Zur gallo-römischen Gottesverehrung

Caracalla

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Guten Tag,

vor kurzem las ich in dem Buch "Gallien" von Paul Marie Duval, dass die Gallier ebendiegleichen Götter wie die Römer kannten. So heißt es in einer Passage, dass jene fünf Hauptgötter hatten, die ebenso die römischen Namen Merkur, Iupiter, Mars, Apoll und Minerva trugen.
Die "Zuständigkeiten" der Götter gleichen teils denen, der römischen Pendants.
Jedoch gab es doch aber auch solch urgallische Götter wie Esus, Grannos, Lugus oder Ogmios.
Übernahmen die Gallier denn nun nach der Provinzialisierung einfach die römischen Götter oder koexistierten die beiden Gruppen?
Dazu allgemeiner: Zwangen die Römer den in den Provinzen Lebenden ihren Gottglauben immer auf?

Ich danke im Voraus für Antworten.
 
Meine folgende Antwort ist eher schwach, weil ich kein Experte für die römische Antike bin. Ich kann daher nur darauf verweisen, was allgemein immer wieder kolportiert wird:
Man sagt den Römern eigentlich eine sehr große Toleranz gegenüber den Göttern anderer Religionen nach, mehr noch: Rom importierte regelrecht andere Kulte in die Reichshauptstadt, etwa die ägyptischen. Bei Ähnlichkeiten von römischen und autochthonen fanden häufig auch Verschmelzungen statt.
Nur mit dem Judentum und seinen Sekten (darunter das aufstrebende Christentum) hatte Rom so seine Probleme. Stichworte: Kaiserkult, Abbildungsverbot.
 
Die Gallier verehrten meiner Meinung nach nicht die gleichen Götter wie die Römer. Aber beide Religionen waren polytheistisch, d.h. man hatte für mehr oder weniger alle Bereiche des Lebens eine Gottheit, die dafür zuständig war. Und Caesar, auf den diese Gleichsetzung glaube ich zurückgeht, hat eben die Aufgaben der gallischen Götter mit denen der römischen Götter verglichen und festgestellt, dass ähnliche Aufgaben für einen Gott vorgesehen waren. So kommt der Satz: 'Die Gallier verehren von den Göttern am meisten Merkur' zustande. Der gallische Hauptgott nach Caesar hat vergleichbare Aufgaben wie Merkur, ist aber nicht Merkur. Das ganze nennt sich 'interpretatio romana'.
Daneben gibt es einige Götter, die kein Ebenbild im römischen hatten. Die Pferdegötting Epona ist da u.a. zu nennen.
 
Das im gallo-römischen Kult die römischen Hauptgötter vertreten waren, stimmt. Interessant ist aber folgendes: diese Hauptgötter hatten oft - regional jeweils unterschiedlich - Beinamen. Beispiele dafür wären Diana Abnoba, die Göttin des Schwarzwaldes, oder Apollo Grannus, vermutlich Gott der Aachener Heilquellen. Fast immer haben diese Beinamen einen regionalen Bezug, sei es der Name eines Volkes, eines Flusses oder Gebirges. Daneben gab es aber weitere Götter, die nicht romanisiert wurden, aber noch aus keltischer Zeit stammen. Eines der wichtigsten Beispiele ist die in Deutschland vielfach bezeugte, im Damensitz auf einem Pferd reitende Epona. Warum es die "romanisierten" und die Götter mit (mehr oder weniger) keltischem Originalnamen nebeneinander gab, ist mir unklar. Bei den romanisierten handelt es sich wohl um ursprünglcihe Regionalgottheiten, die durch Benennung als Merkur oder Diana vielleicht einen bedeutungsvolleren Rahmen bekommen sollten. Ist allerdings reine Spekulation von mir.
Die gallorömische Religion hat viele Eigenheiten von Beginn an gehabt und auch später noch entwickelt. So waren gallo-römische Tempel fast immer entweder rund oder quadratisch und von gleichförmigen Umfassungsmauern umhegt, was mitunter als "Temenos"-Form bezeichnet wird. Wie Funde aus Frankreich zeigen, stammt dieser Grundriss aus vorrömischer Zeit ( 2 - 1. Jh. v. Chr.). Eine Eigenart, die erst während des römischen Reiches entwickelt wurde, sind die sogenannten "Jupitergigantensäulen", die v. a. in den Germania-Provinzen, aber auch der Belgica gefunden wurden. Der Bezug zum Keltentum ist hier allerdings nicht so groß, es könnte auch andere Erklärungen geben.
 
Caracalla schrieb:
Dazu allgemeiner: Zwangen die Römer den in den Provinzen Lebenden ihren Gottglauben immer auf?
Ich danke im Voraus für Antworten.
Die wohl wichtigste Frage.
Nein! Sie zwangen nicht auf, das einzige Element des "Zwanges" ist die Anerkennung und Respektierung der Staatsreligion bzw. des Kaiserkultes, welche sich aber einzig in den monotheistischen Religionen als Problem niederschlug.
Ausüben durfte jeder seine Religion, vorausgesetzt, sie entsprach den staatlichen Vorgaben (keine Menschenopfer usw.)
 
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