Witwenverbrennung (Sati)

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Wie und ab wann entstand dieser Brauch?
Gab es das nur in Indien oder (unter anderem Namen) auch in anderen Ländern?
 
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Gab es das nur in Indien oder (unter anderem Namen) auch in anderen Ländern?
es mag dich verblüffen (aber hoffentlich nicht verärgern) : das Motiv der Witwenverbrennung (freilich der freiwilligen) spielt sogar in der spätromantischen Oper eine Rolle, und zwar am Schluß von Richard Wagners Götterdämmerung. Tatsächlich ist in der Sekundärliteratur nicht nur zu dieser Oper, sondern auch zum Brünhilden-Stoff immer wieder auf die indische Witwenverbrennung einerseits, andereseits aber auch auf das russ. Brautwerbungsmärchen verwiesen worden.
...ok, das beantwortet deine Frage zwar nicht, aber es zeigt, dass als Motiv die Witwenverbrennung vorkommt.
 
Gab es denn Witwenverbrennung bei den Germanen?
Ich denke die Wagner Stoffe kommen daher...
die Stoffe hatte sich Wagner aus diversen Quellen seiner Zeit zusammengesucht (u.a. die "deutsche Mythologie" von Grimm) und seine Bearbeitung (sic) des Nibelungenstoffs (der verschiedene Quellen hat) enthält halt am Ende eine große pathetische Szene, die eben auch als Witwenverbrennung aufgefasst werden kann (wobei Witwe Brünnhild gleich spektakulär das ganze germanische Götterpantheon inklusive ihres toten Gemahls und sich selbst abfackelt) :rofl::still: ... es ging mir nur um den stoffgeschichtlichen und motivgeschichtlichen Hinweis: als literarisches Motiv war die Witwenverbrennung im 19. Jh. nicht unbekannt

die Germanen ... interessant hierzu ist der Bericht des arab. Diplomaten Ibn Fadlan, welcher davon erzählt, dass bei einer Schiffsbestattung eines warägischen Häuptlings (toter Häuptling auf Boot, Boot anbrennen) eine Sklavin geopfert und dann mitverbrannt wurde - aber die war nicht die Witwe des Häuptlings... Germanische Königinnen wie z.B. Brunichildis oder Balthild verbrannten sich nicht nach dem Tod ihrer königlichen Gatten, sondern regierten :winke:
 
Vereinzelte Fälle von freiwilligen Witwenverbrennungen kamen auch in der griechischen Mythologie vor:
- Euadne war die Gattin des Kapaneus, eines der Heerführer der "Sieben gegen Theben". Als nach seinem Tod seine Leiche verbrannt wurde, stürzte sie sich in den brennenden Scheiterhaufen.
- Laodameia war die Gattin von Protesilaos, der im Trojanischen Krieg als erster Grieche fiel. Als sie davon erfuhr, bat sie die Götter zunächst, ihren Gatten wenigestens für kurze Zeit wieder ins Diesseits zurückkehren zu lassen, was ihr auch gewährt wurde, aber nach seinem endgültigen Dahinschwinden verbrannte sie sich selbst.
- Oinone war die erste Gattin von Paris, der sie dann der Helena wegen verließ. Als er von Philoktetes mit einem vergifteten Pfeil verwundet wurde, bat er seine heilkundige Ex um Hilfe, die sie ihm aber verweigerte. Als er gestorben war und seine Leiche verbrannt wurde, stürzte sie sich aber ins Feuer.
 
Ob in Indien die Witwenverbrennung (zu Anfang) freiwillig war, weiß ich nicht.
Jedenfalls habe ich gelesen dass Frauen die in Todesangst vom Scheiterhaufen springen wollten mit langen Stangen niedergehalten wurden.
 
Die Witwenverbrennung in Indien gab es jedenfalls schon in der Antike. Der Historiker Diodor (19,33-34) erwähnte sie bereits für das späte 4. Jhdt. v. Chr. als althergebrachte Tradition.

Sie wurde anscheinend auch vom römischen Dichter Propertius erwähnt (3. Buch, 13. Elegie). Zwar nannte er nicht ausdrücklich Indien, sondern nur allgemein den Osten, erwähnte aber, dass dort Aurora, die Göttin der Morgenröte, nahe war, was in der antiken Literatur normalerweise ein Hinweis auf Indien war. Weiters schrieb er, dass sich die Witwen bei der Verbrennung des Leichnams des Gatten freiwillig ins Feuer stürzen.
 
Strabon berichtet davon - im Buch XV seiner Geographika - ebenfalls und beruft sich dabei auf den Alexanderzugteilnehmer Aristobulos.
 
Aus der Sicht der Veden war die Frau die Gefährtin des Mannes und folgte ihm wohin er auch ging. Daraus entstand dann auch der Glauben ihm in den Tod zu folgen.
Herrschern musste teilweise sogar der ganze Hof folgen, was sicher auch dem neuem König diente der auf diese Weise den alten Hofadel los wurde und das daher auch vom Adel verlangte.

Die Witwenverbrennung in Indien basiert auf eine Textstelle im Mahabharata. Dort wird geschildert wie sich die Frau eines getöteten Prinzen/Helden(?) aus Liebe bei der Verbrennung ihres Mannes ins Feuer stürzte und dann an dessen Seite verbrannte. Später wurde es fast eine Pflicht insbesondere von Königswitwen sich mit ihrem Mann verbrennen zu lassen. Obwohl die Witwen ein angestammtes Versorgungsrecht hatten, galt es als würdelos ihren Mann zu überleben.

Um es leichter zu haben nahmen sie vorher massiv Drogen und gingen praktisch voll zugedröhnt auf den Scheiterhaufen.
Anfangs wurde das als letzter großer Liebesbeweis angesehen und dieses Selbstopfer extrem hoch bewertet. Die Witwen hinterliesen einen letzten Handabdruck bevor sie diesen Weg antraten.
Später wurden sie dann öfter auch auf Befehl des neuen Herrschers von ihrer Dienerschaft unter Drogen gesetzt, womit sich der Thronfolger der Witwe entledigte. Dazu wurde ein kleiner Raum im Scheiterhaufen geschaffen in dem man die Witwen hinein setzte, dann verschloss man ihn und zündete ihn an. Dann brachte man diesen Raum zum Einsturz indem man die Stützbalken weg zog, die der Witwe auf den Kopf fallen sollten, sodaß sie letztendlich Ohnmächtig verbrannte.
Nach und nach sprang das aufs Volk über, ebenso das man Frauen gewaltsam unter Drogen setzte und mit langen Stangen nieder hielt um sie davon abzuhalten vom Scheiterhaufen zu flüchten.
Die Frauen wurden dann noch als Alibi verehrt, wohl eher um sich selbst von Schuld freizusprechen, was insbesondere für die Helfer und Familien galt.
Das ganze hat sich erst nach der vedischen Zeit etabliert, wo auch der Wert der
Frauen massiv sank. Deswegen hat auch der Buddhismus soviel Zulauf bekommen.

Ein extrem grausamer Brauch. Andersrum hat Heinrich der Achte sich auch seiner Frauen durch allerlei Grausamkeiten entledigt. Auch das lebendige Einmauern von Nonnen ist aus dem Christentum bekannt. Jede Religion hat so ihre Schattenseiten und extreme Auswüchse.
 
Entgegen des weitverbreiteten Klischees ließ Heinrich VIII. "nur" zwei seiner sechs Ehefrauen hinrichten. Von zweien trennte er sich, ohne sie zu töten, eine starb im Kindbett, und eine überlebte ihn als Gattin. Die beiden Hingerichteten wurden auch nicht aus religiösen Gründen hingerichtet, sondern wegen (echter oder vorgeschobener) Verbrechen (Ehebruch, Blutschande).

Das Einmauern von Nonnen diente übrigens nur selten als Todesstrafe, sondern meistens ging es um Nonnen, die sich als extreme Form der Askese freiwillig einmauern ließen, aber durch eine Öffnung weiter versorgt wurden.
 
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