Ich kann mir vorstellen, dass machtbewusste und selbstbestimmte Frauen im Mittelalter, wie Blanka und ihre Urenkelin Isabella sie repräsentierten, ganz gerne von der männlichen und zumeist geistlichen Autorenschaft als "Wölfinnen" bezeichnet wurden.
Ein (verspäteter) Gedanke hierzu…
Es steht natürlich außer Frage, dass das Mittelalter das weibliche Geschlecht aus heutiger Perspektive ganz erheblich benachteiligte; ich würde diese Beobachtung jedoch nicht an der hervorgehobenen Bemerkung festmachen.
Es gibt erstaunlich viele Beispiele für "machtbewusste", "selbstbestimmte" Frauen, die den Konventionen jener Zeit trotzten und weniger Widerstände erfuhren, als man in der Rückschau erwarten würde, ja, sogar bewundert wurden.
Unter ihnen sind geschickte Politikerinnen wie Jolanthe von Aragonien, Grundbesitzerinnen wie Eleonore von Aquitanien und sogar manche Kämpferin. Einige wurden in diesem Themenstrang bereits genannt, etwa die wahrhaft beeindruckende Caterina Sforza.
Johanna von Belleville, die als "bretonische Tigerin" Berühmtheit erlangte, wurde am Hofe Eduards des Dritten ehrenvoll empfangen und führte ihren Kampf gegen Frankreich mit dessen Geld und Segen fort.
Eleonore von Arborea erkämpfte sich mit der Waffe in der Hand in der sardischen Folklore einen Ehrenplatz, der fast an die Rolle heranreicht, die Johanna von Orleans in Frankreich einnimmt.
Sogar im frühsten Frühmittelalter treten Frauen wie Ethelfled von Mercien auf, die ganz selbstverständlich an der Spitze ihres Heeres gegen die Dänen in die Schlacht zog.
Zu bedenken ist hier, dass die gesellschaftliche Ordnung der Zeit als gottgewollt angesehen war. Sich gegen diese Ordnung aufzulehnen, hieß, Gott selbst zu trotzen. Wenn es aber einer Frau vergönnt war, nach Recht und Sitte der Zeit in eine Machtposition aufzusteigen, lehnte sie sich gerade nicht auf.
Manche Herrscherin aus eigenem Recht unterstrich diese Tatsache, indem sie mit dem generischen Maskulinum titulierte, aber es lässt sich zum Beispiel auch fragen: Wer hätte der mächtigen Caterina Sforza verbieten können, ein Schwert zu führen, abgesehen von ihrem rechtmäßigen Gemahl?
An den oben genannten "Wölfinnen" ist in meinen Augen weniger auf ihr Geschlecht als auf ein anderes Merkmal abzustellen: ihre Herkunft. Sie waren angeheiratet, und zwar regelmäßig aus rivalisierenden Reichen.
So verwundert es kaum, dass etwa bei den Anhängern der Plantagenet die Alarmglocken schrillten, als eine Kapetingerin den zweiten Eduard in den Kerker werfen ließ und gemeinsam mit ihrem Geliebten die Macht übernahm.
Übrigens finden sich nicht wenige angeheiratete Mitherrscher oder Herrscher
de jure uxoris, denen das gleiche Misstrauen entgegenschlug. Insbesondere wenn es ihnen an einer eigenen Hausmacht fehlte, hatten sie so manchen Spießrutenlauf zu überstehen, so der junge Maximilian zu Beginn seiner Ehe mit der Burgunderin Maria.
Dynastische Bündnisse schloss man nun einmal in der Hauptsache mit rivalisierenden oder sogar feindseligen Adelshäusern. Eigentlich ganz erstaunlich, dass in manchen dieser kaltschnäuzig geschlossenen Zweckehen tatsächlich eine Liebe erblühte…