezirke entstanden aus Vorstädten und Vororten der Stadt Wien, die erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Wien eingemeindet wurden.

Auch nicht zu übersehen ist, dass Wien nicht nur eine wichtige Habsburger-Residenz war, sondern daneben auch eine landesfürstliche Stadt war (seit dem 13. Jahrhundert mit Bürgermeister) und eine wichtige Stadt im Herzogtum Österreich ob und unter der Enns war.
Das Herzogtum umfasste ursprünglich nur den Großteil des heutigen Bundeslandes Niederösterreich, zudem zunächst auch Teile des heutigen Bundeslandes Oberösterreich zählen. Erst nach der Teilung des Herzogtums in ein Land ob und ein Land unter der Enns setzt sich Wien im 15. Jahrhundert endgültig als Hauptstadt von Österreich unter der Enns (heute Niederösterreich) durch. (Noch in den 1970er-Jahren hatte die niederösterreichische Landesregierung ihren Sitz in Wien, erst um 1990 übersiedelte sie mit ihren Einrichtungen nach St. Pölten.)

Bis ins 15. Jahrhunderts war es keineswegs immer der Fall, dass jener Habsburger, der Landesfürst des Herzogtums Österreich (unter der Enns) war (und / oder gewöhnlich seinen Sitz in Wien hatte) der "Familienchef" oder gar der König / Kaiser war. (Eindeutig trifft dies erst für die Zeit nach Kaiser Ferdinand I. zu.)

Wiens Rolle als die Hauptstadt des Habsburgerreiches hat sich erst im Dreißigjährigen Krieg durchgesetzt. Hätte es keinen Dreißigjährigen Krieg gegeben, die Kaiser Rudolf (II.) oder Matthias Nachkommen gehabt, wäre Ferdinand I. gleich der Kaiser gewesen und nicht Karl V. in dieser Funktion nachgefolgt hätte, wäre sein Schwager nicht in der Schlacht bei Mohacs gefallen und er hätte ihn nicht beerbt, wäre es gut vorstellbar, dass Innsbruck (und später Prag) und nicht Wien die Hauptstadt geworden wäre. (Dass es in Innsbruck als einzige Stadt neben Wien auch eine Hofburg gibt, ist offensichtlich kein Zufall, wie ich inzwischen entdeckt habe.)

Wenn es um 1600 auch einen Stadtvogt für Wien gab, solltest du unbedingt Acht geben, welche Funktionen (besonders welche landesfürstlichen Funktionen) er außerdem noch hatte.
 
Hinsichtlich der Universität fände ich zu beachten, dass damals die Universitäten stark konfessionell geprägt waren.
D.h. dass im 16./17. Jh. bspw. Lutheraner nicht auf katholische oder calvinistische Universitäten gingen. Ich habe dazu mal einiges zu hällischen (Schwäbisch Hall) Studenten gelesen, die früher Heidelberg wegen der räumlichen Nähe bevorzugten, aber nach der zweiten Reformation, sprich dem Wechsel der Pfälzer zum reformierten Glauben, von Heidelberg nach Tübingen oder gar Jena und Halle (Saale) und Wittenberg ausgewichen sind. Alchemie war damals m.W. noch eher eine Wissenschaft. In einer Doku zu Nostredamus wurde das Thema mal angesprochen - ich glaube, die lief mal vor ein paar Monaten auf Arte oder so.

Wichtig ist auch zu wissen, dass auch ältere Universitäten oftmals an Studenten meistens eher welche aus ihrem Umland hatten, wenn sie nicht schon ein internationales Renomee genossen wie Straßburg, Wittenberg (durch Luther ein Schwerpunkt für lutheranische Theologie auch noch über die nächsten 2 Jahrhunderte).

Alchemie war immer wieder ebenso wie Astrologie eine schöne Möglichkeit des Nebenerwerbs für ernsthafte Wissenschaftler, die sich ansonsten als Mathematiker oder Philosophen einen Namen machten.

Obwohl die Zeit um 1600 mittlerweile sowas wie ein Steckenpferd für mich ist, kenne ich mich leider in dieser Periode nicht so sehr zum Universitätsleben aus.
 
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