"Weiße Fee", "Zar der Drogen"- Die russische Revolution und das Kokain

Scorpio

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Als ich mich etwas intensiver mit dem Thema beschäftigte, stellte ich mit Überraschung fest, dass Russland und die junge SU den höchsten Konsum an Kokain zu verzeichnen hatte.
In den Jahren nach dem Weltkrieg und während des Bürgerkriegs und der Russischen Revolution muss es in der Sowjetunion Hunderttausende von Kokainisten gegeben haben.

Kokain wurde 1860 durch Albert Niemann in Göttingen entdeckt. Kokain stieß auf großes Interesse in der Medizin. Man entdeckte, dass Kokain ein Lokalanästhetikum war. Erstmals konnte man örtliche Betäubung durchführen, und Kokain nahm einer Wurzelbehandlung den uralten Schrecken.

Robert Louis Stevenson wurde Kokain bei einer Stirnhhöhlenentzündung verschrieben, und Stevenson schrieb innerhalb von nur wenigen Tagen das Manuskript für Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Kokain galt als die neue Wunderdroge. In Atlanta las ein Drogist namens Pemberton über Kokain, und er stellte ein Tonikum her, dass er Coca-Cola nannte. Pemberton erhoffte mit Hilfe des Kokains von seiner Morphin-Sucht loszukommen. Ein Liter Coca-Cola enthielt etwa 250 mg Kokain. Eine recht starke Dosis- und es gab in den USA einige Todesfälle durch Kokainvergiftungen. Ein Korse namens Angelo Mariani brachte ein ähnliches Produkt auf den Markt, das vor allem aus Bordeaux-Rotwein und Kokain bestand. Vin Mariani wurde ein beliebtes Tonikum, Queen Victoria und Leo XIII. gehörten zu Marianis Kunden, und der Papst verlieh Mariani ein Dankschreiben. Die ersten Berichte über Kokain waren ziemlich euphorisch, und Kokain galt bald als Wundermittel, das bei Melancholie, Zahnschmerzen, Ermüdungserscheinungen, Menstruationsbeschwerden und vielen anderen Beschwerden eingesetzt wurde.

Siegmund Freud las in Wien darüber und er bestellte sich bei Merck-ganz legal-1/8 Unze reines Kokain. Er testete, damals völlig üblich, Kokain im Selbstversuch und während er an seiner Traumdeutung schrieb, gönnte er sich etwas Koks und empfahl sich seiner späteren Gattin als "wilder Mann mit Kokain im Leib". Freud löste Kokain in Wasser oder Getränken auf- er hat es aber anscheinend nie geschnupft oder gespritzt, und die Verarbeitung in Crack (mit Ammoniak oder Natron) oder Free-Base (mit Äther war damals noch nicht bekannt) Freud war auch sehr maßvoll in seinem Kokainkonsum, und er wurde auch niemals abhängig. Er verschrieb es aber an verschiedene Patienten, und er empfahl es einem Kollegen von Fleischl-Marxow, der morphinabhängig war und Kokain als Entzugs-Medikation benutzte, um einen Morphinentzug zu machen. Das ging in die Hose, der Mann verstarb an einer Kokainüberdosis, und Siegmund Freud änderte daraufhin seine Einstellung und warnte davor, Kokain zu sorglos zu verschreiben. In den 1980er und 1890er Jahren verbreitete sich Kokain in ganz Europa. Die Droge war legal in jeder Apotheke, jedem Drugstore zu haben, Kronprinz Rudolf bekam es bei einer Stirnhöhleninfektion, und auch Rudolfs Mutter Sissi fand Gefallen an der weißen Fee und gönnte sich gelegentlich eine Kokain-Injektion. Morphium und Kokain wurden auch in der Baker-Street konsumiert. In der Anfangsszene zu The Sign of the Four setzt sich Meisterdetektiv Sherlock Holmes einen Schuss, und sein Freund Watson fragt ihn, was es diesmal ist Morphium oder Kokain.

Holmes sagt eine dreiprozentige Kokainlösung, und im Verlauf des Romans gönnt sich Holmes bis zu vier Kokaininjektionen am Tag. In späteren Romanen sagt Watson, dass Holmes den Konsum einstellte.

Doch zurück zu Russland: Die Kokainwelle der Jahrhundertwende ging auch an Russland nicht vorbei. In Werken der russischen Literatur um die Jahrhundertwende wird immer wieder Morphin und Kokain erwähnt. Kokain war vor allem in vermögenden Gesellschaftsschichten beliebt. Felix Fürst Jussupow, der spätere Mörder Rasputins experimentierte damit. Es gab im Russischen mehr als 8 verschiedene Synonyme. Schnee, Koks, weiße Fee, Zar der Drogen.

Bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts unterschied sich Russland, zumindest was seinen Drogenkonsum betraf, kaum von anderen Staaten. Inzwischen, am Vorabend des Weltkriegs waren die "Wunderdrogen" des 19. Jahrhunderts allmählich ins Gerede gekommen. Man entdeckte das Suchtpotenzial, entdeckte, dass auch Morphin oder Heroin süchtig machten, und es gab erste ersuche und Konferenzen, den Drogenhandel zu begrenzen. 1910 war es in Den Haag zu einer Opiumkonferenz gekommen, und in den USA wurde 1914 die Harrison Act eingeführt- ein erstes Betäubungsmittelgesetz. Drogen wie Morphin, Kokain, Heroin wurden kennzeichnungs- und verschreibungspflichtig.

In Russland auch in Deutschland gab es kein derartiges Gesetz. Die Droge Nr. 1, auch die, die am meisten Probleme verursachte war allerdings der Alkohol und der Wodga. Russland galt damals auch noch nicht mal als der Staat wo am meisten gepichelt wurde. Franzosen und Italiener hatten insgesamt einen höheren Alkohol-Verbrauch als Russland- dafür wurde in Russland härter und statt Wein oder Bier Wodga getrunken.
Dass sich in Russland ein massives Drogenproblem entwickelte lag an der Verkettung unglücklicher Umstände. Alle Welt denkt bei Prohibition an die USA in den Jahren von 1920-1933, denkt an Al Capone, an Speakeasys und Moonshiners. Russland machte einen ähnlichen Versuch wie die USA, und in Russland knallte der Karren noch mehr an die Wand als in den USA. Als Zar Nikolaus in den 1. Weltkrieg eintrat, verhängte er die Prohibition und legte Russland trocken.

Im Russisch-Japanischen Krieg war es zu wiederholten Fällen von Volltrunkenheit bei Militärs und einigen Debakeln gekommen. Dem wollte Niki vorbeugen und verhängte die Alkoholprohibition. Verkauf von Alkohol wurde verboten, nur in Restaurants durfte Alkohol ausgeschenkt werden.

Alkohol wurde damit knapp und teuer, und in dieses Vakuum stießen Drogen wie Morphium und Kokain. Beides waren Drogen, die geradezu prädestiniert waren für einen Krieg. Morphin ist der wirksamste Schmerzensbrecher, Kokain wirkt stimulierend, Kälte, Müdigkeit, Hunger, Angst ließen sich damit betäuben, und das Dope war überall.

Die "weiße Fee", der "Zar der Drogen" waren in jeder Drogerie hochkonzentriert und billig zu haben. Hunger, Durst, Müdigkeit und Angst betäubte das Kokain, und man brauchte keine Pfeife oder Injektionsspritze, keine Opiumpfeife und Opiumlampe, Kokain konnte von der Fingerkuppe geschnupft werden. War ein deutscher Graben zu stürmen oder anstrengende Märsche zu machen, das Koks hielt müde Männer munter, und aus allerlei Kanälen floss Kokain.

Es gab enorme Bestände im Militär, Kokain war beinahe so unentbehrlich wie Morphium, es konnte in Apotheken und Drogerien legal bezogen werden, außerdem bildeten sich Schmugglerbanden, die Kokain aus Deutschland schmuggelten. Im Verlauf des Bürgerkrieges wurde Kokain billiger und leichter erhältlich, als ein Stück Brot und eine Tasse Tee. Viele Soldaten, die wegen Verwundungen ins Lazarett mussten, verließen die Lazarette und Hospitäler als Morphinisten und Kokainisten.




In Literatur, die in dieser Zeit spielt, wird häufig Kokain erwähnt. Der Schauspieler und Kabarettist Alexander Wertinskij war bereits vor dem Krieg Kokainist. In seinen Memoiren beschrieb er, wie er in Odessa ein Kabarett-Programm für einen General der Weißen geben musste, der Werrinskijs Liedern lauschte und dabei eine Linie Koks nach der anderen zog. Das Koks, das Wertinskij und sein General zogen war natürlich hochprozentiger, als der Stoff, den Russlands Obdachlose und Waisen zogen.

Peter Nikolaj Krasnow war ein Kosakengeneral, der nach Deutschland emigrierte, und antisowjetische Romane verfasste. In dem Roman Vom Zarenadler zur Roten Fahne wird ein General der Weißen von einem kokainsüchtigen Tscheka-Kommissar verhört, und dem Kokain ist auch Viktor Korshikow verfallen, ein unehelicher Sohn dieses Generals und ebenfalls Tscheka-Kommissar.

In einem anderen Roman von Krasnow unterhalten sich drei altgediente Kommunisten der Nomenklatura. Ein gewisser Malinin will seine Genossen Dratsch und Granitow davon überzeugen, dass der Kurs der Partei falsch ist. Er sagt:

"Ja, früher, da waren wir noch trunken vom Pathos der Revolution, heute nur noch Schnaps, Weiber und Kokain!"


1924 schwenkte die Sowjetunion wieder um, sie reagierte in typischer Weise: Das Drogenproblem wurde geleugnet, und es wurde umgebracht und weggesperrt.

Die SU kehrte zum guten alten Zielwasser zurück, der "Zar der Drogen" wurde wieder der Wodga, und wer mit Koks Geschäfte machte, suchte lieber neue Erwerbsquellen- denn für Drogenhandel kassierte man schnell mal 10 oder 15 Jahre Zwangsarbeit.

Ein überaus bizarres Phänomen geriet fast in Vergessenheit.

Fortsetzung folgt.
 
Die ersten Berichte über Kokain waren ziemlich euphorisch, und Kokain galt bald als Wundermittel, das bei Melancholie, Zahnschmerzen, Ermüdungserscheinungen, Menstruationsbeschwerden und vielen anderen Beschwerden eingesetzt wurde.
Das wundert mich nicht. Kokain ist meiner Meinung nach gerade deshalb so gefährlich, weil es, wenn in Maßen bzw. im unteren Bereich der therapeutischen Breite konsumiert, nicht die für Dritte sichtbaren Nebenwirkungen zeitigt, die Drogenkonsumenten zur Bürde ihrer Mitmenschen machen und noch rechtzeitig zur Umkehr zwingen. Der Konsument ist nicht motorisch beeinträchtigt und lallt wie ein Betrunkener, er ist nicht phlegmatisch wie ein Kiffer, verwirrt wie ein Fixer oder halluziniert wie jemand, der sich LSD einwirft.

Ein Kommilitone von mir hat sich durch sein Studium gekokst, bis der mir sein Geheimnis gestand, hatte ich ihn immer nur für einen sehr disziplinierten, streberischen und extrovertierten Zeitgenossen gehalten.

Eine Bachelorarbeit in zwei Tagen schreiben und fast mit Bestnote bestehen? Wer würde das nicht wollen. Aber in der Zwischenzeit macht man sich das Herz kaputt. Ich hatte schon mehrere Kokser auf dem RTW liegen, fast alles Männer um die 50 mit Herzinfarkt. Und die Psyche macht man sich kaputt, denn wenn man jemals vom Koksen weg will, sind nicht nur die Folgen der physischen Abhängigkeit auszuhalten, sondern man fällt auch in ein Loch, dass man mir glaubhaft beschrieben hat als "wie wenn du plötzlich nur noch einen Arm und ein Bein hast".

Will sagen, in der bedingungslos fortschrittsgläubigen Zeit zwischen 1900 und 1950 musste eine solche Droge Begeisterung erwecken.
 
Zuletzt bearbeitet:
Russland machte einen ähnlichen Versuch wie die USA, und in Russland knallte der Karren noch mehr an die Wand als in den USA. Als Zar Nikolaus in den 1. Weltkrieg eintrat, verhängte er die Prohibition und legte Russland trocken.
Das ist in der Tat nicht nur als Kuriosum, sondern auch von anderer Seite her interessant.

Weißt du ob es Studien dazu gibt, wie sich das wirtschaftlich auswirkte? Namentlich sowohl im Bereich der Besteuerung (wegen der fehlenden Einnahmen, bei der gleichzeitig notwendigen Kriegsfinanzierung?

Mag das Auswirkung auf die Herstellung von Desinfektionsmitteln gehabt haben (Kriegswirtschaftlich ja auch nicht ganz unbedeutend?)? Wäre ja durchaus ein anderer Verwndungszweck gewesen, der den Produzenten von Alkohol den Weiterbetieb ihrer Anlagen ermöglicht hätte (falls Rohstoffe zu bekommen waren).
 
Das wundert mich nicht. Kokain ist meiner Meinung nach gerade deshalb so gefährlich, weil es, wenn in Maßen bzw. im unteren Bereich der therapeutischen Breite konsumiert, nicht die für Dritte sichtbaren Nebenwirkungen zeitigt, die Drogenkonsumenten zur Bürde ihrer Mitmenschen machen und noch rechtzeitig zur Umkehr zwingen. Der Konsument ist nicht motorisch beeinträchtigt und lallt wie ein Betrunkener, er ist nicht phlegmatisch wie ein Kiffer, verwirrt wie ein Fixer oder halluziniert wie jemand, der sich LSD einwirft.

Ein Kommilitone von mir hat sich durch sein Studium gekokst, bis der mir sein Geheimnis gestand, hatte ich ihn immer nur für einen sehr disziplinierten, streberischen und extrovertierten Zeitgenossen gehalten.

Eine Bachelorarbeit in zwei Tagen schreiben und fast mit Bestnote bestehen? Wer würde das nicht wollen. Aber in der Zwischenzeit macht man sich das Herz kaputt. Ich hatte schon mehrere Kokser auf dem RTW liegen, fast alles Männer um die 50 mit Herzinfarkt. Und die Psyche macht man sich kaputt, denn wenn man jemals vom Koksen weg will, sind nicht nur die Folgen der physischen Abhängigkeit auszuhalten, sondern man fällt auch in ein Loch, dass man mir glaubhaft beschrieben hat als "wie wenn du plötzlich nur noch einen Arm und ein Bein hast".

Will sagen, in der bedingungslos fortschrittsgläubigen Zeit zwischen 1900 und 1950 musste eine solche Droge Begeisterung erwecken.

Ich kenne Kokain, ich kenne Heroin, und ich bin der Meinung, dass Kokain weitaus schädlicher ist, als Heroin. Heroin macht ganz furchtbar abhängig. Die Entzugssymptome, ein Affe, ein Turkey ist furchtbar. Kokain verursacht keine körperlichen Entzugssymptome, aber der Dauerkonsum ist weitaus schädlicher, Heroin kann zu einer enormen Gier führen, aber selbst ein Junkie, der jahrelang an der Quelle sitzt, der soviel hat wie er nur will, der pendelt sich irgendwann bei einer Höchstdosis ein-die mag durchaus extrem sein- aber irgendwann sagt man "Stopp! Von Kokain, wenn man einmal abhängig geworden ist, kann man nie genug bekommen. Kokain ist auch wesensverändernd. Der Punkt wieweit manche Leute für die Dosis (Heroin, Kokain oder auch Schnaps und Pillen) gehen würden, ist erschreckend, aber noch im abgefucktesten Junkie wird man noch den Menschen erkennen können, der er einst war. Kokainisten- das ist wirklich, als habe man einen ganz anderen Menschen vor sich- wirklich Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

Junkies sind lästig, und es gibt eine Klientel, die finanziert ihre Sucht als abschreckendes Beispiel, Wenn die des Wegs kommen, da zückst du sofort freiwillig ´nen Euro, da gibst du gerne Wegzoll, nur damit sie dich nicht ansprechen- besser noch du gibst einen 5 Euro-Schein, dann denken sie, du hast dich vertan und flüchten, weil sie Angst haben, du nimmst es ihnen wieder ab- aber im Grunde sind Junkies leicht berechenbar, und wenn sie satt sind, sind die meisten wie Lämmer.

Bei Kokain da wächst das Ego, da wird Mancher leicht größenwahnsinnig, da fällt ein falsches Wort, und es gehen Leute wegen einer Nichtigkeit aufeinander los. Von Kokain kann man nie genug bekommen, das Gehirn würde noch eine ganze Menge mehr vertragen, schreit nach mehr, aber das Herz macht nicht mehr mit. Ein sehr grausamer Tod durch Herzversagen, bei vollem Bewusstsein.

Kokainismus ist auch schwerer zu behandeln als Morphinismus, ein Entzug ist ekelhaft, aber man weiß zumindest wie es geht, man weiß wie man vorgehen muss, will man die Dosis langsam ausschleichen, man weiß wie man es auf die harte Tour durchzieht: Tag 1-4 ausschleichend und Tag 5-10 kalt, und schon am vierten Tag geht es einem besser, und wenn die Sucht noch nicht verfestigt ist, dann ist es nach 8-10 Tagen vorbei.

Ist eine dauerhafte Abstinenz nicht zu schaffen, ist der Suchtdruck zu groß, kann man einen Patienten stabilisieren durch Substitutionsmittel. Aber ein Kokainist, der hat keinen körperlichen Entzug, aber die Gier, das Verlangen, das wird er so bald nicht los. Nach ein paar Wochen ist die Unruhe nicht mehr so groß, ewig lang kann man den Patienten nicht unter der Glocke halten, er wird entlassen- und dann baut er einen Rückfall, der Rückfall gehört zur Sucht wie das Amen in der Kirche, dieser eine Rückfall aber gefährdet die ganze Therapie.

Nun stelle man sich die Situation in Russland im Krieg vor: Morphium und Koks die erzeugen ja auch erwünschte Effekte, Die schlimmsten Schmerzen wie weggeblasen. Müdigkeit, Hunger, Durst, körperliche Anstrengungen, das sind ja Katalysatoren, da ist der Griff zur Droge enorm verführerisch.

Im Russisch-Japanischen Krieg da gab es tatsächlich Fälle, dass Soldaten wegen dem Wodga nicht funktionierten, dass sie zu kurz schossen, die Japaner doppelt sahen.
Aber die Alkoholprohibition das war in Kriegszeiten ein extrem gefährliches Experiment. Das wäre auch ohne Morphium und Kokain in Friedenszeiten extrem gewesen- genau die gleichen Verhältnisse wie Al Capone in Chicago, das gab es ja durchaus auch in Russland, und in dieses Pulverfass sickerte dann noch Kokain von sehr hohem Reinheitsgrad.

Die Verkaufs-Portionen von Merck enthielten 1/8 Unze reines Kokain. Das sind 3500 mg, 3, 5 g reines Kokain, das ist eine Menge Zeug. Mit 3,5 Gramm reinem Morphium könnte ein Süchtiger gut 10 Tage auskommen.
Jemand, der Kokain noch nie genommen hat, könnte damit sicher etliche Tage auskommen-



Ich würde mal die Prognose wagen, dass sich Millionenheere mit Schnaps leichter gefügig machen lassen, als mit Koks. Alkoholprohibition, ein industrialisierter Krieg und dann noch Kokain- mein lieber Jolly, da hatte Russland etwas zu stemmen.

Ich kann die These nicht beweisen, keiner wird das je können: Im 2. Weltkrieg sind ja viele Medizin-Historiker heute der Ansicht, dass Pervitin durchaus eine Rolle spielte bei den Blitzkrieg-Erfolgen der Wehrmacht 1940.

Dem Kokain samt der Prohibition würde ich durchaus auch eine gewisse Rolle bei der Destabilisierung des Zarenreichs zubilligen.

Mit Schnaps waren die die russischen Soldaten leichter kontrollierbar, als mit Kokain. Ich halte nRussische Revolution mit Koks bessere
 
Das ist in der Tat nicht nur als Kuriosum, sondern auch von anderer Seite her interessant.

Weißt du ob es Studien dazu gibt, wie sich das wirtschaftlich auswirkte? Namentlich sowohl im Bereich der Besteuerung (wegen der fehlenden Einnahmen, bei der gleichzeitig notwendigen Kriegsfinanzierung?

Mag das Auswirkung auf die Herstellung von Desinfektionsmitteln gehabt haben (Kriegswirtschaftlich ja auch nicht ganz unbedeutend?)? Wäre ja durchaus ein anderer Verwndungszweck gewesen, der den Produzenten von Alkohol den Weiterbetieb ihrer Anlagen ermöglicht hätte (falls Rohstoffe zu bekommen waren).

In den USA lassen sich Folgen der Prohibition relativ gut statistisch belegen. Die Zahl der Leberzirrhosen nahm ab, es wurde auch während der Prohibition nicht mehr getrunken, die Zahl der Fälle von Trunkenheit im Verkehr nahm um 90% ab. Die Zahlen wurden aber verzerrt dadurch, dass von 1920-1933 auch viel mehr KFZ zugelassen wurden.

Insgesamt war die Prohibition ein Reinfall, sie hat die organisierte Kriminalität enorm befördert, hat ein illegales lukratives Betätigungsfeld überhaupt erst eröffnet, und sie hat der Brauerei- und Brennerei-Kultur in den USA enormen wirtschaftlichen und auch kulturellen Schaden zugefügt. Am Ende der Prohibition waren nur noch ein paar Riesen übriggeblieben und unzählige Familienbetriebe und Rezepturen verschwanden.

Es gab statistische Erhebungen über Kokain-Verbrauch bei Obdachlosen bei denen man schätzte, dass 70-90% Kokainisten waren.


Die Steuereinnahmen die dem Staat entgingen, das waren schon beachtliche Summen. Es gibt einen Wikieintrag zur Prohibition in Russland und der SU, aber der ist ziemlich dürr.

https://en.wikipedia.org/wiki/Prohibition_in_Russia_and_the_Soviet_Republik


Es gibt aber eine recht gute Webseite Russia Beyond. Auf dieser Seite habe ich auch einen Artikel zur Prohibition in Russland gelesen. Da gibt es Unterlagen von Krankenhäusern, da gibt es literarische Werke, und da gibt es hin und wieder auch mal eine Statistik.

Ansonsten aber gab es das Problem nicht, anders als in den USA wo ein Harry Anslinger ein Drogenproblem erst erfinden musste- und da sprudeln die Quellen auch weit üppiger, als in Russland.

Eigentlich ist es erstaunlich, dass man die Prohibition in Russland so gar nicht auf dem Schirm hat

Ansonsten würde ich aber mal die Prognose wagen, das
 
Ich würde mal die Prognose wagen, dass sich Millionenheere mit Schnaps leichter gefügig machen lassen, als mit Koks. Alkoholprohibition, ein industrialisierter Krieg und dann noch Kokain- mein lieber Jolly, da hatte Russland etwas zu stemmen.
In jedem Fall wäre die Versorgung eines Millionenheeres mit Schnapsrationen, mindestens in der ersten Zeit vermutlich einfacher zu bewerkstelligen gewesen, weil die Produktion im Prinzip bereits in Friedenszeiten vorhanden war.

Angermann/Brüggemann schreiben in ihrem Einführungswerk zur Geschichte der Baltischen Länder unter anderem, dass sich vor allem Estland (also das russische Ostseegouvernement Estland) vor dem 1. Weltkrieg sehr stark auf mehr oder weniger industrielle Produktion von Hochprozentigem verlegt hatte (einer der wenigen bedeutenden Industriezweige dort) und dass man von dort aus in Friedenszeiten einen Großteil des Bedarfs der Metropole St. Petersburg deckte.

Das hätte man in Kriegszeiten natürlich relativ zügig in Richtung deutsche Front umdirigieren können.

Bei der sehr hohen Agrarproduktion in der Ukraine, wird man auch dort entsprechende Produktion gehabt haben und würde das Zeug wahrscheinlich relativ schnell an die Galizische Front bekommen haben.



Was mich im Hinblick auf die Verfügbarkeit interessieren würde, wäre ob die Spiritousenindustrie aus dem Verbot die Konsequenz zog, dann eben vor allem auf die Produktion von Alkohol für Desinfektionszwecke herzustellen, und ob sich das in der Versorgung der russischen Krankenhäuser und Lazarette während des Krieges in positiver Weise (bessere Versorgungslage) niederschlug.
 
In Russland war es so, dass die Zaren im 16. Jahrhundert versuchten, den Alkoholverkauf staatlich zu monopolisieren, was sie im Verlauf des 17. Jahrhunderts auch schafften durchzusetzen. Alkohol durfte nur in staatlichen Tavernen ausgeschenkt werden, und viele Russen standen bei diesen staatlichen Magazinen ganz gewaltig in der Kreide. Zar Peter I. hatte diese Schulden bei der Regierung ausgenutzt, um den Militärdienst in Russland durchzudrücken. Wer wegen Wodka bei der Regierung in der Kreide stand, konnte die beim Militär abdienen,

Das Gesetz zur Prohibition nannte sich Suchoi Sakon das trockene Gesetz. Laut dem Wikipedia-Eintrag verlor der Staat 1 Milliarde Rubel jährlich durch Steuern, die ihm entgingen. Man entschloss sich trotzdem dazu, da man glaubte, die Produktivität Russlands auf Kriegsniveau nur dadurch garantieren zu können.

Gorbatschow versuchte ebenfalls von 1985-88 zumindest den Alkohol einzudämmen. Es durfte in der SU Alkohol nur in bestimmten Läden von 23.00 bis 7.00 verkauft werden, und es wurden 140.000 ha Anbaufläche Weinreben vernichtet. Gorbatschow wollte damit ein Signal im Kampf setzen im Kampf gegen den Alkoholismus.

Auf Arte oder 3 Sat habe ich mal eine Doku über Russland und die Geschichte des Wodka gesehen. Ich weiß nicht mehr, wann das war Vielleicht findet sich die Doku noch in der Mediathek
 
In jedem Fall wäre die Versorgung eines Millionenheeres mit Schnapsrationen, mindestens in der ersten Zeit vermutlich einfacher zu bewerkstelligen gewesen, weil die Produktion im Prinzip bereits in Friedenszeiten vorhanden war.

Angermann/Brüggemann schreiben in ihrem Einführungswerk zur Geschichte der Baltischen Länder unter anderem, dass sich vor allem Estland (also das russische Ostseegouvernement Estland) vor dem 1. Weltkrieg sehr stark auf mehr oder weniger industrielle Produktion von Hochprozentigem verlegt hatte (einer der wenigen bedeutenden Industriezweige dort) und dass man von dort aus in Friedenszeiten einen Großteil des Bedarfs der Metropole St. Petersburg deckte.

Das hätte man in Kriegszeiten natürlich relativ zügig in Richtung deutsche Front umdirigieren können.

Bei der sehr hohen Agrarproduktion in der Ukraine, wird man auch dort entsprechende Produktion gehabt haben und würde das Zeug wahrscheinlich relativ schnell an die Galizische Front bekommen haben.



Was mich im Hinblick auf die Verfügbarkeit interessieren würde, wäre ob die Spiritousenindustrie aus dem Verbot die Konsequenz zog, dann eben vor allem auf die Produktion von Alkohol für Desinfektionszwecke herzustellen, und ob sich das in der Versorgung der russischen Krankenhäuser und Lazarette während des Krieges in positiver Weise (bessere Versorgungslage) niederschlug.

Das weiß ich ich nicht,

Dadurch, dass in Russland der Verkauf von Wodka relativ früh verstaatlicht wurde, gab es da vermutlich gar kein so großes Angebot an privaten Brennereien existierte und der Schnaps wurde vor allem von Staatsbetrieben hergestellt.

Die Brandy-Marke Rossija ein edler armenischer oder georgischer Brandy wird meines Wissens von einem Staatsbetrieb hergestellt. Bei Wein oder Bier sah es glaube ich anders aus.

Die Prohibition in den USA war viel stärker moralisch ideologisch motiviert. Vor allem den Kirchen und der Temperenzler-Bewegung, eine kleine aber lautstarke Minderheit hatte "John Barleycorn" den Kampf angesagt.

Aber in den USA gab es doch viele Möglichkeiten, die Prohibition zu unterlaufen.

Russland aber hatte sich weniger aus ideologischen, als aus wirtschaftlich-militärischen Erwägungen heraus. Man wollte keine Soldaten mehr, die Japaner doppelt sahen, und man wollte Anbauflächen anders nutzen, da Russland auf die Anforderungen eines industrialisierten Krieges kaum vorbereitet war.

In Restaurants zum Beispiel oder Kabaretts durfte Alkohol ausgeschenkt werden, und das sorgte für Unmut in der Bevölkerung.
Der politische Wille, Russland wirklich ernsthaft trockenzulegen war kaum vorhanden, die Korruption massiv, und mit der Prohibition musste die Nachfrage natürlich wachsen. Jede Flasche Wodka, das sind in Kriegszeiten wertvolle flüssige Devisen.

Russland hatte sich ja auch nicht aus ideologisch-moralischen, wegen gesundheitspolitischen Motiven, sondern wegen der negativen Erfahrungen im Krieg gegen Japan. Es ging nicht darum, Russland trockenzulegen,, sondern eher darum, seine Soldaten einigermaßen nüchtern zu halten und Anbauflächen zu reduzieren, die für den Anbau von Grundnahrungsmitteln genutzt werden sollten.
 
Das wundert mich nicht. Kokain ist meiner Meinung nach gerade deshalb so gefährlich, weil es, wenn in Maßen bzw. im unteren Bereich der therapeutischen Breite konsumiert, nicht die für Dritte sichtbaren Nebenwirkungen zeitigt, die Drogenkonsumenten zur Bürde ihrer Mitmenschen machen und noch rechtzeitig zur Umkehr zwingen. Der Konsument ist nicht motorisch beeinträchtigt und lallt wie ein Betrunkener, er ist nicht phlegmatisch wie ein Kiffer, verwirrt wie ein Fixer oder halluziniert wie jemand, der sich LSD einwirft.

Ein Kommilitone von mir hat sich durch sein Studium gekokst, bis der mir sein Geheimnis gestand, hatte ich ihn immer nur für einen sehr disziplinierten, streberischen und extrovertierten Zeitgenossen gehalten.

Eine Bachelorarbeit in zwei Tagen schreiben und fast mit Bestnote bestehen? Wer würde das nicht wollen. Aber in der Zwischenzeit macht man sich das Herz kaputt. Ich hatte schon mehrere Kokser auf dem RTW liegen, fast alles Männer um die 50 mit Herzinfarkt. Und die Psyche macht man sich kaputt, denn wenn man jemals vom Koksen weg will, sind nicht nur die Folgen der physischen Abhängigkeit auszuhalten, sondern man fällt auch in ein Loch, dass man mir glaubhaft beschrieben hat als "wie wenn du plötzlich nur noch einen Arm und ein Bein hast".

Will sagen, in der bedingungslos fortschrittsgläubigen Zeit zwischen 1900 und 1950 musste eine solche Droge Begeisterung erwecken.

Die negativen Nebenwirkungen waren aber schon aufgefallen. Das Opium suchterzeugend ist, das hat sich schon in der Antike herumgesprochen. Von reinen Alkaloiden erhoffte man sich, dass sie vielleicht nicht abhängig machten. Dass dem aber nicht so war, das hat schon Friedrich Sertürner, der "Vater" des Morphin feststellen. Der wäre auch von seinem ersten Selbstversuch fast nicht wieder erwacht. Sein Hund hat es nicht überlebt.

Man hatte auch schon bei ersten Konferenzen (vergeblich) versucht, Drogenhandel zu regulieren. Man hatte auch bei Kokain relativ bald in der Medizin herausbekommen, dass Kokain nicht unbedenklich war, man hatte zumindest Kennzeichnungspflicht erreicht. Es wurden aber Pharmadrogen wie Heroin und Kokain ziemlich aggressiv beworben, es wurden Proben an Ärzte verschickt. Mit Heroin hatte man, als es legal war auch noch gar nicht so große Probleme. Heroin war niedrig dosiert in Pillen zu 5 mg. Das ist sehr wenig, und es ist auch ein Riesenunterschied, ob man es oral nimmt oder schnupft oder spritzt. Morphin wurde viel häufiger verwendet, war auch weit beliebter. Heroinpillen zu zerreiben und zu schnupfen verbreitete sich in den USA. Da war auch die Ärzteschaft sorgloser, als in Europa, und Heroin, das war made in Germany, und damit war es dann ab 1917 out. Was aber der Schmerzenskiller in beiden Weltkriegen war, das war Morphin und nicht Heroin.

Zumal in Kriegszeiten scheint ja die Neigung, mit Drogen zu experimentieren stärker ausgeprägt zu sein. Kokain war im 1. Weltkrieg vor allem unter Jagdfliegern weit verbreitet. Ähnlich wie Meth-Amphethamin (Pervitin) oder Benzedrin im 2. Weltkrieg. Kokain oder Laudanum zu nehmen, das war auch etwas, was Frauen tun "durften", es war jedenfalls gesellschaftlich weitaus eher anerkannt, als dass ein Frau etwas höherprozentiges als Sekt oder Champagner und schon gar nicht öffentlich in einer Kneipe. Sich eine Coca-Cola oder eine Pulle Vin Mariani zu gönnen, als Medizin- das war gesellschaftlich anerkannt. Im Militär wurde eine Menge Morphin (als Schmerzmittel) und auch Kokain (für örtliche Betäubungen, in der Zahnmedizin, HNO-Medizin) da hatte man sich schon ordentlich eingedeckt, Georg Trakl verstarb an einer Kokain-Vergiftung. Ob es Absicht war oder ein Unfall ist fraglich. Für Suizid ist eigentlich Kokain nicht sehr geeignet. Der Tod durch Herzversagen ist qualvoll, zumal man nicht bewusstlos wird.

Dann gab es Kokain in Apotheken und Drogerien. Es wurde zu Flaschen mit 1/8 Unze, das sind 3,5 g verkauft, Nach dem Krieg wurde es vor allem aus Deutschland geschmuggelt. In Deutschland wurde das Reichsopiumgesetz erst 1929 eingeführt, und Kokain blieb noch lange in Produktion. In den USA enthielt Coca Cola ab 1903 kein Kokain mehr.

Um die Jahrhundertwende waren auch Pharmadrogen nicht illegal, es wurde bis 1910-14 Kennzeichnungspflicht eingeführt, aber Rezeptpflicht existierte kaum und erst recht nicht in Russland. Da gab es ein paar Faktoren, die den Kokain-Konsum begünstigten.
1- Freie Verfügbarkeit durch legale und illegale Quellen.
2. Die Alkohol-Prohibition, Kokain als eine "Ersatzdroge"
3. Kokain hat vordergründig erwünschte Eigenschaften. Müdigkeit, Hunger, Durst, Kälte werden weniger stark empfunden, angstbetäubend, stimmungsaufhellend.
4. Krieg und Revolution und das Kokain um beides leichter ertragen zu können.
 
In jedem Fall wäre die Versorgung eines Millionenheeres mit Schnapsrationen, mindestens in der ersten Zeit vermutlich einfacher zu bewerkstelligen gewesen, weil die Produktion im Prinzip bereits in Friedenszeiten vorhanden war.

Angermann/Brüggemann schreiben in ihrem Einführungswerk zur Geschichte der Baltischen Länder unter anderem, dass sich vor allem Estland (also das russische Ostseegouvernement Estland) vor dem 1. Weltkrieg sehr stark auf mehr oder weniger industrielle Produktion von Hochprozentigem verlegt hatte (einer der wenigen bedeutenden Industriezweige dort) und dass man von dort aus in Friedenszeiten einen Großteil des Bedarfs der Metropole St. Petersburg deckte.

Das hätte man in Kriegszeiten natürlich relativ zügig in Richtung deutsche Front umdirigieren können.

Bei der sehr hohen Agrarproduktion in der Ukraine, wird man auch dort entsprechende Produktion gehabt haben und würde das Zeug wahrscheinlich relativ schnell an die Galizische Front bekommen haben.



Was mich im Hinblick auf die Verfügbarkeit interessieren würde, wäre ob die Spiritousenindustrie aus dem Verbot die Konsequenz zog, dann eben vor allem auf die Produktion von Alkohol für Desinfektionszwecke herzustellen, und ob sich das in der Versorgung der russischen Krankenhäuser und Lazarette während des Krieges in positiver Weise (bessere Versorgungslage) niederschlug.

Im Baltikum würde ich auch mal aus dem Bauch heraus annehmen, dass es im Baltikum trotz staatlichem Monopol da noch eine Menge Adelige und Gutsbesitzer gab, die Brennereirechte behielten, staatliches Alkoholmonopol hin oder her.

Die einzige Überlegung bei der Prohibition- die wollten keine bedudelten Infanteristen und noch weniger bedudelte Ari. Wirklich konsequent die Prohibition durchzusetzen, damit war auch eine Autokratie überfordert. Die High Society wollte keiner trockenlegen, und in Restaurants wie der Villa Rode floss der Alkohol in Strömen, aber die Prohibition sorgte dafür, dass Alkohol teuer und knapp wurde, und das sorgte für großen Unmut
 
Im Baltikum würde ich auch mal aus dem Bauch heraus annehmen, dass es im Baltikum trotz staatlichem Monopol da noch eine Menge Adelige und Gutsbesitzer gab, die Brennereirechte behielten, staatliches Alkoholmonopol hin oder her.
Das Ostsee-Gouvernement Estland war ohnehin immer ein Sonderfall innerhalb des russischen Reiches, weil sich die Estnischen Ritterschaften, als Peter der Große während des großen Nordischen Krieges ins Baltikum ausgriff, verhältnismäßig Zügig unterwarfen und dadurch einen Großteil ihrer überkommenen Privilegien retten, teilweise wohl sogar noch welche zurückgewinnen konnten, die sie unter der zunehmend zentralistischer werdenden Herrschafts Schwedens in der jüngeren Vergangenheit eingebüßt hatten.

Damit stach Estland an Sonderrechten auch unter den baltischen Gouvernements etwas heraus und dürfte in Sachen Autonomie innerhalb des europäischen Teils Russlands nach dem Großfürstentum Finnland in der Zeit kurz vor dem Weltktrieg die größten Autonomierechte innerhalb Russlands besessen haben.

Von dem her werden da grundsätzlich andere Regelungen gegriffen haben, die Frage, wäre, ob das auch während des Krieges noch der Fal war, dass weiß ich leider ad hoc nicht.

Die einzige Überlegung bei der Prohibition- die wollten keine bedudelten Infanteristen und noch weniger bedudelte Ari.
Angesichts der fehlnden Munition für die Ari nicht wirklich überzeugend. :p
 
Vor dem Ersten Weltkrieg tauchen Kokain und Morphinisten nebenbei, nicht zentral, in der Literatur bei Bely (im Roman Peterburg), Sologub, Briussow auf, also bei den Symbolischen (wie auch andernorts)

Ein Sonderfall ist der 1936 erschienene Roman Roman mit Kokain – Wikipedia
 
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