Eine Zusammenstellung der Ereignisse bis nach der Reichsgründung:
1867
Der preußische Kolonial-Lobbyist Ernst Friedel fordert eine Annexion der chinesischen Taiwan-Insel als
„deutsches Hong Kong“. 1867 fordern allein 30 Schriften eine Annexion Taiwans.
1867
Einrichtung der „Ostasiatischen Schiffsstation“ der preußischen Kriegsmarine im japanischen Yokohama.
„Die Interessen des deutschen Handels bedingen die
dauernde Unterhaltung von Kriegsschiffen in den
ostasiatischen Gewässern.“ ― Otto von Bismarck-
Schönhausen, norddeutscher Kanzler, 2. Apr. 1870
(Wehler, Bismarck und der Imperialismus, S. 200)
Sep. 1867
Eine Annexion des ecuadorianischen Pailón-Gebiets als norddeutscher Marinestützpunkt wird erwogen.
„Auf die […] Erwerbung des Pailón [werden wir]
zurückkommen, sobald mit der Errichtung der
genannten Station [an der Westküste Südamerikas]
vorzugehen beabsichtigt wird.“ ― August von Rieben,
preußischer Marineministeriumsdirektor, Sep. 1867
(Militärgeschichtliches Forschungsamt, Deutsche
Militärgeschichte, V, S. 87)
„[Die Bundesmarine] würde in diesem [Pailón-]Gebiet,
wenn es von Deutschen kolonisiert wird, einen
immerhin schätzbaren Rückhalt gewinnen.“ ―
Eduard von Jachmann, preußischer
Marineministeriumsdirektor, Sep. 1867 (MFA, Deutsche
Militärgeschichte, V, S. 88)
1868
Erster Hinweis an die norddeutsche Regierung auf die künftige Rolle der chinesischen Jiazhou-Bucht als Marinestützpunkt.
1868
Errichtung von Handelsniederlassungen an der Mündung des Wouri durch die deutsche Firma „Woermann“. Beginn der deutschen Expansion in Cameroun.
11. Apr. 1868
Die Besatzung des im Karibischen Meer operierenden norddeutschen Kriegsschiffs prüft den costaricanischen Hafen Limón auf seine Eignung als Marinestützpunkt, später auch die San-Lucas-Insel im Golf von Nicoya. Am 25. Apr. 1868 verhandelt der Kapitän mit dem costaricanischen Präsidenten José Castro. Die amerikanische Regierung protestiert gegen das Vorgehen.
Feb. 1870
Die „Ostasiatische Schiffsstation“ der norddeutschen Bundesmarine im japanischen Yokohama wird aufgegeben.
2. Apr. 1870
Der norddeutsche Kanzler Bismarck beauftragt den Botschafter in China, Guido von Rehfues, bei der chinesischen Regierung zwecks Überlassung von Gebieten für Marinestützpunkte nachzufragen. Rehfues’ Bemühungen scheitern jedoch.
„Wir wünschen […] sobald als möglich, auch mit der
chinesischen Regierung ein Abkommen zu treffen, in
dem dem Norddeutschen Bund der Besitz eines
ausreichenden Terrains an einem zentralgelegenen
Punkte der chinesischen Küste […] kauf- oder
pachtweise überlassen werde.“ ― Otto von Bismarck-
Schönhausen, norddeutscher Kanzler, gegenüber dem
norddeutschen Botschafter in China, Guido von Rehfues,
2. Apr. 1870 (Wehler, Bismarck und der Imperialismus,
S. 200)
Mai 1870
Kapitän Heinrich Köhler empfiehlt Dapeng Wan (China), Kulang Xu (China), die Tsushima-Inseln (Japan) und die Zhoushan-Inseln (China) als zur Besitznahme für die norddeutsche Bundesmarine geeignet.
„Ich schlage Kulang Hsü vor und empfehle, nach
Bestechung der lokalen Beamten dort unauffällig ein
Marinedepot zu errichten und die Zentralregierung
vor vollendete Tatsachen zu stellen.“ ― Guido von
Rehfues, norddeutscher Botschafter in China, Apr. 1870
(MFA, Deutsche Militärgeschichte, V, S. 93)
Sep. 1870
Beginn der Propaganda für eine norddeutsche Annexion der französischen Kolonie Cochinchine.
„Saigon in deutschen Händen ist Sicherstellung des
größten und bedeutendsten Teiles der deutschen
Schiffahrt.“ ― Peter Rickmers, norddeutscher
Unternehmer, 6. Sep. 1870 (MFA, Deutsche
Militärgeschichte, V, S. 93)
„Südvietnam wird den Kern eines zukünftigen
deutsch-indischen Kolonialreiches abgeben, […]
welches sich naturgesetzlich nach und nach […] um
diesen Kern herumkristallisieren wird.“ ― Ernst von
Weber, norddeutscher Geostratege, 20. Sep. 1870
(National-Zeitung, 20.09.1870)
24. Okt. 1870
Frankreich bietet Kanzler Bismarck die norddeutsche Übernahme der Kolonie Cochinchine an. Bismarck lehnt ab, da der „sehr fette Brocken“ noch zu groß sei.
Dez. 1870
Der preußische Marinegeneralinspekteur Adalbert von Hohenzollern-Sigmaringen drängt Kriegsminister Roon, sich beim norddeutschen Kanzler Bismarck für eine Annexion französischer Kolonien einzusetzen.
„Die Zahl von sechs Fregatten reicht […] unbestritten
hin, um, mit Ausnahme Nordamerikas, mit allen
anderen Staaten der neuen Welt Krieg zu führen;
denn keiner derselben kann uns mehr Streitkräfte
entgegenstellen. Ebenso würden wir unserer jungen
Flagge in den chinesischen Gewässern diejenige
Achtung nötigenfalls erzwingen können.“ ― Adalbert
von Hohenzollern-Sigmaringen, Chef der preußischen
Kommission zum „Schutz der Ostseeküsten“, Mai 1848
(Hohenzollern, Denkschrift über die Bildung einer
deutschen Kriegsflotte, S. 19 f)
6. Feb. 1871
Der badische Großherzog Friedrich I. fordert eine deutsche Annexion der französischen Kolonien Martinique und Cochinchine.
„Cochinchina in unseren Händen und Saigon als
Zentralplatz der Marine im Fernen Osten, würden
Deutschland mit einem Schlage eine bedeutende
Machtstellung in Ostasien geben.“ ― Friedrich I.,
badischer Großherzog, 6. Feb. 1871 (Wehler, Bismarck
und der Imperialismus, S. 204)
Apr. 1872
Eine Denkschrift über zu annektierende Stützpunkte für die deutsche Kaiserliche Marine im Pazifischen Ozean und im Karibischen Meer entsteht. Ziele sind die Anambas-Inseln (niederländische Kolonie Indië), die Culebra-Insel (spanische Kolonie Puerto Rico) und
die Montebello-Inseln (britische Kolonie New South Wales).
„Die maritimen Interessen, welche Deutschland im
transozeanischen Ausland in so hohem Grade hat,
sollten keine Benachteiligung erfahren. Der Erwerb
einiger gesicherter Stützpunkte für
Flottenoperationen im Ausland […] darf daher nicht
aus dem Auge verloren werden.“ ― Albrecht von
Stosch, deutscher Admiralitätsstaatssekretär, 6. Mai 1872
(Wehler, Bismarck und der Imperialismus, S. 205)