Ich kenne die Thesen von Demurger,muß ihnen aber widersprechen...
Das steht Dir auch frei.
Es war ein originäres französisches Problem und es bezog sich explizit auf die Templer.
Da hast Du etwas leicht mißverstanden.
Demurger meint damit das Grundproblem, welches bereits vorher existierte - nämlich seit dem 12. Jh.
Durch ihre Privilegien bzw. den starken Ausbau ihrer Privilegien waren die großen Ritterorden - sowohl Templer als auch Johanniter als auch Deutschorden - bereits im Heiligen Land (und auch in anderen Ländern) mit weltlichen und geistlichen Machthabern mehrfach in Konflikt geraten.
Sie waren - wie in nahezu jedem Buch zur Kreuzzugsthematik nachzulesen ist - eigenständige Machtfaktoren und agierten auch so.
Wie ich oben bereits ausgeführt habe, stellte die Territorialkonzentration der Templer in einem europäischen Kernland,nämlich Südfrankreich ein existentielles Problem für die französische Krone dar.Hinzu kam die immense Verschuldung der Krone bei den Templern., die zeitweilig einer Kontrolle der öffentlichen Finanzen durch den Orden gleichkam.
Die anderen beiden Orden unterhielten keine Banken und waren nicht in dem Maße in die Finanzgeschäfte involviert und sie hatten sich in Randbereichen des mittelalterlichen Europa (Ostpreußen,_Rhodos) etabliert,in denen sie niemand in die Quere kamen.
Die bereits zuvor aufgetretenen Spannungen mit der französischen Krone sowie den Fakt, daß die Templer anders als Johanniter und Deutscher Orden bis dahin den Aufbau eines eigenen Territoriums versäumt hatten, wurde doch von mir gar nicht bestritten.
Allerdings würde ich - unabhängig davon, wie ich zu
Demurger stehe - nicht ganz so weit gehen, aus der Territorialkonzentration des Ordens (die übrigens in Nordfrankreich nicht weniger gegeben war als im Süden) und der Verschuldung der Krone allein zwangsläufig ein existentielles Problem abzuleiten.
Was außerdem gegen ein derart starkes Territorium spricht, ist die Tatsache, daß es in Frankreich zwar viele Niederlassungen der Templer gab, diese jedoch größtenteils "einfache" Komtureien und nur vereinzelt feste Burgen o.ä. waren...
Zwischen die verschiedenen Thesen legt sich
M. Bauer "Die Tempelritter. Mythos und Wahrheit" - Heyne Sachbuch, München 1997. Zwar ist
Bauer ansonsten
Demurger sehr nahe, hier jedoch weicht er ab.
Bauer sieht als Motive des Königs Geldgier und Machtstreben, führt zudem aus, daß auch verletzter Stolz
möglicherweise eine Rolle gespielt haben könnte (Philippe IV. mußte 1306 vor der erbosten Menschenmenge im Haupthaus der Templer Zuflucht suchen), mißt diesem letzten Aspekt aber eher nebensächliche Bedeutung bei.
Daß der König aus Geldgier - eben aufgrund der Verschuldung (nicht nur bei den Templern) - handelte, sieht
Bauer als sicheres Motiv, verweist dabei aber darauf, daß der Reichtum des Ordens oftmals spekulativ übertrieben dargestellt wird. Der Orden hat höchstwahrscheinlich weniger ein großes Vermögen i.S.v. barem Gold besessen, definitiv aber über 1000 landwirtschaftliche Betriebe in ganz Frankreich, welche sein ökonomisches Rückgrat bildeten.
Bezüglich Machtstreben sieht
Bauer den Widerspruch zwischen dem universalen Machtanspruch des Königs im Reich einerseits und der machtpolitischen Unkontrollierbarkeit des Ordens, über dessen Loyalität sich der König nie sicher sein konnte. Dagegen - auch das führt der Autor aus - steht jedoch die Versicherung der Loyalität zu Frankreich bspw. eines
Hughues de Pairauds und anderer Großer des Ordens sowie der Schutzbrief von 1303, in welchem sich der König persönlich für die Sicherheit der Brüder verbürgt.
Auch Demurgers These: Philippe IV. habe sich auf die Templer als Verbündete verlassen können, halte ich für fraglich.Zwar wurde wurde der König von einigen französischen Templern´in der Auseinandersetzung mit Papst Bonifatius VIII. unterstützt, die Mehrheit sah sich jedoch als nur dem Papst verpflichtet an und hatte schon in früheren Auseinandersetzung,z.B. im Katharerkrieg bestenfalls nicht Partei für die Krone ergriffen..Hinzu kommt, daß eine erhebliche Anzahl der Ordensmitglieder aus dem gerade unterwofenen Okzitanien kam und der Krone schon von daher eher feindlich gesonnen war.Ein verlässlicher Verbündeter war der Orden für Phillipp somit keinesfalls.
Da hatte ich mich wohl ebenfalls wieder mißverständlich ausgedrückt...
Den Aspekt des verlässlichen Verbündeten hatte ich explizit auf die Affäre um
Bonifatius VIII. bezogen; dort stand die Spitze des Ordens incl. nicht weniger französischer Templer (nicht nur einiger) auf Seiten des Königs.
Auch ansonsten ist die Sache nicht so einfach, denn gerade die Ordensführer unterhielten traditionell durchaus sehr enge Verbindungen zum französischen Königshaus (gerade viele Großmeister entstammten dem Adel aus dem französischen Norden).
Ich gebe Dir insofern Recht, daß die Loyalität des Ordens nicht klar war - aber es war damit auch überhaupt nicht klar, auf wessen Seite (König oder Papst) die Brüder überhaupt standen (vgl. bspw.
Hughues de Pairauds) oder auf wessen Seite gar die Mehrheit stand.
Noch einmal verweise ich aber auch auf die Stelle meines vorigen Beitrages, wo ich schrieb, daß es Spannungen mit der Krone schon vor
Philippe IV. gab. Und natürlich war der Katharerkreuzzug ein solcher Spannungspunkt - allerdings betraf dies nicht die Templer allein, auch die Johanniter hatten sich dort gegen die Krone gestellt (vgl. dazu auch
E. Staehle "Johanniter und Templer" - Weishaupt-Verlag, Gnas 1999.).
Bezüglich der Ordensmitglieder aus Okzitanien stelle ich mir dabei noch die Frage, wie hoch ihr Anteil (bspw. gegenüber den Nordfranzosen) tatsächlich war bzw. - noch wichtiger - wie groß ihr Einfluß im Orden war...