Woher kam das Geld: Spätantike & frühes Mittelalter?

Timestheus

Mitglied
Salve!

Wusste jetzt nicht, in welchem Forum da dies am besten passt, das es keine speziellen Rubriken für die Spätantike bzw. das frühe Mittelalter gibt. Mich beschäftigt die Frage - woher kam das Geld nach dem Zusammenbruch des römischen Westreiches, dass die menschen im sogenannten rechtsrheinischen "Germanien" und vor allem (für mich lokal interessant) im alemannischen Gebiet? Mit irgendwas müssen die Menschen hier doch gehandelt / bezahlt haben?

Wie geschrieben - mich interessiert der germanische Bereich, aber vor allem der alemannische Bereich hier in Baden / Württemberg am meisten. Und hier so ab dem 6ten, 7ten Jahrhundert bis ins frühe Mittelalter.

Die Römer waren ja noch lange Nachbarn - der Kaiser Valentinian I hat es mit der Schlacht bei Solicinium (Sulz am Neckar? Hechingen Stein?) nochmals recht tief ins Württembergische Land geschafft - ich könnte mir also denken, dass im 4ten und 5ten Jahrhundert noch auf jedenfalls die reichsrömischen Münzen verwendet wurden. oder gar noch länger?

Dann gab es ja noch die Prägungen der Völkerwanderungen. Und dann? Was wurde dann benutzt? Immer noch Münzen aus "Italien"? Oder wurden dann Münzen aus Merowinger bzw. Karolinger Reich verwendet? Oder gar ein "misch-masch" aus Allem - auch aus Ostrom?

Und eine weitere Frage - da ich mich hier in der Spätantike / frühes Mittelalter gar nicht auskenne. Wann gab es die ersten eigenen lokalen Prägungen aus Süddeutschland? Waren das dann die Brakteaten? Das ist das Einzige was ich so aus dem 10/11ten Jahrhundert kenne - aber mich nicht auskenne.

Lange Rede, kurzer Sinn. Welche Münzen wurden gewinnend ab dem 4ten, 5ten, 6ten Jahrhundert und dann später hier in "Germanien" - vor allem Süddeutschland" verwendet - und wann gab es dann die ersten eigenen Prägungen?


Danke schon mal!
 
Waren das dann die Brakteaten?
nein, die waren eher im Norden gebräuchlich: https://de.wikipedia.org/wiki/Brakteat und sie waren eher Statussymbole, Prestige, Schmuck und nicht primär Zahlungsmittel
Und dann? Was wurde dann benutzt? Immer noch Münzen aus "Italien"? Oder wurden dann Münzen aus Merowinger bzw. Karolinger Reich verwendet?
nachdem die Alemannen mit etwas Druck ;) "merowingisch" geworden waren, dürften sie allmählich die finanziellen Gepflogenheiten ihrer neuen Bosse übernommen haben

Da dich die Alemannen interessieren: der hier https://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Geuenich hat maßgeblich zu den Alemannen geforscht, seine Geschichte der Alemannen (= Kohlhammer-Urban-Taschenbücher. Bd. 575). Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1997 ist informativ.
 
mich interessiert der germanische Bereich, aber vor allem der alemannische Bereich hier in Baden / Württemberg am meisten. Und hier so ab dem 6ten, 7ten Jahrhundert bis ins frühe Mittelalter.
(pssst: das Frühmittelalter beginnt schon um 500)
Also die Zeit nach dem Zusammenbruch des weströmischen Reichs bis zur Christianisierung der Alemannen - als die noch Heiden waren, sollen sie dem Wotan Bieropfer dargebracht haben: das fand ich immer amüsant (so Kopfkino: der fellbehangene Urschwabe kippt sich auf die Götter ein paar Trinkhörner voller Ur-Schwabenbräu hinter die Binde, da kommt dann ein sehr heiliger Mann und macht kraft seines Heilgenzaubers das Bierfass kaputt - ich möchte nicht wissen, wie wüst der Urschwabe da geflucht hatte) :D:D:D
 
nein, die waren eher im Norden gebräuchlich: https://de.wikipedia.org/wiki/Brakteat und sie waren eher Statussymbole, Prestige, Schmuck und nicht primär Zahlungsmittel
Ach schau - das war mir neu.

nachdem die Alemannen mit etwas Druck ;) "merowingisch" geworden waren, dürften sie allmählich die finanziellen Gepflogenheiten ihrer neuen Bosse übernommen haben
Ah ok - also kann man sagen, dass erst mal das römische Altgeld verwendet wurde und dann wohl das Geld der Merowinger / Franken (als direkte Nachbarn) in Umlauf kam?

Da dich die Alemannen interessieren: der hier https://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Geuenich hat maßgeblich zu den Alemannen geforscht, seine Geschichte der Alemannen (= Kohlhammer-Urban-Taschenbücher. Bd. 575). Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1997 ist informativ.
Das ist wirklich sehr interessant und sehr hilfreich - Danke!

Ich weiß ja nicht wo Du so verwurzelt bist - auch aus dem Ländle?
Aber bei uns hier im Gäu waren die Alemannen ja recht aktiv. Kaum ein Dorf bei uns, wo nicht irgendwelche Alemannengräber entdeckt wurden. Nur habe ich irgendwie das Gefühl, dass da - im Gegensatz zu der Römerforschung - sehr viel öffentliches Interesse zu den Alemannen bestand / besteht und es eher wenige Publikationen für "die breite Masse" gibt. Mag mich aber auch täuschen.

(pssst: das Frühmittelalter beginnt schon um 500)
Hier im Schwabenland schon... ;)

der fellbehangene Urschwabe kippt sich auf die Götter ein paar Trinkhörner voller Ur-Schwabenbräu
Schwabenbräu - die Plörre... da ist gut, dass der Alemanne bekehrt wurde ;)
 
Schwabenbräu - die Plörre... da ist gut, dass der Alemanne bekehrt wurde
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jepp!!!! das und Dinkelacker ist Pissbrühe - ein richtiges Bier muss wie Flens, Wolters, Jever schmecken :D

na ok, um Tübingen herum gibts auch trinkbare Sorten: das Schimpf-Bier, Hailfinger - da hätte der Uralemanne Grund gehabt, den Gottesmann zu scheuchen, wie es Radbod der Friesenkönig drauf hatte

Ich weiß ja nicht wo Du so verwurzelt bist - auch aus dem Ländle?
u.a. ein paar Semester in Tübingen und Freiburg hab ich am Kerbholz, deshalb kenne ich ein paar Kneipen dieser Umgebung ;)
 
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jepp!!!! das und Dinkelacker ist Pissbrühe - ein richtiges Bier muss wie Flens, Wolters, Jever schmecken :D

na ok, um Tübingen herum gibts auch trinkbare Sorten: das Schimpf-Bier, Hailfinger - da hätte der Uralemanne Grund gehabt, den Gottesmann zu scheuchen, wie es Radbod der Friesenkönig drauf hatte

u.a. ein paar Semester in Tübingen und Freiburg hab ich am Kerbholz, deshalb kenne ich ein paar Kneipen dieser Umgebung ;)

Wer sich im Ländle mit Gerstensaft die Kante gibt, wo es wirklich sehr gute Württemberger Weine und erstklassige Obst-Brände gibt- produziert, nein hergestellt von oft sehr originellen Winzern-dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.

Den allerersten oder zumindest einen der ersten Schwipps meines Lebens habe ich mir in der 2. oder 3. Klasse in der Grundschule angetrunken. Ich weiß noch, wir hatten Sachkunde zum Thema "Der Weinanbau in Baden-Württemberg", und ein Mitschüler, dessen Eltern Winzer waren, brachte einen riesigen Glasballon mit Federweißem-Moscht wie man dort sagt. Die Lehrerin, eine resolute Schwäbin, entschied: E Viertele könnet scho vertroge."

Der "Moscht" war schon ordentlich durchgegoren, ich erinnere mich nicht mehr an den Namen meines Mitschülers, aber ich sehe ihn noch, grinsend wie ein Satyr mit dem Glasballon.
 
Man muss wohl davon ausgehen, dass die Geldwirtschaft mit dem Zusammenbruch des römischen Reichs weitgehens einbrach. Man benutzte aber alte Münzen. In mittelalterlichen Münzschätzen finden sich auch immer vereinzelt römische Münzen. Über die russisch-ukrainische "Steppenautobahn" kamen dann zunächst persische und später abbasidische Münzen. Selten sind angelsächsische und karolingische Münzen. Mit dem Otto-Adelheid-Pfennig wird Geld wieder häufiger.
 
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jepp!!!! das und Dinkelacker ist Pissbrühe - ein richtiges Bier muss wie Flens, Wolters, Jever schmecken :D

na ok, um Tübingen herum gibts auch trinkbare Sorten: das Schimpf-Bier, Hailfinger - da hätte der Uralemanne Grund gehabt, den Gottesmann zu scheuchen, wie es Radbod der Friesenkönig drauf hatte

u.a. ein paar Semester in Tübingen und Freiburg hab ich am Kerbholz, deshalb kenne ich ein paar Kneipen dieser Umgebung ;)
Für meinen Geschmack sind Biere wie Jever oder Flensburger zu stark gehopft. Von den süddeutschen Gebräuen hat mich dagegen das Tannzäpfle überzeugt. Das schmeckt, vor allem bei 25 ° C aufwärts doch zumindest so wie ein Bier schmecken sollte, und auch das Design gefällt mir: statt korpulente Kellermeister und bierselige Mönche ziert - ein adrettes Schwarzwald-Mädle das Etikett.
 
ist das nicht nur der Name vom Rothaus Pils, aber in der kleinen 0,33er Flasche? Ich hatte den Eindruck, dass der Inhalt vom 0,5 Pils genauso wie der Inhalt vom 0,33 Tannenzäpfle schmeckt (und dass bei der Staatsbrauerei Rothaus abgewirtschaftete Politiker geparkt und versorgt werden, macht mir den Laden unsympathisch)
Ganter (Freiburg) macht inzwischen ein gutes Pils

zurück zum Thema: wir wissen nicht, wie das Bier der alten Alemannen schmeckte - bezahlt haben sie es wohl mit Hacksilber etc
 
die waren eher im Norden gebräuchlich: https://de.wikipedia.org/wiki/Brakteat und sie waren eher Statussymbole, Prestige, Schmuck und nicht primär Zahlungsmittel
OT: Soviel ich weiss, gelten auch (Silber-)Denare als »Brakteate«. Und die waren weder Statussymbole noch ausschließlich im Norden verbreitet. Habe mal paar wenige hervorragend erhaltene Expl. eher zufällig sehr günstig kaufen können, darunter bspw. aus Lausanne, 10/11. Jh. (Konnte sie später sehr erfolgreich absetzen… :rolleyes:)
 
Soviel ich weiss, gelten auch (Silber-)Denare als »Brakteate«.
römische Münzen waren Vorbilder für Brakteate, d.h. Brakteate imitierten gerne Münzinschriften und Münzen wie z.B. Denare wurden umgearbeitet/bearbeitet/umfunktioniert etc (bei Volker Bierbrauer sind die Brakteaten umfänglich untersucht und dargestellt) - - eine "Brakteaten-Währung" im Sinne der Geldwirtschaft wie im römischen Reich hat es nicht gegeben.
 
römische Münzen waren Vorbilder für Brakteate, d.h. Brakteate imitierten gerne Münzinschriften und Münzen wie z.B. Denare wurden umgearbeitet/bearbeitet/umfunktioniert etc (bei Volker Bierbrauer sind die Brakteaten umfänglich untersucht und dargestellt) - - eine "Brakteaten-Währung" im Sinne der Geldwirtschaft wie im römischen Reich hat es nicht gegeben.
Kann mich an jene Denare und die betr. Literatur leider nicht mehr ganz genau erinnern (obwohl damals in Bibliotheken mühsam recherchiert, um sie genau bestimmen zu können), weshalb ich die zeitliche Einordnung nicht beschwören kann (entweder 10., spätestens aber 11 Jh.). Jedenfalls waren die Zahlungsmittel.

Wie dem auch sei, hier zwei Denare aus der Toskana und aus Ligurien, 11. Jh., zweifellos keine Medaillons und nicht unbedingt römisch anmutend…

Zu den Denaren (ab Ende 8 Jh. als Zahlungsmittel) siehe auch: »Karolingisches Münzsystem«, de. Wikipedia.
 
Im 10. und 11. Jahrhundert gab es schon wieder einen Aufschwung der Geldwirtschaft. Königliche Münzstätten gab es im 10. Jahrhundert im Reich in:

Niederlothringen 14:
Köln (höchster Münzausstoß)
Huy
Lüttich
Maastricht
Neuss? (Zuordnung unsicher)
Dinant ab Otto III.
Namur ab Otto III.
Thuin? (Zuordnung unsicher) ab Otto III.
Visé ab Otto III.
Deventer ab Otto III.
Tiel ab Otto III.
Cambrai
Nivelles
Zwolle

Oberlothringen 5:
Andernach
Metz
Toul
Trier
Verdun

Sachsen 4:
Dortmund ab Otto III.
Magdeburg ab Otto I.
Münster ab Otto III.
Vreden? (Zuordnung unsicher)

Franken 4:
Mainz
Speyer ab Otto I. oder II.
Worms ab Otto I. oder II.
Würzburg

Schwaben 5:
Breisach (gemeinsam mit dem Herzog)
Chur
Konstanz
Straßburg
Zürich (gemeinsam mit dem Herzog)

Bayern: nur herzogliche Münzstätten

Die Liste hatte ich mal aus der Literatur erstellt, vor allem aus:
Bernd Kluge, OTTO REX/OTTO IMP. Zur Bestandsaufnahme der ottonischen Münzprägung, in: Bernd Schneidmüller, Stefan Weinfurter (Hrsg.) Ottonische Neuanfänge / Symposion zur Ausstellung "Otto der Grosse, Magdeburg und Europa", Mainz 2001, S. 85-112.

In einigen Orten wurde nur Zeitweise geprägt. Hauptprägeorte waren Köln, Mainz, Worms und Speyer, Straßburg und Magdeburg (je nach Zuordnung der früheren Münzen)
 
Übersehe ich irgendwas?
Hier war nach dem "Finanzwesen" im süddeutschen bzw alemannischen Raum zur Zeit Spätantike/Völkerwanderungszeit/Frühmittelalter gefragt und nebenbei speziell in diesem Zusammenhang gefragt, ob Brakteate die Währung gewesen sein könnten. Die völkerwanderungszeitlichen/frühmittelalterlichen Brakteate waren überwiegend Schmuck und sicher keine "offizielle" vereinheitlichte Währung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Brakteat#Spätantike_und_Frühmittelalter
 
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