Auf dem westlichen Kriegsschauplatz kann man gegen die Leistungen der alliierten Armee, bestehend aus Hannoveranern, Braunschweigern, Hessen und Briten wirklich nichts sagen.
Wer hat denn die Absicht etwas gegen die Leistung der Koalitionsarmee in Niedersachsen, Westfalen und Hessen zu sagen?
Ich hatte lediglich bemerkt, dass die militärische Situation 1757 und die Konvention von Kloster Zeven, für den Moment dafür sorgten dass Frankreichs Position in Hannover sicher und der Rest der auf Stade zurückgedrängten und vom Nachschub teilweise abgeschnittenen Koalitionsarmee keine Gefahr mehr darstellte, die vorausgesetzt hätte das Gros der französischen Kräfte in Deutschland in Kurhannover zu belassen.
Auf französischer Seite hatte man damit die Möglichkeit sich mit deutlich größeren Kräften gegen Preußen zu wenden, als man dann tatsächlich einsetzte, denn was man zur Verstärkung der "Reichsarmee" und zur Beschwichtigung Wiens in Richtung Sachsen in Marsch setzte war mit lediglich 20.000 Mann dann wohl eher symbolisch.
Warum tat man nicht mehr, obwohl es in dieser Situation keine objektive militärische Notwendigkeit gab, die Hauptstreitmacht in Hannover zu belassen, da man die verbliebene, um Stade zusammengedrängte Koalitionsarmee durchaus mit bescheidenen Kräften hätte in Schach halten können?
Zumal
Die einzige sinnvolle Erklärung für dieses Verhalten zumal man wusste dass Friedrich II. von Daun bei Kolin schwer geschlagen worden war und mit seinen angeschlagenen Heer Schwierigkeiten haben würde einem gleichzeitigen Vorstoß der französischen und österreichischen Haupttruppen Widerstand zu leisten.
Bei einem Marsch durch das Nordwestliche Brandenburg an Magdeburg vorbei hätte außerdem die Möglichkeit bestanden, sich zusätzlich noch mit den in Vorpommern stehenden Schweden zu vereinigen.
Einer kombinierten Französisch-Schwedischen Armee in Nordwest-Brandenburg, die in der Lage gewesen wäre sowohl Berlin, von Nordwesten, als auch Magdeburg von Norden und Stettin von Westen her zu bedrohen, hätte Friedrich gar keine andere Wahl gelassen, als das Gros seiner Kräfte zusammen zu fassen und in Richtung dieses Raums zu marschieren um die wichtigen Manufakturen in und um Berlin, die Magazine, die Spandauer Gewehrfabrik und seine Seeverbindugslinien nach Großbritannien zu schützen.
Ein solcher Einfall und eine erzwungene Verlegung der preußischen truppen nach Norden, hätten Daun und der Reichsarmee erlaubt Sachsen und Schleesien wieder zu besetzten und auf den Süden Brandenburgs vorzugehen.
Friedrich hätte sich dann in der Falle befunden und in Anbetracht des Umstands dass er sich wirtschaftlich den Verlust Sachsens und Schlesiens nicht leisten konnte wäre er auch gezwungen gewesen einee Entscheidungsschlacht zu suchen, deren Ort und genauen Zeitpunkt ihm seine Gegner hätten diktieren können.
Aber das passierte nicht.
Die Gelegenheit nach Branndenburg hinein mit substanziellen Kräften vorzustoßen und den preußischen Gegner wahrscheinlich zur Aufgabe zwingen zu können, ließ man verstreichen.
Warum?
Welche militärisch-technischen Aspekte hätten dagegen gesprochen?
- Die Jahreszeit ließ weitere militärische Aktivitäten ohne größere Probleme zu.
- Die auf Stade zurückgedrängte Koalitionsarmee war für den Moment nicht wirklich hanndlungsfähig und keine reale Gefahr, so lange ihr die Preußen nicht zur Hilfe kamen.
- Friedrich selbst war kürzlich bei Kolin gesschlagen worden, somit wäre damit zu rechnen gewesen, auf einen ohnehin geschwächten Gegner zu treffen, der seine Truppen reorganisieren musste.
- Verstärkung eines solchen Vorstoßes durch die Schweden (nördliche Route gegen Brandenburg) oder die "Reichsarmee" (süden) wäre verfügbar gewesen.
Sprach irgendetwas substanzilles gegen eine solche Unternehmung?
Militärisch, wie ich das sehe nicht. Wenn eine solche größer angelegte Unternehmung unterblieb, wird man es vor allem damit erklären können, dass Frankreich mit der Besetzung des Großteils von Hannover sein Ziel in Europa bereits erreicht hatte und sich für eine Schwächung Preußens durch Verlust Schlesiens an Österreich überhaupt nicht besonders interessierte?
Wozu auch? Bot doch eine zweite größere Macht im Deutschsprachigen Raum die perspektivische Möglichkeit aus deren Auseinandersetzung mit Österreich Vorteil zu ziehen.
Was Frankreich tatsächlich gegen Frieedrich II. unternahm war gerade genug, dass Wien Versailles nicht offenen Bruch des Bündnisses vorwerfen konnte, aber keinewegs wurden Frankreichs Möglichkeiten hier ausgeschöpft.
Und das änderte sich im Prinzip den gesamten Krieg über nicht.
Diejenigen Aktionen, die Frankreich mit wirklicher Ernsthaftigkeit betrieb, richteten sich gegen Hannover und die Britisch-Hannoveranisch-Braunschweigisch-Hessische Koalitionsarmee, nicht gegen Preußen.
Das wird man in dieser Schärfe bei den Russen nicht konstatieren können, die sich bei Groß- Jägersdorf bei Zorndorf und Kunersdorf mit durchaus ansehnlichen Kontingenten in Kämpfe mit den Preußen einließen und jedenfalls auch in den Osten des brandenburgischen Kernlands vorstießen, nur wie gesagt, wäre auch hier durchaus mehr militärisches Potential vorhanden gewesen und wenn die russischen Kommandeure aus Petersburg Order hatten in allererste Linie an den erhalt der eigenen Armee zu denken und diese nicht für "österreichische Interessen" leichtfertig auf Spiel zu setzen, war das nichts anderes als ein klares Signal, dass ein allzu agressives Vorgehen und eine allzu risikoreiche Strategie nicht goutiert würde und das Vermeiden allzu großer eigener Verluste höhere Priorität besaß als die Niederwerfung Preußens.
Angesichts des Umstands, dass Russland mit der Besetzung Ostpreußens sein Kriegsziel bereits erreicht hatte und überhaupt für fraglich gelten durfte, was Russland in diesem Krieg eigentlich zu gewinnen hatte mMn ein durchaus nachvollziehbarer Standpunkt.
Frankreich hätte politisch durch eine Verkleinerung Preußens keinen politischen Vorteil gehabt, in erster Linie benötigte es das Bündnis mit Österreich um an Hannover als Faustpfand heran zu kommen und es zur Auslösung verlorngeganener Gebiete in Übersee bei den Briten verwenden zu können.
Gebiete an der Westgrenze des Reiches, die für Frankreich interessant waren, besaß Preußen nicht.
Österreich konnte zwar Kompensation in den Niederlanden anbieten, ob das aber für Frankreich interessanter war, als Preußen als Großmacht erhalten zu wissen und es als Instrument seiner Deutschland-Politik weiterhin gegen Österreich einsetzen zu können (oder in inem späteren Krieg gegen Großbritannien/Hannover), wird man für fraglich halten dürfen, zumal Frankreich zuvor im Aachener Frieden die besetzten österreichischen Niederlande schon einmal für die Rückerstattung französischer Überseeterritorien wieder geräumt hatte und man daraus durchaus den Schluss ziehen kann, dass für den Moment für Frankreich die Positionen in Übersee Priorität vor Europa hatten.
Für Russland hätten irgendwelche Annnexionen in Pommern, Brandenburg oder Schlesien, zu denen es keinen Zugang gehabt hätte, keinen Sinn ergeben, zumal dagegen wahrscheinlich sowohl Habsburg, als auch die Reichsstände auf die Barrikaden gegangen wären.
Damit konnte es für Russland allenfalls um Ostpreußen und damit eine bis auf Königsberg eher weniger gut entwickelte Provinz ohne nennenswerte Bodenschätze, Protoindustrie/Manufakturwesen undd mit (Masuren) eher bescheidenen Bodenerträgen gehen.
Ob eine Annexion sinnvoll gewesen wäre, sie mal dahin gestellt, gegegenenfalls hätte man die Provinz aber Polen-Litauen als Tauschobjekt für Grenzkorrekturen anbieten können.
Nur wenn das Objekt der Begierde bereits besetzt war, Fiedrich kaum Aussicht auf militärische Rückeroberung hatte und man in dam man den Preußen ein paar Schlachten geliefert hatte und regelmäßich die Preußen durch Operationen in der Neumark und in Hinterpommern störte, Wien auch keinen Grund gab, St. Petersburg Missachtung der Bündnispflichten vorzuhalten, warum dann mit vollem Einsatz weitermachen, wenn man selbst nichts mehr zu gwinnen hatte, sondern nur Österreich, dass sein Kriegsziel noch nicht erreicht hatte?
Ich denke unter diesen Umständen ist die Relativierung von Preußens Kampf gegen 3 Großmächte dahingehend, das zwei davon mit eher begrenztem Einsatz spielten und sich dessen auch bewusst waren durchaus nicht unberechtigt.
Ich möchte damit das, was Friedrich II. erreichte überhaupt nicht kleinreden.
Er brachte Preußen immerhin in eine Position, in der die wirklich großen bei ihren Machtspielen Preußen als ernsthaften Faktor auf der Rechnung haben mussten und alleine das zu erreichen war einiges.
Aber ich denke, man sollte das durchaus auch dahingehend einordnen können, dass Versailles, St. Petersburg und Wien durchaus klar war, mit welchen Einsätzen von welcher Seite der Krieg im Reich betrieben worden war.
Das Frankreich auf dem Papier zwar Krieg gegen Preußen führte, bis auf das kleine Kontingent bei Rossbach tatsächlich, was Auseinandersetzungen mit den Preußen betrifft, aber mehr oder weniger unsichtbar blieb und das Russland eben mit begrenzten Einsätzen um einen verhältnismäßig kleinen potentiellen Gewinn spielte.
Das Kontingent der Franzosen bei Rossbach, war zahlenmäßig nicht größer als Kontingente, die auch die meisten Mittelmächte hätten aufbringen können.
Auch was die Russen auf dem brandenburgischen Kriegsschauplatz tatsächlich einsetzten war in der Regel zwar größer, als die preußischen Kontingente, die ihnen entgegentraten, allerdings deutlich unterhalb der nummerischen Stärke der preußischen Gesamtarmee, während Russland aber einigermaßen konstant allein die doppelte bis dreifache nummerische Stärke der preußischen Armee unter Waffen halten konnte.