Winter 1709 und Wärmedämmung

Aber wie sah das Mauerwerk bei Gebäuden wie z.B. Schlössern aus? Ziegel oder auch Fachwerk?
Hoi zäme
Ich habe mal einige der U-Werte gerechnet.
(Vorsicht - ist jetzt eher etwas für Baumenschen!)

+Eine mittelalterliche Burg:
100cm Bruchstein und innen 30mm Kalkputz: 0.96W/m2K

+Ein Palais aus dem 18. Jahrhundert:
50cm Backstein und beidseitig 30mm Kalkverputz: 1.05W/m2K
Gleiche Wand, aber innen mit Holzvertäfelung: 0.79W/m2K

+Ein Riegelbau:
14cm Riegel in TaFi, Ausfachung mit Weidengeflecht und Lehm: 1.11W/m2K

+Ein Blockbau:
14cm Blockwand aus TaFi: 0.86W/m2K

Wie man sieht, ist meine ursprüngliche Annahme von 0.5W/m2K zu optimistisch; der Wärmedurchgang war deutlich schlechter. Zum Heizen braucht es noch mehr Energie…
Zum Vergleich: heutige Häuser haben einen U-Wert von 0.2W/m2K oder.


Gruss Pelzer

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wobei bei einem Innenputz der Wärmedurchgang durch die Dämmwirkung zu Schwitzwasserbildung im Innenbereich der Wand führen kann und so feuchte Wände einen noch geringeren Wärmedurchlaßwiderstand haben und zudem mit Schimmel oder Schwämmen befallen werden.

Der Tauwasserausfall findet immer statt, auch ohne Innenputz. Wichtiger ist, dass ausgefallenes Tauwasser sich nicht langsamer aus der Wand entfernt, als es hineingelangt. Folglich ist doch der Aussenputz, sofern er auch das Holz des Fachwerks ueberdeckt, der schaedliche Bestandteil - oder lieg ich jetzt daneben?
 
Energiebilanz

Hallo,

als Baumensch möchte ich mal ein paar Anmerkungen einwerfen.

pelzer
Ich habe mal einige der U-Werte gerechnet.
Wirklich aussagekräftig ist das anführen einzelner U-Werte von Wänden
nur eingeschränkt. Um eine konkrete Beurteilung der Bauweisen durchzu-
führen sind sämtliche Hüllflächen der Einzelbauteile zu berücksichtigen.

Fußböden und Decken gehören natürlich ebenso dazu wie verglaste Flächen.
Alles ist in Beziehung mit den Flächenanteilen der Einzelbauteile zu betrachten.

Gemeint, eine Burg hat wesentlich weniger Öffnungen als ein Palais.
Es gab keine Isolierverglasung mit wärmegedämmten Rahmen (etwa 1,3 W/m2K) sondern max. Einfachverglasung (3 - 4 W/m2K geschätzt).

Nur eine stehende Luftschicht dämmt auch wirklich. Die Holzvertäfelung innen, wäre luftdicht eingebaut,
schnell weggegammelt oder hätte sich verworfen. Eben wegen Tauwasserbildung, deshalb war die hinterlüftet.

Ein Schwank aus meiner Jugendzeit, muß so Ende der 80ziger gewesen sein. Studienzeit, die kleine WG am Rande der Bügerlichkeit.
Ich habe in einem Bauernhaus, Erstbezug etwa 1900 - 1910, gewohnt.
Nach einem satten Wintereinbruch kamen die Tagestemperaturen nicht
über - 10° und nachts war es bis - 20°. Hat mindestens eine Woche ge-
halten. Am Ende der Woche habe ich festgestellt, daß ein abgestelltes und
nicht ausgetrunkenes Glas Wasser in meinem Schlafzimmer gefroren war.
Eisblumen an den Scheiben sowieso.
Kälte ist relativ, wenns nicht zu schnell abkühlt kann man sich sehr gut
daran gewöhnen.

Grüße
Grobschnitt
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Tauwasserausfall findet immer statt, auch ohne Innenputz. Wichtiger ist, dass ausgefallenes Tauwasser sich nicht langsamer aus der Wand entfernt, als es hineingelangt. Folglich ist doch der Aussenputz, sofern er auch das Holz des Fachwerks ueberdeckt, der schaedliche Bestandteil - oder lieg ich jetzt daneben?

Nicht ganz. Darstellen kann man den Tauwasserperiode und Verdunstungsperiode in Diffusionsdiagramme oder auch Glaser-Diagramm genannt, darstellen und berechnen.

Die Problematik bei einer innen liegenden Dämmung ist, dass die Wand an sich nicht von der Innenraumtemperatur gewärmt wird und nun der größte Temperaturunterschied zwischen Dämmung oder Putz im Innenwandbereich entsteht, was zu massiver Tauwasserbildung gerade im Innenbereich führt. Entgegengesetzt wirkt die Wand dann wiederum in der Verdunstungsperiode hemmend und es gibt keinen Ausgleich zwischen Anfall und Verdunstung. Die Wand wird somit im Innenbereich naß bleiben.
Bei Gestein mit hoher Wärmeleitfähigkeit, wie z.B. bei Burgen, haben wir ohne Putz außen wie innen einen hohen Tauwasseranfall, während eine Außendämmung z.B. Holz den Temperaturverlauf gegen diesen Tauwasseranfall wirkt.
Befindet sich somit ein Wärmedämmstoff im Außenbereich, wird der Tauwasseranfall gering sein, da der Wandaufbau von der Innenwärme mit gewärmt wird und der Temperaturunterschied sich im Außenbereich der Dämmung befindet.

Wichtig ist, daß Baustoffe mit zusammenwirkender Wärmeleitfähigkeit benutzt werden und damit eine Optimale Wärmedämmung erzielt wird.

Dazu habe ich ein paar Diagramme erstellt.

Wer selbst den U-Wert berechnen möchte kann dies hier sehr schön tun: www.u-wert.net
Doch bei aller Berechnung ist es wichtig, nicht nur Wände darzustellen, sondern die Räume als Würfel betrachten. Das heißt es gibt noch Unterschiede bei Decken und Böden, sowie innen liegenden Wänden.
Erst damit kann ein genauer Energiebedarf berechnet werden.

Was mich aus historischer Sicht interessiert ist, in wie weit die damaligen Handwerker sich um diese Problematik auskannten. Wann begann man Berechnungen zu Nutzen, oder sich mit der Wärmedämmung zu beschäftigen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Wirklich aussagekräftig ist das anführen einzelner U-Werte von Wänden nur eingeschränkt. Um eine konkrete Beurteilung der Bauweisen durchzuführen sind sämtliche Hüllflächen der Einzelbauteile zu berücksichtigen.
Fußböden und Decken gehören natürlich ebenso dazu wie verglaste Flächen.
Alles ist in Beziehung mit den Flächenanteilen der Einzelbauteile zu betrachten.
Hoi Grobschnitt – nur zu, mach du mal. :winke:
Ich für meinen Teil habe mich mit einigen beispielhaften U-Werten begnügt. Aber du hast natürlich recht, erst die Berechnung eines kompletten Gebäudes mit allen Bauteilen und deren Flächenanteile; der Randübergänge, der Exposition, der Lüftungsverluste, usw. ergibt den Gesamtenergiebedarf/verbrauch. Als Vergleich der verschiedenen Bauweisen bringt das aber nichts, da du kaum vergleichbare Bauten mit unterschiedlicher Bauweise findest; eine Burg und zum Beispiel einen gleichförmigen Blockbau!

... Die Holzvertäfelung innen, wäre luftdicht eingebaut, schnell weggegammelt oder hätte sich verworfen. Eben wegen Tauwasserbildung, deshalb war die hinterlüftet.
Selbstverständlich habe ich 50mm horizontale Hinterlüftung eingerechnet! Und ich habe auch versucht die inhomogenen Konstruktionen korrekt zu berechnen.

Was mich aus historischer Sicht interessiert ist, in wie weit die damaligen Handwerker sich um diese Problematik auskannten. Wann begann man Berechnungen zu Nutzen, oder sich mit der Wärmedämmung zu beschäftigen?
Probleme mit Kondensation/Tauwasser entstehen erst unter der Voraussetzung, dass geheizt wird und die Konstruktionen (luft-)dicht sind. Beides war seinerzeit nicht wirklich gegeben - die Heizungen war schwach und die Bauteile oft undicht. Bei diesen Wandkonstruktionen kommen aber andere Effekte noch in Betracht. Die Wände waren zum Beispiel nicht regendicht. Unverputztes Mauerwerk, Riegel- oder Blockbauten wurden bei Regen gerne durchnässt. Und grad im Winterhalbjahr war das verheerend. Die Wände verloren ihre bescheidenen Dämmfähigkeiten komplett und nässten auf der Innenseite. Und genau so war es bei den Dächern, kaum eines war bei Schlagregen dicht.
Überhaupt; die verschiedenen Dachkonstruktionen und –materialen wären mal eine Betrachtung wert…


Gruss Pelzer


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Probleme mit Kondensation/Tauwasser entstehen erst unter der Voraussetzung, dass geheizt wird und die Konstruktionen (luft-)dicht sind. Beides war seinerzeit nicht wirklich gegeben - die Heizungen war schwach und die Bauteile oft undicht. Bei diesen Wandkonstruktionen kommen aber andere Effekte noch in Betracht. Die Wände waren zum Beispiel nicht regendicht. Unverputztes Mauerwerk, Riegel- oder Blockbauten wurden bei Regen gerne durchnässt. Und grad im Winterhalbjahr war das verheerend. Die Wände verloren ihre bescheidenen Dämmfähigkeiten komplett und nässten auf der Innenseite. Und genau so war es bei den Dächern, kaum eines war bei Schlagregen dicht.
Überhaupt; die verschiedenen Dachkonstruktionen und –materialen wären mal eine Betrachtung wert…

Die Werte der Berechnung zur Wärmedämmung sind natürlich nicht auf die damalige Zeit 1zu1 übertragbar, da wie ich schon sagte, der gesamte Raum mit allen Werten beachtet werden müssen.

Daher wäre nicht nur die Dachkonstruktion der damaligen Zeit intereassant anzusehen, sondern ebend detailliertere Beispiele von der Bausubstanz verscheidener Gebäude zu verschiedenen Epochen in der Gesamtheit aller Gewerke, vom Dach bis zum Keller.

Gegen dieses "an die Wand regnen" haben wir zum Beispiel im südlichen ländlichen Raum, Dächer, die sehr weit über die Wände hinaus ragen (z.B. Schwarzwaldhaus).
 
Gegen dieses "an die Wand regnen" haben wir zum Beispiel im südlichen ländlichen Raum, Dächer, die sehr weit über die Wände hinaus ragen (z.B. Schwarzwaldhaus).
Hoi Köbis


Das „Schwarzwaldhaus“ ist ein schönes Beispiel für den Zusammenhang von Dachform, Dachkonstruktion, Dachmaterial usw.

Sollen wir dazu besser ein eigenes Thema eröffnen… :grübel:


Gruss Pelzer

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Für welches Ergebnis sind denn diese Überlegungen angedacht?
Es klingt mir irgendwie nach Stadienbeleuchtung, ich selber gehe aber immer von Schwummerlicht aus.
Ist diese Vorstellung falsch?
Das ist ein bisschen schwer zu sagen.

Also auf den Fotos von Veranstaltungen sieht man, dass es eher ein gelbliches, warmes Licht ist, das insgesamt allerdings nicht zum Lesen bspw. genügt. Dafür braucht man dann Kerzen (am besten 2) direkt bei dem Lesenden auf dem Tisch. (In einer Primärquelle las ich mal von einer Kerze, welche ein Ehepaar gemeinsam benutzte. Der Mann hatte die Kerze direkt bei sich, denn er hatte Lese- und Schreibtätigkeiten und die Frau saß etwas daneben mit Handarbeiten. Hintergrund allerdings: 18.Jh., bürgerlicher Haushalt.)

Leider weiß ich aber nicht wie das in großen Sälen mit Kronleuchtern ist. Denn wir verwenden selten welche.
Obendrein kenne ich nicht genau die Eigenschaften der Kerzen, wie sie bei Hofe waren.
Insgesamt würde ich aber auch eher an ein schummriges Licht denken.
 
Ich hatte jetzt vor Kurzem einen ganz interessanten Artikel zum Schloss Ludwigsburg gelesen. * Darin geht es um die Problematik des Lebens in einem Schloss wie Ludwigsburg im Winter. Eigentlich wurde es wohl nicht für den Winteraufenthalt errichtet. Herzog Carl Eugen von Württemberg machte aber das Schloss zu seiner Hauptresidenz, was es von 1764 bis 1775 blieb. Die Gründe waren mal wieder Zwist mit den Landständen und dass sein Appartement im Neuen Schloss in Stuttgart gerade ausgebrannt war. Jedenfalls waren die Räume in Ludwigsburg schlecht zu beheizen. Viele Räume hatten entweder garkeine Öfen oder Kamine oder diese wurden, auch wegen der Menge an Räumen, nicht angefeuert. In vielen Räumen repräsentativer Funktion befinden sich 2 oder vier Öfen, v.a. aus Gründen der Ästhetik und Symmetrie, wobei 1 bzw. 2 davon oftmals nicht beheizbar waren, sondern nur Attrappe. Die Kamine hatten den großen Nachteil, dass sie wenig Wärme abgaben, sondern diese oftmals nur über den Schornstein gleich wieder entwich.

Am bemerkenswertesten fand ich Folgendes: Gerade die herrschaftlichen Räumlichkeiten mit ihren enormen Dimensionen von bis zu 120 Quadratmetern ließen sich schlecht warm bekommen. Neben der Größe spielte eine Rolle, dass sie durchweg nach außen, das Schlafzimmer König Friedrich I. z.B. hin zum Park, lagen. Hingegen dürfte es in den Dienstbotenräumen im Inneren des Schlosses, sie lagen sozusagen zwischen den herrschaftlichen Gemächern zusammen mit den Dienstbotengängen und Befeuerungen der Öfen etc., wärmer als in den Räumlichkeiten des Herzogs gewesen sein.


* Catharina Raible: "Wenn das Schloss zum Eispalast wird"
 
Probleme mit Kondensation/Tauwasser entstehen erst unter der Voraussetzung, dass geheizt wird und die Konstruktionen (luft-)dicht sind.
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Nein.
Auch wenn nicht geheizt wird , können Kondensationsprobleme vorliegen.
Ich habe in einem Raum im 1. Stock geschlafen , der nicht beheizt werden konnte.
Darunter war früher der Pferde/ Kuhstall - daher bezog der Raum etwas Wärme.
Als nun keine Tiere mehr gehalten wurden konntest du bei Minusgraden
eine satte Reifbildung an den Innenwänden erleben.
 
Auch wenn nicht geheizt wird, können Kondensationsprobleme vorliegen.
Jein. Du hast als Heizung und Feuchtigkeitsspender gewirkt. So entstand trotz fehlender "Heizung" Kondensat. Ohne Bewohner oder andere Wärmequelle (Sonne) wäre kein Kondensat entstanden.
Soweit zur Bauphysik. :still:

Gruss Pelzer

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