Nach meinem Eindruck ein kurze Zusammenfassung des durchaus komplizierten Themas:
Norman Naimark: Revolution, Stalinismus und Genozid
Zitat aus dem Fazit: "
die Massenmorde unter Stalin waren ein zutiefst irrationaler und psychotischer Akt"
Es erscheint mir nicht sinnvoll die Geschehenisse in der Ukraine ohne den gesamt-sowjetischen Kontext zu betrachten.
Zu beachten ist auf jeden Fall welchen starken Einfluss die Sowjet-Union vor dem Eindruck der eigenen Taten auf die Ausformulierung der Völkermord-Konvention nahm, um politische und soziale Gruppen nicht durch die Konvention zu schützen. Verfolgt wurden in der ukrainischen Sowjet-Republik vor allem soziale und politische Gruppen, zum Teil auch eigens dafür erfundene soziale und politische Gruppen wie eben die "Kulaken", "polnische Agenten" und "ukrainische Nationalisten".
Noch ein Zitat von Naimark:
Kennzeichnend für den Genozid an den Ukrainern war brutale Gewalt gegen die Bevölkerung. Jörg Baberowski vermutet, dass dieser Hang zur Gewalt aus dem kaukasischen Hintergrund Stalins und vieler seiner Handlanger herrührte, und dass der Anklang, den sie in den unteren Rängen der Partei und der Geheimpolizei gefunden hat, auf die Rückständigkeit der russischen Bauern zurückzuführen sei.
Auffallend ist die Gleichgültigkeit gegenüber menschlichem Leid, die die sowjetischen Regierungskreise in der Zeit Stalins an den Tag legten. Während ukrainische Bauern täglich zu Zehntausenden verhungerten, zeigte der Kreml nicht das geringste Mitgefühl. Stalin, Molotow, Kaganowitsch und andere erklärten die ukrainischen Bauern zu "Feinden des Volkes", die den Tod verdient hätten.
Ich denke es wird deutlich, dass es hier vor allem um Bauern ging. Ob diese Bauern russischer oder ukrainischer Nationalität waren, ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass diese Gruppen als gefährliche Verräter und "Blutsauger" diffamiert wurden.
Wie immer wurde nicht beachtet, dass Lasar Kaganowitsch im Gouvernement Kiew geboren wurde und daher trotz jüdischer Herkunft auch selbst als Ukrainer gelten kann. Als 1. Sekretär der ukrainischen KP forcierte Kaganowitsch in den 1920ern noch eine Sprachenpolitik zugunsten der ukrainischen Sprache.