Wieviel Platz gibt es auf der Erde ?

Klaus

Aktives Mitglied
In verschiedenen Diskussionen dieses Forums stellt sich mir die Frage, ob es in der Menschheitsgeschichte überhaupt jemals freien Platz in der Welt gab.

Nachdem Sturmfluten ihr angestammtes Land verwüstet hatten, zogen z. B. die Kimbern und Teutonen zwei Jahrzehnte lang durch Europa, ohne einen Platz zu finden, wo sie sich ansiedeln und sich damit eine landwirtschaftliche Nahrungsgrundlage schaffen konnten. Warum nicht ? Weil schon alles besetzt war. Auch bei der späteren "richtigen" Völkerwanderung konnte ein in Bewegung geratenes Volk offenbar nur dadurch zu einem neuen Siedlungsgebiet kommen, dass es ein anderes verdrängte, wodurch sich nun wiederum dieses auf Wanderschaft begab.

Offenbar war die Erde voll. Nur was heißt das "voll" ? Offenbar kann man das nicht in Bewohnern pro Quadatkilometer ausdrücken, denn die natürlichen und technischen Bedingungen der Landwirtschaft ändern sich.

Kann man sagen, dass die Erde praktisch immer voll war - von seltenen Ausnahmen wie der Entdeckung neuer Kontinente einmal abgesehen - und dass jeder Volkstamm ständig an der Obergrenze der Möglichkeiten lebte ? Sicherlich entsteht ein Bevölkerungsdruck diskontinuierlich mit den klimabedingten Schwankungen der Ernterträge, so dass nach guten Zeiten mit Bevölkerungswachstum eine schlechte Periode umittelbar zu der Entscheidung zwingt, entweder die Kinder verhungern zu lassen oder auf einen Eroberungsfeldzug zu gehen.

Aber wie lange ist die Erde schon voll ? Zog der Homo Sapiens schon aus Afrika fort, weil die Bevölkerungszahl die Nahrungsgrundlage überschritt ? War das eiszeitliche Europa schon voll, weil es nur eine begrenzte Zahl von Mammuts gab ? War die Wanderung der Israeliten der Normalfall - mussten sie erst Jericho erobern, um sich irgendwo niederlassen zu können ?

Gab es überhaupt mal ein "Woanders" wohin man gehen konnte, ohne den dort lebenden Menschen die Nahrung streitig zu machen ? Und wann ging dieses Woanders verloren ?
 
Bekanntlich benötigen Jäger und Sammler, abgesehen von lokalen Ausnahmen (Meeresküsten) sehr große Territorien. Die Ausbreitung des Menschen über die Erde erfolgte ganz sicher nicht aus Entdeckerneugier. Nur zwei Ursachen können der Anlass zum Weiterziehen gewesen sein: Mangel an Nahrung (Jagdbeute) oder das Auftauchen von anderen überlegenen Gruppen. Die Tatsache, dass der Mensch am Ende der Eiszeit bis Feuerland gelangte, kann ich mir nur so erklären, dass es damals schon Ressurcenknappheit mit Konflikten gab. Wer siedelt sich schon freiwillig aus eigenem Entschluss in so einer unwirtlichen Region an, wenn "bessere Gegenden" frei wären...
Also m.E. war auch damals schon unter den konkreten Bedingungen "das Boot" voll.
 
Gab es überhaupt mal ein "Woanders" wohin man gehen konnte, ohne den dort lebenden Menschen die Nahrung streitig zu machen ? Und wann ging dieses Woanders verloren ?

Sehr spannende Frage, ich kann dir bei den meisten Thesen zustimmen, auch wenn diese als Anfangsbeitrag etwas überspitzt formuliert sind.
Zuerst sollte man wiederholen, dass der Mensch als Teil der Natur, seinen Platz, seine Lebensgrundlage, also seine biologische Nische genauso finden und verteidigen muß, wie alle Pflanzen und Tiere auf der Erde.
Da die Hominiden sich relativ spät auf der Erde entwickelten, war die Erde bereits für die Australopithecinen voll, wobei ich annehme, dass @Klaus Eingangsfrage sich auf die Konkurrenz unter den Hominiden bezieht.
Die Küstenwanderer Out of Africa fanden vor 50 000 Jahren immerhin ein von Menschen unbewohntes Australien vor und gestalteten es um.
In Europa und Asien lebte bereits Homo nean. und Homo erectus in wahrscheinlich fast der gleichen biologischen Nische.
Für Amerika gibt es mW bisher keine Funde von Hominiden vor H. sapiens.

Damit genug der "grauen Vorzeit", als weiteres Beispiel für den Vorstoss in menschenleere Räume sind die südostasiatischen Seefahrer zu erwähnen, die sämtliche Pazifikikinseln einschl. Neuseeland nach und nach besiedelten.
Ähnlich gingen die Wikinger vor, nur waren die meisten der nördlichen Inseln bereits von Menschen besiedelt, die aber z.T. eine andere Nahrungsgrundlage hatten, somit die Landwirtschaft treibenden Nordleute nicht unbedingt störten.
ME darf man bei dieser Frage nicht die Entwicklung der Lebensgrundlage außer acht lassen, so dass man sogar kleinräumig in Mitteleuropa in menschenleere Räume vorstossen konnte.
Z.B meine ich gelesen zu haben, dass die Höhenlagen der Alpen und anderer Gebirge erst relativ spät im Mittelalter besiedelt wurden.

Kann man sagen, dass die Erde praktisch immer voll war - von seltenen Ausnahmen wie der Entdeckung neuer Kontinente einmal abgesehen - und dass jeder Volkstamm ständig an der Obergrenze der Möglichkeiten lebte ? Sicherlich entsteht ein Bevölkerungsdruck diskontinuierlich mit den klimabedingten Schwankungen der Ernterträge, so dass nach guten Zeiten mit Bevölkerungswachstum eine schlechte Periode umittelbar zu der Entscheidung zwingt, entweder die Kinder verhungern zu lassen oder auf einen Eroberungsfeldzug zu gehen.

Außer den 3 klassischen Möglichkeiten, verhungern, wandern und kämpfen, möchte ich noch die 4. und für mich beste aller Möglichkeiten diskutieren.
Der Mensch konnte sich schon immer "was neues ausdenken", so nach dem Motto "Not macht erfinderisch" einen kräftigen Eisenpflug entwickeln und damit Flächen urbar machen, die vorher nur dünn besiedelt waren.
Oder durch Bewässerungstechnik Steppengebiete landwirtschaftlich nutzen, die vorher nur durch spezialisierte Hirtennomaden besiedelt werden konnten.
 
Es wird ja häufig mit Geburtenrate und Kindersterblichkeit argumentiert.

Dazu hier mal eine kleine Rechnung :

* Wenn jede Frau genau 2,0000000 (überlebende) Kinder bekommt, bleibt die Bevölkerung stabil.

* Wenn jede Frau im Durchschnitt 2,1 Kinder bekommt (alle Frauen zwei Knder, jede zehnte drei, Niederkunft mit durchschnittlich 25 Jahren), versiebenfacht sich die Bevölkerung in den nächsten 1.000 Jahren, bei 2,2 Kindern ver-45-facht sie sich in diesem Zeitraum, bei 2,5 Kindern pro Frau wächst sie auf das 7.500-fache, bei 3 Kindern auf das 11-Millionen-fache, bei 4 Kindern auf das 1-Billionen-fache.

* Wenn der Kindersegen auf 1,9 Kinder pro Frau sinkt, erfolgt alle 350 Jahre eine Halbierung der Bevölkerung. Eine Population von 1 Mio sinkt nach 1.000 Jahren auf 130.000 Personen. Bei 1,5 Kindern sind nach 1.000 Jahren nur noch 10 Gestalten da, bei einem Kind wird nach 500 Jahren das letzte Individuum gesichtet.

Daraus ergibt sich für mich, dass bei einer sich zufällig ergebenden Geburten- und Sterberate unmöglich Stabilität herrschen kann.

Mit Völkern von sinkender Population brauchen wir uns hier nicht zu befasen, die erledigen sich von selbst. Bei den wachsenden muss es irgendeine Koppelung an die Bevölkerungszahl geben, entweder über die Geburtsrate oder - realistischer - über die Sterberate (z. B. Verhungern oder Seuchen als Funktion der Bevölkerungsdichte), ansonsten kommt es irgendwann zwangsläufig zum Offenbarungseid.

Interessant sind auch verschiedene Koventionen zum Managen einer Überbevölkerung. Beispiele : Der erstgeborene Sohn erbt den Hof, der zweitgeborene muss entweder roden (solange es dieses Form des "Woanders" noch gibt), danach nahm er oft enen sozialen Rang ein, der ihm die Gründung einer eigene Famile erschwerte - bis hin zum "Mostköpfchen", d. h. Gabe von Alkohol im Kindesalter, um ihn zum willigen Knecht seines Bruders (und unattraktiv als Familiengründer) zu machen.
 
... Z.B meine ich gelesen zu haben, dass die Höhenlagen der Alpen und anderer Gebirge erst relativ spät im Mittelalter besiedelt wurden. ...
Bei uns in der Zentralschweiz wurden die Voralpentäler (500 bis 700 müM) teilweise erst im 7./8. Jahrhundert wirklich besiedelt. Vorher gab es bloss punktuell erste Ansiedelungen/Klöster/Stützpunkte...

Gruss Pelzer

.
 
Kann man sagen, dass die Erde praktisch immer voll war
Dem würde ich im wesentlich zustimmen.
Nach einigen Generationen wird das an Bevölkerungsdichte ausgeschöpft sein, was die jeweilige Wirtschaftsstruktur möglich macht.

Ausnahmen gibt es natürlich nach Kriegen und Seuchen und anderen Veränderungen. Überhaupt gibt es ja weder in der Natur noch in der menschlichen Geschichte einen stabilen Gleichgewichtszustand, irgend etwas ändert sich immer, und man muß sich anpassen.

Neue Wirtschaftsmethoden machen natürlich eine Bevölkerungszunahme möglich.
Beispiele dafür wären die deutsche Ostkolonisation im Mittelalter - durch bessere Pflugtechnik konnten die eingewanderten Deutschen in großer Zahl neben den schon ansässigen Slawen leben, die Gesamtbevölkerung konnte deutlich ansteigen.
Und noch deutlicher war das mit den europäischen Einwanderern in Nordamerika, deren Landwirtschaft eine viel größere Bevölkerung ernähren konnte als die Lebensweise der Indianer.


Seit zwei Generationen, d.h. seit Verbreitung der Geburtenkontrolle, hat sich das aber radikal geändert.
Die entwickelten Nationen (vor allem die USA, aber auch Europa) könnten mit ihrer Wirtschaftskraft noch deutlich mehr Menschen ernähren, aber sie nutzen das nicht aus, sondern die Bevölkerung geht eher zurück.
 
Seit zwei Generationen, d.h. seit Verbreitung der Geburtenkontrolle, hat sich das aber radikal geändert.
Die entwickelten Nationen (vor allem die USA, aber auch Europa) könnten mit ihrer Wirtschaftskraft noch deutlich mehr Menschen ernähren, aber sie nutzen das nicht aus, sondern die Bevölkerung geht eher zurück.

An diesen Punkt denke ich immer mal wieder.
Man könnte vielleicht sagen, dieser aktuelle Geburtenrückgang ist der normale Abwärtstrend jenseits eines Höhepunkts und einer außerordentlichen Steigerung durch die Industriealisierung in Europa und USA.
Ob die Pille wirklich der Auslöser war, könnte man lange diskutieren, wurde ansatzweise bereits in "NS-Frauen????"-Thread angesprochen.

Gibt es Geburtenzahlen für das ursprüngliche römische Gebiet in der Abschwungphase?
Oder fällt euch ein anderes Beispiel für eine Gruppe mit einem Geburtenrückgang ein?
 
Es wird ja häufig mit Geburtenrate und Kindersterblichkeit argumentiert.
.......Daraus ergibt sich für mich, dass bei einer sich zufällig ergebenden Geburten- und Sterberate unmöglich Stabilität herrschen kann.

Mit Völkern von sinkender Population brauchen wir uns hier nicht zu befasen, die erledigen sich von selbst.
Sie sind jedoch interessant zur Untersuchung von versteckten, psychologischen Mechanismen, die die Geburtenrate vielleicht senken, neben Tabus, Traditionen und Bräuchen.
 
Geburtenraten von zwei Kindern reichen nur rein theoretisch aus, um eine Bevölkerung konstant zu halten. Vorausgesetzt ist immer, dass die zwei Kinder ebenfalls wieder zwei Kinder in die Welt setzen. Eine Frau müsste also nicht nur zwei Kinder sondern auch vier Enkel bekommen.
Grau ist aber alle Theorie, denn mitunter wird die Fortpflanzung eines Menschen durch einen frühen Tod durch Unfall oder Krankheit vereitelt. Ein weitere Probleme sind, dass immer Teile der Bevölkerung biologisch unfruchtbar sind, andere keinen entsprechenden Sexualpartner finden oder schlicht keinen Kinderwunsch haben. (Dies ist allerdings keine Entwicklung der jüngsten Vergangenheit. Ich denke da an das Zölibat, dass zweitgeborene Adelige im Idealfall an der Gründung einer Familie hinderte oder auch an die Problematik, dass Knechten, Mägden manchmal auch Handwerksgesellen zuweilen die Gründung einer Familie aus sozialen Gründen verwehrt blieb. Diese feudale Praxis erinnert mich schon irgendwie an Wolfsrudel oder Nacktmull-Staaten, in denen sich nur Alpha-Männchen und Alpha-Weibchen vermehren dürfen, während rangniedrige Mitglieder der Gemeinschaft diese beim Broterwerb unterstützen.)
Um dies auszugleichen muss die Geburtenrate über 2 liegen, damit ein Volk nicht "schrumpft". Kommen Katastrophen wie Seuchen, Hungersnöte und Kriege hinzu, müssen noch mehr Kinder gebohren werden, um dies auszugleichen. Im Grunde musste eine Zivilisation stets wachsen, um solche mehr oder weniger regelmässigen Massensterben auszugleichen. Eine andere Methode kannten bereits spätmittelalterliche Städte. Auf Grund der mangelhaften Hygiene führten Infektionskrankheiten dazu, dass die Stadtbevölkerung im Grunde abnahm. Dies wurde durch den steten Zuzug von Landbevölkerung ausgeglichen, denn auf dem Lande vermehrten sich Bauern stark. Ähnlich ist ja der Gedanke die niederigen Geburtenrate in den Industrienationen durch Einwanderung auszugleichen.
Nachdem Sturmfluten ihr angestammtes Land verwüstet hatten, zogen z. B. die Kimbern und Teutonen zwei Jahrzehnte lang durch Europa, ohne einen Platz zu finden, wo sie sich ansiedeln und sich damit eine landwirtschaftliche Nahrungsgrundlage schaffen konnten. Warum nicht ? Weil schon alles besetzt war.
Tatsächlich war und ist Ackerland ein beschränktes Gut. In Mitteleruopa verwaldet unbewirtschaftetes Land in der Regel innerhalb von Jahrzehnten vollständig. Wenn Kimbern und Teutonen ihr Ackerland durch Sturmfluten verloren hatten, konnten sie nicht einfach den erstbesten Wald oder Sumpf besiedeln. Die Verwandlung von gerodeten Wäldern in Ackerland dauert ein paar Jahre und löst eben die nicht sofort das akute Problem. Eine Entwässerung von Sümpfen war damals noch unbekannt. (Diese führte später gerade in Deutschland zur Vergrößerung der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen.)

Interessanterweise kennt die Biologie gewisse Gesetzmäßigkeiten, was das Wachstum von Populationen angeht: Die Lotka-Volterra-Regeln
Wikipedia schrieb:
Erste Lotka-Volterra-Regel (Periodische Populationsschwankung): Die Populationsgrößen von Räuber und Beute schwanken periodisch. Dabei folgen die Schwankungen der Räuberpopulation phasenverzögert denen der Beutepopulation. Die Länge der Perioden hängt von den Anfangsbedingungen und von den Wachstumsraten der Populationen ab.
  • Zweite Lotka-Volterra-Regel (Konstanz der Mittelwerte): Die über genügend lange Zeiträume gemittelten Größen (Mittelwert) der Räuber- bzw. Beutepopulation sind konstant. Die Größe der Mittelwerte hängt nur von den Wachstums- und Schrumpfungsraten der Populationen, nicht aber von den Anfangsbedingungen ab.
  • Dritte Lotka-Volterra-Regel (Störung der Mittelwerte): Werden Räuber- und Beutepopulation gleichermaßen proportional zu ihrer Größe dezimiert, so vergrößert sich kurzfristig der Mittelwert der Beutepopulation, während der Mittelwert der Räuberpopulation kurzfristig sinkt.
Das bedeutet, dass die Populationsgröße von Jägern und Gejagten voneinander abhängig ist. Ich halte dies teilweise für auf den Menschen bzw die Menschheit übertragbar.
Als die Bison-Population abnahm, führte dies zu einer Hungersnot unter den Prärie-Indianern und darausfolgendem Bevölkerungsrückgang. Anders als die meisten Beutegreifer ist der Mensch relativ flexibel in der Ernährung, Homo sapiens kann so ziemlich alles verwerten außer Zellulose. Derartige Räuber-Beute-Beziehungen gibt es allerdings noch immer, auch im Zeitalter der Industrienationen. Ich denke da insbesondere an das Problem der Überfischung, deren Ursache ja vor allem dasmassiven Wachstum der Weltbevölkerung im 20. Jahrhundert ist. Aber Gourmet kann ja von Kabeljau auch Viktoria-Seebarsch umsteigen.
Ähnlich verhält es sich mit der Abhängigkeit von Bauern von ihren Kulturpflanzen. Der Unterschied ist aber das Bauern anders Jäger und Sammler ihre Nahrungsgrundlage durch Saat und Zucht födern. Allerdings sind sie deswegen keineswegs von Missernten verschont. In den 1840er Jahren führte die Kartoffelfeule in Irland zu einer großen Hungernot. Hungertod und Auswanderung führten zu einem massiven Bevölkerungsrückgang in Irland.

Wie lange die Erde schon voll ist, ist aber schwer zu sagen. Sicher ist, dass die landwirtschaftlich nutzbare Flächen durch Entwässerung oder Bewässerung, ebenso durch Düngung vergrößert werden kann. Auf der anderen Seite gingen immer wieder landwirtschaftliche Flächen durch Klimaveränderungen, Versalzung und Verwüstung verloren. Verwüstung und Versalzung führte schon zum Niedergang der ersten Hochkulturen im fruchtbaren Halbmond, später auch in Nordafrika.
Auch Rom lebte als antike Hauptstadt des Imperiums über seine Verhältnisse. Die Ernährung der Millionenstadt konnte nur durch Getreidelieferungen aus Ägypten sichergestellt werden und war ein zentrales Thema für die Kaiser. Als die Getreidelieferungen nach Ende des Imperiums versiegten, ging auf die Bevölkerung auf ein normales Maß zurück und zwischen den Ruinen der antiken Metropole hüteten Hirten wieder ihre Herden.
 
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@Maglor: Aber Gourmet kann ja von Kabeljau auch Viktoria-Seebarsch umsteigen.
Genau das wird er nicht tun. Oder auf Kaviar verzichten? Es ist sehr fraglich, ob der Stör überhaupt noch gerettet werden kann. Ein Weibchen mit Rogen bringt mehrere tausend Dollar, da nützen alle Schutzbestimmungen nichts, es wird bis zur Ausrottung schwarz gefischt. Ansonsten, feiner Beitrag, @Maglor.
 
In einem anderen Thread wird dargestellt, wieviel Prozent der Bevölkerung Landwirtschaft beteiben mussten, um das Land zu ernähren (http://www.geschichtsforum.de/405561-post5.html).

Da stellt sich mir die Frage, was eigentlich los war, als dieser Wert (rechnerisch) über 100 % lag. War das eine Jäger-/Sammler-Gesellschaft, in der Landwirtschaft nur ein "Nebenerwerb" war ? Oder kann man durch den Anbau "effektiverer" Produkte den nötigen Nährwert auch mit einer zu geringen Anbaufläche hinbekommen ? Oder beschränkt der Ackerbau sich dann auf nur wenige sehr fruchtbare und besonders leicht zu bearbeitende Flächen ?
 
@Klaus: Da stellt sich mir die Frage, was eigentlich los war, als dieser Wert (rechnerisch) über 100 % lag.

Mir erschließt sich nicht, wie du darauf kommst. Hast du etwa die Entwicklung in Preußen (verlinkter Beitrag) linear in die Vergangenheit extrapoliert?
 
1804 wurden in Preußen 80% der Bevölkerung der Landwirtschaft zugerechnet, 1849: 64%, 1867: 48%.
Graphisch dargestellt :
Landw.jpg
Die Aussage dieser Zahlen (zufällig geht's grad um Preußen) ist die, dass immer weniger Menschen in der Landwirtschaft tätig waren bzw. sein mussten, um das Land zu ernähren. Der Grund sind sicherlich Fortschritte in Technik und Organisation sowie Landerschließung. Ich vermute, dass die Kurve nach links noch weiter nach oben geht, schließlich war Preußen schon ein recht weit entwickeltes Land. Aber 80 % ist ja schon ein hoher Wert, und mehr als 100 % geht ja wohl nicht.

Bitte sag' nicht, dass dann ist die Bevölkerungszahl eben niedriger gewesen sein muss. Das funktioniert nicht. 100 % heisst, dass alle Menschen in der Landwirtschaft arbeiten auch von den erzeugten Produkten eben derselben zu ernähren waren.

Ich frage mich also, warum in einer früheren Zeit die mit 100 % aller Menschen zu bewirtschaftende Fläche zufällig (?) genau die benötigte Menge Nahrung liefern sollte. Wenn man also die o. g. Kurve rückwärts verfolgt, was passiert dann, wenn sie die 100-%-Linie erreicht ?
 
@Klaus: Wenn man also die o. g. Kurve rückwärts verfolgt, was passiert dann, wenn sie die 100-%-Linie erreicht ?
Genau das tut sie nicht, als Chemiker weißt du sicher genug über mathematische Funktionen. Die 80% produktiv für die Nahrungsbeschaffung zuständige Bevölkerung betrachte ich eigentlich als einen ziemlich konstanten Wert vor der industriellen Revolution. Die 20% "Schmarotzer" (Hofstaat, Priester, Soldaten, Händler, Handwerker) wird es auch bei den alten Ägyptern und Sumerern schon gegeben haben.
 
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Die 80% produktiv für die Nahrungsbeschaffung zuständige Bevölkerung betrachte ich eigentlich als einen ziemlich konstanten Wert vor der industriellen Revolution. Die 20% "Schmarotzer" (Hofstaat, Priester, Soldaten, Händler, Handwerker) wird es auch bei den alten Ägyptern und Sumerern schon gegeben haben.
Wie sinnreich der Weizen die Welt doch erschaffen hat ! Wären seine Körner nur um ein Viertel kleiner, hätte es nie Hochkulturen gegeben.:pharao:
 
Genau das tut sie nicht, als Chemiker weißt du sicher genug über mathematische Funktionen. Die 80% produktiv für die Nahrungsbeschaffung zuständige Bevölkerung betrachte ich eigentlich als einen ziemlich konstanten Wert vor der industriellen Revolution. Die 20% "Schmarotzer" (Hofstaat, Priester, Soldaten, Händler, Handwerker) wird es auch bei den alten Ägyptern und Sumerern schon gegeben haben.

Für die eurasisch-nordafrikanische Landwirtschaft, die sich beim Ackerbau vorwiegend auf Getreide stützt, in Drei-Felder-Wirtschaft mit organischer Düngung aus der eigenen Viehhaltung würde ich die 80 % auch schätzen.
Vielleicht etwas weniger, wenn man die nebenher Ackerbau treibenden Krieger, Handwerker und Heimarbeiter (Weber, Töpfer, Schnitzer etc) als Teilzeitbauern berechnet.


Wie sinnreich der Weizen die Welt doch erschaffen hat ! Wären seine Körner nur um ein Viertel kleiner, hätte es nie Hochkulturen gegeben.:pharao:

In anderen Weltregionen, die sich auf andere Kohlehydratlieferpflanzen stützen, fände ich die Frage jedoch interessant.
In Altamerika wurden Mais, Kartoffeln, Kürbisarten, Bohnen, Maniok, Tomaten angebaut, Kakao war eher Genuss- und auch Zahlungsmittel.
Dafür gälte es Zahlen zu finden, wie hoch der Flächen- und Arbeitsbedarf bei diesen Hackfrüchten damals war.
Ich könnte mir vorstellen, dass man mehr Menschen von der gleichen Fläche ernähren könnte, wenn man kein Getreide oder Reis anbaut.
Wenn das so gewesen wäre, hätte man mehr Spezialisten für Gottesdienst, Handwerk, Krieg und als Herrscher übrig.........mit welchen Folgen?
 
In anderen Weltregionen, die sich auf andere Kohlehydratlieferpflanzen stützen, fände ich die Frage jedoch interessant.
In Altamerika wurden Mais, Kartoffeln, Kürbisarten, Bohnen, Maniok, Tomaten angebaut, Kakao war eher Genuss- und auch Zahlungsmittel.
Rena verweist hier richtigerweise auf Südamerika. Tatsächlich ist dieser Kontinent wie auch einige andere hier bei der Auswertung der Preußen-Statistisk relevant.
Tatsächlich gab es nämlich im 17. und 18. Jahrhundert zahlreiche Änderungen, die mit der Neuen Welt zusammenhängen. Zum einen ist da die Einführung der Kartoffel in Preußen zu nennen, die der alte Fritz bekanntlich massiv förderte. So wurde die preußische Landwirtschaft um eine neue nahrhafte Kulturpflanze erweitert. Aber nicht nur das. Die Kartoffel veränderte Fruchtfolge radikal. Nun war eine Brache im dritten Jahr wie in der Drei-Felderwirtschaft nicht notwendig.
Eine weitere Veränderung hängt ebenfalls mit der Neuen Welt zusammen. Seit den Jahrtausenden wurden nämlich auch deutschen Äcker nicht nur Nahrung für Mensch und Tier angebaut sodern auch Faserpflanzen. Leinen/Flachs spielte in der preußischen Landwirtschaft nur so lange eine Rolle, bis Ende des 19. Jahrhundert der Markt mit billiger Baumwolle überschwemmt wurde.
Daneben gab es Ende im 19. Jahrhundert endlich Fortschritte in der Tier- und Pflanzenzucht, unabhängig von Gregor Mendels Werk. Die Ideen für die Zuchtbücher kamen aus England. Durch sie konnten züchterische Fortschritte systematisch geplant und erreicht werden.

Was den Rückgang des prozentualen Anteils der Beschäftigten in der Landwirtschaft angeht, so spielt da die Spezialisierung die Differenzierung eine entscheidende Rolle. Relevant ist hier sicher auch, dass das viele Arbeitskräfte bindende Hüten des Viehs zunehmend aufgegeben und durch Stall- und Weidehaltung ersetzt wurde. Fast wichtiger scheint mir aber fast die Verstädterung. Die Landflucht konnte natürlich erst durch eine höhere Produktivität der Landwirtschaft erreicht werden.
Bedingt ist dies aber durch die Preußischen Reformen. Preußen war vorher ein rückständiger Staat und die Einführung der Kartoffel war schon als gewaltiger Fortschritt. Wichtig sind hier Bauernbefreiung, Gewerbefreiheit und Agrarreformen. Hier ist vor allem die Ausweitung der Landwirtschaft auf bisher ungenutzte Gebiete zu nennen, aber auch die Effizenz-Steigerung durch die Abschaffung feudaler Hindernisse.
Überhaupt eine allgemeine Steigerung der Effizenz oder wie es der Freiherr vom und zum Stein ausdrückte: "Belebung des Gemeingeistes und des Bürgersinns, die Benutzung der schlafenden und falsch geleiteten Kräfte und zerstreut liegenden Kenntnisse, der Einklang zwischen dem Geist der Nation, ihren Ansichten und Bedürfnissen und denen der Staatsbehörden, die Wiederbelebung der Gefühle für Vaterland, Selbständigkeit und Nationalehre."
Auch bei der Entwicklung der Landwirtschaft gibt es eben nicht nur biologische Ursachen.
 
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