Wo lebten die Senatoren?

Uhtred

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Hallo, eine Frage die mich schon seit geraumer Zeit beschäftigt ist,
ob römische Senatoren in der Nähe von Rom bzw in Rom lebten, um immer wieder mal zu den Senatssitzungen zu erscheinen?
Oder gab es auch Senatoren, die eigentlich die meiste Zeit in den Provinzen lebten und nie oder zumindest nur sehr selten an besagten Sitzungen teilnahmen?

Überhaupt habe ich gewisse Probleme den Begriff "Senator" aufzudröseln.
Wenn es bedeutete ein Amt inne zu haben, plus Mitglied des "Hochadels" zu sein, dann würde ja wohl vieles für eine Anwesenheitspflicht in Rom sprechen.
Ist es aber eine Art "Titel" (vor allem in der Kaiserzeit), im weitestgehenden Sinne des europäischen Adels späterer Epochen, dann konnte man doch tun und lassen was man wollte, sprich man musste eigentlich keine Senatssitzungen besuchen, oder?

Konnte man Senatoren in gewisser Weise auch "degradieren", sprich ihnen ihren Sitz im Senat wegnehmen?
Und wenn ja, was waren sie danach?
Und wie war es wenn ein Senator sein Vermögen verlor, verlor er dann automatisch auch seinen Sitz im Senat (für den ja ein gewisser Besitz vorgeschrieben war)?
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, eine Frage die mich schon seit geraumer Zeit beschäftigt ist,
ob römische Senatoren in der Nähe von Rom bzw in Rom lebten, um immer wieder mal zu den Senatssitzungen zu erscheinen?

Viele hatten Häuser in Rom und Landsitze rund um Rom oder auch sonst wo.


Konnte man Senatoren in gewisser Weise auch "degradieren", sprich ihnen ihren Sitz im Senat wegnehmen?

Ja. In der Frühzeit waren dafür die Zensoren zuständig, die bei schlechtem Lebenswandel einem Senator seinen Sitz wegnehmen konnten.

Und wenn ja, was waren sie danach?
Ritter

Und wie war es wenn ein Senator sein Vermögen verlor, verlor er dann automatisch auch seinen Sitz im Senat (für den ja ein gewisser Besitz vorgeschrieben war)?
Ich bin nicht ganz sicher, aber ich glaube ja.
 
Tela hat zwar das meiste beantwortet, aber ich hake mal ein:

Die censores waren nicht nur in der Früheit dafür zuständig. Bekanntester Senator den man "rausschmiß" ist wohl Sallust. Dies spielte sich 50 v. Chr. ab, und auch hier war es noch ein censor.

Ob ihr Status sich durch den Ausschluß wirklich auch generell veränderte, da bin ich mir nicht sicher. Vielleicht wären hier Beispiele ganz angebracht.
Auch der automatische Ausschluß müßte, zumindest der Theorie nach, formell durchgeführt worden sein. Einfach man nächsten Tag nicht mehr dazu zu gehören erscheint mir nicht typisch.

Was die Teilnahme an den Sitzungen angeht, so wissen wir, dass es teilweise erschreckend geringe Zahlen an Senatoren während bestimmter Reden oder Phasen gab, fern zu bleiben war also, wie heute im Bundestag, keine Seltenheit. Im Sommer, wenn es besonders heiß war, zogen sich die Senatoren sowieso gerne auf ihre Landgüter zurück oder machten "Urlaub".

Wenn ich mich recht erinnere, also ohne Gewähr, gab es Sitzungen von besonderer Dringlichkeit, bei denen Präsenz erwartet wurde oder sogar eingefordert. In der Umkehr eine Konsequenz bei Abwesenheit ist mir aber nicht geläufig.
 
Hmmm, danke erst mal für die Antworten, das war durchaus schon erhellend :)
Worum es mir auch ging ist es, ob es Senatoren gab, die z.B. in Hispania lebten und zwar den Rang eines Senators hatten, aber ohne dieses Amt bzw. diese Tätigkeit je ausgeübt zu haben. Z.B. wenn ein Sohn seinen Vater beerbt, auf die Senatorenliste kam und trotzdem nie in der Hinsicht tätig wurde und Rom höchstens von Erzählungen her kannte.

Caesar hat ja auch Gallier in den Senat gesetzt, jetzt ist auch die Frage, hat er die vorher in den Ritterstand erhoben, oder war das in dem Fall gar nicht nötig?
War es überhaupt absolut zwingend, vorher Ritter gewesen zu sein, vor allem in der Kaiserzeit?
 
Hallo,

die römische Gesellschaft war in ihrem Prinzip eine konkurrierende Gentilgesellschaft, d.h. neben Beziehungen:friends: und Geld (Stichwort: :banana:) - ohne die gar nichts lief - kam es auch auf Leistung :fechtduell: an.
Die Aufnahme in den Senatorenstand war grundsätzlich nicht eine "automatische" wie z.B. im Fall einer Erbschaft, sondern mußte sich im Rahmen des cursus honorum im Wettstreit mit anderen Anwärtern erkämpft werden. Um überhaupt in diesen Wettstreit einsteigen zu können, war ein bestimmtes Grundvermögen (census) erforderlich, das im Lauf der römischen Geschichte schwankte. Der Census für Senatoren war deutlich höher als der für Ritter. Viele Personen, die beispielsweise durch kaiserliche Protektion in einen dieser Ränge aufstiegen taten dies etwa nicht dadurch, daß sie selbst das Vermögen aufbringen konnten, sondern weil der Kaiser ihnen dieses Vermögen zur Verfügung stellte, so daß hier eine tiefe Loyalität geschaffen wurde. In Zeiten der späten Republik und des Übergangs zum Prinzipat gab es auch immer wieder diesen Vorwurf gegenüber den sog. "Kriegsgewinnlern", die sich durch die zahlreichen Proskriptionen an dem Vermögen der Proskribierten bereichert hatten.
Also man brauchte Geld, um überhaupt teilnehmen zu können, was sich auch damit erklärt, daß bei den Wahlen Unmengen an Schmiergeldern gezahlt wurden, um Stimmen zu kaufen (ein prominentes Beispiel ist Cato, der es trotz seines enormen Ansehens einfach nicht zum Konsul schaffte, weil er sich beharrlich geweigert haben soll Stimmen zu kaufen, in anderen Korruptionsfällen innerhalb seiner Familie (Brutus) war er allerdings nicht so zimperlich). Weiter war das Ansehen einer Familie sehr entscheidend und ausschlaggebend für den Erfolg, so daß man sich junge Senatoren unter einem enormen gesellschaftlichen Druck stehend vorstellen muß. Über den cursus honorum ging es rauf bis zum Konsul, allerdings nach einem sehr selektiv evolutionärem Prinzip wie das Spiel "Die Reise nach Jerusalem", bereits in den untersten Rängen z.B. bei der Quästur blieben die meisten auf der Strecke, weil die zu vergebenden Ämter nach oben hin immer weniger wurden. Man konnte es einmal probieren, zweimal probieren, aber dann.... Auch hier ist ein berühmtes Beispiel bekannt: Catilina. Catilina wurde ja nicht aus reiner Verbrechertugend zum angeblichen (!) Staatsumstürzler, sondern weil er (als Angehöriger einer angesehenen aber vergleichsweise (!) verarmten Familie) in diesem Wettstreit versagt hatte und es für ihn (nachdem er sich im Wahlkampf heillos verschuldet hatte) keinen weiteren Ausweg mehr gab. Welche Leistung es dann bedeutete, wenn ein sogenannter homo novus wie z.B. Cicero in diese Kreise bis zum höchsten aller Ämter aufstieg, kann man sich vor diesem Hintergrund vorstellen. Und deshalb fanden dann auch so extreme Ausbeutungen in den Provinzen statt, will heißen, es war nicht allein römische Gier, die hier ins Spiel kam, sondern die Leute hatten sich extremst verschuldet und versuchten dann beim Gang in die Provinzen sich hier wieder finanziell zu erholen (als Caesar nach Gallien ging wurde er von seinen Gläubigern gejagt, als er zurückkehrte, war er einer der reichsten Männer Roms).
Nun zu Deiner Frage mit dem Aufenthalt. In der Zeit der Republik und auch noch in der frühen und hohen Kaiserzeit bestand eine Residenzpflicht in Rom, d.h. man mußte mit seinem "Hauptwohnsitz" in Italien leben, ein Haus in Rom haben. Erst später war es möglich, daß sich Senatoren nur noch in den Provinzen aufhielten. Also auch die Gallier, die Du erwähnst, konnten nicht in Gallien bleiben, sondern mußten nach Rom.

Viele Grüße
Amalaswintha
 
Cursus honorum? Ich dachte den musste man nur hinter sich bringen, um eines der hohen Ämter wie z.B. Konsul erlangen zu können? Aber auch für den Posten eines Senators? Oder habe ich dich da falsch verstanden?
Apropos Cursus Honorum und Cicero:
http://de.wikipedia.org/wiki/Imperium_(Roman)
Ein hervorragendes Buch, der zweite Teil folgt in absehbarer Zukunft.

Danke jedenfalls für die ausführliche Antwort. Das hat mein Wissen diesbezüglich, wieder ein Stückchen vergrößert :)
 
Ab der Reform Sullas wurde man automatisch Senator, wenn man das Amt des Quästors belegte, also in den Cursus Honorum einstieg.
 
Richtig, die Quästur war sozusagen die Eintrittskarte in den Senat. Und für den größten Teil der Senatoren dürfte dies auch schon das letzte Amt gewesen sein.

Mit den höheren Ämtern waren immense Wahlkampfkosten verbunden und man kann sich vorstellen, wie hoch der Konkurrenzdruck war.

Interessant ist auch, dass als Prätor fast nur Leute gewählt wurden die vorher Ädil waren. Dieses Amt war laut Verfassung keine Voraussetzung für die Prätur allerdings oblag es den Ädilen aufwendige Spiele zu veranstalten, die sie selbst finanzieren mussten. Wer also als Ädil die besten Spiele bot, der wurde später auch zum Prätor gewählt.
 
Dazu die kurze Randbemerkung: der cursus honorum unterliegt im Laufe der Zeit immer wieder Veränderungen, auch was die jeweiligen Voraussetzungen angeht.

Zum Zugang zum Senat: Bleicken führt kurz aus, dass es auch die Möglichkeit gab, per Wahl des Senats zu diesem zugelassen zu werden, wenn dies auch eher selten vorkomme.
 
Besonders in nachrepublikanischer Zeit wird sich sicher viel verändert haben, was die Zugangskriterien angeht. Man denke nur an die oben genannten Gallier und Briten die praktisch nur durch Caesars Gunst in den Senat aufgenommen wurden.
 
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