Zur Etymologie des Wortes Neid

Siggi

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Liebe Leute,

vielleicht kann mir jemand von euch helfen. Ich möchte eine Arbeit über das Thema Neid schreiben. Es handelt sich schließlich um ein ursprünglich altnordisches Wort. Im "Wörterbuch der Deutschen Sprache" (Grimm) habe ich schon einiges Gefunden und auch die Bedeutungsgeschichte is tfür mich nachvollziehbar. Allerdings habe ich ein Problem. Lässt sich die Enstehung der Worte: níð (altn.), neiþ (got.), nith (altenglisch) datierieren? Ich finde leider keine Quellen die mir Auskunft geben. Außerdem würde ich gerne wissen, ob die altnordische Schmähwort
níðingr die etymologische Grundform für das heutige Verb "neiden" bildet. Leider bin ich ein ziemlicher Laie auf dem Gebiet der Quellenforschung. Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand von euch Quellen und Hinweise nennen könnte.

Besten Dank und viele Grüße

Siggi
 
Lässt sich die Enstehung der Worte: níð (altn.), neiþ (got.), nith (altenglisch) datieren? Ich finde leider keine Quellen die mir Auskunft geben.

Du meinst, ob sich der Lautstand datieren lässt oder meinst du Erstbelege? Da wäre das Gotische z.B. recht einfach zu ermitteln, du müsstest nur auf die wunderbare Seite wulfila.be gehen und dort auf das Gotisch-Griechisch-Deutsche Wörterbuch von Streitberg (zitierfähig!). Dort findest du dann auch die Belegstellen. Für das altenglische nith oder niþ müsstest Du dich eben durch die angelsächs. Literatur wühlen, es sei denn, du kenntest ein ähnliches WB, welches die Belegstellen gleich mitliefert.

Außerdem würde ich gerne wissen, ob die altnordische Schmähwort níðingr die etymologische Grundform für das heutige Verb "neiden" bildet.

Wohl eher umgekehrt, da níð letztlich das Grundmorphem für die Ableitung bildet.
 
Vielen Dank erstmal für die Mühe. In der Tat, ich such die ersten Belegstellen dieser Worte, aber auch die des Lautstandes. Ich habe bereits bei Streitberg gesucht, aber leider nichts gefunden. Der einzige Hinweis war nidwa, das Verzehren.

Wilhelm Streitberg 1910: Gotisch-Griechisch-Deutsches Wörterbuch p. 101.

Allerdings kann ich auch bei Streitberg keine erste Belegstelle finden, die das Wort datieren oder irgendwie zeitlich einordnen. Oder habe ich etwas übersehen? Bin schier am verzweifeln, da ich nicht vom Fach bin ...
 
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Vielen Dank erstmal für die Mühe. In der Tat, ich such die ersten Belegstellen dieser Worte, aber auch die des Lautstandes. Ich habe bereits bei Streitberg gesucht, aber leider nichts gefunden. Der einzige Hinweis war nidwa, das Verzehren.

Wilhelm Streitberg 1910: Gotisch-Griechisch-Deutsches Wörterbuch p. 101.

Neiþ findest du eine Seite vorher.

Allerdings kann ich auch bei Streitberg keine erste Belegstelle finden, die das Wort datieren oder irgendwie zeitlich einordnen. Oder habe ich etwas übersehen? Bin schier am verzweifeln, da ich nicht vom Fach bin ...

Es gibt ja vom Gotischen praktisch nur die Bibel-Übersetzung des (W)Ulfila(s). Diese ist nach 348 entstanden. Der Streitberg gibt immer den jeweiligen gotischen Text (in 99,9 % der Fälle die Wulfila-Bibel) an, in dem ein Wort zu finden ist. Die Belegstellen sind Matthäus 27,18, Markus 15,10, der Philliperbrief 1,15. Weitere Stellenangaben zum Pluralgebrauch des Wortes findest du dort auch.

Darf man fragen, für welches Fach du deine Arbeit schreibst?
 
Vielen Dank für die Unterstützung. Mit den Hinweisen ließ sich sehr viel anfangen :) Ich studiere Soziologie und schreibe eine Arbeit über Neid als anthropologische Kategorie. Zu diesem Zweck ist es notwendig, den Neidbegriff etymologisch und semantisch zu klären. Alle bisherigen Publikationen (Schoeck, Haubl, De La Mora etc.) haben diesen Aspekt allerdings vernachlässigt. Es ist aber eine lohnende Arbeit der Sache wirklich auf den Grund zu gehen, vor allem wenn es um die Bedeutungsgeschichte dieses Wortes geht.
 
Vermutlich trage ich Eulen nach Athen, wenn ich offtopic auf die Invidia als eine der Sieben Hautlaster (ugs. "Todsünden") aufmerksam mache?
 
Hallo Don Quijote,

derzeit bin ich immer noch mit meiner Arbeit beschäftigt. Vor einiger Zeit habe ich folgende Quelle zitiert, die eine Datierung angibt:

walreaf is niðinges dæ´de [Leichenberaubung ist Tat eines (Fried- und) Ehrlosen]

Datierung: 910/1060

Fundstelle: Liebermann,AgsG. 392

Handelt es sich bei dieser Datierung und den Lautstand? Wie es scheint, ist dies der Fall. Da ich jedoch keinen Hinweis auf der Seite gefunden habe, wollte ich mal einen Fachmann zu Rate ziehen.

Beste Grüße

Siggi
 
Ich befürchte, du überschätzt da meine Fähigkeiten ein wenig.
Ich kann dich nur auf dieses Diss. verweisen, die du aber sicherlich schon kennst:
http://etd.ohiolink.edu/send-pdf.cgi/Lemanski Stanley Jay.pdf?akron1258399847
Darin findest du folgende Stelle:
"Walreaf is niðinges dáede : gif hwá ofsacen wille, do þaet mid eahta and
feowertig fulbórenra þegena"; "Wealreaf (id est mortuum refare) est opus niðingi : si quis negare uelit, faciat hoc cum xlviii tainis plene nobilibu" (GA I, 392-393).

GA I bezieht sich auf den ersten Band der Gesetze der Angelsachsen von Felix Liebermann, wobei dies den Forschungsstand der Jahrhundertwende von 19. zum 20 Jhdt. markiert. Ich hab die Stelle noch mal zitiert, weil auch im lateinischen Text das angelsächsische niðingi vorkommt. Schau doch mal, ob du an deiner Uni im anglistischen Seminar nicht einen Historiolinguisten findest, der dir helfen kann. Du kannst dir allerdings ziemlich sicher sein, dass der Text aus einer Zeit vor 1066 (Battle of Hastings) stammen muss, woher sich die Datierung 920/1060 ansatzweise erklären könnte.
 
Hallo Siggi!
Ich verweise bei solchen Fragen immer gern auf eine sehr gute Publikation: http://www.koeblergerhard.de/germanistischewoerterbuecher/germanischeswoerterbuch/nhd-germ.doc

Und da steht:
Neid: germ. *inwid, germ.?, F.: nhd. Neid; *neiþa‑, *neiþam, *nÆþa-, *nÆþam, germ., st. N. (a): nhd. Eifer, Neid, Hass, Feindseligkeit, Kampf, Streit; *neiþa‑, *neiþaz, *nÆþa-, *nÆþaz, germ., st. M. (a): nhd. Eifer, Neid, Hass, Feindseligkeit, Kampf, Streit

neiden: germ. *neiþan, germ.?, sw.? V.: nhd. neiden, beneiden; *nÆþjan, germ., sw. V.: nhd. neiden, beneiden, missgönnen
Das heißt, im Germanischen gab es den Begriff "neiþam" bzw. "neiþaz" für Neid und "neiþan" für neiden bzw. beneiden bereits. Eine Datierung ist daher schwierig. Möglicherweise gab es auch schon im Indoeuropäischen einen Begriff für den Neid.
 
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Die Asterisken (*) vor den Worten bedeuten, dass die Worte nicht belegt sondern rückerschlossen sind. Der Koebler hilft hier nicht weiter.
 
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