Zivilflugverkehr im 2 Weltkrieg

In der letzten Einstellung des Films sieht man, dass die ganze Geschichte vom Zug des Lebens der Wunschtraum eines KZ-Insassen ist, der uns die Geschichte erzählt, dass er in Häftlingskleidung am Lagerzaun steht, zeigt, dass die letzten anderthalb Stunden ein Wolkenkuckucksheim eines unzuverlässigen Erzählers waren.
(...hat sich wohl ein wenig von Ambrose Bierce inspirieren lassen: an Occurrence at Owl Creek Bridge)
 
Für die Kennung wird sich da kaum jemand interessiert haben, denn falsche Hoheitszeichen konnte sich ja jeder auf die Flügel malen bzw. verschaffen.

Geh über den Daumen mal davon aus, alles, was aus dem von Deutschland beherrschten Luftraum kam, wurde in GB erstmal als potentiell feindlich eingestuft und jede unangemeldete Maschine, egal mit welchem Hoheitszeichen für einen potentiellen feindlichen Aufklärer oder für ein Instrument andarweitiger feindlicher Spionage gehalten.
Flugzeugtypen waren doch damals noch viel stärker national geprägt. Da reichte es nicht Hoheitszeichen aufzupinseln, jeder Halbwüchsige wusste im Krieg eine deutsche von einer britischen oder amerikanischen Maschine zu unterscheiden.

Wenn es darum ging das von Alliierten kontrollierte Gebiet zu erreichen um sich selbst in Sicherheit zu bringen, und man unterstellt, dass die entsprechende Person die Mittel hatte in Deutschland und auch ins Ausland relativ unbehelligt reisen zu können, wäre das Einfachste gewesen, sich irgendwo auf dem Land in Italien oder Frankreich zu verstecken und darauf zu warten dass die Alliierten dorthin vorrückten oder sich ganz offen als Zivilist zu diesen zu flüchten.
Es gab Versuche von Frankreich nach Spanien zu gelangen - Walter Benjamin beging bei dem Scheitern eines solchen Versuchs Selbstmord und erregte damit das Mitleid der spanischen Grenzpolizisten, welche die Gruppe dann weiterreisen ließen. Das Ziel war Portugal, denn von Portugal kam man vor der Kriegserklärung an die Amerikaner per Schiff in die USA (wenn man ein Visum bekam).

Daüberhinaus gab es auch einige Fälle, in denen sich Lw-Piloten verflogen haben, und in der irrtümlichen Annahme, wieder auf heimischen Territorium zu sein auf Flugplätzen der RAF gelandet sind. Das dürfte nach Landung sowohl bei den Piloten als auch dem RAF-Bodenpersonal Erstaunen ausgelöst haben.
Was erstaunlich ist, da britische Militärflughäfen dieser Zeit eine recht eigene Architektur haben: drei Start- und Landebahnen im gleichseitigen Dreieck.

Es sei denn natürlich, man wollte die Geschichte so aufziehen, dass es der Person gelungen sei sich irgendwo einen falschen "Ariernachweis" zuzulegen und damit die Behörden zu täuschen und z.B. zur Luftwaffe zu kommen.
Vor knapp einer Woche starb Sally Perel, der als Hitlerjunge Salomon bekannt wurde.
Mir ist auch der Fall einer Frau bekannt, deren Eltern ermordet wurden. Sie hat es irgendwie geschafft davon zu kommen und (Achtung unsicher) in der Verwaltung zu arbeiten. Sie unterhielt wohl auch eine amouröse Beziehung mit einem Nazi (in meiner Erinnerung sogar ein SS-Offizier, aber es kann sein, dass da mein Gehirn dramatisiert, als auch hier bitte nicht als gesetzt nehmen), dem sie sich später offenbarte (er war dadurch erpressbar wegen „Rassenschande“). Auch sie hat den Krieg überlebt. Die Geschichte könnte ich bei Bedarf vielleicht recherchieren, dazu müsste mich aber jemand drängen (und zwar kontinuierlich).

Unwahrscheinlich ist auch etwas anderes als unrealistisch. Und welcher Roman stellt schon Wahrscheinliches dar?
Die guten Romane tun in der Regel genau das: Wahrscheinliches darstellen (da sind Fantasy und SciFi nicht ausgenommen).
 
Die guten Romane tun in der Regel genau das: Wahrscheinliches darstellen (da sind Fantasy und SciFi nicht ausgenommen).


Das sehe ich anders. Wahrscheinlichkeit ist, so mathematisch es klingt, hier im Thread nur ein Homonym, dass eine weitestgehend subjektive Einschätzung meint. Aber auch da gilt: Wenn A zu 70 % Wahrscheinlichkeit passiert, ist B, dass zu 30 % passiert, unwahrscheinlich. Dennoch kommt es vor. Ein Roman, der dass nicht akzeptiert, wäre unrealistisch und damit kein guter Roman.

Das etwas nicht vorkam, heißt nicht, dass es unrealistisch ist. Das ist doch dasselbe wie mit der schwierigeren Lesung. Was uns verkehrt erscheint, kann historisch als gute Idee erschienen sein.

Aber bitte, Beispiele:

Die Art der Flucht Graf Luckners aus der Kriegsgefangenschaft war unwahrscheinlich. Einige Fluchten während des Aufstands des Mahdi auch. Die Napoleons von Elba war extrem unwahrscheinlich und das was dann geschah noch mehr. Wie wahrscheinlich ist es, dass der König von England heimlich durch Österreich schleicht? Wie wahrscheinlich, dass das Ruder der Bismarck getroffen wird? Wie wahrscheinlich ist es, dass ich zweimal in meinem Leben auf ein und demselben Bahnhof fern des Wohnorts einen Aufenthalt habe und in beiden Fällen zufällig ein und denselben Vetter fern seines Wohnorts treffe?

Keine Hochliteratur, aber ein Beispiel: Im Film Master and Commander wird ein Floß, dass die Leuchtsignale des Schiffs simulieren soll, um ein Absetzen vom Feind zu ermöglichen, zu Wasser gelassen. Viele Kritiker bezeichneten das als unglaubwürdig. Doch Thomas Cochrane*, Vorbild für viele fiktive Seehelden, hat es in der Realität erfolgreich getan.

Ein Wallander vergisst schon mal, elementare Fragen zu stellen. Aber gerade das macht ihn realistisch. Und wenn ich mit Grass, Mann und anderen anfange, geht es weiter. Gerade weil es in der Summe unwahrscheinlich ist, aber doch realistisch, das Leben verdichtend ist, wirken die Buddenbrooks. Eine Wachstumsverweigerung hat selten Erfolg.

Es gibt Leute, die nicht glauben, dass auf der Südhalbkugel die Sonne im Norden aufgeht. Sie tut es dennoch. Und häufig können wir etwas genauso schlecht beurteilen. Jeder hat seine blinden Flecken. Und schon das bringt seltsame Handlungen hervor.

Wenn ein Roman das ganze Leben fassen soll, darf es nicht an den unwahrscheinlichen Wendungen fehlen. Realismus und Glaubwürdigkeit hängt nicht von der Wahrscheinlichkeit ab, im Gegenteil. Ich gebe natürlich zu, dass etwas, was unwahrscheinlich ist, auch in den Roman passen muss. Aber wir können eben nicht alles berechnen und nicht alles wissen. Es gibt zudem den Zufall. Das gehört zum Leben und damit in einen guten Roman.

* Da er vielen in Deutschland nicht bekannt ist, zum Link die Frage, wie wahrscheinlich so ein Leben ist: Thomas Cochrane, 10. Earl of Dundonald – Wikipedia
 
Moin
Das Beispiel mit dem Rudertreffer bei der Bismarck passt nicht, solche Treffer kamen häufiger vor.
Unwahrscheinlich aber noch möglich war ein zweiter Torpedotreffer, der durch das Loch des ersten Treffers ging. Das kam tatsächlich vor, aber so ein Treffer ist im Vergleich zu den Ruder/Schraubentreffern eher unwahrscheinlich.
 
Stimmt aber. Geometrisch geht es nicht anders, wenn die Sonne am Äquator im Zenit steht. Und am Südpol ist bekanntlich jede Richtung Norden.

Das erste würde sogar bei einer flachen Erde gelten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, die treffen sehr genau und gut.
Das Problem für die TBS ist es, nahe genug an das Ziel heran zu kommen! Luftabwehr!!
Im Laufe des Krieges wurde die Luftabwehr ständig verstärkt.
Wo heißt es denn, " Treffer sind Glückssache"?
Sicherlich nicht in der Militärliteratur.
Sogar japanische Zerstörer haben mit den "Long Lances" aus mehr als 15km Entfernung noch Treffer anbringen können. Das waren keine Zufallstreffer, das beruhte auf Ausbildung und richtiger Einschätzung der Gegnergeschwindigkeit und Bewegungsrichtung.

Hochbomberangriffe sind in der Tat Glückssache.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade weil es in der Summe unwahrscheinlich ist, aber doch realistisch, das Leben verdichtend ist, wirken die Buddenbrooks.
Was in der Summe ist in den Buddenbrooks unwahrscheinlich? Ich verstehe, was du zum Ausdruck bringen willst, aber die Buddenbrooks halte ich in diesem Sinn nicht für ein passendes Beispiel.
 
Nein, die treffen sehr genau und gut.
Das Problem für die TBS ist es, nahe genug an das Ziel heran zu kommen! Luftabwehr!!
Im Laufe des Krieges wurde die Luftabwehr ständig verstärkt.
Wo heißt es denn, " Treffer sind Glückssache"? [...]

Flugzeuge sind bisher nicht mein Thema. Aber spricht gegen das Fernsehen, dass ich ohne zu zögern dir und nicht den Dokus glaube.

Was in der Summe ist in den Buddenbrooks unwahrscheinlich? Ich verstehe, was du zum Ausdruck bringen willst, aber die Buddenbrooks halte ich in diesem Sinn nicht für ein passendes Beispiel.
Die Ereignisse, die zur Pleite führen? Das "gedrängte Drama"?

Aber, wie ich auch schrieb, sind wir da bei Subjektivitäten.
 
Welche Dokus meinst Du denn da?
Natürlich ist ein Treffer Glückssache, wenn die Torpedos zu früh losgemacht werden.
Aber die normale Angriffstaktik ist ein Anflug von zwei Gruppen von Steuerbord und von Backbord. Das belastet die Luftabwehr und egal in welche Richtung das Ziel sich wendet, es läuft in jedem Fall in eine Torpedobahn. Natürlich sind die damaligen Torpedos keine Präzisionswaffen gewesen, aber bei reiner Glückssache hätten die Marinen wohl kaum Wert auf die Torpedoluftwaffe gelegt.
 
Die Ereignisse, die zur Pleite führen? Das "gedrängte Drama"?
welche Pleite?
Pleite gehen im Roman ein paar Neben- oder Randfiguren:
- ein Adeliger, der über seine Verhältnisse lebt
- der Geschäftsfilou Benedix Grünlich
- der als Kaufmann, dann Weinhändler und zuletzt als Privatier in allem untaugliche kleine Bruder Christian Buddenbrook (der finanziell eher kurz gehalten wird, weil er nichts auf die Reihe kriegt)
Die "Firma" Buddenbrooks erreicht mit Senator Thomas Buddenbrook ihren geschäftlichen und sozialen Zenit und verkraftet alle Aderlässe (Erbbeteiligungsauszahlungen, Mitgiften, auch Fehlinvestitionen) Zwar schrumpfte Senator Buddenbrooks politischer Einfluß und auch die Geschäfte der Firma wurden vorsichtiger, kleiner, hielten nicht Schritt mit einigen aufstrebenden Konkurrenten - aber pleite war Buddenbrooks mit dem Tod von Thomas nicht! Das alles kann man schön im "Handbuch Buddenbrooks" nachlesen, wo akribisch die Vermögenslage aufgelistet ist. Es fand sich kein Nachfolger, der die Firma weiter betrieben hätte, die Hinterbliebenen - Toni, Gerda, Christian, (Hanno spielt geschäftlich keine Rolle) - konnten großbürgerlich vom Erbe (also dem Vermögen aus dem Verkauf der Firma) leben, Gerda konnte nach Hannos Tod mit ihrer immensen Mitgift zurück nach Holland, ohne dass der "Rest" deswegen hätte darben müssen.
Bei weitem nicht allen Firmengründungen des 19. Jhs. gelang es, sich über etliche Generationen mit Wachstum zu halten; und nicht jede Firmenauflösung im 19. Jh. war eine Pleite mit Schulden.
Die erzählerische Perspektive auf die realistischen und nicht unwahrscheinlichen (!) Ereignisse steht mit ihrer kulturphilosophisch morbiden Stimmung auf einem anderen Blatt, sie überzieht quasi die Handlung mit einer symbolisch angedeuteten Zwangsläufigkeit a la Schopenhauer, legt über die Handlung den Verdacht, dass kulturelle Verfeinerung zu Verfall führen würde und legt nahe, die Handlung in diesem Sinn zu aufzufassen.

Aber wir kommen weg vom Thema... Pardon.
 
Ich muss es mal wieder lesen.

Nun, dass die Ereignisse so stattfanden, bleibt nichtsdestotrotz extrem unwahrscheinlich. Es sei denn, es ist Geschichtsschreibung. Ja, umgedreht. Aber das ist doch der Grund, warum die Wahrscheinlichkeit so oder so irrelevant für einen Roman mit gewissem Umfang ist.
 
Flugzeugtypen waren doch damals noch viel stärker national geprägt. Da reichte es nicht Hoheitszeichen aufzupinseln, jeder Halbwüchsige wusste im Krieg eine deutsche von einer britischen oder amerikanischen Maschine zu unterscheiden.

Von einer Britischen oder Amerikanischen schon.
Aber wusste er auch, wer ggf. im Cockpit einer französischen oder tschechischen Maschine (Beutegerät) sitzt?

Es gab Versuche von Frankreich nach Spanien zu gelangen
Mir ist bekannt, dass es das sowohl 1940 gab, als sich abzeichnete, dass Frankreich militärisch geschlagen war, als auch später nochmal, als von deutscher Seite in Reaktion auf das alliirte Vorgehen im Mittelmeerraum von deutscher Seite her auch Vichy-Frankreich besetzt wurde.

Allerdings dachte ich bei dem Szenario weniger an eine Flucht nach Spanien, als viel mehr aus Spanien heraus, nach legaler Einreise, wenn es gelungen wäre die tatsächliche Identität zu verschleiern.
Das nach wie vor unter der Prämisse, dass es einer vom Regime tatsächlich als "jüdisch" eingestuften Person realiter kaum möglich gewesen wäre 1943/1944 legal an ein Flugzeug zu kommen.
Aber Vertreter der deutschen Wirtschaft und auch Kontaktleute und Agenten der "Abwehr" verkehrten ja doch mit einiger Regelmäßigkeit in Spanien, so dass mir ein Flug dahin unter falscher Identität (Abstammungsnachweis) im Auftrag einer deutschen Firma oder oder Stelle nicht gänzlich unplausibel vorkommen würde.

Wäre natürlich dann über weite strecken keine wirklich dramatische, halsbrecherische Flucht, sondern würde mehr mit dem Genre des Spionageromans spielen, würde aber ggf. ein paar Logikprobleme lösen.
 
Eure Diskussionen in Ehren, nur gibt es auch ganz andere Romane und alles was Ihr schreibt ist das was bekannt war. Aber es gibt auch Flüge die ein Geheimnis blieben einerseits weil beteiligte Länder nicht wollten das das noch mehr machten, andererseits weil das so verrückt war das sich das keiner getraut hätte. Denkt bitte an die DDR Fluchten, hätte jemand gedacht das Leute einen Ballon schneidern und dann heile auf der anderen Seite ankommen, oder das Leute sich in Berlin von Ost nach West buddeln und es schaffen. Für so was braucht es intelligenten Mut und den hat jemand der am Rande des Todes steht. Seine Frau flieht als Christin vor den Russen mit den Schiffen nach Dänemark, ist hinreichend belegt. Denn ich bin was Ostpreußen betrifft Fachfrau.
 
Aber es gibt auch Flüge die ein Geheimnis blieben einerseits weil beteiligte Länder nicht wollten das das noch mehr machten

Das ist nun rein mystifizierende Spekulation. Woher möchtest du dass denn wissen, wenn das nie publik wurde?


Denkt bitte an die DDR Fluchten, hätte jemand gedacht das Leute einen Ballon schneidern und dann heile auf der anderen Seite ankommen, oder das Leute sich in Berlin von Ost nach West buddeln und es schaffen.

Die sind allerdings in mehrfacher Hinsicht eine völlig andere Nummer:

- Hier reichte es mitunter eine Strecke von einigen 100m zurück zu legen um eine gelungene Flucht zu bewerkstelligen.
- Man befand sich nicht im Kriegszustand, was es wesentlich erleichterte bestimmte Materialien für eine Flucht zusammen zu bekommen, wenn Tauschware vorhanden war, während im Krieg bereits die Rohstoffe kontingentiert waren.
- Das DDR-Regime verfolgte niemanden wegen seiner bloßen Abstammung, was potentiellen Flüchtlingen die Möglichkeit gab, sich mit dem Regime einigermaßen gut zu stellen und dafür zu sorgen, dass die eigenen Fluchtvorbereitungen möglichst lange unbehelligt blieben, was entsprechende Vorbereitungszeit verschaffte.

Für so was braucht es intelligenten Mut und den hat jemand der am Rande des Todes steht.

Für so etwas braucht es vor allem Möglichkeitsräume. Die waren in der DDR in ganz anderem Maße gegeben.

Nimm das Beispiel "Tunnel".
Um so etwas tun zu können, braucht man erstmal eine Immobilie in Grenznähe und dann vor allem auch Möglichkeiten den Aushub zu lagern und abzutransportieren, ohne dass es auffällt.

Ohne die Notwendigkeit einiger Intelligenz und eines ordentlichen Maßes an Courage in Abrede stellen zu wollen, selbst wenn ein Tunnel genügt hätte, diese Bedingungen hätte ein vom NS-Regime Verfolgter gar nicht erst vorgefunden.

Seine Frau flieht als Christin vor den Russen mit den Schiffen nach Dänemark, ist hinreichend belegt.

Ja, dass ist sicher plausibel, allerdings nicht für 1943-1944, sondern eher für Ende 1944 bis 1945.
 
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