Die arabische Expansion - Tours und Poiters

Noch heute sind sich die Leute uneinig, ob die Schlacht bloss das Ende eines Plünderfeldzugs gewesen sei, oder ob ein Sieg der Araber dafür gesorgt hätte, dass ganz Europa von den Muslimen überrannt worden wäre.
Das ist aber von der Logik her kein Widerspruch.
Ein erfolgreicher Plünderzug kann zu weiteren Angriffen ermutigen, ein spektakulärer Stop solche verhindern.
 
Das ist aber von der Logik her kein Widerspruch.
Ein erfolgreicher Plünderzug kann zu weiteren Angriffen ermutigen, ein spektakulärer Stop solche verhindern

Da stimme ich dir auch voll und ganz zu.
Allerdings ist der springende Punkt die Bedeutung, die der Schlacht zugewiesen wird.
Für die Araber war die Schlacht zu dieser Zeit, das Ende eines Plünderzuges. Aber die Europäer sind der Meinung, dass eine Niederlage der Franken zum Untergang Europas geführt hätte.
Nach meinem Gesichtspunkt haben wahrscheinlich damals die Araber einfach die Möglichkeiten nicht erkannt, die sie gehabt hätten.
Denn den Arabern ging es nicht darum Europa einzunehmen, sondern das Motiv für ihren Plünderzug war nun mal, dass sie Beute machten.
 
Mich würde gerne mal interessieren wo das mit dem "Plünderungszug" herkommt, bzw. wie so einer in er arabisch-berberischen Welt aussah. War es dabei üblich das solche von den Statthaltern einer Provinz geführt wurden?:grübel:

Irgendwie habe ich meine Zweifel das nach den Niederlagen von 721 (Toulouse) und 726, bei denen je ein Statthalter getötet wurden, sich ein dritter zu einem "Plünderungszug" bis weit in das fränkische Territorium (Loire!) hinein aufmacht. Und dabei im Vorbeigehen noch Bordeaux erobert und ein fränkisches Heer schlägt (Battle of the River Garonne).

Al-Samh ibn Malik al-Khawlani - Wikipedia, the free encyclopedia
Anbasa ibn Suhaym Al-Kalbi - Wikipedia, the free encyclopedia
Abdul Rahman Al Ghafiqi - Wikipedia, the free encyclopedia

EDIT: Es könnten doch gerne die beiden Threads zusammen geführt werden, oder?
 
Zuletzt bearbeitet:
Für die Araber war die Schlacht zu dieser Zeit, das Ende eines Plünderzuges.
Ich weiß nicht ob man das als "Nur Plünderzug" bezeichnen kann.
Immerhin war es doch ein ganz ordentliches Heer.

Überhaupt war doch bei der Ausbreitung des Islam der Übergang zwischen Plündern und Erobern fließend.
Oder anders gesagt: Die Eroberung erfolgte durch Heere, die sich durch Plündern selben finanzierten.
Das Plündern zu stoppen ist da im Prinzip gleichbedeutend mit dem Ende der Eroberung.

Aber die Europäer sind der Meinung, dass eine Niederlage der Franken zum Untergang Europas geführt hätte.
Das ist auch ziemlich wahrscheinlich.
Die Araber hätten vielleicht nicht schon in diesem Jahr fränkisches Gebiet dauerhaft besetzt.
Aber ohne diese doch recht verlustreiche Niederlage wären sie mit hoher Wahrscheinlichkeit bald wiedergekommen.
Und irgendwann auch um zu bleiben.

Nach meinem Gesichtspunkt haben wahrscheinlich damals die Araber einfach die Möglichkeiten nicht erkannt, die sie gehabt hätten.
Nun ja, sie haben halt erkannt, daß die Gebiete nördlich von Pyrenäen und Alpen zunehmend unattraktiv für sie waren.
Ärgerlich viel Gegenwehr, weite Anreisewege und dann immer stärker abnehmender Reichtum und damit weniger Beutechancen - da gab es attraktivere Ziele.

Und natürlich konnten sie nicht ahnen, daß sich ausgerechnet aus diesen rückständigen Randgebieten abseits des traditionell dominierenden Mittelmeerraums später das Europa entwickeln würde, mit dem sie in den späteren Jahrhunderten immer mehr Schwierigkeiten bekommen würden.
 
Hi Octavian,
haste die Hausarbeit durchgelesen, die ich in einem Post zuvor verlinkt hatte?

Abgesehen davon, sollte man vielleicht mal zur Kenntnis nehmen, dass den arabischen Quellen, abgesehen von der blumigen Wortwahl und Ausschmückung, oftmals ein höherer Wahrheitsgehalt innewohnt, als in den christlichen Quellen. Ich weiß nicht, wer von euch mal "beide Seiten" zu einem Sachverhalt als Primär-Quellen gelesen hat, und festgestellt hat, wie oft sich die muslimische Quelle näher an dem historischen Sachverhalt* orientiert, als die des Gegners...
Nicht immer, aber immer öfter... ;)


PS: hier wird auch das Thema behandelt:

Karl Martell - Retter des Abendlandes?

Dort hatte ich mich auch noch ausführlicher dem Thema gewidmet, z.B. mit Wissenschaftlern, die beide Sprachen fürs Quellenstudium sprechen können, wie z.B. dieser:

Francesco Gabrieli (Hrsg.): Mohammed in Europa. Augsburg 1997.
Er war Orientalistischer Professor an der Uni Rom.

"Das berühmte Treffen zwischen muslimischen Eindringlingen aus Spanien und den Truppen Karl Martells in Poitiers 732 gilt etwas zu Unrecht als Meilenstein der Geschichte, an dem der arabische Vormarsch in Europa zum Stehen gebracht worden sei. In Wirklichkeit hatte dieser Vormarsch längst den Charakter einer dauerhaften Niederlassung verloren und bestand nur noch aus kurzen Raubzügen, ähnlich den vielen anderen Einfällen der Sarazenen in Frankreich vor und nach der Schlacht von Poitiers. ..."


und so weiter, check mal den anderen Thread auch, damit wir uns nicht wiederholen müssen zu Fragen, die vielleicht schon beantwortet wurden.

PPS: Willkommen im besten Forum "wo gibt" ... :D

* (ergründet durch zahlreiche weitere (auch unabhängigere, unbeteiligtere) Quellen und hist. Hilfswissenschaften)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hi Octavian,
haste die Hausarbeit durchgelesen, die ich in einem Post zuvor verlinkt hatte?

Auch wenn ich nicht angesprochen bin, ja auch ich habe die Arbeit gelesen. Doch was den Charakter des Feldzuges Abderrahmans angeht ist sie wenig hilfreich.

ZITAT: schrieb:
Eben dieser Manuzza schloß 729 ein Bündnis mit Eudo, mit welchem der Aquitanier seine Südgrenze gegen weitere arabische Übergriffe schützen wollte. Manuzza hingegen dachte einen Verbündeten im nun folgenden Berberaufstand gegen den neuen Gouverneur Abderrahman Al-Ghafiqi gefunden zu haben. Abderrahman, der nach einer unruhigen Phase mit sechs verschiedenen Gouverneuren zwischen 725 -729 an die Macht gekommen war, erstickte die von Katalonien aus geplante Erhebung im Keim und warf Manuzza relativ schnell nieder. Der neue Gouverneur zog jedoch noch weitere Konsequenzen und beabsichtigte, in der Unruheprovinz Septimanien zu intervenieren und auch den vermeintlichen Instigator Eudo auszuschalten.

Somit drangen die Truppen Abderrahmans 732 in die Francia ein, vorrangig um Eudo zu bestrafen. Nach dessen schneller Niederschlagung an der Garonne trat jedoch wieder das Beutemotiv in den Vordergrund. Das nahe gelegene Bordeaux wurde geplündert, Eudo aber konnte nach Norden fliehen, woraufhin die Truppen Abderrahmans die Verfolgung aufnahmen. Ihr Vorstoß vollzog sich aber, ganz im Gegensatz zu den sonst üblichen Beutezügen relativ langsam, da sie das eroberte Gut aus Bordeaux ebenfalls mitgeführten und auch noch Poitiers plünderten.

Denn für einen bloßen Plünderungszug ist das "Ausschalten" und "Verfolgen" von Herzog Eudo ein ziemlich hochgestecktes Ziel. Zumal, wie ich weiter oben schon anmerkte, sich der Gouverneur von Al-Andaluz persönlich darum bemühte das Heer anzuführen, welches groß genug gewesen sein muss das es für zwei Schlachten (Garonne, Poitiers) und zwei Belagerungen (Bordeaux, Poitiers) ausreichte.
Und warum sollte sich dies für Karl Martell und seinem Reich als keine ernstzunehmende Bedrohung dargestellt haben? Immerhin war Herzog Eudo seit 720 ein Gefolgsmann Karls. Eine Destabilisierung oder gar Vernichtung Aquitaniens durch die Mauren konnte für das Frankrenreich nicht die Bedeutung eines kleinen Grenzstreites gehabt haben. Für die islamische Welt vielleicht, weshalb mir auch die geringe Erwähnung der Schlacht in islamischen Aufzeichnungen durchaus plausibel erscheint.


lynxxx schrieb:
Francesco Gabrieli (Hrsg.): Mohammed in Europa. Augsburg 1997.
Er war Orientalistischer Professor an der Uni Rom.

...
ähnlich den vielen anderen Einfällen der Sarazenen in Frankreich vor und nach der Schlacht von Poitiers. ..."

Mich würde hier noch interessieren von welchen vielen anderen Raubzügen, die nach Poitiers stattgefunden haben sollen, Gabrieli spricht. Und damit meine ich Züge die von Spanien (bzw. Septimanien) aus gemacht worden waren und nicht jene die von Italien aus in die Provence unternommen wurden. Mir ist nur der Zug Hischams I. 793 bekannt bei dem er Narbonne überannte und Graf Wilhelm von Toulouse schlug. In dessen Folge allerdings Karl der Große über die Pyrenäen zog und Barcelona eroberte.
 
Vielleicht sollte man den Schwerpunkt der Betrachtung auf die Entwicklung der militärischen Strukturen legen.
Poitiers war zweifelsfrei die Geburtstunde des Rittertums als zukunftsweisende und sehr erfolgreiche waffentechnische Antwort des christlichen Europas auf die muslimische Herausforderung.
 
Zumal, wie ich weiter oben schon anmerkte, sich der Gouverneur von Al-Andaluz persönlich darum bemühte das Heer anzuführen, welches groß genug gewesen sein muss das es für zwei Schlachten (Garonne, Poitiers) und zwei Belagerungen (Bordeaux, Poitiers) ausreichte.

Sorry Joinville, aber das schmerzt mein Augen: entweder el Andaluz, das ist Spanisch und heißt 'der [moderne*] Andalusier' oder al-Andalus, was für den maurisch beherrschten Teil der iberischen Halbinsel steht. Aber bitte nicht diese Mischform (auch wenn eine ARD-produzierte Doku zu meinem Augenschmerz so heißt).

*Der Bewohner von al-Andalus heißt nach dem arabischen Adjektiv andalusī
auf Spanisch andalusí.

Mich würde hier noch interessieren von welchen vielen anderen Raubzügen, die nach Poitiers stattgefunden haben sollen, Gabrieli spricht. Und damit meine ich Züge die von Spanien (bzw. Septimanien) aus gemacht worden waren und nicht jene die von Italien aus in die Provence unternommen wurden. Mir ist nur der Zug Hischams I. 793 bekannt bei dem er Narbonne überannte und Graf Wilhelm von Toulouse schlug. In dessen Folge allerdings Karl der Große über die Pyrenäen zog und Barcelona eroberte.

Im neunten und zehnten Jahrhundert unterhielt das cordobesische Emirat/Kalifat einen Stützpunkt in Fraxinetum in Südostfrankreich.
 
Zuletzt bearbeitet:
timotheus schrieb:
Schon geschehen...

Übrigens, danke sehr. :)


Sorry Joinville, aber das schmerzt mein Augen:

Oh, ich hoffe du hast keine bleibenden Sehschäden davon getragen.:lupe: :rotwerd: :schau:

El Quijote schrieb:
Im neunten und zehnten Jahrhundert unterhielt das cordobesische Emirat/Kalifat einen Stützpunkt in Fraxinetum in Südostfrankreich.

Ja, aber waren das nicht eher sarazenische Piraten die von Cordoba unterstützt wurden? Kaiser Otto I. hatte dazu einst Johannes von Gorze vergeblich nach al-Andalus<- entsandt um der Angelegenheit Einhalt zu gebieten. Zu guter letzt erbarmte sich Graf Wilhelm I. von der Provence und machte dem Treiben bei Tourtour 973 ein Ende.

Zudem fiel die Gründung dieses Piratennest in eine Zeit in der die Mauren unlängst aus Septimanien über die Pyrenäen zurück verdrängt waren.
 
Auch wenn ich nicht angesprochen bin, ja auch ich habe die Arbeit gelesen. Doch was den Charakter des Feldzuges Abderrahmans angeht ist sie wenig hilfreich.
...
Mich würde hier noch interessieren von welchen vielen anderen Raubzügen, die nach Poitiers stattgefunden haben sollen, ...

Hi Joinville,
haste denn auch mal in den anderen Thread geschaut:
http://www.geschichtsforum.de/f37/karl-martell-retter-des-abendlandes-4365/
wo ich mich mit Horst "gefetzt" hatte?
Sind dort keine weiteren Infos oder Literaturtipps?

Möchte nun nicht nochmals alles aufdröseln, vielleicht wurde es aber auch noch nicht angesprochen, keine Ahnung... :)

Salut, LG lynxxx
 
Ja den hab ich gelesen.

lynxxx schrieb:
...sondern wir die Geschehnisse richtig einordnen wollen, was da nun passierte, welche Auswirkungen es nun konkret hatte.

Und genau darauf wollte ich hinaus. Ich will nicht auf die überzeichneten Darstellungen der Schlacht von christlichen Chronisten des Mittelalters eingehen, das diese selten objektiv sind weis ich.

Allerdings meine ich das man unabhängig von denen, der Schlacht von Poitiers sehr wohl eine hohe geschichtliche Bedeutung für Westeuropa beimessen kann aus der Betrachtung jener geschichtlichen Ereignisse die auf diese Schlacht folgten. Denn genauso wie Hattin (1187) für die Geschichte der Kreuzzüge oder Zenta (1697) für die Geschichte des Balkans ein Wendepunkt war, so stellte Poitiers solch einen für Westeuropa im 8. Jahrhundert dar.
Seit die Mauren nach Spanien erstmals übersetzten stellte sich ihnen keine Macht entgegen die sie in irgend einer Weise aufhalten oder gar zückdrägen konnte. Und die Tatsache das Abderrahman überhaupt bis nach Poitiers vordringen konnte spricht auch nicht gerade für einen Erfolg fränkischer Machtpolitik. Doch eben nach Sieg von Poitiers war es an den Franken (Karl Martell, Pippin, Karl) in die Offensive zu gehen und die Mauren wieder hinter die Pyrenäen zurück zu drängen. Was wie ich meine sowohl für das Frankenreich und die spanische Geschichte von hoher Bedeutung war.
 
sorry, bin da nicht mehr sooo im thema, und hab momentan auch nicht die zeit, die diskussion nachzulesen, oder in meine bücher zu schauen.
ausserdem kommt nun sportschau. ;)

PS: ich glaube schon, dass die Araber/Mauren bei ihren Eroberungen auch mal ne Niederlage in Andalusien/Spanien einstecken mussten, und nicht Tour&P. ihre erste Gegenwehr/Niederlage ist...


Eine hohe , eine wirklich hohe geschichtliche Bedeutung für Europa, auch den Westen (!), hat die etwa zeitgleich stattfindenden Siege der Byzantiner gegen diesmal die ernsthaft kämpfenden Elitekrieger des Kalifen.

Wäre damals Byzanz gefallen, dann wäre in Oxford und Paris der Koran (ohohoho! Uiuiuiu! Schauder... ;)) gelehrt worden.

Vielleicht kannst du auch mal dieses Datum näher beleuchten und uns davon was erzählen?

Denn dieses ist kaum im europäischen (selektiven ;)) Gedächtnis...

Nur mal so als Gedankenanregung.

So, nun aber endgültig Sportschau, hoffentlich verliert Bayern... :)
 
PS: ich glaube schon, dass die Araber/Mauren bei ihren Eroberungen auch mal ne Niederlage in Andalusien/Spanien einstecken mussten, und nicht Tour&P. ihre erste Gegenwehr/Niederlage ist...

Da ist nur die "Schlacht" von Covadonga zu erwähnen, einem Marienheiligtum (Cova - 'Höhle', Donga <== (Ma)Donna). Da hatten sich 721 alles in allem etwa 30 Kämpfer unter Pelayo (dessen Herkunft unklar ist, manche halten ihn für einen Spross einer der westgotischen Königsfamilien, andere meinen er sei der Anführer der Leibwache Roderichs gewesen) in den Bergen versteckt und - nach arabischen Quellen von wildem Honig ernährt. Als dann die maurischen Truppen anrückten und der Bischof von Sevilla (der in den christlichen Quellen arg schlecht wegkommt, auch aus einem westgotischem Königshaus) die Belagerten zur Aufgabe bewegen wollte, sollen die Berge auf der Seite der Belagerten mit gekämpft haben. Pelayo richtete dann seine Hauptstadt in Cangas de Onís ein. Die Berichte darüber stammen aber alle aus dem zehnten Jahrhundert.
 
wie jetzt? die araber waren bei jeder schlacht (oder meinetwegen auch scharmützel) siegreich, seit sie von Afrika übersetzten und das bis hin zu Tours und Poitier?

Wenn niemand es aus der Hüfte weiß, schaue ich selber nachher nochmal nach...
thx.
 
So viele Schlachten sind nicht überliefert. Zunächst einmal war da die Schlacht am Guadalete, wo sie König Roderich erschlugen (das ist so nicht überliefert, nach der Schlacht war er einfach weg, erst im 12./13. Jahrhundert tauchen Behauptungen auf, er sei in Viseu (heute Portugal) begraben). Sie besetzten dann ziemlich schnell Toledo, wo die Konklave zur westgotischen Königswahl hätte stattfinden sollen (außerdem hatten sie wohl die Söhne des vorletzten Königs Witiza auf ihrer Seite und die westgotischen Königsfamilien waren untereinander verfeindet). Nachdem sie die Reste des Westgotenheeres, die sich v.a. nach Écija (damals Astigi, arabisch dann Istiǧǧia) zurückgezogen hatten besiegt hatten, war da niemand mehr, der sich ihnen ernsthaft in den Weg stellte. Vielmehr boten sie den Amān, das kann man mit 'Geleitschutz' o.ä. übersetzen. In diesem Falle ließen sie westgotische und hispanorömische Adelige in ihren Herrschaften, wenn diese ihre Oberherrschaft anerkannten. Berühmtester Vertrag ist der mit Theodemir; der Name diese Adeligen wurde Tudmir arabisiert und wurde zum Namen des Gebietes, bis im 11. Jahrhundert die Neugründung Mursiyya (heute Murcia) zur Hauptstadt der Region aufstieg. Einige Stadtbesatzungen widersetzten sich, allerdings waren die Verteidigungswerke meistens nicht mehr im besten Zustand, bei Córdoba sol etwa ein Schäfer den Truppen einen Spalt in der Mauer gezeigt haben, durch den sie in die Stadt eindrangen. Vielfach sollen auch die spanischen Juden, die sehr unter der antijüdischen Gesetzgebung der Westgoten litten, die Übergabe verhandelt oder durch Öffnungen der Tore herbeigeführt haben. Eine Schlacht ist nach Guadalete (711) also bis 721 nicht überliefert, wenn man denn Covadonga als Schlacht bezeichnen möchte. In er spanischen Nationalgeschichte galt Covadonga dann auch immer als Beginn der Reconquista.
 
Nach meiner Meinung war der arabische Feldzug nichts weiter als eine Razzia. Im Frankenreich gab es um die fragliche Zeit nichts zu holen, höchstens ein paar Klöster zu plündern. Eine andauernde Besetzung von Europa abseits des Mittelmeeres, selbst wenn möglich, kann nicht in arabischen Interesse gewesen sein: Nach orientalischen Begriffen ein unwirtliches Land voller Halbwilder. Und bis zu den Kreuzzügen hin war das arabische Bild vom christlichen Abendland wohl noch unverändert.
 
Auch die Araber hatten zu diesem Zeitpunkt ihre Hochkultur noch nicht abschließend entwickelt. Dies geschah eigentlich erst nach 750, als die 'Abbasiden erfolgreich gegen die Umayyaden revoltiert hatten und das Machtzentrum von Syrien/Damaskus nach Iraq/Madinat as-Salam verlegten. Ob die kulturelle Entwicklung zwischen Franken und Arabern bzw. Berbern also 730 so fundamental unterschiedlich war, ist eher anzuzweifeln.
 
Lieber Quichotte,

ich sehe da nicht nur die materiellen Dinge einer scheinbaren Überlegenheit orientalischer Kultur im frühen Mittelalter - sondern in erster Linie die Situation der breiten Masse. Und auf den Sohn eines Steppenhirten oder Karawanenführers aus Vorderasien, der in der Armee Abdel Rahmans diente, muss die Aussicht auf eine dauerhafte Stationierung im Frankenland genauso "attraktiv" vorgekommen wie zuvor einem italischen Legionär an der Lippe. Wenn es um die Aussicht auf Beute geht, meinetwegen - spanische Konquistadoren sind mit dieser Motivation noch mit ganz anderen Widrigkeiten klargekommen. Aber wirklich siedeln wollten die eigentlich auch nicht.
Vielleicht ist diese ganze Schlacht von fränkischen Chronisten (Gregor von Tours) nur hoch geschrieben worden. So groß war die Invasionstruppe ja wohl auch nicht und bis auf Anführer und Tross ist sie anscheinend einigermaßen heil weggekommen.
 
. Da hatten sich 721 alles in allem etwa 30 Kämpfer unter Pelayo (dessen Herkunft unklar ist, manche halten ihn für einen Spross einer der westgotischen Königsfamilien, andere meinen er sei der Anführer der Leibwache Roderichs gewesen)

Das ist das erste Mal, dass ich etwas über die mutmaßliche Herkunft des Pelayo erfahre. Erstaunlich, dass über diesen spanischen "Helden" der Urzeit so wenig bekannt ist. Vor allem: Woher kommt der Name "Pelayo"?

Die Vertreter der westgotischen Adelsklasse hießen Receswind, Chindaswinth, Gundmar, Siseboth, Witiza, Amalrich, Favila usw. usw. Alles urgotische Namen. Aber "Pelayo"? - Vielleicht war er doch eher ein romanisierter Iberer?
 
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