Letztendlich geht es um geometrische Zeichnungen, zunächst einmal auf aus dem Holz des Drachenbaums hergestellten Schilden (wobei hier zu fragen ist, ob die Kanarier hier nicht durch die Begegnung mit frz., ital., port. und span. Söldnern beeinflusst worden sind), dann in Höhlen.
Die Zeichnung in der Höhle von Gáldar wird dann intensiver beschrieben und schließlich die durchaus begründete Hypothese entwickelt (mittels einer
echten und nicht herbeikonstruierten Zwölferanzahl), dass hier ein kanarischer Kalender dargestellt sei, ich habe dann nicht verstanden, wie Barrios rechnet:
The other possibility would be to read the red angles as days, putting each one of the rectangles in connection with the 12-month chessboard at its side. In this case, if the lunar year have a mean duration of 254 days, these 254 days plus 9 or 10 days would corresponds to an estimation of the solar year of about 363 or 364 days, respectively.
254+10=364? Sorry, aber da steige ich jetzt nicht durch, aber gut, der Mann ist Mathematiker, der wird schon wissen, wie er rechnet.
Aber eines ist klar: Barrios weiß, dass er die These im Grunde nicht beweisen kann, er bleibt im Konjunktiv und spricht von einem
possible astronomical symbolism in the decoration of the cave, und gibt zu:
actually it do not impede other concurrent interpretations.
Natürlich kann man immer versucht sein, in Zeichnungen einen Symbolismus hineinzuinterpretieren - oft genug ist er zweifelsohne da und kann auch, je nachdem von Laien oder auch nur Experten entschlüsselt werden - jedoch muss das nicht zwingend geschehen. Nicht jede (abstrakte) Zeichnung stellt etwas dar. Auch der Bedarf von Menschen nach Ordnung und Verzierung kann schlicht und einfach der Grund für solche geometrischen Bänder sein, wie die Mäander- und Wellenbänder in der griechischen und römischen Dekoration. Es ist natürlich spannender, in den Bändern eine Bedeutung zu vermuten, aber das wiederum ist dem idiosynkratischen psychologischen Bedürfnis des Betrachters geschuldet, der darin unbedingt etwas sehen will, nicht dem Bedürfnis des Künstlers, der sich womöglich gar keine tiefen Gedanken darum gemacht hat, warum er die Höhle mit geometrischen Bändern verzierte, sondern einfach nur das Bedürfnis hatte, diesen (Kult?)-Ort zu verzieren. Wie dem auch sei, ob die Intention nun lediglich im Verzieren lag oder diese Verzierung doch auch symbolisch lesbar war: die Überlieferung ist abgebrochen, es gibt keine Selbstzeugnisse der Guanchen, die Quellen geben etliche Jahrzehnte nach der Eroberung aus Erobererperspektive nur einen recht oberflächlichen Einblick in die Kultur der Guanchen vor der Ankunft der Europäer und vor ihrer Akkulturation. Und weil die Überlieferung abgebrochen ist, kann man nur mehr oder weniger gut begründet über eine Bedeutung (gibt es sie? Wenn ja, welcher Art?) spekulieren.