Was aber eben nicht das Thema ist, wenn ich die Frage richtig verstanden habe. Aber gut, dass mag an der eher unreflektierten Benutzung der entsprechenden Begriffe in der Frage liegen.
Und kulturelle Werte sowie Wissen sind einzig und allein invariabel sag- und formulierbar. Ändern sie sich, sind es keine Werte, bzw. kein Wissen mehr. Dass sie sich zu jedem Zeitpunkt in einer Entwicklung befinden, wodurch sie nur Momentaufnahme sind, ist etwas anderes. Auch die Flexibilität des Menschlichen Denkens ändert nichts daran, dass wir lediglich Äußerungen vor uns haben. Wieder ändert es wenig an den Konsequenzen.
Im Übrigen ging es mir eher darum, dass Du vor dem Ei beginnst. Allerdings sehe ich gerade, dass ich den ersten Absatz der Frage nicht berücksichtigt habe. Da trifft Deine Aussage natürlich.
Dass der Begriff Stamm benutzt wird, ändert nicht die Definition. Und mit meiner Bemerkung habe ich doch ausdrücklich gesagt, dass ich nicht auf PC abstelle, sondern auf die Definition. Hier ist viel lamentiert worden, ohne dass es geändert worden wäre. Teils werden sogar unreflektiert verschiedene (!) antike Begriffe damit wiedergegeben. Der Unterschied zu Ethnie liegt in der Distanz zum weniger natürlich wirkenden Namen und in der Diskussion um den Begriff. Ohne Angabe in welchem Sinn Ethnie benutzt wird, bleibt natürlich auch einiges unklar, wenn er nicht ganz allgemein benutzt wird.
Bei Stamm steht, wenn keine Abweichung gemacht wird immer das 'primitiv' im Raum. Zudem ist ein Stamm die Unterabteilung eines Volkes, keine eigene Ethnie. Von wem sind jetzt die Sachsen eine Unterabteilung? Ethnie ist da wieder neutral. Ich verweise da auf Morton Herbert Fried, der darstellte, dass der Begriff unbrauchbar ist.
Aus der Verlegenheit heraus, dass es bisher keine brauchbare Definition gibt, wird er weiter benutzt. Auch da ist wieder Ethnie der bessere Ausdruck, da er auch für den weniger damit befassten Leser nach Definition schreit. Ich hatte schon einmal eine diesbezügliche Diskussion im Forum angeregt, was aber nicht aufgenommen wurde.
Hinzu kommt, dass damit oft der Stamm als soziale Organisationsform verwechselt wird. Nun kann man gut sagen, dass dies bloß ein anderer Aspekt ist. Aber die Vermengung ist doch logisch nicht zulässig. Denn Stamm beschriebe dann 2 nahe beieinander liegende unterschiedliche Erscheinungen, die in der Wissenschaft zu trennen sind. Einige Autoren schlängeln sich sogar um dieses Problem herum, ohne zu merken, dass hier eine der Ursachen ihrer Probleme liegt.
Auch die Rede von Gesellschaften ist mir aus diesem Grund etwas 'unseriös'. Wir können Ethnien natüich immer als Gesellschaften beschreiben. Und angesichts der Problematik der Begriffe 'Stamm' und 'Ethnie' - da hat ja bald jeder Ethnologe eine eigene Definition, wie mitunter gesagt wurde - mag eine solche Betrachtung weiter führen. Nur ist es eben kein Ersatz für die Bezeichnung für jenes Gemeinwesen, dass der Mensch meist als natürlich betrachtet und in Ausdrücken wie 'die Athener' oder auch 'wir Westfalen' zum Ausdruck kommt. Heute haben wir da ein Nebeneinander vieler Zugehörigkeiten nur einer Person, die die Konzentration auf 'eine Nation' schon als absurd erscheinen lassen. Dennoch bildeten und bilden solche Bezüglichkeiten (Verlegenheitbegriff, weil ich hier nicht durch die eine oder andere Formulierung nicht noch eine Diskussion anfangen möchte.) für die Mehrheit der Menschheit einen Teil der Erklärung der Welt.
Ja, es bedeutet für viele Leid, wenn sie diese Bezüglichkeiten nicht leben dürfen, was sich Populisten zu nutze machen. Doch muss dies klar von der sog. Identitären Bewegung geschieden werden.
Eben aufgrund der Entwicklung und der je nur momentan invariablen Werte ergibt sich ein Unterschied hierzu. U.a. daher habe ich oben auf der korrekten, wenn auch kleinteilige und an die Schildkröte des Achill erinnernden Argumentation bestanden. Denn dies zeigt den Denkfehler auf, dass Ethnizität in Werten und Abgrenzungen feststeht.
Und dies ist gleichzeitig eine Kritik an der reinen Lehre der Ethnogenese. Denn trotz aller Veränderungen gibt es immer je aktuelle Werte und Erklärungen. Wir können diese nicht immer fassen. Aber daraus ist nicht zu schließen, dass es sie nicht gab.
Darum ist in Bezug auf den Thread zu konstatieren, dass die SAchsen in ottonischer Zeit ohne Verbindung zu den Sachsen des 5. Jahrhunderts waren. Dennoch kann es sich um dasselbe 'Volk' handeln, um mit dem Threadersteller zu sprechen. Dass man nicht zweimal in den selben Fluss steigen kann ist eben so wahr wie falsch, um das Problem Zenons nun endgültig überzustrapazieren.
Es.wurden die Beziehungen von Inselsachsen und Altsachsen in karolingische Zeit durch die angelsächsische Mission und später in ottonischer Zeit durch ein gewisses neues sächsisches Selbstbewusstsein und evt. die erwähnte Heirat neu aktualisiert.
Und die Frage nach den älteren Beziehungen ist eben mangels Quellen nicht zu beantworten.