Zusammensetzung der Fußsoldaten im hochmittelalterlichem Heer

Mittelwalter

Mitglied
Hallo zusammen

Ich wollte fragen wie die Fußsoldaten in einem hochmittelalterlichem Heer zusammengesetzt waren.
Bildeten hauptsächlich profesionelle Seargents at Arms die Reihen der Fußsoldaten oder waren es mehrheitlich eingezogene Männer die kaum Kriegsausbildung hatten?
Wurden Milizen im großen Stil in Heere eingegliedert und wie hoch war der Söldneranteil durchschnittlich im hochmittelalterlichen Heer, also vor dem Durchbruch der Landsknechte und Condottieri ?
 
Im Frankreich des 12. Jahrhunderts standen Söldner hoch im Kurs, sogenannte Brabanzonen, die man als hochmittelalterliche Condotrieri bezeichnen kann. Sie wurden sowohl von den Kapetingern (Ludwig VII., Philipp II.) als auch den Plantagenets (Heinrich II., Richard Löwenherz, Johann Ohneland) als Fußtruppen eingesetzt. Aber auch kleinere Feudalfürsten warben sie an, wie z.B. der Graf von Flandern oder einige Grafen des Limousin.

Ab dem Beginn des 13. Jahrhunderts forderten die französischen Könige die Milizen der Kommunen zum Heerdienst an. In der Schlacht von Bouvines 1214 wurden die französischen Fußtruppen von 16 Kommunen Nordfrankreichs gestellt.
 
In England ersetzte im 13. Jahrhundert das "indenture"-System die alten feudalen Aufgebote. Truppen wurden nun gegen Soldverträge angeheuert.
Der erste nachweisbare Fall liegt im Jahre 1277, im selben Jahr erschienen nur 377 Ritter zu ihrer feudalen Heeresdienstverpflichtung (von 7000 möglichen).
Aus dem Jahr 1300 (unter Edward I.) datiert der erste erhaltnen Soldvertrag zwischen dem König und einem hohen Adligen, aus dem Jahre 1287 der erste erhaltene Soldvertrag zwischen einem Adligen und angeworbenen Fußsoldaten.
UnterEdward II. wurden solche Kontarkte hauptsächlich genutzt, um besatzungen für garnisonen zusammenzubringen, die ja länger an Ort und Stelle blieben mussten, als es die feudale Heeresdienstverpflichtung (40 Tage) vorsah.
Unter Edward III. hatte das "indenture"- System die alte Form der Heeresdienstverpflichtung völlig verdrängt.
 
Wie sah es damit im HRR aus? Und wie waren die Fußsoldatenabteilungen der Feudalaufgebote der Fürsten zusammengesetzt? Spielten Seargents at Arms von ihrer Anzahl her eine große Rolle in Heeren?
 
Habe gerade die Zahlen für das Aufgebot von Brügge, das Jahr ist 1303 (also zwischen den Schlachten von Courtrai und Mons-en-Pevele). Demnach hatte Brügge ein Kontingent von 1254 Mann, davon waren 43 die Aldermänner (also Ratsherren) samt Gefolge (vermutlich kämpften die als Kavalleristen), dann hatte man genau einen Feldscher, 7 englische Söldner, 200 Armbrustschützen, 100 Pavisenträger, 183 Sergeanten, 830 Milizionäre der Gilden und Zünfte. Demnach war der Anteil professioneller oder semiprofessioneller Soldaten recht hoch.
 
Auf der Iberischen Halbinsel wurde die Infanterie hauptsächlich aus den Milizen der Städte gebildet. Bei der Schlacht der Navas de Tolsa bildeten diese einen beachtlichen Anteil der anwesenden Truppen.

Eine Besonderheit waren die "Almogávares". Das war leichte Infanterie aus den Katalanisch-Aragonesischen Grenzgebiet die sich einen Namen unter Roger de Flor in Griechenland und Kleinasien machten.
 
Zitat Bdaian:"Eine Besonderheit waren die "Almogávares". Das war leichte Infanterie aus den Katalanisch-Aragonesischen Grenzgebiet die sich einen Namen unter Roger de Flor in Griechenland und Kleinasien machten."
Genau, die Jungs waren hartgesottene Fußkämpfer, die als "Katalanische Kompanie" in der Ägäis die Türken zurückdrängten, bis ihr Anführer Roger de Flor (trotz des blumigen Namens ein Deutscher) von einem byzantinischen Prinzen ermordet wurde. dann zogen sie von Gallipoli nach Zentralgriechenland, besiegten 1311 bei Kephissos das Heer des Walter de Brienne und etablierten ihre Herrschaft (ich glaube) auf dem Peloponnes, die mehrere Jahrzehnte dauerte. Ein ein Griechenland gebräuchlicher Fluch lautet : "Möge die Rache der Katalanen über dich kommen".
Diese Elitesoldaten kämpften hauptsächlich mit dem Wurfspeer.
 
Über die katalanische Söldnerkompanie in Griechenland habe ich auch schon etwas gehört.
Als Fazit kann man sagen, dass in vielen Ländern mengentechnisch Milizionäre an erster und Seargents und Söldner etwa an zweiter kamen, oder ?
 
"Katalanische Kompanie" ... ihr Anführer Roger de Flor (trotz des blumigen Namens ein Deutscher)

Er war der Sohn eines Falkners Kaiser Friedrichs II. auf Sizilien. Seinem Namen nach war er eher sizilianisch-normannischer Abstammung. Die "Almogávares" wurden später vom Hause Aragón nach der sizilianischen Vesper 1282 nach Sizilien gebracht für den Kampf gegen Anjou. Später unter Roger de Flor zogen sie nach Konstaninopel weiter.

Gunny schrieb:
dann zogen sie von Gallipoli nach Zentralgriechenland, besiegten 1311 bei Kephissos das Heer des Walter de Brienne und etablierten ihre Herrschaft (ich glaube) auf dem Peloponnes, die mehrere Jahrzehnte dauerte.

Schlacht am Kephissos ? Wikipedia

Nein, sie übernahmen das Herzogtum Athen. Auf dem Peloponnes befand sich das Fürstentum Achaia, das zu jener Zeit unter dem Einfluss der Anjou stand.
 
Der Vater hieß angeblich "Blum", was auf eine deutsche Herkunft deuten würde. So steht es jedenfalls in Wolfram zu Mondfelds Buch über die Piraterie.
Zur Schlacht bei Kephissos gibt es ein Kapitel bei Kelly de Vries: "Infantry warfare in the early fourteenth century". De Vries stützt sich vor allem auf den Augenzeugenbericht von R. Muntaner.
 
Der Vater hieß angeblich "Blum", was auf eine deutsche Herkunft deuten würde. So steht es jedenfalls in Wolfram zu Mondfelds Buch über die Piraterie.

Mit der deutschen Herkunft des Richard de Flor hast du tatsächlich recht. Sie ist von Muntaner überliefert, wie in dieser katalanischen Übersetzung von 1558 zu lesen.

"Veritat es que Lemperador Fraderich hach vn falconer, qui era Dalamanya, e hauia nom Rixart de Flor..."

Crnica de Muntaner
 
Um zur Eingangsfrage zurückzukehren:
Interessant ist auch der Sonderfall Irland: hier bildeten seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts die sog. "Galloglas" den Kern der meist relativ kleinen Armeen der verschiedenen Lordschaften und Kleinkönigreiche auf der Insel, aber auch die englische Krone heuerte diese Krieger an. Sie stammten von den Hebriden und der Westküste des schottischen Festlandes, waren gälisch/nordischer Herkunft und als furchteinflösende Krieger bekannt.
Die Galloglas kamen in mehreren Wellen nach Irland:
1242 wurden die Bissets aus Schottland verbannt und ließen sich mit vielen Kriegern in Irland nieder,
1265 heiratete der König von Connacht aus dem Clan der O´Connors die Tochter des Clanchiefs der MacRuaridhs (Mac Rorys). Sie brachte Dutzende Krieger als Mitgift mit.
Um 1310 konnte Robert the Bruce mit seinen Verbündeten (namentlich den MacDonalds, MacRuaridhs und Campbells) die mit der englischen Korne verbündeten Clans in den westlichen Highlands unterwerfen, die MacSweens wurden aus Schottland vertrieben.
Nach der Schlacht von Bannockburn landeten der Schottenkönig und sein Bruder Edward, der als neuer König Irlands installiert wurde, im Norden Irlands. Wenn auch diese Unternehmung mit der Schlacht von Faughart 1318 mit einer Niederlage endete, so brachte sie wieder einen neuen Schub sog. Galloglas mit, ein Terminus, den man mit "Fremde Krieger" übersetzen kann. Wenngleich die Kontakte nach Schottland nie abrissen, häufig Galloglas in innerschottischen Konflikten mitkämpften, wurden sie in Irland heimisch und verdingten sich als Soldkrieger. Am bekanntesten waren die MacSweenys, deren Hauptzweig seinen Stützpunkt in Donegal hatte (Doe Castle).
Die Galloglas waren Fußkrieger, sie kämpften vorzugsweise mit einer großen Äxte bzw. einem Bidenhänderschwert. Entlohnt wurden sie hauptsächlich in Form von Viktualien.
Alle Chroniken spielen auf ihre Körpergröße, ihren Hunger und ihre Rohheit an. Jeder irische Magnat, der es sich leisten konnte, ob gälischer oder anglo-normannischer Herkunft, heuerte Galloglas an, als Kerntruppe seiner Armee oder als Bodyguard(s).
Höhepunkt der Kriegführung der Galloglas war die Schlacht von Knockdoe am 19. August 1504. Danach verschwanden die Galloglas allmählich von der Bildfläche, im Norden wurden sie durch einen neuen Typus schottischer Söldner verdrängt, den "Redshanks".
Ein Stich Albrecht Dürers zeigt einige Galloglas.
Zu dem Thema gibt es einen relativ neuen Osprey-Titel, außerdem einen Beitrag in der "Zeitschrift für Heereskunde"
 
Noch ein Literaturtip: Taktik und Strategie der Landsknechte von Siegfried Fiedler. Im Kapitel "Vom Lehnskrieger zum freien Söldner" führt der Autor eine ganze Reihe von Beispielen mittelaterlichen Söldnertums an.
Nur einige Beispiele: 959 warb der Doge von Venedig, Pietro Candiano IV., ausländische Söldner als Leibwache an,
1053 begann Papst Leo IX. mit der Hilfe von Söldnern den Kampf gegen die Normannen Unteritaliens (späterwechselte er die Fronten),
der Schwertbrüderorden hatte rund 180 Ritterbrüder (die dem Orden beigetreten waren) und rund 1200 dienende Brüder (oft bäuerlicher norddeutscher herkunft), die gegen Sold kämpften usw.
 
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