Wieso wurde Österreich der Anschluß an Deutschland verboten?

shingen

Mitglied
wieso wurde österreich der anschluß an das deutsche reich nach 1919 verboten ?
haben die allierten damit nicht ihren eigenen regeln zuwider gehandelt , man hätte doch auch eine volksabstimmung durchführen können , wie im saarland, eupen-malmedy oder in nordschleswig ?
oder hatten sie angst davor ?
 
Mit der verletzten Regel meinst Du wohl das "Selbstbestimmungsrecht der Völker"? Doch gab es ein Dokument oder eine Vereinbarung der Siegermächte, dass den Deutschen bzw. den Österreichern dieses Recht zustehen sollte? In Wilsons Vierzehn-Punkte ist davon nicht die Rede...

Der Anschluss an das Deutsche Reich wurde verboten, weil dann Deutschland trotz Kriegsniederlage stärker gewesen wäre als vor dem 1. WK. Dieses Ergebnis war vor allem für die westeuropäischen Siegermächte, die ihren Sieg nur nach einem vierjährigen, kräfteraubenden Existenzkampf und nur mit Hilfe der USA erreicht hatten, völlig unakzeptabel. Angesichts der Opfer, die ihnen dieser Krieg abverlangt hatte, schien es ihnen ausgeschlossen zu sein, noch einmal die Kraft aufbringen zu können, um ein derart erstarktes Deutschland im Falle eines Falles erneut in die Schranken weisen zu können.
 
Die Pariser Vorortverträge von Versailles (Inkrafttretung 10.Januar 1920) und von Saint Germain (Inkrafttretung 16.Juli 1920) sind die Ursachen, dass Deutschland und Österreich keine geeinte Nation nach dem 1.Weltkrieg bilden durften.

In diesen wird explizit eine geeinte Nation von Deutschland und Österreich verboten. Deshalb wären Volksentscheide (diese hätten wahrscheinlich zur militärischen Intervention geführt) sinnlos gewesen.
Zu den österreichischen Beweggründen siehe die Bayrische Landesbibliothek:
Historisches Lexikon Bayerns - Anschlusspläne Österreichs und österreichischer Bundesländer nach 1918
 
Der Anschluss an das Deutsche Reich wurde verboten, weil dann Deutschland trotz Kriegsniederlage stärker gewesen wäre als vor dem 1. WK. Dieses Ergebnis war vor allem für die westeuropäischen Siegermächte, die ihren Sieg nur nach einem vierjährigen, kräfteraubenden Existenzkampf und nur mit Hilfe der USA erreicht hatten, völlig unakzeptabel. Angesichts der Opfer, die ihnen dieser Krieg abverlangt hatte, schien es ihnen ausgeschlossen zu sein, noch einmal die Kraft aufbringen zu können, um ein derart erstarktes Deutschland im Falle eines Falles erneut in die Schranken weisen zu können.

Was für Deutschland gegolten hat, hatte natürlich auch für das besiegte Österreich Gültigkeit.

Dass die Völker der k.u.k.-Monarchie, wie Ungarn, Tschechen, Polen usw. ihre eigenen Nationalstaaten bekommen haben, ist eine durchaus verständliche und logische Entwicklung gewesen.

Andererseits hat man seitens der Alliierten versucht, das Rest-Österreich zu schwächen und von Deutschland fernzuhalten. Dies geschah z.B. durch das Verbot, das Land "Deutsch-Österreich" nennen zu dürfen. Die Südtiroler kamen zu Italien, ohne dass man sie um ihre Meinung gefragt hätte. Die fast ausschließlich von Deutschen besiedelten Sudetengebiete, die sich Ende 1918 zur deutsch-österreichischen Provinz Sudetenland ausgerufen hatten, wurden der Tschecho-Slowakei zugeschlagen.

Nein, Gandolf hat schon Recht: Nach über 4 Jahren Krieg war es das Bestreben der Alliierten, ein Wiedererstarken Deutschlands und Österreichs zu verhindern.
 
Doch gab es ein Dokument oder eine Vereinbarung der Siegermächte, dass den Deutschen bzw. den Österreichern dieses Recht zustehen sollte? In Wilsons Vierzehn-Punkte ist davon nicht die Rede.


Hierzu ein klares Jein.


Punkt X der 14. Punkte Wilsons lautet:
X. The peoples of Austria-Hungary, whose place among the nations we wish to see safeguarded and assured, should be accorded the freest opportunity to autonomous development.


Darunter sind natürlich auch die deutschsprachigen Gebiete zu sehen. Wenn bei diesen der Wunsch nach dem Anschluss ans Nachbarland Deutschland bestehen sollte, sollte ihnen dies zugestanden werden.

Aber das "should" ist natürlich nur eine nicht bindende und daher völkerrechtlich irrelevante Formulierung.
 
Nach über 4 Jahren Krieg war es das Bestreben der Alliierten, ein Wiedererstarken Deutschlands und Österreichs zu verhindern.

Zumal die strategische Lage Deutschlands nach dem 1. WK ohnehin besser war, als vor dem Krieg. Vor dem Krieg gab es die "frz.-russ. Zange", nach dem Krieg nicht mehr.

Hierzu ein klares Jein.

Punkt X der 14. Punkte Wilsons lautet: "X. The peoples of Austria-Hungary, whose place among the nations we wish to see safeguarded and assured, should be accorded the freest opportunity to autonomous development."

Darunter sind natürlich auch die deutschsprachigen Gebiete zu sehen. Wenn bei diesen der Wunsch nach dem Anschluss ans Nachbarland Deutschland bestehen sollte, sollte ihnen dies zugestanden werden.

Aber das "should" ist natürlich nur eine nicht bindende und daher völkerrechtlich irrelevante Formulierung.

Punkt X der Vierzehn-Punkte kann verschieden ausgelegt werden. Richtet sich das Versprechen der "freieste(n) Gelegenheit zu autonomer Entwicklung" wirklich auch an die Deutschen oder an die nach alliierter Lesart unterdrückten Völkern ÖU ("den Völkern Österreichs-Ungarns, deren Platz unter den Völkern wir sichergestellt und zugesichert zu sehen wünschen")? Und wenn ja, umfasst dann die zugesagte "autonome Entwicklung" auch das Schlucken des kleinen Österreichs durch den großen deutschen Nachbarn? Das kann man - unabhängig vom "should" - so oder so sehen.
 
Und wenn ja, umfasst dann die zugesagte "autonome Entwicklung" auch das Schlucken des kleinen Österreichs durch den großen deutschen Nachbarn? Das kann man - unabhängig vom "should" - so oder so sehen.

Das würde ich unterstreichen, nämlich die Entscheidung nur auf die "autonome" Entwicklung zu beziehen, was bezüglich der Völker in Ö-U Anschlußbestrebungen ausschließen könnte.
 
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In diesem Zusammenhang sollte man auch das Burgenland erwähnen, der einzige Landstrich der unter den genannten Vorzeichen den Staat zugunsten eines besiegten wechselte. Aber vermutlich auch nur, weil ein anderer besiegter in dem Fall der "Leidtragende" war.

Die Vorgänge um Ödenburg/Sopron sind dabei auch zumindest undurchsichtig.
 
silesia schrieb:
Das würde ich unterstreichen, nämlich die Entscheidung nur auf die "autonome" Entwicklung zu beziehen, was bezüglich der Völker in Ö-U Anschlußbestrebungen ausschließen könnte.
Ich würde eher dazu neigen, bei Punkt 10 von Wilsons Vierzehn-Punkte Österreicher und Ungarn von vorneherein ausgeschlossen zu sehen. Wilson ging es um die „Völker Österreichs-Ungarns, deren Platz unter den Völkern wir sichergestellt und zugesichert zu sehen wünschen". Das österreichische und das ungarische Volk hatten bereits einen „Platz unter den Völkern“ (in der Völkergemeinschaft): Ksr. Österreich und Kgr. Ungarn
 
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