WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Dieses Thema im Forum "Der Erste Weltkrieg" wurde erstellt von Gandolf, 28. Juni 2005.

  1. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Weder 1859 noch 1866 ist mit 1914 vergleichbar. In der Zwischenzeit hatten sich die zentrifugalen Prozesse in der Monarchie verschärft.
     
    dekumatland und Nikias gefällt das.
  2. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Und trotz der wenig erfreulichen Situation der Bevölkerung hatte der Zar keine anderen Sorgen als riesige Kredite in Paris aufzunehmen und seine Armee wieder aufzurüsten und strategische Eisenbahnlinien zu bauen. Die Franzosen haben sich jedenfalls gefreut. Es wäre wohl sinnvoller gewesen, die Missstände im eigenen Lande abzustellen; nur dafür hätte es keine Kredite gegeben.
     
  3. Nikias

    Nikias Aktives Mitglied

    Sagt das irgendwer, dass Wien eine realistische Alternative hatte?

    In diesem Szenario (Russland greift Ö-U an, Deutschland greift in den Kampf ein, Frankreich bleibt neutral) fällt Russland aber als Machtfaktor auf absehbare Zeit aus, da sie den Krieg gegen Deutschland und Österreich-Ungarn alleine nicht gewinnen können und sie einer sicheren Niederlage entgegen sehen. Ok, Serbien ist auch noch da, aber das reicht wohl nicht, um die Machtverhältnisse auszugleichen.

    Da hat Turgot ja schon etwas zu geschrieben. Nach Clark hat man sich vor allem moralisch verpflichtet gefühlt, auf Frankreichs Seite in den Kampf einzutreten, da man die Verpflichtung übernommen hatte, die französische Atlantikküste zu schützen und weil man die Isolierung in Europa fürchtete, falls man neutral blieb, egal wer gewonnen hätte.

    Nach Lesart der Mittelmächte war Österreich-Ungarn aber zu einer Militäraktion gegen Serbien berechtigt und ein Angriff Russlands deswegen unprovoziert, zumal Russland kein formelles Bündnis mit Serbien hatte.

    Man kann das sicher auch anders sehen, aber das war nun mal die Position der Mittelmächte und das war sicher auch im UK bekannt und entsprechend musste man im UK mit einem eingreifen Deutschlands rechnen. Oder sind Dir irgendwelche Dokumente oder Äußerungen britischer Politiker bekannt, die belegen, dass das UK davon ausging, Deutschland würde im Fall eines Angriffs Russland neutral bleiben?

    Also das ist ja jetzt wirklich ein Non sequitur. Möglicher Munitionsmangel war ja nun wirklich nicht der einzige Grund, wieso man einen Zweifrontenkrieg vermeiden wollte. Und außerdem hätte man, wenn es primär um die Munitionsversorgung oder auch generell um die Versorgung mit Rohstoffen gegangen wäre, vor allem darauf achten müssen, dass das UK neutral bleibt, denn auch bei einem Zweifrontenkrieg hätte man noch Rohstoffe aus Übersee importieren können, solange das UK neutral blieb.

    Im Nachhinein betrachtet wäre das sicher die bessere Alternative gewesen. Nur gab es ja den Aufmarschplan Ost nicht mehr, daher wurde das wohl nicht ernsthaft in Betracht gezogen. Man hat vor dem Krieg wohl auch nicht vorhergesehen, dass die Defensive aufgrund des Standes der Technik so im Vorteil sein würde.

    Halten wir also fest: Das Haber-Bosch-Verfahren war schon vor dem Krieg bekannt und wurde auch schon im kleinen Maßstab eingesetzt. Die deutsche chemische Industrie war vor dem Krieg weltweit führend. Angesichts der hohen Priorität der Munitionsversorgung konnte es da nicht überraschen das ziemlich schnell entsprechende industrielle Kapazitäten hochgezogen wurden.

    Man darf da ja nicht von heutigen deutschen Verhältnissen ausgehen, wo erst mal ein Flächennutzungsplan erstellt werden muss, Umweltverträglichkeitsprüfungen stattfinden, die Bevölkerung beteiligt werden muss und dann gegen den Bau geklagt werden kann, nicht nur von Anwohnern, sondern auch von Umweltschutzverbänden.

    Und die Arbeiter werden überwiegend auch vorher in der chemischen Industrie gearbeitet haben, nur an anderen Produkten und die meisten Arbeiten werden auch nicht so kompliziert gewesen sein, dass man das nicht in einem halben Jahr lernen konnte. Wegen der hohen Priorität wurden auch schon eingezogene Arbeiter wieder vom Kriegsdienst freigestellt.

    Dennoch ist es der Industrie eben erst im Laufe der Zeit gelungen, den Bedarf zu decken. Trotzdem konnten die Mittelmächte in der Zwischenzeit weiter kämpfen. Auch im zweiten Weltkrieg hat der Treibstoffmangel Deutschland nicht daran gehindert, sechs Jahre lang Krieg zu führen und dabei auch die eine oder andere Offensive durchzuführen.

    Auch dazu hatte Turgot ja schon etwas geschrieben. Die Niederlage von 1866 führte immerhin zum Ausgleich mit Ungarn. Damals waren waren die Nationalitätenkonflikte aber eben auch noch nicht nicht so virulent und die Situation auf dem Balkan war generell viel stabiler. Serbien gab es erst ab 1867 überhaupt (wieder) als eigenständigen Staat.

    In beiden Fällen gab es aufgestaute Konflikte, für die die jeweiligen Niederlagen dann als Katalysator für Umwälzungen dienten, die teilweise durch Reformen noch kontrolliert werden konnten (1867 in Österreich, 1905 in Russland), später dann aber nicht mehr (1917/18).

    Ob Österreich-Ungarn bei einer schnelleren Niederlage hätte erhalten bleiben können, ist imho zweifelhaft, zumal man eben nicht wirklich davon ausgehen konnte, dass der Krieg nach ein paar Monaten zu Ende gehen würde. Aber selbst wenn denke ich nicht, das von der KuK-Monarchie viel übrig geblieben wäre. Galizien wäre wohl ohnehin an Russland gegangen, die südslawischen Gebiete an Serbien (oder gegebenenfalls unabhängig) und dann hätte Ungarn vermutlich auch versucht, die Gunst der Stunde zu nutzen, um ganz unabhängig zu werden. Böhmen und Mähren hätte man vermutlich halten können.

    Der Zerfall der Doppelmonarchie im Falle einer Niederlage war vielleicht nicht sicher, aber auf jeden Fall musste die Regierung des UK das als Möglichkeit einkalkulieren.
     
    Turgot und dekumatland gefällt das.
  4. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Genau. Man kann das auch so deuten, nämlich eben so, das Russland eben ÖU angreift und damit der Bündnisfall des Zweibundes vom 07.10.1879 gegeben war.
    Die militärische Aktion Wiens richtete sich ja nicht gegen Russland und Petersburg war Belgrad gegenüber zu rein gar nichts verpflichtet.
     
    Nikias gefällt das.
  5. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Ein paar Worte zu Russlands Haltung.

    Im Unterschied zu der Liman-von-Sanders-Krise glaubte der russische Außenminister Sasonow im juli 1914 eben das Risiko eines Krieges eingehen zu können, weil er nach den vorausgegangenen Verhandlungen mit London zwar nicht die nachweisliche Gewißheit, wohl aber stärker als je zuvor die begründete Hoffnung hatte, das England im Falle eines allgemeinen Konflikts auf die Seite Russlands treten würde; ganz ähnlich wie auch Frankreich. (1)

    Sasonow hatte gegenüber den deutschen Politikern hat ein stark ausgeprägtes Mißtrauen und seine bekannte Nervosität trugen ihren Teil zum Scheitern der Friedensbemühungen bei. Als Bethmann am 29.Juli beispielsweise vor den Gefahren einen russischen Gesamtmobilmachung mit der Mitteilung warnte: “Bitte Herrn Sasonow sehr ernst darauf hinzuweisen, das weiteres Fortscheiten der russischen mobilisierungsmaßnahmen uns zur Mobilmachung zwingen würde und das dann europäischer Krieg kaum noch aufzuhalten sein werde,“ interpretierte der russische Außenminister die Botschaft verschärft dahingehend, „daß, wenn Russland seine militärischen Vorbereitungen fortsetzten werde, auch ohne zur Mobilmachung zu schreiten, Deutschland sich genötigt sehe werde mobilzumachen, und das in diesem Falle von seiner Seite aus ein sofortiger Angriff erfolgen werden.“ (2)

    Am 30.Juli rang bekanntermaßen Sasonow was gut durch die Tagesaufzeichnung des russischen Außenministerium dokumentiert ist, die Entscheidung zur allgemeinen Mobilmachung ab .Sasonow war sich der Tragweite dieser Entscheidung voll bewusst, bekannte er sich doch dazu, argumentiert zu haben: „Ohne davor zurückzuscheuen, daß wir durch unsere Vorbereitungen den Krieg herausforderten, sei es […] besser, wenn wir uns sorgfältig mit diesen Vorbereitungen befaßten, anstatt aus Furcht, einen Vorwand zum Kriege geben, unvorbereitet von ihm überrascht zu werden.“ Zur Begründung seiner Forderung führte Sasonow aus, „das der Krieg unvermeidlich geworden sei, da man aus allem ersehe, daß Deutschland entschlossen sei, die Dinge, zu einem Konflikt kommen zu lassen.“ (3)


    (1) Hölzle, Selbstentmachtung S.318

    (2) Politika,S.269-290, 302ff

    (3) Internationale Beziehungen im Zeitalter des Imperialismus, I, 5, S.196ff, auch Sasnowo, S.247-251
     
    Carolus, Nikias und Ugh Valencia gefällt das.
  6. Shinigami

    Shinigami Aktives Mitglied

    Wie kommst du denn darauf zu behaupten Deutschland hätte nicht zurückziehen können, weil es Wien als Bündnispartner nicht verlieren durfte, wenn Wien überhaupt keine andere realistische Option halte als Bündnispartner Deutschlands zu bleiben?

    Dieses Szenario kannst du vergessen, weil es davon ausgehen müsste, dass Russlands schneller mobilmacht und zu Kriegshandlungen übergehen kann als Deutschland, was nicht der Fall war.

    Nach lage der Dinge war klar, dass bei einem Krieg unter denn Großmächten Deutschland den Erstschlag führen würde und wenn Frankreich den fürchtete und sich zurückzog, bevor das passierte, hätte St. Petersburg genügend Zeit gehabt die Segel zu streichen und einen Krieg zu vermeiden.

    Selbst wenn man von russsischer Seite her bereits mit Teilen des Friedensheeres Aktionen gegen Österreich-Ungarn begonnen hätte, hätte es im Fall eines Rückzugs Frankreichs genügt, wenn man in Berlin einmal auf den Tisch gehauen hätte, etwa in der Art: "Ihr habt 3 Tage euch zurück zu ziehen und euch mit Wien auf den Status Quo ante zu einigen und außerdem hinzunehmen, was Österreich-Ungarn mit Serbien anstellt, sonst spielen wir mit."

    Um eine solche Auseinandersetzug zu beenden. Welches Interesse hätten Deutschland und Österreich daran haben sollen Russland vollständig niederzukämpfen?
    Das Baltikum und der Großteil Polens waren wirtschaftlich relativ untineressant, da gab es nichts viel zu gewinnen, vielleicht die Kohlegruben um Sosnowiec herum aber das wäre es mehr oder minder auch gewesen.
    Russland aus Polen zu vrdrängen hätte wegen des polnischen Teilungskonsens keinen Sinn ergeben, damit hätte man Russland nur zum natürlichen Verbündeten der polnischen Nationalbwegung gemacht und mit Hinblick auf die eigenen Ostprovinzen nur Probleeme geschaffen.
    Die wirtschaftlich interessanten Teile Russlands waren vor allem die Ukraine, die Regionen um Petersburg und Moskau, so wie zunehmend der Kaukasus wegen des Öls, aber nicht davon wäre in Reichweite oder dauerhaft kontrollierbar gewesen.

    ..... mag alles sein, letztendlich bestand aber eine Garantieverpflichtung für Belgien, die durch die deutschen Angriff wirksam wurde.

    Also zu den Mittelmächten gehörte grundsätzlich auch Italien und dass sah bereits das an Serbien ohne vorherige Konsultation Roms gestellte Ultimatum als unberechtigt an.
    Darüber hinaus, ein Anliegen als grundsätzlich brechtigt anzuerkennen und sich dazu verpflichten daran mitzuwirken oder denjenigen, der es betreibt gegen alle Konsequenzen, die das haben kann zu schützen sind zwei verschiedene paar Schuhe.

    Die italienische Argumentation, sich am Krieg nicht beteiligen zu wollen, auf Grund des Charakters des österreichischen Vorgehens und der Vertragsbrüchigkeit Wiens durch das Ignorieren der Informationspflicht ist absolut stichhaltung und in dieser Hinsicht dürfte mir auch @Turgot (im Gegensatz zur Frage in welcher From Italien durch das österreichische Handeln kompensationsberechtigt war, wo unsere Meinungen dann sehr weit auseinandergehen) zustimmen.

    Nö, wars nicht. Die Position Italiens als Vertragspartner war das schonmal überhaupt nicht und auch in Berlin, wenn man an KW II.s Äußerung "damit fällt jeder Kriegsgrund fort!" oder an den Apell an Wien denkt, bitte nicht unbedacht leichtfertig einen "Weltenbrand" anzuzetteln, dann war das auch in Berlin durchaus nicht unbedingt common sense, davon was die Sozialdemokratie davon hielt, reden wir lieber erst gar nicht.

    Habe ich auch nicht behauptet.
    Ich sage nur, dass es völlig unplausibel gewesen wäre das Ost-Szenario völlig fallen zu lassen, wenn man sich einen Erschöpfungskrieg zugetraut hätte.

    Naja, aber warum hat man das Ostaufmarsch verworrfen? Letztendlich weil man wegen der verbesserten Fähigkeiten Russlands im Eisenbahnbereich eine schnellere Mobilisation und einen langen Erschöpfungskrieg fürchtete, zu dem man nicht die Mittel zu haben glaubte, womit wir bei der Munitionsfrage wären.

    Es ist richtig, man machte sich wenig Vorstellungen über die Effektivität der Feldbesfstigungen. Aber im Fall eines Krieges mit Schwerkpunkt Ost, hätte man sich Westen auf das Festungssystem, die Vogesen und den Rhein stützen können.
    Die Militärs mögen vielleicht nicht in dem Maß an den Wert von Stacheldrahtverhauen und improvisierten Gräben geglaubt haben, an den von Festungen, Gebirgszügen und Flüssen allerdings schon.

    Faktisch hätten die Franzosen bei einem Ost-Schwerpunkt überhaupt keinen Zugriff bekommen, den größten Teil ihrer Truppen und ihres schweren Materials hätten sie nicht durch die Vogesen bekommen (abgesehen von der Problematik sich da erstmal durchzukämpfen), die hätten sie nördlich oder südlich umgehen müssen.
    Nördlich stand da der Festungskomplex um Metz im Weg, südlich wäre man bei Mühlhausen bis an den Rhein gekommen und dann hätte man festgesessen, weil direkt voraus eben der Rhein den man so einfach nicht hätte überqueren können und nördlich eben wieder befestigungsanlagen.
    Bei Versuchen am Rhein entland nach Norden vorzustoßen, hätte man die ganze Zeit unter Artillriefeuer von der anderen Flusseite gelegen, bei Versuchen den Rhein zu überqueren hätte die Gefahr bestanden neben der Abwehr am Fluss durch deutsche Kräfte aus Richtung Straßburg in der Flanke angegriffen zu werden.

    Der Westen wäre bei dieser Grenzgeographie mit relativ wenigen Truppen leicht zu verteidigen gewesen, das musste jedem Militär klar sein, genau so wie der Umstand, dass sich die Grenzgeographie im Osten dafür eignete eine große Umfassungsschlacht in Polen abzuhalten und/oder Polen handstreichartig zu überrennen.

    Auch die Mobilmachungsgeschwindigkeiten hätten für einen Ost-Schwerpunkt gesprochen, weil das erlaubt hätte die russischen Mobilmachungsräume anzugreifen, bevor die russischen Truppen überhaupt einsatzfähig wären, außerdem hätte Großbritannien dann wesentlich leichter Neural bleiben können, wenn man auf jeglichen Angriff im Westen verzichtet hätte.

    Wenn man die Rhostoffproblematik außer Acht lässt, war das einzige, was gegen einen Krieg mit Schwerpunkt Ost im Gegensatz zu einem hochriskannten Wetfeldzug gesprochen hätte die Spurweite der russisschen Eisenbahn gewesen, die man sukzessive hätte umbauen oder für die man mehr Umspuranlagen benötigt hätte.
    Ohne die Hypothek der Munitionsproblematik, falls sich GB nicht heraushielt, hätte eigentlich jeder zu dem Schluss kommen müssen, dass Defensive im Westen und Angriff im Osten schon aus Gründen der Geographie die sinnvollere Handlungsweise gewesen wäre, als umgekehrt.


     
  7. Shinigami

    Shinigami Aktives Mitglied

    Es gab seit September 1913 eine einzige Anlage, die dass in bescheidenem Maßstab industriell realisierte.

    Es gab in ganz Deutschland niemanden, der länger als ein Jahr Erfahrung mit der industriellen Produktion in diesem Sektor hatte und wir reden beim Ausbau der Produktion in Teilen noch von modifizierten Öfen etc. zur Steigerung der Menge und Effektivität der Produktion, mit denen überhaupt noch niemand praktische Erfahrungen hatte.

    Ich denke, es muss nicht erleutert werden, was da noch so alles hätte schiefgehen können.

    Es gab niemanden mit langfristiger Erfarung, der neues Personal anlernen konnte, dass musste durch Teile einer Belegschaft passieren, die mit dem neuen Verfahren selbst wenig Erfahrung hatte, ebenso mit Störfällen in der Produktion etc. und wie das am Besten behoben wird.

    Und dann mussten Material, Arbeitskräfte und energie auch erst einmal her.
    Man war verhandelte das "Salpeterversprechen" im September 1914 aus, da hatte man aber noch kein Grundstück und vor allem keine Baustoffe, Arbeiter, Transportkapazitäten und Energieversorgung vorhanden.

    Die Bahnen waren weitgehend damit ausgelastet die Fronten zu versorgen und der gesteigerte Bedarf in der Montanindustrie nahm auch die Binnenschiffahrt in Beschlag.
    Also erstmal Transportmittel organisieren, mit denen man Baustoffe und Energieträger überhaupt zum Standort bekommt.
    Dann Baustoffe Organisieren. BASF waren nicht der einzige Industriezweig, der seine Betriebe ausbaute, vieles an Stahl und anderen Werkstoffen war bereits verknappt und für andere Bereiche der Rüstung vorgesehen oder für die Erweiterung anderer Kriegswichtiger Betriebe, der gleiche Spaß beim Personal um das aufzubauen.
    Die jungen Männer waren jahrgangsweise eingerückt und an die Front geschickt worden, und die übrigen Handwerker wurden seit Kriegsbeginn auch von anderen Bereichen der Wirtschaft geworben um dort herausgezogene Arbeitskräfte zu ersetzen, das Herausziehen von Teilen der Belegschaften der Fabriken und das Ersetzen durch ungelertne Arbeitskräfte oder solche, die vorher anderswo beschäftigt waren, musste die Abläufe und den Output beeinträchtigen, was das Problem mit den Baustoffen erhöhte.
    Energiebasis hieß Steinkohlen, nun mussten auch die Zechen einen Teil ihrer Belegschaft abgeben und die Produktion hochfahren (in guter Teil Norddeutschlands wurde bis Kriegsbeginn mit englischer Kohle beliefert, das musste ersetzt werden), das Eisenbahnsystem 8auch Produktion von Feldbahnmaterial) und die Flotte hatten auf einmal erhöhten Kohlebedarf und in der Industrie das Gleiche.
    Mit dem steigenden Kohlebedarf, mussten dann aber auch neue Bergleute und neue Kokereien her (Arbeitskräfte/Baustoffe) außerdem mussten Kapazitäten und Material abgegeben werden um die beschädigten Anlagen in den belgischen und nordfranzösischen Montanrevieren wieder instand zu setzen um sie selbst nutzen zu können.

    Das war ein ganz schöner Wust an Problemen, der da zu bewältigen war. Schön, nichts davon war etwas, was man nicht in den Griff bekommen konnte, aber ob das nun 6 Monate dauerte oder 12, das ist eine ganz andere Frage.

    Zu dem Messen an Problemen mit damaligen Maßstäben gehört auch, dass es keinerlei Erfahrungswerte mit einer einigermaßen Zentralisierten Kriegswritschaft gab, wer hatten denn so etwas vorher mal versucht?
    Bisher hatte Kriegswirtschaft sich darauf beschränkt Verträge mit einzelnen Unternehmen oder Bahngesellschaften zu schließen und hier und da Normen vor zu geben und Kredite zu verteilen, aber Erfahrungswerte mit der Organisation einer modernen Kriegswirtschaft gab es nicht.
    Auch hier mussten auf Grund fehlender Erfahrungswerte Fehler und suboptimale Abläufe einkalkuliert werden.

    Daher gab es keinen Anlass einfach mal sicher davon auszugehen, dass man das in 6 Monaten hinbekommt. Hätte auch gut und gern 12 oder 18 Monate dauern können. Aber in 12 Monaten wäre der Krieg verloren gewesen.
    Schaut man sich die Lage im Osten Anfang 1915 an, braucht man kein Hellseher zu sein, um sich zu der Vermutung einzulassen, dass wenn die deutschen Truppen hier über das Jahr 1915 noch dauerhaften Munitionsmangel gehabt hätten, die Sache gegessen gewesen wäre.

    1. War es auch gar nicht notwendig den gesamten Bedarf zu decken, zweitens müsste man dabei bitte auch sehen, dass der Bedarf während des Krieges noch massiv stieg, weil spätestens ab 1916 die Tendenz einsetzte mehr Artillerie und Maschinengwehrte zur Unterstützung der Infanterie heranzuschaffen und nummerische Unterlegenheit durch Feuerkraft auszugleichen.
    Nimmt man rein nummerisch den Bedarf von Ende 1914 bis Anfang 1915 zum Maßstab, so wäre dieser wesentlich früher als 1917 erreicht gewesen.
    Tatsache ist, dass seit Mai 1915, ein bachtlicher Teil der Munitionsproduktion ohne den zwischenzeitlichen Ausbau der Industrikapazitäten nicht zu stemmen gwesen wäre.
    Und wäre das nicht der Fall gewesen, hätte man das Kriegsjahr 1915 militärisch wahrscheinlich nicht überstanden.

    Das die Deutschen Belgien und Nordfrankreich so schnell überrenen würden, dass keine Zeit mehr war, dort lagernde Vorräte an Chilesalpeter abzutransportieren oder unbrauchbar zu machen, war ebenfalls nicht vorhersehbar.
    Zum einen wusste niemand wie lange Lüttich die Deutschen aufhalten konnte, zum anderen war überhaupt nicht sicher, dass der Deutsche angriff bis nach Flandern und damit zu den belgischen Häfen in denen sich das Zeug stapelte ausgreifen würden.
    Die französische Planung unter Joffre, der nicht davon ausging, dass die deutschen ihre Reserveformationen in die Angriffsbewegung mit einbeziehen würden, ging von einem deutschen Angriff in Enger Anlehnung an die Ardennen über die Wallonie in den Rücken der französischen Front aus.
    Joffres Vorgänger Voctor-Constant Michel, der die deutschen Ansichten besser verstanden, mit der Einbeziehung der Reserveformationen in die Angriffsbewegung und einer verlängerten Ausholbewegung auch über Flandern gerechnet hatte, war 1911 von seinen Kollegen für verrückt erklärt und aus dem Amt verdrängt worden (wurde auf den Posten des Militärgouvernerus von Prais abgeschireben und wenn ich mich nicht täusche sofort zu Kriegsbeginn durch Gallieni ersetzt).

    Nun wussten die Briten von Deutschen West-Schwerpunkt aber ob Joffre oder Michel nun recht hatten und ob die Deutschen damit die Gelegenheit haben würden die belgischen Häfen zu plündern das wussten sie nicht.
    Inwiefern die Neutralen bereit wären Deutschland noch Chile-Salpeter zu verkaufen oder inwiefern sie anfällig für britischen Druck sein würden das nicht zu tun, war auch nicht kalkulierbar.

    Mit dem was die Briten tatsächlich wussten und vermuten konnten, hätte die deutsche Versorgungslage auch im Winter 1914/1915 noch wesentlich prekärer aussehen können.
     
    silesia gefällt das.
  8. Shinigami

    Shinigami Aktives Mitglied

    Ich möchte nicht überheblich klingen, aber vielleicht ließt du dich mal die die Geschichte der Auseinandersetzung der Habsburger mit den Ungarn ein.
    Was die ungarischen Magnaten an Aufständen fabrizierten, ging weit über alles hinaus, was jemals von südslawischer Seite gekommen war.

    Habsburg wurde mit dem Kossuth-Aufstand 1848 nicht ohne russische Hilfe fertig, 1859/1860, zwang unter anderem die am Siedepunkt befindliche Lage in Ungarn Wien dazu mit Frankreich und Savoyen Frieden zu schließen und damit zum Verlust der Lombardei und der mittelitalienischen Klientelstaaten unter den Nebenlinien des Hauses Habsburg, obwohl sich nachdem nun auch Preußen zur Mobilisierung des Bundesheeres bereit erklärt hatte und London Paris empfindlich drohte sicherlich ein vorteilhafterer Frieden hätte erstreiten lassen, wenn man den Krieg fortgesetzt hätte, was man unter anderem aus Angst vor einem Aufstand in Ungarn nicht tat auch 1867/1877 dürfte das zum schnellen Fierdensschluss beigtragen haben.
    Der bosnische Serbe Princip erschoss den Thronfolger der Donaumonarchie, der Ungar Libeniy versuchte sich gar an einem Anschlag auf das Leben des Kaiser selbst (Attentat auf der Bastei-Brücke).

    Der Ausgleich mit Ungarn zeriss das habsburgische länderkonglomerat nicht, er stabiliserte es .
    Möglicherweise hätte eine militärische Niederlage diesen Ausgleich unhaltbar gemacht, wenn das allerdings in Budapest eingesehen worden wäre, wäre der Weg zu einer trailistischen Lösung oder zum Föderalismus möglicherweise geebnet gewesen, was die Donaumonarchie möglicherweise sogar zusätzlich stabilisiert hätte.

    Entschuldigung, aber Österreich-Ungarn ist (Im Gegensatz zu Russland wo Nikolaus II. versuchte die Uhren zurück zu drehen und die 1905 gewährten Zugeständnisse bis 1908 sukzessive wieder aufhob), nicht in 1867 stehen geblieben.
    1867 hatte zu der Situation geführt, dass man in diesem Länderkonglomerat mehr oder minder zwei enorm priviligierte Nationalitäten mit den Deutschen und den Magyaren hatte, die deutlich mehr Rechte besaßen als alle anderen.
    Das änderte sich allerdings, zumindest in der österreichischen Reichshälfte.
    Die Nationalitäten bekamen bis zum Beginn des Krieges weitgehende kulturelle Autonomien, ihre Nationalsprachen wurden gefördert, sie bekamen eigene Universitäten, stellten weite Teile der lokalen Beamten (Teilweise wie in Böhmen wurde hier über den Proporz gezankt, teilweise wie in Mähren kam man darüber zu belastbaren Einigungen), über mehrere Reformen, zuletzt 1907 erhielten wurde das Wahlrecht in der österreichischen Reichshälfte sehr umfassend ausgedehnt, die Nationalen Minderheiten durften Vereine und Parteien gründen und konnten ihren Interessen im Wiener Parlament in der gleichen Weise Ausdruck verleihen, wie die Deutschen (und das im Übrigen sogar in ihrer Landessprache).
    Österreich-Ungarn hatte seine Nationalitätenprobleme, aber es bearbeitete sie auch und hielt nicht stur an überkommenen Verhältnissen fest (das hatte es vor 1866 versucht und war damit krachend gescheitert). Darin unterschied es sich zum einen sehr von Russland und zum anderen war das etwas worauf die einzelnen Nationalitäten mit ihren Sonderinteressen setzen konnte, weil sich das bewährt hatte, auch ohne den Zwang revolutionärer Umstürze.
    Im Königkreich Ungarn sah das noch ein wenig anders aus, da verhielt man sich sturer, nur das hätte man sich bei einer militärischen Niederlage nicht mehr listen können.

    Da habe ich wie gesagt eine andere Sicht drauf.
     
  9. Shinigami

    Shinigami Aktives Mitglied

    Und das halte ich für sehr unwahrscheinlich.

    Ganz einfach weil keine der Großmächte ein Interesse daran hatte Österreich-Ungarn zu zerschlagen (außer vielleicht Italien, wenn man das als Großmacht bezeichnen möchte).

    Russland hatte ein Interesse daran Österreich-Ungarn als Machtfaktor am Balkan auszuschalten, es hatte aber so überhaupt kein Interesse daran die Donaumonarchie zu zerschlagen, auf dass sich die deutschsprachigen Teile Deutschland anschließen würden und man damit tatsächlich einem Großdeutschland den Weg bereitete. Daran hatten auch die Westmächte kein Interesse.

    Warum hätte sich Russland für ganz Galizien interessieren sollen? Ostgalizien und die Bukowina, zumal man die Ukrainer ja ohnehin als "Kleinrussen" betrachtete sicherlich, aber warum hätte Russland auf Westgalizien bestehen sollen?
    Das hätte vorausgesetzt sich nur mehr Polen nach Russland zu holen, mit deren Unabhängigkeitsbestrebungen man ohndies bereits genug Probleme hatte und dass hätte Österreich-Ungarn aus dem polnischen Teilungskonsens verdrängt und Wien zum natürlichen Verbündeten der polnischen Nationalbewegung gemacht.
    Das hätte überhaupt keinen Sinn ergeben, zumal Galizien insgesamt eine eher arme Provinz war, in der es nicht viel zu holen gab. Insofern wäre es wensentlich sinnvoller gewesen Westgalizien bei Österreich-Ungarn zu belassen um in Wien die Sympathien für die Polen gering zu halten und gegebenenfalls auch später im Fall von Aufständen in Polen mit Wien und Berlin kooperieren zu können.

    Warum genau hätte sich irgendwer dafür interessieren sollen Österreich-Ungarn alle südslawischen Gebiete abzunehmen?
    Russland fühlte sich den serbischen Interessen sicherlich verbunden, hatte aber auch ein Interesse daran, dass Serbien so klein blieb, dass Russland weiterhin seinen Einfluss würde geltend machen können.
    Frankreich und Großbritannien interessierte das ohnehin nicht.
    Mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker hatten historisch die Deutschen (Polen 1916) und dann Wilson angefangen, dass war keine orriginäre Idee, die man in London oder Paris ausgetüftelt hätte, sondern eine, die man sich der Notwendigkeit halber aneignete in London (Irland) mit extremen Bauchschmerzen.
    Das ganze wäre vermutlich eher darauf hinausgelaufen, dass Serbien mit Bosnien und Teilen des Banats als orriginär serbischen Gebieten abgefunden worden wäre und wahrscheinlich wäre wegen des Mittelmmerzugangs Serbien noch ein Teil Dalmatiens zugeschlagen worden. An mehr konnten die Großmächte kein Interesse haben.
    Die Westmächte nicht um Österreich-Ungarn nicht über die Maßen zu schwächen um es als Ordnungsfaktor zu behalten und Deutschland nicht weiter zu stärken Russland nicht, weil es kein saturiertes Großjugoslawien habe wollen konnte, denn wenn es den großen pansüdslawischen Staat gegeben hätte, der als eine mittleere Macht ohne direkten Großmachtsnachbarn ganz gut auf eigenen Füßen hätte stehen können, wozu hätte dann Belgrad Russland noch gebraucht und warum hätte es sich zum Vehikel russischer Einflusspolitik machen sollen, wenn es stark genug gewesen wäre Machtpolitik auf eigene Rechnung zu betreiben?

    Warum hätte sich Ungarn von einem im Wesentlichen noch intakten Österreich trennen sollen?

    Der Österreichisch-Ungarische Ausgleich war für Ungarn ungemein vorteilhaft weil es dadurch Zugriff auf die Österreichischen Ressourcen bekam und diese mitnuten konnte um die eigenen Probleme zu bearbeiten.
    Die Österreichische Reichshälfte kam für 2/3 der gemeinsamen Ausgaben auf, aber Wien hatte keinerlei Rechte in die ungarischen Verhältnisse hinen zu regieren.

    Davon abgesehen, schau dir doch die ethnische Geographie Ungarns zu diesem Zeitpunkt mal an. Es hätte die gleichen Problemee gehabt, wie Österreich-Ungarn als Gesamtzusammenhang.
    Selbst wenn die südslawischen Gebiete im Banat und in Kroatien entfallen wären, hätte ein Drittel der ungarischen Bevölkerung aus minderheiten mit Teils mehr oder weniger geschlossenen Siedlungsgebieten in Westungarn (Burgenland), der Slowakei und Siebenbürgen bestanden.
    Nationalismus und Separation für legitim zu erklären konnte Budapest nicht wünschen, schon um zu vermeiden, dass die Rumänen und Slowaken das auch so sehen würden.

    Abgesehen davon wären da noch die außenpolitischen Probleme. Sich von Österreich völlig zu lösen hätte bedeutet in der Nachbarschaft einem rumänischen Nachbarn gegenüber zu stehen, der Interesse an Siebenbürgen haben würde, in dem oben beschriebenen Szenario hätte es auch bedeutet Nachbar eines übermächtigen Russland zu werden, gegebenenfalls, sogar wenn sich die deutschsprachigen Teile Österreichs dem Deutschen Reich angschlossen hätten zwischen Zwei Großmächten eingekeilt zu sein, von denen eine Burgenland, deutschsprachige Siedlungsinseln in Westungarn) möglicherweise auch noch Territorialwünsche gehabt hätte.
    Das konnte sich doch niemand, der bei Verstand war herbeiwünschen.

    In der Realität hatten sich die Dinge anders entwickeelt. von einem übeermächtigen Russland in Nachbarschaft konnte 1918 keine Rede mehr sein und die Möglichkeit die Ressourcen der Österreichischen Reichshälfte für die eigenen Probleme zu nutzen verfiel mit dem Auseinanderfallen dieser Reichshälfte und nachdem sich die Entente auf das Wilson'sche Programm festgeleegt hatte und im falle einer Niederlage keine Aussicht mehr bestand wenigstens die Slowakei und Siebenbürgen bei Ungarn zu halten, ergab das natürlich keinen Sinn mehr.
    Aber das postulierte Selbstbestimmungsrecht und die sezessionistische Stimmung seit Beginn 1918 waren das Produkt von 3 Jahren Krieg und währen, wäre die Sache nach einem halben oder einem Jahr erledigt gwesen wahrscheinlich nicht aufgetreten.

    Im Fall eines kurzen Krieges nicht, dass ist völlig übertriebenes Hochziehen am entsprechenden Topos.
    Welche realen Auflösungserscheinungen Zeigte die Donaumonarchie vor 1918? Keine. Debatten über Schulsprachen, Beamtenproporz und Universitäten, wahlrecht (Ungarn), administrative Veränderungen (Trialismus/Föderalismus) ja, aber keinen manifesten Separatismus größeren Stils.

    So, genug auf der Tastatur gewürtet @Turgot, ich werde bei Zeiten drauf eingehen.
     
  10. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Ich habe durchaus bemerkt, das du auf meine Beiträge nicht mehr reagierst/antwortest. Das soll mich nicht daran hindern, auf die deinigen meine Meinung zu äußern.

    Die Großmächte hatte also kein Interesse ÖU von der Landkarte verschwinden zu lassen. Hmmh, sie taten es aber trotzdem.

    Der Schlieffenplan sah genau genau die hohe Geschwindigkeit des Vormarsches der deutschen Armeen vor.

    Die Forts der Befestigung Lüttich waren nicht mehr auf den neuesten Stand und 42cm Mörser nicht gewachsen. Genau deshalb ist beispielsweise Fort Loncin explodiert, weil im Munitionsdepot ein 42cm Mörser einschlug und die Geschützkuppel nur für 21cm Mörser ausgelegt gewesen war.

    Die österreichischen Truppen haben sich gar nicht schlecht geschlagen. Ein Problem war u.a. die veraltete Ausrüstung, ein anderes die zahlenmäßige Unterlegenheit.
    Auch Frankreich hatte bei der Schlacht von Solferino einige nicht unerhebliche Verluste schlucken müssen und es sicher die Sorge der mehr oder weniger ungedeckten Rheingrenze, die Preußen könnten ja diese Gelegenheit nutzen, so die Überlegung von Napoleon III. , die ihm geneigt für einen Frieden machte.
    Benedek hatte mit einem Korps beispielsweise die piemontesische Armee aufgehalten. Ich habe bisher nichts davon gehört, das die innenpolitische Lage in Ungarn für die Niederlage von 1859 verantwortlich war.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 14. Mai 2023
    Ugh Valencia, Nikias und dekumatland gefällt das.
  11. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Das wäre schwer gewesen; sehr schwer. Deutschland hatte schon im Zuge der Balkankriege im Sinne des Friedens den Schulterschluss mit England gesucht und gefunden. Wien war nach den Balkankriegen nicht gerade gut auf Deutschland zu sprechen und wenn Berlin jetzt Wien hätte in regen stehen lassen, dann wäre es nicht soo unwahrscheinlich gewesen, das Wien sich nach einen anderen Bündnispartner umgesehen hätte. Und genau dies war eine große Sorge in Berlin.

    Ganz bestimmt nicht. Russland wußte um die Verpflichtung Deutschlands gegenüber Wien und oben in #905 habe ich, falls du es gelesen haben solltest, auch geschrieben, das sich Sasonow sehr wohl darüber im Klaren war, was durch die Anordnung der Generalmobilmachung ausgelöst werden wird.
     
    Nikias gefällt das.
  12. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Das war den Implikationen des Schlieffenplans geschuldet. Davon einmal abgesehen, sahen die Absprachen zwischen den französischen und russischen Generalstab doch etwas anders aus. Von einem Rückzug, in das Innere Frankreich, steht dort nichts zu lesen.
    Zu dem Begriff Erstschlag: Nuklearwaffen damals noch nicht angesagt.

    Aha, und du meinst mit der Faust auf dem Tisch zu hauen hätte gereicht. Die Mächte der Triple Entente hatten vereinbart, das nur gemeinsam Frieden geschlossen werden würde; weder Paris, noch London noch Petersburg sollte einen Separatfrieden abschließen dürfen. Ein Rückzug bedeutet noch lange nicht die Niederlage. Das haben die Franzosen 1870/71 hinreichend gezeigt.

    Gar keins. Die Mächte des Zweibundes wollten auch kein Krieg gegen Russland führen; es wurde in Kauf genommen, ja, aber es war nicht gewollt. Österreich-Ungarn seine Aktivitäten richteten sich, ich führte es bereits mehrfach aus, nicht gegen Russland, sondern eben gegen Serbien.
     
    Zuletzt bearbeitet: 14. Mai 2023
    Nikias und Ugh Valencia gefällt das.
  13. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Die britische Regierung vertrat eine andere Ansicht. Dadurch das eine andere Garantiemacht, nämlich eben das Deutsche Reich diese gebrochen hat, war ein gemeinsames Eingreifen der Garantiemächte nicht mehr möglich. Jedenfalls sah man intern und gegenüber den König keine Verpflichtung zum militärischen Eingreifen. Das man es doch tat, das hatte andere Gründe. Aber das hatte ich auch schon einmal erläutert.

    Das wurde ja von Bethmann angeboten. Nur, und das war eben der ausschlaggebende Punkt, Paris war absolut entschlossen Russland zu unterstützen. Und damit war das Thema erledigt.

    Nein. Italien gehörte zum Dreibund. Die Mittelmächte waren die Mächte des Zweibundes, also Deutschland und Österreich-Ungarn.
    Übrigens galt Italien auch in den französischen Augen als nicht zuverlässig. Poincare meinte zu den Abmachungen von 1902, das der einzige Nutzen in dem Vertrag liege, das man eben in fast vollständiger Personalstärke gegen Deutschland antreten könne. Und man hatte durchaus aufmerksam registriert, das im Zuge des Tripoliskrieges, Italien seine Grenze zu Frankreich weitestgehend von Truppen entblößt hatte; gegenüber ÖU hingen war dies so nicht der Fall.

    QUOTE="Shinigami, post: 873566, member: 28017"]Nö, wars nicht. Die Position Italiens als Vertragspartner war das schonmal überhaupt nicht und auch in Berlin, wenn man an KW II.s Äußerung "damit fällt jeder Kriegsgrund fort!" oder an den Apell an Wien denkt, bitte nicht unbedacht leichtfertig einen "Weltenbrand" anzuzetteln, dann war das auch in Berlin durchaus nicht unbedingt common sense, davon was die Sozialdemokratie davon hielt, reden wir lieber erst gar nicht.[/QUOTE]

    Dazu bestand auch jede Veranlassung. Italien betätigte sich als Briefträger und gab sensible Information an den "Gegner" weiter. Und davon abgesehen, hatte Italien schon in der Julikrise vorsichtig seine Fühler in Richtung Bündnis mit der Triple Entente ausgestreckt. Das war auch alles andere als ein bündniskonformes Verhalten. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 14. Mai 2023
    Nikias gefällt das.
  14. Sepiola

    Sepiola Aktives Mitglied

    Sie taten was genau?
    Ich dachte immer, die Doppelmonarchie sei spätestens im Oktober 1918 am Ende gewesen.
     
  15. Shinigami

    Shinigami Aktives Mitglied

    Ich bitte um Verzeihung und dass nicht als Missachtung anzusehen, ich komme manchmal einfach leider nicht hinterher ;-)

    Wann denn? Die Donaumonarchie löste sich seit Herbst 1918 faktisch auf, in St. Germain und Trianon wurde wurde in dieser Hinsicht weitgehend nur das festgschrieben, was sich ohnehin bereits vollzog, ausgenommen gewisser Grenzverläufe.
    Die Auflösung der K.u.K.-Monarchie war nie expressis verbis Kriegsziel der Entente, selbst die Wilson'sche Forderung des Selbstbestimmungsrechtes ließ sich durchaus auch so interpretieren, dass dem mit einer föderalistischen Umgestaltung der Monarchie genüge getan wäre.
    Anno 1914, stand die Auflösung Österreich-Ungarns bei keineer Kriegsführenden Partei (außer vielleicht Serbien) auf der Prioritätenliste und daran, dass es im Bezug auf die Kriegsziele ohnehin allerorten einen Radikalisierungsprozess gab und das Ergebnis 1917 und 1918 nicht den Intentionen von 1914 entsprach, werde ich dich bei deiner Haltung gegenüber Fischer nicht hinweisen müssen?

    Der Schlieffenplan mag das vorgesehen haben, das war aber zum einen keine Garantie dafür dass das funktionierte und zum zweiten keine Garantie dafür, dass London das so annehmen musste.

    De facto konnte niemand vorhersehen wie lange Lüttich standhalten würde oder wie schwer Sabotagen von Brücken und Bahnanlagen den deutschen Vorstoß beeinträchtigen würden.
    Was ein oder zwei verlorene Tage für Truppenbewegungen im Eisenbahnzeitalter bedeuten, ist dir selbstverständlich klar.

    Das diese Befestigungen dem auf Dauer nicht standhalten würden, war klar, nur wie gesagt, nicht absehbar, wie lange das dauern würde und was in der Zwischenzeit passierte.
    Mit jeder weiteren verstrichenen Stunde hatten die Belgier Zeit die Infrastruktur zu sabotieren um den deutschen Vormarsch zu verlangsamen und die Briten von Antwerpen her kommend zum linken französischen Flügel aufzuschließen.

    Ja, diese Probleme wären allerdings, wenn Preußen inklusive Bundesheer und Großbritannien tatsächlich in den Krieg eingetreten wären, nicht gegeben gewesen und nachdem Preußen nach anfänglichem Widerwillen der Mobilisierung des Bundesheeres zuzustimmen bereit war, wäre dass ein realistisches Szenario gewesen, hätte Wien den Krieg fortgesetzt.
     
  16. Shinigami

    Shinigami Aktives Mitglied

    Ich frage nochmal, was wäre die Alternative für Wien gewesen?

    Meiner Meinung nach hat man sich da in Berlin in ein Szenario verrant, was eher unwahrscheinlich war, weil Wien sich, wenn es seine Interessen nicht aufgeben wollte, sich den Verlust Berlins als Bündnispartner noch weniger leisten konnte.

    Nun sah man das in Berlin anders und lehnte sich entsprechend weit aus dem Fenster, nur das bedeutet ja nicht, dass London die Sache genau so ansah oder die deutsche Sicht im Detail kannte, immerhin lief ein großer Teil der Absprachen zwischen Berlin und Wien ja so abgeschottet ab, dass man nichtmal Rom mit einbezog.

    Wir kennen diese Überlegungen und Handlungen natürlich aus der Dokumentation, aber London damals eben nicht.

    Insofern Wien wenn es weiterhin Großmacht auf dem Balkan spielen wollte um die deutsche Landmacht als Gegengewicht zu Russland nicht herumkam, würde ich meinen, dass es nicht verwunderlich wäre, wenn London diese Befürchtung Berlins eben nicht geteilt oder als plausibel betrachtet hätte und entsprechend davon ausgegangen wäre, dass Berlin Spielraum habe zurück zu ziehen.

    ......vorausgesetzt, Paris erklärte sich nicht vorauseilend für Neutral, wo man wieder bei Spielräumen wäre.

    Du hast mich falsch verstanden. Ich spreche nicht von einem militärischen Rückzug Frankreichs im Krieg, sondern von einem Diplomatischen Rückzug Frankreichs aus der Krise um Krieg zu vermeiden.

    Die Franzosen wussten, was Krieg für den Norden und Osten ihres Landes bedeuten würde. Und dass man das zum Erhalt des russischen Bünsnisses auf sich nehmen würde, wegen der Halsstarrigkeit in der serbischen Angelegenheit, das war nicht selbstverständlich.
    Präsident Poincaré mag in dieser Beziehung ein Hardliner gewesen sein, Regierungschef Viviani und seine sozialistische Partei waren das sicherlich nicht unbedingt und wie gesagt, ein Ende des russisch-französischen Militärbünsnisses hätte nicht das Ende der außenpolitischen Sicherheit Frankreichs bedeutet.
    Auch hier gab es Spielraum.
    Wir kennen die internen Überlegungen der Franzosen und Poincarés Fehleinschätzung der deutschen Absichten, aber London hatte auch in diese Gespräche und Überlegungen nur begrenzt Einblick.

    So wie ich das sehe war es mit dem, was London wusste nicht so unrealistisch anzunehmen, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestand, dass entweder Berlin oder Paris sich zurückziehen würden, bevor es zum Krieg kommen würde.
    Und wenn man davon ausging, dass eine dieser beiden Parteien das schon tun und damit den Schwarzen Peter akzeptieren würde, gab es keinen Anlass selbst zu versuchen Russland zurück zu halten und damit die eigenen Abkommen mit Russland aufs Spiel zu setzen.
    Warum das tun, wenn ggf. die Franzosen zurückziehen und man St. Petersburg dann ggf. Paris als Sündenbock präsentieeren konnte, warum es seinen Willen nicht bekam oder daraus warten, das Berlin kalte Füße bekommt und man doch noch zu einem außenpolitischen Erfolg kommt?

    [...]

    Hier reden wir wieder aneinander vorbei, siehe oben.

    @Nikias war oben von einem Szenario ausgegangen, in dem sich Frankreich aus der Krise zurückzieht, Russland aber bereits den Krieg gegen Österreich-Ungarn eröffnet hat.

    Das war der Versuch mein Argument, dass ein Ende des französisch-russischen Zweibundes für Paris kein ernstes sicherheitspolitisches Problem gewesen wäre, weil Russlands Großmachtsinteresses es dennoch geboten hätten sich gegen einen Angriffskrieg Deutschlands gegen Frankreich zu stellen um Deutschland nicht übermächtig werden zu lassen.
    Nikias wollte nun von einem Szenario ausgehen, in dem Russland durch die Julikrise in den Krieg mit den Mittelmächten hineinschlittert und ihn krachend verliert, weil Frankreich nicht mitgeht, mit der Folge, dass Russland Frankreich gar nicht mehr zur Hilfe kommen könnte, da selbst geschwächt um mein Argument, warum Frankreich das russische Bündnis realistich gesehen nicht unbedingt brauchte, aus dem Feld zu schlagen.

    Ich habe demgegenüber geantwortet, dass das vollkommen unrealistisch gewesen wäre weil:

    - Wenn Russland den Krieg hätte eröffnen und sich dort hinein hätte verstricken sollen, bevor klar war ob Frankreich mitging oder nicht, es schneller hätte mobilisieren müssen als Deutschland, was es technicht nicht konnte.
    - Es also nur vor einer Französischen Entscheidung hätte gegen Österreich losschlagen könnn, wenn es dass rein gestützt auf die Formationen des Friedensheeres tat, was weder den russischen Planungen entsprach noch Sinn ergeben hätte.
    - Dass selbst wenn das unwahrscheinlicher Weise passiert wäre, dies nicht in einer völligen militärischen Niederlage Russlands geendet hätte, weil, wenn Frankreich sich für Neutral erklärt hätte Berlin einfach auf den Tisch hätte hauen und Russland zum Rückzug zwingen können. Das man gegen Deutschland und ÖU allein keine Chance hatte, wusste ma in Russland, also hätte man sich in einen solchen Krieg überhaupt nicht eingelassen, sondern bei erster Gelegenheit Frieden mit Wien geschlossen und die Sache liqudiert.
    Da weder Deutschland noch Österreich-Ungarn Interesse an größeren Eroberungen in Russland hatten, wären beide in einem solchen Szenario nicht auf die Idee gekommn dort einen verlustreichen Krieg führen zu können, wenn sie Russland auch diplomatisch zum Frieden hätten zwingen können, was Berlin gekonnt hätte, wenn Paris Russland die Unterstützung versagt hätte.

    Und damit ist Nikias Szenario vollkommen unrealistisch, will heißen sein Gegenargument das russische Bündnis für Frankreich als überlebenswichtig zu verkaufen funktioniert nicht.
     
  17. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    US Präsident Wilson erklärte am 18. Oktober 1918, in einer Antwort-Note auf ein Waffenstillstandsangebot von Österreich-Ungarn, dass die Nationalitäten des Habsburgerreiches ihre Zukunft selbst bestimmen müssten.Der Nationalrat der Tschechoslowaken wurde als de facto kriegsführende Regierung auf Seiten der Entente anerkannt. Damit war die Marschrichtung vorgegeben.


    Zum Thema Sabotage der Eisenbahnen etc. empfehle ich die Lektüre "Das Deutsche Feldeisenbahnwesen. Die Eisenbahn zu Kriegsbeginn". Diese Bände sind 2009 neu aufgelegt worden. In Band 2 sind reichlich Bilder von den Zerstörungen die die Belgier vorgenommen hatten. Und trotzdem kamen die deutschen Armeen schnell voran. Lüttich wäre noch früher gefallen, wenn die Deutschen gleich die "Dicke Bertha" dabei gehabt hätten und nicht erst aus der Heimat rangekarrt werden müssen. Auch den Belgiern wird nicht entgangen sein, das Krupp 42cm Mörser entwickelt hatte und das Lüttich diesen nicht würde Stand halten können.

    Das London besser das Foreign Office nicht annehmen würde, war vollkommen klar. Grey hatte in der Julikrise gegenüber Lichnowsky kein Geheimnis daraus gemacht, was geschehen würde, wenn Frankreich aufgrund seiner Bündnisverpflichtung in den Konflikt eintritt. Nur das ändert nichts an der Tatsache, das Deutschland das Angebot zur Begrenzung des Krieges gemacht hatte. Nur, das kam nicht für Paris in Frage und somit auch nicht für London.

    Ich denke doch, das Fachleute schon angeben konnten, das 1. Lüttich nicht gehalten werden könne und 2. dass mit entsprechenden Einsatz der entsprechenden quantitativen und qualitativen Mittel nicht soo viel Zeit in Anspruch nehmen könnte. Was nicht erwartet worden war, war die beträchtliche Zerstörung der belgischen Eisenbahnen.

    Der Deutsche Bund war ein Verteidigungsbündnis und Österreich war der provozierte Angreifer und hatte damit keinen Anspruch auf Unterstützung Preußens. Allerdings hatte Napoleon III. die Italiener nachhaltig zum Kriege ermutigt. Er wollte ein geeintes Italien unter französischer Vormundschaft.
     
    Nikias gefällt das.
  18. Shinigami

    Shinigami Aktives Mitglied

    Die Frage, warum sich die britische Regierung entschloss sich auf den Boden der Garantieverpflichtung schlussendlich nachzukommen und sich auf diesen Boden zu stellen, ist für das Vorhandensein dieser Verpflichtung völlig belanglos.

    Bethmann wollte damit aus dem Zwei-Fronten-Krieg einen Krieg nur an einer Front machen, davon spreche ich nicht.
    Ich habe mich zu der Einschätzung eingelassen, dass auch für das Szenario eines Zwei-Fronten-Krieges der Schwerpunkt Ost angesichts der Geographie das vielversprechendere Szenario gewesen wäre, wäre die Versorgungs- und Munitionsfrage nicht gewesen und völlig von der britischen Haltung abgehangen.

    Den Ost-Aufmarsch komplett aufzugeben machte nur im Hinblick auf die Versorgungsfrage (womit wir beim Chile-Salpeter wären und der Frage, wie Berlin diese Thematik bewertete) Sinn.

    Italien unterlag gemäß dem Dreibundvertrag den gleichen dort festglegten Beistandsverpflichtungen, wie die anderen beiden Vertragspartner, das wirst du nicht abstreiten wollen?
    Und offensichtlich sah sich Rom in Interpretation des Deibundvertrags nicht gezwungen Wien bei einem Vorgehen gegen Serbien beizustehen.
    Bedeutet, Entweder war Berlin dazu ebenfalls vertraglich nicht gezwungen oder aber es müsste belegt werden, dass die italienische Interpretation des Deribundvertrags hinsichtlich Beistandspflicht (nicht hinsichtlich Kompensationswünschen, das wäre eine andere Frage) ungültig sein müsste.

    Möchtest du die formale Plausibilität der italienischen Haltung in der Beistandsfrage in Zweifel ziehen?

    Die Frage italienischer Diskretion oder Indiskretion ist für die Frage ob die italienische Neutralitätserklärung den Dreibundvertrag verletzte vollkommen belanfglos.

    Die Frage ist nur, verletztes es diesen mit der Interpretation, dass die Aktion Österreichs gegen Serbien keinen defensiven Charakter hatte und Italien also nicht zur Hilfe verpflichtet sei, weil der Dreibund ein reines Defensivbündnis sei oder nicht.
    Wenn das keine explizite Vertragsverletzung war, hätte sich Berlin auf den gleichen Standpunkt stellen können, wenn es nur gewollt hätte.

    Welche Kriegshandlung hatte Serbien eigentlich begangen, dass man auf den casus foederis hätte pochen können?
     
  19. Shinigami

    Shinigami Aktives Mitglied

    Was man, wie bereits angeführt auch durch weitgehende Autonomie und Föderalismus hätte umsetzen können und die Auflösung der Donaumonarchie nicht zwangslöufig voraussetzte.

    Daran, dass Wilson 1914 weder die Londonder, noch die Pariser, noch die St. Petersburger Politik diktierte, werde ich nicht erinnern müssen?
     
  20. Turgot

    Turgot Aktives Mitglied

    Ein Rückzug kam für den Ballhausplatz sicher nicht in Frage. Das wird aus den Dokumenten ganz deutlich. Interessanter wäre das schon die Frage, was bei den Verhandlungen zwischen Wien und Petersburg in London, wenn es denn so weit gekommen wäre, tatsächlich substanzielles auf dem Verhandlungswege zu erreichen gewesen wäre. Aber die Russen hatte zwischenzeitlich die Generalmobilmachung auf die Schiene gesetzt, durchgesetzt von Außenminister Sasonow, und damit begannen die Mechanismen der Bündnisse zu greifen.

    Berlin war der Auffassung, das eine österreichische "Strafexpedition" schon aus Prestigegründen für Österreich dringend geboten war.
    Hinsichtlich der Bündnisoptionen Österreich-Ungarns teile ich deine Meinung nicht. Ich glaube die Entente hätte Wien in ihre Abmachungen einbezogen, denn dann wäre Deutschland ohne jeden Bündnispartner und hätte kleinere Brötchen backen müssen. Paris wäre sehr zufrieden gewesen.

    ...was nicht wirklich realistisch war. Petersburg bekam immer wieder unaufgefordert entsprechende Zusicherungen von dem französischen Botschafter Paleologue.

    Nicht mit einem Staatspräsidenten namens Poincare. Ausgeschlossen.
     
    Nikias gefällt das.

Diese Seite empfehlen