Wenn man nun sieht, dass sich die Preise in knapp 35 Jahren (1550-1585) verfünffacht hatten, ist schwer vorzustellen, dass die Entlohnung der Bevölkerung und die Produktivität damit Schritt halten konnten.
Die Produktivität natürlich nicht. Das ist im Prinzip auch unproblematisch. Wenn einfach alle Geldzahlungen den fünffachen Betrag haben, ändert das an der Wirtschaftsstruktur ja grundsätzlich nichts.
Das mit der Entlohnung ist schon interessanter. Das Hauptproblem bei Inflation ist die Ungleichzeitigkeit, mit der sie wirkt. Je nachdem, wie schnell der Inflationseffekt auf Lieferverträge, Lohnhöhen, Mieten und Pachten etc. durchschlägt.Die Preise passen sich meistens am schnellsten an - und dann haben Teile der Bevölkerung ein Problem, weil sie das auf ihrer Einnahmeseite nicht schnell genug nachziehen können.
Inflation bedeutet ja im Kern, daß ein Zahlungsmittel in der Menge schneller wächst als die Menge von Waren oder Dienstleistungen. Dann verändern sich die Angebots-Nachfrage-Strukturen und ein Stück Zahlungsmittel ist weniger wert.
Ein Problem hat damit, wessen Vermögen oder Einkommen in diesen Zahlungsmitteln gerechnet wird.
Im Vorteil ist, wer an der Quelle sitzt, wo die zusätzlichen Zahlungsmittel in den Markt kommen (also der spanische Hof bei den Goldlieferungen oder die Zentralbank beim modernen Geld).
In modernen Staaten nennt man das Phänomen
"Dutch Desease".
Ja, aber das Problem liegt eigentlich weniger an der Inflation, als an falschem staatlichen Handeln.
Wenn das zusätzliche Geld einfach nur verbraten wird (wie bei den Beispielen Spanien, Holland, Rußland), dann erzeugt man diverse häßliche Nebeneffekte.
Die besonders dann häßlich werden, wenn der Einnahmestrom plötzllich versiegt.
Aber dieser Effekt ist nicht zwangsläufig, Staaten wie Norwegen, Kanada oder die USA zeigen das.
Hätten z. B. die Holländer damals die neuen Staatseinnahmen genutzt, um im gleichen Umfang Steuern zu senken und damit ihre Wirtschaft anzukurbeln, hätten sie nie eine "dutch desease" bekommen.
Hinzu kommt, dass der Staat durch die plötzlich verfügbaren Ressourcen gewaltige Ausgaben (Militär, Städtebau, Kirchen und Paläste) anstrengt
Was aber erst einmal heißt: Grundsätzlich ist der Zufluß an neuen Ressourcen für die Volkswirtschaft unterm Strich positiv.
Man kann nun mehr Kirchen bauen oder Kriege führen, als man dies aus eigener Kraft gekonnt hätte.
Und die Holländer konnten sich viel mehr schöne Importwaren leisten, als sie das vorher konnten.
...und auf diesem Niveau weiter plant. Sinkt aber der Wert des Goldes irgendwann stärker als die Fördermenge steigt, kommt der Staat mit seinen Einnahmen nicht mehr hin. Der Staatsbankrott droht ...
Exakt.
Aber der Bankrott droht nur, er ist nicht zwangsläufig.
Man kann dieses Problem so gnadenlos falsch regeln, daß der Staat hinterher ruiniert ist (das haben die Spanier wohl geschafft).
Die Holländer haben es mit einigen Unannehmlichkeiten geschafft, ihren Murks wieder hinzukriegen. Unterm Strich waren die Jahre mit zusätzlichem Wohlstand wohl mehr zu werten als die Jahre danach mit Rückbauschwierigkeiten - der Erdgas-Boom war insgesamt trotzdem noch positiv für Holland.
Wie es bei Russen laufen wird ist offen. Ich bin wenig optimistisch.