Wiener Kongress - Gewinner und Verlierer

Ich muss allerdings einräumen, dass ich durchaus kein Experte der flämischen Textilverarbeitung bin. Traditionell wurde in Zentren der Branche wie Gent, Brügge und Ypern seit dem Mittelalter Leinen und Wolle verarbeitet. Kannst du evtl Auskunft darüber geben, was an Textilien in Flandern hergestellt wurde und welche Bedeutung Baumwollspinnereien dort besaßen?
das muß ich nachsuchen. wird einige zeit dauern, weil es noch andere sachen gibt, die ich nachsuchen muß.
 
Als einen Verlierer des Wiener Kongresses würde ich auch das Kurfürstentum Hessen bezeichnen. Am Vorabend der Französischen Revolution war die Landgrafschaft Hessen-Kassel eine solide Mittelmacht unter den Territorien des Alten Reichs mit guten Verbindungen zu europäischen Monarchien, vor allem zum Hof von St. James. Friedrich II. und sein Sohn Wilhelm IX., seit 1803 Kurfürst Wilhelm I. zählten zu den reichsten Fürsten ihrer Zeit. Friedrich II. hatte vor allem die Vermietung seiner Truppen an die Briten im Unabhängigkeitskrieg zum reichen Mann gemacht. Wilhelm, sein Sohn hatte wegen der Konversion seines Vaters zum Katholizismus bereits zu Lebzeiten seines Vaters die Grafschaft Hanai-Münzenberg regiert und ebenfalls Subsidienverträge mit seinem Onkel Georg III. abgeschlossen. 1785 wurde Hanau wieder mit der Landgrafschaft Hessen-Kassel vereint. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 wurde die Landgrafschaft Kurfürstentum und erhielt die ehemals kurmainzischen Enklaven um Fritzlar und nahe Marburg.

Wilhelms Interessen waren denen seines Vaters sehr ähnlich: das Militär und Kunstschätze. Sein großer Traum war eine glänzende Karriere als Heerführer, ähnlich der seines Großonkels Friedrich I., der mit Marlborough und Prinz Eugen gekämpft hatte und sich bei Blenheim, Oudenarde, Ramillies und Malplaquet ausgezeichnet hatte und später König von Schweden wurde. Wilhelm bekam aber niemals größere Kommandos. Ein Militärgenie wäre er gerne gewesen, ein Finanzgenie, jedenfalls ein überaus geschickter Geschäftsmann war er. Seine Leidenschaft für Numismatik führte ihn mit dem alten Mayer Amschel Rothschild zusammen, der sein Hausbankier wurde. Er betrieb sehr erfolgreich Börsenspekulationen, und er hatte es den Rothschilds und dem Hauptmann Mensing zu verdanken, dass Napoleon niemals Zugriff auf das beträchtliche Vermögen nehmen konnte. Das was die Franzosen 1806 mitgehen ließen, waren Petitessen im Vergleich zu den Werten, die er in Sicherheit brachte. Die Landgrafschaft/das Kurfürstentum wurden 1815 in den Grenzen von 1803 wieder hergestellt. Territorial war der Gewinn aber mager, n8ur einige kleine ehemals reichsfreiherrliche Gebiete kamen dazu wie der sogenannte Huttische Grund und einige Enklaven in Niedersachsen wie die Herrschaft Plesse bei Göttingen. Kurhessen erhielt auch die Enklaven Schmalkalden und schaumburg bei Bückeburg zurück, die aber schon früher zur Landgrafschaft gehörten.

Obwohl Wilhelm reiche Bestechungsgelder zahlte, blieben die Gewinne minimal, und die arme Verwandschaft aus Hessen-Darmstadt, die alle gebietsgewinne aus napoleonischer Zeit und den Titel eines Großherzogtums behalten durfte, hatte gewaltig aufgeschlossen. Auch mit dem Königtum war es Essig, denn Wilhelm hätte gerne den Titel eines Königs der Chatten angenommen. Was Wilhelm blieb war lediglich der Titel eines Kurfürsten und die Anrede als "königliche Hoheit". Die riesigen Bestechungszahlungen hatten sich kaum rentiert. Politisch fiel Kurhessen ins 3. Glied zurück und wurde 1866 von Preußen annektiert. Insgesamt war das Ergebnis gemessen an den Aufwendungen doch sehr mager. Kurhessen wurde zwar territorial wiederhergestellt und verlor keine Territorien, Wilhelm I. dürfte sich aber sicher als Verlierer gefühlt haben.

Literatur: Rainer von Hessen Wir Wilhelm von Gottes Gnaden 1999
 
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