Bonjour,
ich wende mich mal wieder mit einer speziellen Frage an auch. Ich suche nach einer Krankheit, die - der Cholera oder Ruhr ähnlich - den Tod durch Brechdurchfall, Koliken etc. verursachen kann. Jetzt finde ich Berichte für Cholera oder Ruhr nur ab Beginn des 19. Jahrhunderts. Fiktionales Szenario ist folgendes: Ein etwa 40 Jahre alter, sonst gesunder, Mann stirbt an eben diesen Symptomen. Der Doktor vermutet ... dahinter, Jahre später stellt sich aber heraus, dass der Mann vergiftet worden ist. Welche Krankheit würde denn ein Arzt der damaligen Zeit in Frankreich bei solchen Symptomen vermuten?
Die Möglichkeiten, Gifte nachzuweisen, waren im 18. Jahrhundert sehr begrenzt. Selbst wenn ein Arzt einen begründeten Verdacht hatte, so war es doch noch ein weiter Weg vom begründeten Verdacht bis zum sicheren Beweis. Ich weiß nicht, ob die Medizin des 18. Jahrhunderts schon in der Lage war, Giftstoffe im Körper nachzuweisen. Ich würde mal vermuten, wenn über einem Vergifteten erst mal grüner Rasen und über dem unentdeckten Kriminalfall erst mal Gras gewachsen war, konnte man mit den Methoden des 18., Jahrhunderts kaum mehr einen Mord nachweisen, sofern nicht ein Täter so unvorsichtig war, etwa im Tagebuch den Mord zu gestehen.
Es gab eine Menge von Giftstoffen, die im Alltag verwendet wurden wie z. B. Arsenik, Bleiweiß, Quecksilber. Auch aus einheimischen Pflanzen ließen sich wirkungsvolle Gifte herstellen. Der Eisenhut (Aconitum napellus, die Herbstzeitlose, der Fingerhut. Auch Medikamente wie Laudanum ließen sich verwenden, vor allem bei Kleinkindern konnte bereits eine geringe Dosis zum Tode führen. In dem Roman Uncle Tom´s Cabin vertraut Cassy, eine "Tragic Mulatto" dem Titelhelden an, dass sie ihr Baby mit Laudanum vergiftete, um ihm das Schicksal der Sklaverei zu ersparen. Neben Laudanum wurde daher auch schon im 16. Jahrhundert ein niedriger dosiertes Opiumpräparat Paregoric entwickelt, dass nur etwa 1/10 so stark war wie Laudanum. Manche Zeitgenossen verwendeten Laudanum für Suizid. In den Lazaretten der Kriege des 19. Jahrhunderts kam es zuweilen vor, dass Verwundete in der Hektik überdosiert wurden und an einer Überdosis Morphin starben.
Giftstoffe konnten ohne Rezept in jeder Apotheke oder Drogerie gekauft werden, und solange man nicht gerade als notorischer Giftmischer bekannt war, konnte jeder solche Substanzen frei kaufen. In großen Städten wie Paris scheint es Leute wie die Voisin häufiger gegeben zu haben. Obskure Personen, die Amulette, Aphrodisiaka, Abtreibungsmittel und eben auch Giftstoffe verkauften. Bei der Giftaffäre in den 1670er Jahren gerieten selbst Persönlichkeiten des Hofes in Verdacht wie Olympia Mancini, die Mutter Prinz Eugens, die nach Holland floh und Athenais de Montespan, die Maitresse en Titre des Königs.
Als Beweismittel standen der Justiz nur Aussagen von Belasteten zur Verfügung, die teilweise unter Einsatz der Folter gewonnen wurden. Es wurden daraufhin Verhaftungen und Hausdurchsuchungen vorgenommen. Dabei wurden teilweise Giftstoffe und magische Accessoires sichergestellt. Ob die schwarzen Messen tatsächlich gefeiert wurden, oder ob es sich dabei um Fiktion handelte, um bestimmte Personen des Hofes zu diskreditieren, ist unbekannt.
Im 18. Jahrhundert wurde vor allem Arsenik verwendet. In zeitgenössischen Texten ist häufig von Erbschaftspulver die Rede. Oft wurden kontinuierlich kleinere, nicht unmittelbar tödliche Dosen verwendet. Durch schleichende Vergiftung ähnelte der Krankheitsverlauf "natürlichen" Ursachen, und was wurde nicht alles im 18. Jahrhundert als "Schwindsucht" oder "Auszehrung" bezeichnet.
Wie weit die Möglichkeit im 18. Jahrhundert bestand, Giftstoffe durch forensische Methoden nachweisen zu können, weiß ich leider nicht. Die Möglichkeit, Gifte im Blut oder im Urin nachweisen zu können, bestand noch nicht. Trotz geringer Möglichkeiten des Nachweises, wurden doch eine Reihe von Persönlichkeiten des Giftmordes überführt. Es herrschte ein hohes Maß an sozialer Kontrolle, es gab häufig Mitwisser, Bedienstete, die etwas mitbekamen. Wenn bestimmte Symptome auftraten, konnte eine Untersuchung angeordnet werden, Verdächtige konnten befragt werden, u. U. auch unter der Folter, und da sickerte dann natürlich immer etwas durch.
Wenn aber erst mal Gras über die Sache gewachsen war, konnte man durch forensisch-pharmakologische Methoden kaum noch die Tat nachweisen, wenn nicht der/die Beschuldigte sich selbst verriet, etwa indem man dem Tagebuch die Tat anvertraut oder ein Geständnis ablegte.
Wenn ich im 18. Jahrhundert einen Giftmord begehen müsste, würde ich mich vermutlich für eine Vergiftung durch ein hochkonzentriertes Opiumpräparat entscheiden, vielleicht noch kombiniert mit etwas, das die atemlähmende Wirkung verstärkt. Auch Alkohol und andere Drogen können die Wirkung verstärken: 1. Es gibt keinen Todeskampf, das Opfer schläft ein und hört auf zu atmen. 2. Es besteht die Möglichkeit, den Mord, als einen Unfall aussehen zu lassen, eine unbeabsichtigte Überdosis, möglicherweise ein Suizid.