Winter 1709 und Wärmedämmung

Hast Du für das Öffnen von Fenstern eine Quelle?

Ich kann mich nicht entsinnen, dass mal in einer Quelle dergleichen erwähnt wurde.

Erwähnt wurde allerdings zu große Hitze angelegentlich, wenn Räume überfüllt waren.
Obendrein las ich erst neulich von großer Hitze im Theater, was ich anhand der vielen Personen auf begrenztem Raum (wenngleich mit einem weitaus tieferem Bühnenraum als heute) und der enormen Anzahl der Kerzen für erklärlich halte.
Über den preußischen Hof las ich schon, dass die Rauchentwicklung beim traditionellen Fackeltanz, welcher zu den Vermählungen von preußischen Königskindern gehörte, als extrem und lästig empfunden wurde.

Ich hätte jetzt vorwiegend gedacht, dass die Erklärungen über die Kälte v.a. auf die weniger gefüllten Räumlichkeiten gemünzt waren.

Wieviele Personen hast Du insgesamt Deiner Berechnung zu Grunde gelegt? Gehst Du auch von einer Zahl an Dienstboten und dergleichen aus? Auf einigen Bildern sieht man ja hinter jedem Stuhl einen Dienstboten, an den Türen sowieso welche.


Das würde mich auch interessieren. Ich erinnere mich gelesen zu haben, daß es aus den von dir erwähnten Gründen zu einem Zwischenfall anlässlich der Geburt des ersten Kindes Marie-Antoinettes kam- zu viele Menschen anwesend, zu große Hitze, zu stickige Luft, so das die Mutter in Ohnmacht fiel und ein Fenster geöffnet werden musste.

So weit ich mich erinnere führte das zu Problemen, weil die Fenster anscheinend für den Winter versiegelt wurden und sich nicht einfach so öffnen liessen. Weiß jemand wie eine solche Versiegelung aussah? Wurden sie irgendwie abgeklebt?

Leider finde ich auf die Schnelle meine Referenz nicht, und kann mich nicht erinnern ob mehr über die Fenster gesagt wurde, oder es sich aus den folgenden Ereignissen ablesen lässt wie das ganze in etwa aussah.
 
@ Saint-Simone
Riechst Du auch in den Schlössern den Geruch von verbranntem Holz? Wenn ich mich recht entsinne, habe ich bei einem Schlossbesuch öfter den Eindruck, dass es immernoch nach einem runtergebrannten Feuer riecht.:grübel: Kann das sein, dass so ein Geruch auch nach vielen Jahrzehnten nicht mehr weggeht, weil es überall drin steckt?
 
Hast Du für das Öffnen von Fenstern eine Quelle? …
Nö. Aber wenn die errechneten 125 Kerzen brennen, so brauchen die Luft, entweder muss die durch Ritzen hereinkommen; oder ein Fenster muss auf. Sonst ersticken die Kerzen – und die Leute!

… Wieviele Personen hast Du insgesamt Deiner Berechnung zu Grunde gelegt? ...
Zwei Adlige (300 Watt) und zwei Höflinge (250 Watt). Die Höflinge sind weniger gut genährt, deswegen die geringere Heizleistung.

Meine Berechnung ist eine bautechnische, keine historische… :rotwerd:


Gruss Pelzer

.
 
@ Saint-Simone
Riechst Du auch in den Schlössern den Geruch von verbranntem Holz? Wenn ich mich recht entsinne, habe ich bei einem Schlossbesuch öfter den Eindruck, dass es immernoch nach einem runtergebrannten Feuer riecht.:grübel: Kann das sein, dass so ein Geruch auch nach vielen Jahrzehnten nicht mehr weggeht, weil es überall drin steckt?

Stimmt, da gibt es immer einen "typischen" Geruch, vor allem in kleinen Räumen die mit Holz ausgekleidet sind. Ich kann mir gut vorstellen, daß Holz und Steine irgendwann so übersättigt sind, daß der Geruch nur sehr, sehr langsam verfliegt, und denke dabei gerade im modernen Kontext an eine kleine Bibliothek in der es über viele Jahre erlaubt war zu rauchen- darf man zwar schon seit Jahren nicht mehr, aber wenn man genau aufpasst, kann man es noch immer riechen. :grübel:



Nachtrag:
Zwei Adlige (300 Watt) und zwei Höflinge (250 Watt). Die Höflinge sind weniger gut genährt, deswegen die geringere Heizleistung.

:yes: Ich kann's mir nicht verkneifen. Merke: Wer's warm haben will heizt mit Adeligen und nicht mit Höflingen. :D
 
Zuletzt bearbeitet:
So weit ich mich erinnere führte das zu Problemen, weil die Fenster anscheinend für den Winter versiegelt wurden und sich nicht einfach so öffnen liessen. Weiß jemand wie eine solche Versiegelung aussah? Wurden sie irgendwie abgeklebt? …
Was ich weiss, verwendete man vielerorts „Vorfenster“. Das sind festverglaste Fenster, die im Winter zusätzlich aussen in die Leibung montiert werden. Manche davon weisen auch einen kleinen Lüftungsflügel auf. Ich kenne Hinweise aus dem frühen 17. Jahrhundert, dass in Bürgerhäusern Vorfenster verwendet wurden.
Die Ritzen und Spalte wurden mit Papier und Stoffstreifen ausgestopft. Zusätzlich konnte man bei Bedarf ein schlauchförmiges Kissen zwischen Fenster und Vorfenster legen, so das sich die Undichtigkeiten in Grenzen hielten. Dennoch entstanden am Fensterglas Eisblumen; oder das Regenwasser lief innen herunter. In den Fenstersimsen sieht man heute noch oft ein kleine Rinne, darin sollte sich das Schwitzwasser sammeln...


Gruss Pelzer

.
 
Ich finde es unverständlich, dass bei der Beheizung von Wohnräumen die technische Entwicklung in der Neuzeit so langsam verlief.

Die Römer hatten schon Fußbodenheizungen, und es wäre behülfe nur sehr geringer Mengen Hirnschmalzes möglich gewesen, technische Lösungen für die effektivere Nutzung der durch den Kamin verblasenen Heizenergie zu ersinnen. Das aber ist nicht passiert, obwohl das Heizmaterial knapp und die Winter kalt waren.

Gibt es eine Erklärung für diese jahrhundertelange Nichtbefassung?

Hoi Klaus – eine sehr interessante Frage.

Eine grundsätzliche Anmerkung: Die Römer heizten ihre Häuser kaum. Die erwähnte Fussbodenheizung (Hypokausten/Tubuli) wurde fast ausschliesslich in Bädern eingesetzt, und auch da nur in wenigen Räumen. Nur ganz wenige Privathäuser verfügten über eine solche Heizung.

Das römische Heizsystem verwendete Luft als Wärmeträger. Dies ist heizungstechnisch eine Sackgasse. Da die Dichte der Luft(Rauchgas) sehr gering ist, kann sie nur ganz wenig Energie transportieren. Zudem frass die Unterkonstruktion Hypokausten enorm viel Wärme. In der Realität bedeutete das, die Römer mussten enorme Mengen Holz verbrennen, um die Thermen halbwegs warm zu bekommen. Und wenn die Luftkanäle nicht völlig dicht waren, wurden die Badenden geräuchert!
Bis heute werden die Hamam auf eine vergleichbare weise mit Rauchgasen beheizt. Und auch die Kachelöfen funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip.

Flüssigkeiten weisen eine höhere Dichte auf und eignen sich viel besser zum Energie-Transport. Dazu braucht es aber (druck-)dichte Rohre und allenfalls Pumpen. Beides hatten die Römer nicht. Beides gibt es erst seit der Industrialisierung. Und seit dieser Zeit gibt es auch Heizungen für Wohnhäuser…

Gruss Pelzer


(tschuldigung, wenn ich hier Selbstgespräche führe! :red:)
.
 
Hoi Klaus – eine sehr interessante Frage.

Eine grundsätzliche Anmerkung: Die Römer heizten ihre Häuser kaum. Die erwähnte Fussbodenheizung (Hypokausten/Tubuli) wurde fast ausschliesslich in Bädern eingesetzt, und auch da nur in wenigen Räumen. Nur ganz wenige Privathäuser verfügten über eine solche Heizung.

Das römische Heizsystem verwendete Luft als Wärmeträger. Dies ist heizungstechnisch eine Sackgasse. Da die Dichte der Luft(Rauchgas) sehr gering ist, kann sie nur ganz wenig Energie transportieren. Zudem frass die Unterkonstruktion Hypokausten enorm viel Wärme. In der Realität bedeutete das, die Römer mussten enorme Mengen Holz verbrennen, um die Thermen halbwegs warm zu bekommen. Und wenn die Luftkanäle nicht völlig dicht waren, wurden die Badenden geräuchert!
Das mit der Fußbodenheißung sollte man auch nicht so sehr auf Römer begrenzt sehen. Im Kloster Chorin (Baubeginn 13.Jh.) sah ich auch schon eine Heizung, die ohne Kamin oder Ofen auskam.
 
Das mit der Fußbodenheißung sollte man auch nicht so sehr auf Römer begrenzt sehen. Im Kloster Chorin (Baubeginn 13.Jh.) sah ich auch schon eine Heizung, die ohne Kamin oder Ofen auskam.
Hoi zäme

Diese mittelalterlichen Warmluft-Heizungen waren weit fortschrittlicher, als die römischen Hypokausten. Hier wurden nicht mehr die Rauchgase zum heizen verwendet, sonder eigens erwärmte Frischluft. Das heisst: kein Rauch, keine Brandgefahr und kleinere Temperaturunterschiede…


Gruss Pelzer


.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu den Räumen nochmal in Versailles:
Ich habe mir mal einen Plan der Belle Etage angeschaut. Die drei Gemächer der Madame de Maintenon, die ich dort eingezeichnet finde, scheinen von der Grundfläche so groß oder eher kleiner als das Schlafzimmer des Königs alleine.
In den großen Schlafgemächern des Königspaares scheint es je zwei Kamine gegeben zu haben. Je ein Kamin befindet sich auf einer Seite des Bettes, das gen Fenster ausgerichtet ist.
Bei vielen der großen Salons scheint es nur einen wirklich großen Kamin an der Wand zu geben, welche den Fenstern gegenüber liegt.
 
Was ich weiss, verwendete man vielerorts „Vorfenster“. Das sind festverglaste Fenster, die im Winter zusätzlich aussen in die Leibung montiert werden. Manche davon weisen auch einen kleinen Lüftungsflügel auf. Ich kenne Hinweise aus dem frühen 17. Jahrhundert, dass in Bürgerhäusern Vorfenster verwendet wurden.
Die Ritzen und Spalte wurden mit Papier und Stoffstreifen ausgestopft. Zusätzlich konnte man bei Bedarf ein schlauchförmiges Kissen zwischen Fenster und Vorfenster legen, so das sich die Undichtigkeiten in Grenzen hielten. Dennoch entstanden am Fensterglas Eisblumen; oder das Regenwasser lief innen herunter. In den Fenstersimsen sieht man heute noch oft ein kleine Rinne, darin sollte sich das Schwitzwasser sammeln...


Gruss Pelzer

.


Aha! Dank' dir für die Aufklärung. :winke: Das scheint einleuchtend und sinnvoll. Ich dachte vielleicht, daß die Fensterrahmen extra im Winter verklebt wurden- wird in England teilweise so gemacht, und verringert zwar Zugluft, aber bringt sonst auch nicht viel. Noch 'ne Frage aus pragmatischem Interesse: Wurden die Vorfenster zusätzlich zu Fensterläden angebracht, oder eher wo Fensterläden unüblich oder eher im Hausinneren üblich waren? Oder konnte man die Vorfenster öffnen oder waren die fest für den Winter installiert?
 
Verstehe nun auch nicht wieso die Adeligen mehr Heizleistung haben als die Höflinge?

Ich kann mich jedenfalls an viele Gemälde erinnern wo es massenhaft Kerzen gibt um so einen Raum zu erleuchten wie beschrieben.
Menzels Ballsouper aus dem 19jh etwa.

Eine 60 Watt Birne hat etwa 600 Lumen Lichtstrom, davon benötigt man dann etwa 3 Stück um einen 50qm Raum auszuleuchten, in der heutigen Deckenhöhe von etw 2,50m natürlich.
Wer je irgendwas bei Kerzenlicht gemacht hat weiß dass Kerzen eine sehr niedrige Lichtausbeute haben, im www habe ich 12-14 lumen gelesen (was ich auch für "neuere" kerzen als zuviel empfinde).
Wir brauchen also etwa 2,58 Kerzen pro qm Bodenfläche, oder?
 
Verstehe nun auch nicht wieso die Adeligen mehr Heizleistung haben als die Höflinge?
Hoi Nergal

Ich ging bei meinen „Berechnungen“ von der einfachen Annahme aus, dass ein wohlgenährter König mehr Energie abgibt, als ein hagerer Diener. Dies mag etwas klischeehaft sein, war aber auch nicht sooo ernst gemeint.
Die Wärmeabgabe eines Menschen (1,80m, 70kg) ist sehr unterschiedlich: schlafend 80 Watt, sitzend 100 Watt, stehend 125 Watt, langsam gehend 200 Watt, joggend 350 Watt.

Ein massiger, rennender König brächte es vielleicht auf 500 Watt Heizleistung. Müsste im Experiment untersucht werden; hab aber grad keinen König zur Hand! :grübel:


Gruss Pelzer


.
 
Eine 60 Watt Birne hat etwa 600 Lumen Lichtstrom, davon benötigt man dann etwa 3 Stück um einen 50qm Raum auszuleuchten, in der heutigen Deckenhöhe von etw 2,50m natürlich.
Wer je irgendwas bei Kerzenlicht gemacht hat weiß dass Kerzen eine sehr niedrige Lichtausbeute haben, im www habe ich 12-14 lumen gelesen (was ich auch für "neuere" kerzen als zuviel empfinde).
Wir brauchen also etwa 2,58 Kerzen pro qm Bodenfläche, oder?

Hinsichtlich Lichtausbeute mein Eindruck:
Es kommt ganz, ganz stark auf die Räume an und auf die Kerzenständer.

Haben wir nur eine große Laterne und viele einzelne Kerzen an den Wänden? Haben wir einen Kronleuchter und einzelne Kerzen auf den Tischen?

Wie sind die Wände gestrichen? Weiß? Oder sind es vielmehr dunkle Wandbespannungen?

Verstreuen die Laternen oder Kronleuchter optimal das Licht?

Wie groß ist die Flamme der Kerze? Kann auch von ganz klein, dass man fast nur sieht wo sie steht und nichts drumherum, bis schönem Licht in weiterem Umkreis gehen.

In den Schlössern muss man freilich von sehr guten, lang brennenden Kerzen ausgehen. (Man konnte sie ja schlecht während der Anlässe auswechseln.)
 
Wir brauchen also etwa 2,58 Kerzen pro qm Bodenfläche, oder?

Ich weiß nicht, Mathematik war nie meine Stärke, aber Kerzen kommen doch immer als natürliche Zahl daher. Wären also drei.

Allerdings darf dann pelzers massiger König nicht herum rennen und eine beachtliche Leistung von 500 Watt erzeugen, weil dann erlischen die Kerzen, es wird zwar warm aber auch zappenduster. :weinen:

M.
 
(tschuldigung, wenn ich hier Selbstgespräche führe! :red:)

Naja, das muß nicht sein und zu einem Fach-Dialog kann ich Dir verhelfen.

[...]Nehmen wir nun einen Wärmedurchgang von optimistischen 0,5 W/m2K, [...]

Wenn hier schon in die fachliche Tiefe der Wärmetechnik geschaut wird, hab ich dochmal die FRage nach der Bausubstans.

Entscheidend für den Wärmedurchgang (Wärmedurchgangskoeffizient oder früher k-Wert) ist das Baumaterial der Wände, sowie die Frage nach Innen- und Außenwänden, sowie der Böden nach Unterkellerung oder nicht.

Die Baustoffe kennzeichnen die Wärmeleitfähigkeit,die je nach Baumaterial und Zusammenstellung der verschiedenen Baumaterialien auch den Wärmedurchlaßwiderstand beeinflußen.

Bei Fachwerk ist die Baustoffzusammenstellung klar, Holz und das Material zur Ausfachung z.B. eine Lehmstakung und ggf. einen Außenputz oder Innenputz, wobei bei einem Innenputz der Wärmedurchgang durch die Dämmwirkung zu Schwitzwasserbildung im Innenbereich der Wand führen kann und so feuchte Wände einen noch geringeren Wärmedurchlaßwiderstand haben und zudem mit Schimmel oder Schwämmen befallen werden.

Aber wie sah das Mauerwerk bei Gebäuden wie z.B. Schlössern aus? Ziegel oder auch Fachwerk?
 
Zurück
Oben