Natürlich übergehe ich vieles, wer tut das nicht? Im Gegensatz zu dir sehe ich aber in den geistesgeschichtlichen Faktoren wichtige Erklärungskomponenten, die sich nicht erschießen, wenn man sich - wie vielleicht in einem Geschichtsforum eher üblich - auf politische oder Sozialgeschichte konzentriert. Von einer "Essenz des Christentums" habe ich nicht gesprochen, sondern ganz lapidar davon, dass sich in der christlichen Tradtion (im Gegensatz zur islamischen) bestimmte Auffassungen etabliert haben, die der Entwicklung der modernen empirschen Wissenschaft förderlich oder gar notwendige Voraussetzung für deren Entstehung waren.Allerdings übergehst Du alle geschichtlichen Entwicklungen und Veränderungen, die hier zu recht angebracht wurden, sowie Hinweise auf reale theologische Kommentierungen. Dies ist ein Geschichtsforum. Du idealisiert eine sehr späte Entwicklung im lateinisch-christlichen, westlichen Europa zu einer frei entworfenen, angeblichen Essens des 'Christentums' im generellen Unterschied zum 'Islam'.
Einmal mehr: ich spreche nicht von hinreichenden sondern von (und selbst das mit Vorsicht) notwendigen Bedingungen für die Entstehung moderner Wissenschaft. Dass es daneben andere Bedingungen gibt, habe ich nie bestritten. Am besten, du nennst konkret bestimmte dieser "Plausibilitätskriterien", dann kann ich dir auch sagen, ob ich einen Konnex zur christlichen geistestradition sehe oder ob ich sie als echte Novitäten einstufe.Die Neuzeit mit den sich langsam, aber sehr nachhaltig sich verändernden Plausibilitätskritierien und Wissenschaftskriterien besonders im latinisch-christlichen, expandierenden westlichen Europa scheinst Du einfach als Teil eines angeblich weiter währenden, seit der Entstehung des Christentums viele Jahrhunderte vorher unveränderten 'General-Christentums' insgesamt einebnen zu wollen.
Was die zeitliche Entwicklungsdauer betrifft, habe ich bereits geantwortet. Und zum Bezug Galileo/Kepler/Newton zu spezifisch christlichen Denkvorausstzungen habe ich mich gegenüber Sepia geäußert.Nur so können Kepler, Newton und Galilei bei Dir zu exemplarischen Beispielen im Christentum werden - gut 1500 Jahrhunderte nach Entstehung des Christentums mit langen, sehr vielen unterschiedlichen Phasen und Richtungen.
Da haben wir es in der Tat einem interessanten Zusammenwirken im wesentlichen dreier antiker Denktraditionen zu tun: dem Aristotelismus, dem (Neo-)Platonismus und dem mechanistischen Denken von Leuten wie Demokrit. Die Esoterik der Renaissance wurzelt in der Begeisterung für den neu rezipierten (Neo-)Platonismus in dieser Zeit. Sie hatte im Endeffekt unerhofft positive Nebenwirkungen.Den stark esoterischen Drall, eine typische Begleiterscheinung seit der Renaissance mit ihrem vielfachen Rückgriff auf die Antike, sowohl Keplers wie erst recht Newtons
Keineswegs. Einmal mehr: ich spreche von notwendigen Bedingungen. Conditiones sine qua non. Dass auch anderes wichtig ist, damit aus dem "notwendig" ein "hinreichend" wird, bestreite ich doch nicht.... übersiehst Du weitgehend bzw. relativierst ihn bei Kepler als unwichtig.
Generalisierungen sind immer "Erfndungen", frei sind sie insofern, als auch konkurrierende Erklärungsmuster logisch möglich sind. Sie unterliegen aber wichtigen Einschränkungen in Bezug auf Kompatibilität mit historischen Fakten und mit der Erklärungskraft, die ihnen innewohnt. Das "von Dir" kann ich aber klar zurückweisen, da ich nur aufnehme, was viele andere Exegeten der Wissenschaftsgeschichte bereits ausgeführt, erläutert und publiziert haben. Du tust ja gerade so, als wäre das eine private Schnapsidee von mir und dass diese Erklärungsmuster in der Fachwelt unbekannt wären.Das ist in dieser überzeitlichen Generalisierung eine frei Erfindung von Dir, meine ich.