Wieviele Einwohner hatte das Römische Imperium?

Lungos

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Ich finde unterschiedliche Quellen, die von 30 bis 60 Millionen Einwohner um 300 n.Chr. (Diocletian) ausgehen und einer Siedlungsdichte Italiens von 25-40 Ew. je qkm.

Weiß jemand genauere Zahlen?
 
Es liegen uns auch für das spätrömische Reich (außer Ägypten: ca. 7 Millionen) keine genauen Zahlen vor. Unsere besten Schätzungen belaufen sich auf rund 50 Millionen - allzu sehr wird man weder nach unten noch nach oben abweichen dürfen. Standardwerk ist (immer noch) das Werk von Julius Beloch aus dem Jahr 1886 (Die Bevölkerung der griechisch-römischen Welt). Für Augustus schwankt die Zahl irgendwo zwischen 35 bis zu 70 Millionen - jedenfalls ging die Bevölkerungszahl set Marc Aurel schrittweise zurück.- In der Spätantike war der Osten aber (wie auch schon zuvor) wesentlich dichter besiedelt als der Westen.
 
An neueren Werken kann ich noch nennen: Jones, Later Roman Empire, Oxford 1964 und Parkins, Demography and Roman Society, Baltimore 1992.
 
In der Westgoten-Doku eben im BR war von 9 Millionen Einwohnern in Spanien die Rede, also in der Zeit um 500. Das erschien mir etwas hoch gegriffen, ich hätte eher die Hälfte vermutet. Hat jemand dazu genauere Zahlen?
 
Dank an Benowar!

300 n.Chr. war ja das Römische Reich bereits über dem Zenit und etwa 100 n.Chr. der Höhepunkt...
Ich denke mal, dass der Bevölkerungsrückgang von 100 n.Chr. bis 300 n.Chr. noch nicht so drastisch wie in den nachfolgenden Jahrhunderten war - oder irre ich mich?
 
Dass hier immer noch das Vorurteil herrscht, die Spätantike sei eine reine Verfallszeit gewesen - das war sie mitnichten! Dem muss ich mal an dieser Stelle heftigst widersprechen. Es gibt sehr schöne neuere Darstellungen (neben der 2. Auflage der Cambridge Ancient History sei mal auf "Worlds of Late Antiquity" von Peter Brown oder diverse Darstellungen von Averil Cameron hingewiesen).

Zur Sache: Seit der Regierungszeit Marc Aurels ging die Bevölkerung zurück (Kriege, Hungersnöte, die Pest). In der Spätantike ging sie im Westen zurück, auch verbunden aufgrund des (staatlichen und späteren kulturellen) Niedergangs Westroms; im Osten sah das ganz anders aus.

Es stehen uns aber einfach zu wenig Quellen zur Verfügung.. Zu den Westgoten: ich weiß nicht mehr wo genau (glaube aber bei Herwig Wolfram) habe ich gelesen, dass die Bevölkerung von Spanien und Südgallien auf insgesamt 10 Millionen zu veranschlagen ist - will das aber auch nicht beschwören. Und nebenbei: um 500 waren die Westgoten noch nicht (flächendeckend) in Spanien - die Inbesitznahme der Iberischen halbinsel fing im großen Stil erst nach 507 an, als das Tolesannische Reich unterging.
 
Zuletzt bearbeitet:
Einwohner Imp. Romanum

@ Lungos

ja, in Folge der barbarischen Invasionen und Seuchen begannen die Bevölkerungszahlen ab dem 3. Jahrhundert zu sinken.

Ich geb dir mal die (nicht ganz unproblematischen) Schätzungen von Dilke:
- Gesamtbevölerung 14 n. Chr. über 60 Millionen
davon
- Italien, Sizilien, Sardinien und Korsika ~ 14 Mio.
- Spanien ~ 6 Mio.
- Gallien ~ 5 Mio.
- Donauprovinzen ~ 2. Mio.
- Griechenland samt griech. Inseln ~ 3. Mio.
- Kleinasien ~ 13 Mio.
- Syrien, Palästina und Cypern ~ 6,5 Mio.
- Ägypten und Cyrenaika ~ 5,5 Mio.
- Nordafrika ~ 6. Mio.

So problematisch die Schätzung auch ist, dürften die Bevölkerungsschwerpunkte zutreffen wenn man bedenkt, dass sich die Zahl der freien römischen Bürger im selben Jahr auf weniger als fünf Mio. belief.
 
Hoppla...

... du wolltest ja Einwohnerzahlen ab 300 n. Chr. Sorry, hab nicht genau gelesen, ansonsten kann ich mich Benowar nur anschließen. Einzig die Zahl der Städte ist mit (wenn ich mich recht erinnere) 5627 überliefert.
 
@Germanicus

Die Zahlen helfen mir trotzdem. Schließlich zeigen diese die etwaige Bevölkerungsverteilung.
Stutzig macht mich die Angabe der "Donauprovinzen"... sind das Raetia bis Moesia einschl. Dalmatia?
 
Lungos schrieb:
@Germanicus

Die Zahlen helfen mir trotzdem. Schließlich zeigen diese die etwaige Bevölkerungsverteilung.
Stutzig macht mich die Angabe der "Donauprovinzen"... sind das Raetia bis Moesia einschl. Dalmatia?

Ja, außer Noricum. Dalmatien und Illyrien waren in der Provinz Pannonien, die auch dazugerechnet wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Germanicus

Die Bevölkerungszahl für Kleinasien irritiert mich ebenfalls...
darin müsste doch Cappadocia inbegriffen sein, jedoch nicht Armenia oder Regnum Bospori???
In Nordafrika ist sicher auch Mauretania enthalten...

(leider habe ich für 14 n.Chr. nur dtv/Piper-Karte parat, wonach diese o.g. Gebiete zu der Zeit noch Klientelstaaten waren)
 
Die Zahlen von Germanicus habe ich nun mal nachgerechnet, sodass von 14 n. Chr. bis 1998 n. Chr. die Bevölkerung wie folgt angewächsen wäre:
- Italien = x 4 (heute etwa 59 Mill)
- Spanien = x 8 (heute etwa 47 Mill)
- Gallien = x 12 (heute etwa 62 Mill)
- Donauprovizen = x 19 (heute etwa 38 Mill)
- Griechenland = x 4,3 (heute etwa 13 Mill)
- Kleinasien + Syrien = x 4,5 (heute etwa 94 Mill)
- Ägypten = x 12 (heute etwa 67 Mill)
- Nordafrika = x 11 (heute etwa 67 Mill)

Die Zahlen für Ägypten stimmen nachdenklich... Einerseits Kornkammer, andererseits alte Hochkultur - ich denke 7 Mill. Ew. würden eher stimmen...
Griechenland dürfte ziemlich genau stimmen, weil dort paar Jahrhunderte vorher mit etwa 4-5 Mill. Einwohnern gerechnet wurde, sodass wegen Überbevölkerung etliche Kolonien gegründet werden mussten (erhebliche Auswanderung) und die griechische Kultur damals bereits rapide abgebaut hatte (sprich: unsozialer wurde).
Auch Italien stimmt so ziemlich, da Süditalien damals fruchtbarer und Rom alleine eine Millionenstadt war.
Kleinasien und Syrien waren damals auch schon übervölkert.
Nordafrika war Kornkammer und gern genommenes Siedlungsgebiet.
Die Donauprovinzen dürften wohl vielmehr mit 3-4 Mill Einwohnern stimmen...

Legt man nun die Bevölkerungsstruktur in West- und Ost-Reich gegenüber, so erhält man 50% zu 50%, also eine exakte Teilung... Also 30 und 30 Millionen Einwohner.

Wie soll denn dann das germanische Volk von schätzungsweise 5-7 Millionen zerstrittenen Germanen das Weströmische Reich erobert haben? Die Wandalen haben mit 12-25.000 Kriegern Nordafrika erobert...

Mir fällt dazu nur eines ein: eine einzige Grenzstadt erobern, durchbrechen und das schwach bewachte Hinterland dauerhaft besetzen - oder noch einfacher: allen Grenzstädten ausweichen, das Hinterland besetzen und die Grenzstädte dadurch zur Aufgabe zwingen...

Die riesigen Legionsheere waren eine gute Waffe gegen organisierte Feinde, aber gegen "Hinterwäldler" kämpften die Legionen gegen Luft, gaben irgendwann auf und arrangierten sich mit den Hinterwäldlern, wenn der Sold lange genug ausblieb...
 
Lungos schrieb:
Wie soll denn dann das germanische Volk von schätzungsweise 5-7 Millionen zerstrittenen Germanen das Weströmische Reich erobert haben? Die Wandalen haben mit 12-25.000 Kriegern Nordafrika erobert...
Die damalige Kriegsführung unterscheidet sich sehr von der heutigen... damals kämpfte nicht in der Moschee ein Scharfschütze solange, bis ihn eine Panzerdivision eingekreist hatte.
Zudem sind die Zahlen der Germanen allessamt Schätzungen und teilweise sehr fragwürdig, wie das gesamte "schätzen". Nicht umsonst findet man in Fachliteratur wie "Geschichte der Antike" kaum konkrete Zahlen.


Lungos schrieb:
Mir fällt dazu nur eines ein: eine einzige Grenzstadt erobern, durchbrechen und das schwach bewachte Hinterland dauerhaft besetzen - oder noch einfacher: allen Grenzstädten ausweichen, das Hinterland besetzen und die Grenzstädte dadurch zur Aufgabe zwingen...
Oder: eine nach der anderen, oder das Zentrum angreifen, oder genug zu einer Schlacht herauslocken oder in großen Schlachten durch Fähigkeit siegen oder...


Lungos schrieb:
Die riesigen Legionsheere waren...
in der Spätantike jeweils wesentlich kleinere Truppenansammlungen.

Lungos schrieb:
eine gute Waffe gegen organisierte Feinde, aber gegen "Hinterwäldler" kämpften die Legionen gegen Luft, gaben irgendwann auf und arrangierten sich mit den Hinterwäldlern, wenn der Sold lange genug ausblieb...
Um genau zu sein änderte das römische Militär ab 100 v. Chr. immer weiter ihre Ausrüstung und Zusammensetzung bis sie sich den Gegebenheiten angepaßt hatte, den Kampf also auch zum Feind tragen konnte.
 
Entschuldigung, die Daten sind nicht von Germanicus sondern von Dilke!(manchmal sollte man doch besser selbst nachlesen, was man geschrieben hat, bevor man dieses veröffentlicht :cool: ).
 
@ Tib. Gabinius

> Die damalige Kriegsführung unterscheidet sich sehr von der heutigen... damals kämpfte nicht in der Moschee ein Scharfschütze solange, bis ihn eine Panzerdivision eingekreist hatte.
Zudem sind die Zahlen der Germanen allessamt Schätzungen und teilweise sehr fragwürdig, wie das gesamte "schätzen". Nicht umsonst findet man in Fachliteratur wie "Geschichte der Antike" kaum konkrete Zahlen. <

Alles richtig. Ich versuche nur mal Zahlen in die Reihe zu bekommen, um ein konkreteres Bild zu entwerfen...
Wenn man sagt nur 10. Bewohner eines Dorfes oder Stadt hätte damals gelebt, so kann man sich die Größenverhältnisse besser vorstellen. Frage mal auf der Straße nach wieviel Einwohner Deutschland hat - Du wirst von dem Ergebnis der Aussagen sicherlich erschreckt sein...

> Um genau zu sein änderte das römische Militär ab 100 v. Chr. immer weiter ihre Ausrüstung und Zusammensetzung bis sie sich den Gegebenheiten angepaßt hatte, den Kampf also auch zum Feind tragen konnte. <

Ist auch richtig. Fakt ist jedoch, dass die Militärstruktur immer nach dem Legions-Prinzip geführt wurde und auch heute noch geführt wird.
Gegen einzelne destruktive Maßnahmen konnten und können auch heute Militärs kaum was unternehmen. Bezahle einfach mal eine Kompanie in Deutschland über Monate nicht, und du hast dort keine Leute mehr, über die Du befehligen kannst...
Rom setzte dies öfters ein, um politische Gegner ausschalten zu können.
Die Feinde Roms nutzten dies auch aus...
 
Lungos schrieb:
Alles richtig. Ich versuche nur mal Zahlen in die Reihe zu bekommen, um ein konkreteres Bild zu entwerfen...
Wenn man sagt nur 10. Bewohner eines Dorfes oder Stadt hätte damals gelebt, so kann man sich die Größenverhältnisse besser vorstellen. Frage mal auf der Straße nach wieviel Einwohner Deutschland hat - Du wirst von dem Ergebnis der Aussagen sicherlich erschreckt sein...
Zunächst bitte ich dich, die Zitierfunktion zu verwenden, dies macht es leichter, die Beiträge zu lesen.
Dann komme ich nicht darauf, was du aussagen möchtest. Vorhin dachte ich noch du setzt Zahlen mit Wehrfähigkeit gleich und nun reduziert sich dies wieder auf reine Statistik.


Lungos schrieb:
Ist auch richtig. Fakt ist jedoch, dass die Militärstruktur immer nach dem Legions-Prinzip geführt wurde und auch heute noch geführt wird.
Gegen einzelne destruktive Maßnahmen konnten und können auch heute Militärs kaum was unternehmen. Bezahle einfach mal eine Kompanie in Deutschland über Monate nicht, und du hast dort keine Leute mehr, über die Du befehligen kannst...
Rom setzte dies öfters ein, um politische Gegner ausschalten zu können.
Die Feinde Roms nutzten dies auch aus...
Ist falsch. Der Name blieb zwar gleich, aber was Taktik, und darauf hast du dich im vorher zitierten Text bezogen, die Organisation änderte sich maßgeblich und die Bewaffnung deutet auf eine extreme Veränderung des taktischen Verhaltens im Feld hin.
Einfaches Beispiel, während man von maximal 30 Legionen der Kaiserzeit ausgehen kann, welche nach dem Kohorten-Prinzip aufgestellt wurden, spricht die Notitia Dignitatum von 32 Legiones comitatenses und 12 Legiones palatinaenur unter dem Kommando des Magister Peditum im Westreich.

Beispiel Bewaffnung:
Während die Ausrüstung für den Nahkampf in engster Formation zwischen Republik und Trajanszeit immer schwerer und massiver wird, zeigt sie danach die Tendenz den Männern Raum zu geben und Bewegung weniger zu behindern, bis sie schließlich jener der Gegner ausgesprochen gleicht. (Gladius wird zu Spatha, Tonnenschild zu flachem Ovalschild und schließlich zu Rundschild etwa).

Das Legionsprinzip hat sich also erst mühselig entwickelt zu dem 6000 Mann Sollstärke Heer + Auxiliares, als welches wir es vielleicht aus der Kaiserzeit im Kopf haben, und entwickelte sich ab dem 2. Jh. davon auch wieder fort.

Auch kam es durchaus vor, dass die Legionäre ihre Stipendien verspätet erhielten, manchmal führte dies zu Revolten, manchmal wurde dies politisch ausgenutzt, manchmal warteten die Soldaten aber auch einfach geduldig.

Das heutige Prinzip orientiert sich im übrigen auch nicht an der Führungspraxis der Legionen sondern ist weitaus komplexer und voluminöser. Vergleicht man die heutige Heerführung mit der Antiken könnte man auch sagen, sie greifen auf die militärischen Grundeinheiten der Phalanxen oder der Ägypter zurück.
 
:fs: Ich glaube wir entfernen uns zu weit vom eigentlichen Thema und den Punkt Germanen gegen Römer einzubringen war eher destruktiv von mir.

Darüber können wir ja mal in anderer Runde diskutieren.
 
Lieber Lungos, die Germanenstämme waren bei weitem nicht mehr so verstritten wie vorher. Ab dem zweiten Jahrhundert n. Chr. begannen sich die Stämme zu Großstämmen zusammenzuschließen und gemeinsam auf Plünderungsfeldzug zu gehen. Vielleicht hätte die Tib. Gabinius einige zahlen nennen sollen, um es leichter verständlich zu machen: Die Gesamtstärke der Armee des Römischen Reiches betrug im 4. Jahrhundert etwa 500.000 Mann, wir wissen von 60 Legionen, mit jedoch eine Sollstärke von 1.000 bis 2.000 Mann, die restlichen Truppen bestanden hauptsächlich aus Hilfstruppen. Während des 4. Jahrhunderts nahm die "Barbarisierung" der Streitkräfte immer weiter zu, während der Teil der römischen Bürger in der Armee immer weiter sank. Letztendlich bestand das römische Heer im 5. Jahrhundert größtenteils aus "Söldnern". Des weiteren weigerten sich bestimme "Söldnerstämme" gegen andere Stämme zu kämpfen, über die Disziplin brauchen wir nicht mehr zu sprechen, schon im 4. Jahrhundert war die Disziplin großen Teilen der Armee abhanden gekommen, die Barbaren holten auf dem militärischen Sektor auf. Letztendlich war ein großer Teil der röm. Bevölkerung nicht mehr bereit zu Kämpfen (siehe Wandalen in Nordafrika), statt dessen wartete man auf Hilfe, getreu dem Motto "die werden schon Hilfe schicken".
 
Sorry, es war mein Fehler von dem Thema Einwohnerzahlen abzulenken...

Eigentlich sollte es bei dem Thema "Einwohner" bleiben.

Bitte nicht böse sein :bussi:
 
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