Wieviel ist eine Souveränität wert? 1500-1806

Brissotin

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Vorab: Das ist ein bisschen ein epochenübergreifendes Thema, aber ich wollte es nicht unter "Sonstiges in der Neuzeit" parken.

1797/98 hatte sich in Rastatt bereits der Untergang der Reichsstädte abgezeichnet, konnte aber nochmal aufgeschoben werden. In Rastatt einigte man sich darauf, dass die Kompensationen für die linksrheinischen Verluste dt. Fürsten nur aus geistlichem Besitz bestehen sollten. Der erneute Kriegsausbruch, ließ dann ohnehin die Karten neu gemischt erscheinen.
1801/02 überschlugen sich dann die Ereignisse. Bonaparte hatte Österreich und Reich erneut in die Knie gezwungen und die durch die beiden Koalitionskriege finanziell arg zerrütteten Reichsstädten kämpften mehr oder minder um ihr Überleben. Der schwäbische Städtetag hatte schon 1798 kaum eine gemeinsame Lösung gefunden. Schwäbisch Hall bspw. lehnte eine Entsendung einer gemeinsamen Gesandtschaft nach Paris aus Kostengründen ab und hatte sich auch schon 1798 bedenklich neutral verhalten. Heilbronn verhandelte auf eigenem Fuß mit Talleyrand, war auch schon zuvor bisweilen ausgeschert.
Augsburg, das auch direkt Verhandlungen mit Paris führte, gelang es als einzige Reichsstadt der schwäbischen Städte mit Bestechungsgeldern in Höhe von 60.000 Gulden die Souveränität als Reichsstadt zu bewahren. (Hall hätte bspw. wohl kaum dazu die Mittel gehabt, litt es schon 1801 unter einem Schuldenberg von 1,4 Mio. Gulden (bei Jahreseinnahmen von um die 92.000 Gulden im 18.Jh.))

Gibt es andere Fälle, wobei man mit ordentlich Schmiergeld das Überleben sichern konnte?
 
Gibt es andere Fälle, wobei man mit ordentlich Schmiergeld das Überleben sichern konnte?

Ich bin mir nicht ganz sicher, meine aber, dass es eine Zahlung der Hansestadt Lübeck gegeben hat, die mit einer Kreditfinanzierung von Hamburg aufgebracht werden konnte. Schlage ich mal nach.
 
Ich bin mir nicht ganz sicher, meine aber, dass es eine Zahlung der Hansestadt Lübeck gegeben hat, die mit einer Kreditfinanzierung von Hamburg aufgebracht werden konnte. Schlage ich mal nach.
Die waren bestimmt eh nicht so pleite, weil sie nicht wie der schwäbische Kreis Truppen wie blöde reingesteckt haben.:still:
 
Augsburg, das auch direkt Verhandlungen mit Paris führte, gelang es als einzige Reichsstadt der schwäbischen Städte mit Bestechungsgeldern in Höhe von 60.000 Gulden die Souveränität als Reichsstadt zu bewahren.
Wenn ich mich recht entsinne blieb es aber nicht bei diesem Betrag, sondern es wurden immer wieder Bestechungsgelder Seitens französischer Agenten eingefordert, so dass der Unmut bei der Augsburger Bevölkerung immer mehr wuchs und man die zunächst gewünschte Souveränität doch nicht mehr als so vorteilhaft betrachtete. dazu muss ich aber erstmal blättern gehen, um entsprechend genaueres sagen zu können.

Gibt es andere Fälle, wobei man mit ordentlich Schmiergeld das Überleben sichern konnte?
Spontan viel mir ehrlich gesagt eher der umgekehrte Fall ein, nämlich Zahlungen zur Aufgabe der Souveränität. Passt allerdings nicht in den gewählten Zeitraum, daher nur am Rande: Kaiserbrief ? Wikipedia
 
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Wenn ich mich recht entsinne blieb es aber nicht bei diesem Betrag, sondern es wurden immer wieder Bestechungsgelder Seitens französischer Agenten eingefordert, so dass der Unmut bei der Augsburger Bevölkerung immer mehr wuchs und man die zunächst gewünschte Souveränität doch nicht mehr als so vorteilhaft betrachtete. dazu muss ich aber erstmal blättern gehen, um entsprechend genaueres sagen zu können.

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Spontan viel mir ehrlich gesagt eher der umgekehrte Fall ein, nämlich Zahlungen zur Aufgabe der Souveränität. Passt allerdings nicht in den gewählten Zeitraum, daher nur am Rande: Kaiserbrief ? Wikipedia
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War wohl eher unterschiedlich, zumal man ja nicht wusste wie sehr man nach dem Verlust der Reichsunmittelbarkeit unter dem neuen Landesherren zu leiden hätte.

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Zum Teil wurde wohl von Landesherren versucht, die Städte ihrerseits zum Anschluss zu bewegen, andere versuchten sich wegen des Anschlusses an die Landesherren rechtzeitig zu wenden, solange überhaupt noch was zu verhandeln (nämlich die eigene Souveränität) da war. Der ungünstigste Fall war sicherlich, garnichts zu tun.
 
Gibt es andere Fälle, wobei man mit ordentlich Schmiergeld das Überleben sichern konnte?
Mir ist nichts vergleichbares bekannt. Welche Gründe sollte ein Land, abgesehen vom schnellen Geld, auch haben auf eine Geldzahlung im Tausch gegen die Souveränität einzugehen. Über kurz oder lang sind die Steuereinnahmen höher als das Schmiergeld.
Die Aufgabe der Souveränität konnte durch Wegfall von Zöllen deutlich lukrativer und vielversprechender sein. Im Großherzogtum Berg hat man nach 1806 versucht Napoléon zum Anschluss an Frankreich zu überreden. Die Kontinentalsperre im Verbund mit Zollsperren gegen die Einfuhr von bergischen Produkten nach Frankreich hat die auf Export ausgelegte Wirtschaft des Großherzogtums extrem geschädigt und war unter anderem ein wichtiger Faktor für den Knüppelrussenaufstand im Frühjahr 1813.
 
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War wohl eher unterschiedlich, zumal man ja nicht wusste wie sehr man nach dem Verlust der Reichsunmittelbarkeit unter dem neuen Landesherren zu leiden hätte.

Nichts zu Städten,

aber in den 1820er Jahren hat Thurn+Taxis für seine Herrschaft Straßberg die unter Hzl-Sig Landeshoheit stand, die Souveränität wieder angestrebt.
Man hatte sich mit Hzl-Sig geeinigt, der Bund hatte anscheinend auch nichts dagegen, warum letztlich darauf verzichtet wurde, ist den Regional-Historikern bis dato unbekannt.
Ich könnte aber mal schauen, welche Summe an Hzl-Sig fließen sollte.

Wenn es Dich zumindest als Anhaltspunkt weiter bringt.
 
Nichts zu Städten,

aber in den 1820er Jahren hat Thurn+Taxis für seine Herrschaft Straßberg die unter Hzl-Sig Landeshoheit stand, die Souveränität wieder angestrebt.
Man hatte sich mit Hzl-Sig geeinigt, der Bund hatte anscheinend auch nichts dagegen, warum letztlich darauf verzichtet wurde, ist den Regional-Historikern bis dato unbekannt.
Ich könnte aber mal schauen, welche Summe an Hzl-Sig fließen sollte.

Wenn es Dich zumindest als Anhaltspunkt weiter bringt.


Leider nichts zum Preis in Geld. Man wollte tauschen.

Thurn und Taxis strebte für Straßberg und Achberg, seit 1806 Hzl-Sig-Landeshoheit, wieder die Souveränität an, und bot dafür die Grundherrschaft der ebenfalls unter Hzl-Sig-Landeshoheit stehenden Herrschaft Ostrach an. Man wurde sich handelseinig und schloß 1819 einen entsprechenden Vertrag.
Thurn+Taxis sicherte sich in überaus geheimen Verhandlungen die preußische österreichisch und russische Zustimmung.
Aber die Sache wurde wohl nie der Bundesversammlung vorgelegt!
Ab 1826 erlosch das Interesse so langsam.
OT: Von 1830 an verhandelte T+T mit Hzl-Sig wegen des Verkaufs der Grundherrschaft, hatte allerdings unterschiedliche Preisvorstellungen, 1835 schließlich verkaufte T+T an einen 3. um 80.000 Gulden, worauf Hzl-Sig sein Vorkaufsrecht geltend machte und in den Vertrag eintrat. (lediglich zur Vervollständigung)
 
Mir ist nichts vergleichbares bekannt. Welche Gründe sollte ein Land, abgesehen vom schnellen Geld, auch haben auf eine Geldzahlung im Tausch gegen die Souveränität einzugehen. Über kurz oder lang sind die Steuereinnahmen höher als das Schmiergeld.
Die Aufgabe der Souveränität konnte durch Wegfall von Zöllen deutlich lukrativer und vielversprechender sein. Im Großherzogtum Berg hat man nach 1806 versucht Napoléon zum Anschluss an Frankreich zu überreden. Die Kontinentalsperre im Verbund mit Zollsperren gegen die Einfuhr von bergischen Produkten nach Frankreich hat die auf Export ausgelegte Wirtschaft des Großherzogtums extrem geschädigt und war unter anderem ein wichtiger Faktor für den Knüppelrussenaufstand im Frühjahr 1813.
Das passt auch zum Thema. Es muss nicht unbedingt um finanziellen Wert gehen. Es kann auch darum gehen, dass man um der Souveränität zu bewahren oder zu erhalten, politische Kompromisse machte, Land oder Positionen aufgab.

Vielen Dank für die Teilnahme.

@ silesia
Das Thema Lübeck würde mich auch noch interessieren. Ich weiß darüber leider nichts und kann den Reichtum oder überhaupt die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Stadt nicht einschätzen. Spiele Lübeck im 18.Jh. im Ostseehandel noch einer große Rolle?
 
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