Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

diese Erkenntnis ist aber nicht wirklich was neues.
Woher kommt denn die Annahme das amerik. Militärhistoriker Kalkriese als Anfang und nicht als Ende der Schlacht sehen.....aus demselben Kontext??????

Die Militärhistoriker, so Achim Rost, sehen in den Befunden, dass ein römisches Heer die Kalkriese-Niewedder-Senke durchzog. Es sei keineswegs dort aufgerieben worden. Daraus folgerte Rost, dass es, wenn es sich um die Varusschlacht handeln sollte, nur der Beginn oder ein Geschehen im mittleren Teil gewesen sein kann, nicht jedoch das Ende. Auch das Auftreten von Trossteilen und -tieren, sowie zahlreiche Pionierwerkzeuge lassen diesen Schluss zu.
 
ist das hier schonmal diskutiert worden???


Ave Leibhusar,

Aufrgrund der, gerade auch statistisch, sicheren Identifikation von Kalkriese als wenigstens ein Schlachtort des Jahres 9, halte ich nur noch Papers über die Varusschlacht für lesenswert, die Kalkriese in irgendeiner adäquaten Form berücksichtigen.

Da gehört auch der Mikrobiologe Rosenfeldt dazu. Allerdings reiht er an entscheidenden Stellen auch kaumbelegte Folgerungen aneinander aus denen er dann markante Schlüsse zieht (z.B. unter 4.5.1. ...die einzige erfolgsversprechende Srategie bestand darin...). Sowas ist mangels archäologischer Realien aber immer schnell irreführend, denn z.B. an dieser Stelle gibt es durchaus noch andere Möglichkeiten.

Welche Möglichkeit von mehreren denkbaren Arminius tatsächlich ergriff, kann nur die Archäologie klären. Ergo: Es ist nichts dringlicher, als die Auffindung weiterer Lager/Schlachtfelder im Zusammenhang mit Varus! Denn jeder weitere Fixpunkt neben Kalkriese schränkt die dann noch weiteren theoretischen Möglichkeiten drastisch ein. Bis dahin bleibt vieles eben nur Spekulation, wobei sich bestenfalls zwischen guter und schlechter Spekulation unterscheiden lässt.

Rosenfeldt würde ich ad hoc unter "good try" einordnen, zumal er auch ansprechend schreibt. Es gibt übrigens auch noch ein paar andere Autoren die unter diese Rubrik fallen, alle mit mehr oder weniger unterschiedlichen Vorstellungen. Wer seine Theorie belegen will muss aber raus aus der Studierstube und ab ins Feld und prospektieren. Oder auf Andere und den Zufall hoffen.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Ave Leibhusar,
Ergo: Es ist nichts dringlicher, als die Auffindung weiterer Lager/Schlachtfelder im Zusammenhang mit Varus! Denn jeder weitere Fixpunkt neben Kalkriese schränkt die dann noch weiteren theoretischen Möglichkeiten drastisch ein.

Hallo,
genau- das ist das Wichtigste und die einzige Moglichkeit einer abschließenden Klärung. Ein Marschlager das zeitlich 9 n.Chr eingeordnet werden kann und die Vorgänge könnten ziemlich genau rekonsturiert werden.

Das kann doch nicht soooo schwer sein. In einem Radius von ca. 15-20 km um Kalkriese muß es doch ein Lager gegeben haben und wenn nicht in dieser Entfernung, dann ca. 30-40 km von Kalkriese entfernt... Ich kann es nicht glauben das man da nichts findet.....!!!!!!!!!

Ich fand den Text auch interessant, zumal er Kalkriese berücksichtigt und versucht einzubauen. Konnte ihne aber nur überfliegen und habe deswegen vielleicht eins nicht begriffen:
Er schreibt, dass die Zivilisten während der Schlacht in das Lager flohen und dann ausbrachen. Ist das nicht eine Verquickung zwischen Schlacht und der Belagerung/Fall von Aliso, die zeitlich nach der Schlacht lag????
Mit verwirrten Grüßen
 
Schon beim ersten Satz der Einführung auf Seite 4 fragt man sich, welcher Quelle der Autor entnimmt, dass Varus die drei Legionen in die Winterlager nach Vetera führen wollte ?

Varus wollte 9 n.Chr. in ein Aufstandsgebiet ziehen. Wo dieses lag, bleibt offen.
Sein Neffe L. Asprenas zog dagegen mit zwei Legionen nach Vetera (und wählte offensichtlich nicht den Lippeweg).
 
Das kann doch nicht soooo schwer sein. In einem Radius von ca. 15-20 km um Kalkriese muß es doch ein Lager gegeben haben und wenn nicht in dieser Entfernung, dann ca. 30-40 km von Kalkriese entfernt... Ich kann es nicht glauben das man da nichts findet.....!!!!!!!!!

Doch, es ist so schwer. Zum einen ist viel verloren gegangen: in den 70er Jahren beispielsweise wurde ein Kleinkastell am Limes, von dem man wusste, bei einem "Wettpflügen" untergezackert; wieviel mehr ging "einfach so" durch Überbauung verloren?* Es ist durchaus anzunehmen, dass das eine oder andere römische Lager komplett in modernen Städten und Industriegebieten aufging. Wenn jetzt in Porta Westfalica ein Lager zum Vorschein kommt (zumindest ein Stückchen), verdienen wir das vor jeder verbesserten Grabungstechnik in erster Linie erhöhter Sensibilität.

*Ich habe einmal auf der Suche nach dem römischen Amphitheater Kölns versucht, eine Karte der Tiefbauten der Stadt anzulegen – wo also bei der Ausschachtung von U-Bahnen, Tiefgaragen, Archivkellern und Untergeschossen in den 50er und 60er Jahren historischer Grund "draufging".
Ich habe damit aufgehört, weil mir schlecht wurde. Bis in die 80er hinein war es Sitte, dem Baggerfahrer ein Scheinchen zuzustecken, wenn es unter der Schaufel knirschte.
 
In den Großstädten stimme ich dir zu, aber in der besagten Umgebung von Kalkriese gibt es keine großen Städte... Es handelt sich hauptsächlich um Ackerland und recht kleine Dörfer, die sich baulich nicht so dermaßen stark verändert haben wie Städte...
 
In einer der Publikationen über Kalkriese habe ich etwas zu tumuli im Osnabrücker Land gelesen. Bevor jetzt alle hellhörig werden und auf die in diesem Thread hin und her gewälzte Tacitusstelle rekurrieren: nein, es ging um tumuli der Bronze- und Eisenzeit, die aber teilweise bis in die römische Kaiserzeit, z.T. sogar bis zur Völkerwanderung weiterbenutzt wurden (Brandbestattungen in der Hügeloberfläche). In Osnabrück-Voxtrup soll es an die 400 solcher tumuli gegeben haben - heute sind sie alle weg, eben weil Voxtrup darüber liegt.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Osnabrück-Voxtrup soll es an die 400 solcher tumuli gegeben haben - heute sind sie alle weg, eben weil Voxtrup darüber liegt.

Solche Grabhügel gibt es in Norddeutschland wie Sand am Meer. Erst gestern bin ich an so einem "ausgewachsenen Exemplar" aus der Bronzezeit vorbeigekommen. Allerdings paßte dort keine Legion herein...
 
Solche Grabhügel gibt es in Norddeutschland wie Sand am Meer. Erst gestern bin ich an so einem "ausgewachsenen Exemplar" aus der Bronzezeit vorbeigekommen. Allerdings paßte dort keine Legion herein...

Ein guter Schritt Deinerseits, die These zu überdenken, dass in dem tumulus des Germanicus sämtliche Knochen bestattet worden wären. :pfeif:
 
Hallo,
genau- das ist das Wichtigste und die einzige Moglichkeit einer abschließenden Klärung. Ein Marschlager das zeitlich 9 n.Chr eingeordnet werden kann und die Vorgänge könnten ziemlich genau rekonsturiert werden.

So ein Marschlager besagt noch gar nichts. Es stellt sich dann immer noch die Frage, ob das Marschlager von Varus oder Asprenas stammt?

Anscheinend wird immer noch von der Annahme ausgegangen, daß sich Varus vom Rhein durch die germanische Wildnis "kämpfte", um so zu den Cheruskern an der Weser zu gelangen. Dort soll er dann ein 3Legionen-Sommerlager errichtet haben und von dort soll Varus auf dem Rückweg in die Winterlager aufgrund eines gemeldeten Aufstands vom richtigen Weg abgekommen sein.

Diese Meinung ist irgendwann im 19. bzw. 20.Jh. verbreitet worden und daran wird weitgehend widerspruchslos festgehalten.

Aber gibt es das 3Legionenlager überhaupt? Darüber haben wir hier in einem anderen Beitrag schon diskutiert.
Ich meine weiterhin: NEIN !

Varus war 7n.Chr. "legatus augusti pro praetore" für Gallien und mit dem Oberbefehl am Rhein. So hat er den anscheinend erfolglosen C. Sentius Saturnius abermals (wie schon zuvor in Syrien) abgelöst. Damit war klar, daß nach der Niederschlagung des "immensum bellum" (darüber bestehen keine weiteren Aufzeichnungen) durch Tiberius , Augustus wieder einen fähigen Mann brauchte, um Germanien zu verwalten. Übrigens Varus übernahm, zusammen mit Tiberius, 13 v.Chr. das Consulat (das höchste Regierungsamt). Somit war er kein unfähiger Zeitgenosse.

Da die Römer bereits im Lande waren und dort auch Siedlungen (z.B. Waldgirmes) und Handelsplätze errichteten, war das bereits römisch besiedelte Gebiet keineswegs unbekannt. Auch wurden die "antiken Autobahnen" Helwege durchaus genutzt. Ein Gebiet, daß die Römer schon zu Drusus Zeiten genutzt haben, war u.a. die Lippe-Linie. Daher ist es unwahrscheinlich, daß Varus einen anderen Weg genommen hat als über die Lippe-Linie. Mit Anreppen hat man dort ein großes Proviantlager gefunden, daß die römischen Heere vor ihren Marsch in den Weserraum ausstattete.

Bereits TIMPE hatte darauf hingewiesen, daß ein Statthalter keine 3 Legionen benötigte, um durch eine angehende Provinz zu ziehen, auch wenn diese Jahre zuvor (Schlacht bei Arbalo, immensum bellum) unruhig gewesen war.
Wieso hatte Varus 3 Legionen dabei und zeitgleich befanden sich auch noch seine 2 weiteren Legionen unter Führung von Asprenas im Gebiet? Dazu wollte Arminius außerdem noch cheruskische Krieger herbeiholen.

Welcher feindliche germanische Stamm hätte gegen 5Legionen + Hilfstruppen antreten können? Es gab nur einen Feind, der noch übrigblieb. Und das war Marbod und seine Verbündeten Sueben. (gleiche Auffassung seitens TIMPE) Wenn diese Sueben einen Einfall in die Provinz unternahmen, so mußte Varus sofort handeln. In Syrien hat er zweimal einen regelrechten Feldzug mit 3 Legionen gegen Aufständische unternommen und diese dann mit aller Gewalt niedergeworfen.
Warum sollte Varus seine Verhaltensweise in Germanien ändern?
So hat Varus den sofortigen Befehl gegeben, gegen den Feind vorzugehen. Segestes blieb somit kaum Zeit, den Arminius Plan zu verraten. Er konnte Varus nicht davon überzeugen, daß alles anscheinend nur fingiert war.
Aber wie kann man gegen einen Feind marschieren, der anscheinend weit entfernt war, wenn man sich in einem Sommerlager (möglichst mit Zelten und ohne große Vorratsspeicher) befindet?
Schon Drusus wurde auf einem Feldzug gegen die Cherusker zur Umkehr gezwungen, weil der Proviant ausging und er keinen großen Troß mitführte.
Daher ist zu vermuten, daß Varus in einem Lager saß, in dem es genügend Proviant gab, um einen Troß mit 3 Legionen auszurüsten. Und da bietet sich Anreppen geradezu an. Varus hatte so anfangs seine Legionen über das Land und die Lager verteilt. Er konnte sie schnell zusammenziehen und mit dem nötigen Proviant für einen Feldzug ausstatten.
Somit gehe ich davon aus, daß Varus von der Lippe her versuchte in das Gebiet der Aufständischen zu gelangen. Zeitgleich muß Asprenas auf einem anderen Weg (anscheinend nördlicher) in dem Gebiet sich bewegt haben.

Aufgrund der etlichen römischen Feldherren (Drusus,Ahenobarbus, Tiberius, Germanicus,...), die sich in Germanien bewegten, müssen unzählige Marsch- und etliche Versorgungslager errichtet worden sein. Ein Versorgungslager ist an der Weser gefunden worden: Hedemünden. Somit stimmen die, vormals als Märchen abgestempelten, römischen Überlieferungen von Lagern an der Weser und Elbe.

Jetzt aber jedes gefundene Lager wiederum Varus zuzuordnen, halte ich für nicht wissenschaftlich und somit verkehrt. Da sollte man dann doch lieber eine Hinweistafel anbringen, als wieder so einen "Hermann" zu machen....

Solange es keine Legionskennung gibt, ist Kalkriese weiterhin nur eine "Römerschlacht aus der Zeit des Arminius"!
 
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Ein guter Schritt Deinerseits, die These zu überdenken, dass in dem tumulus des Germanicus sämtliche Knochen bestattet worden wären. :pfeif:

Wieso? Wer sagt denn, daß der Tumulus des Germanicus auch so klein war, wie ein bronzezeitlicher Grabhügel? Die römischen Baumeister waren in der Lage auch größere Objekte zu bauen...
 
Ave Cherusker,

Cherusker schrieb:
...Welcher feindliche germanische Stamm hätte gegen 5Legionen + Hilfstruppen antreten können? Es gab nur einen Feind, der noch übrigblieb. Und das war Marbod und seine Verbündeten Sueben......Und da bietet sich Anreppen geradezu an...Zeitgleich muß Asprenas auf einem anderen Weg (anscheinend nördlicher) in dem Gebiet sich bewegt haben......

Na so ganz kann ich Dir da nicht folgen. Abgesehen davon das römische Historiographen dazu nichts erwähnen (wieso?), so saß Marbod doch gut 500 Meilen weiter im Südosten und war froh den Römern vor kurzem gerade noch entkommen zu sein. Welchen Vorteil soll da Anreppen gegenüber z.B. Mainz oder Carnuntum haben? Und wieso soll sich Asprenas dann obendrein noch weiter nördlich davon bewegt haben?

Beste Grüsse, Trajan.
 
Wenn man Tacitus folgt, dann muss es ein Dreilegionenlager gegeben haben:
"Prima Vari castra lato ambitu et dimensis principiis trium legionum manus ostentabant;"
Und wenn man der taciteischen Logik folgt, dann ist das nicht das erste Lager, das Varus errichten ließ, sondern das erste Varuslager, welches Germanicus erreichte. Im Übrigen würde ich mich mit der Eingrenzung des Raumes, wo die Varusschlacht stattgefunden haben könnte nicht zu weit von Westfalen entfernen, denn es heißt bei T. ja auch, das Germanicus sich zwischen Ems und Lippe befand, als er Lust verspürte den Ort der Varusschlacht aufzusuchen, weil er gerade in der Nähe war. Das ist zwar eine recht unbrauchbare Ortsangabe, aber die Sueben waren sicher nicht in der Nähe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man Tacitus folgt, dann muss es ein Dreilegionenlager gegeben haben:
"Prima Vari castra lato ambitu et dimensis principiis trium legionum manus ostentabant;"
Und wenn man der taciteischen Logik folgt, dann ist das nicht das erste Lager, das Varus errichten ließ, sondern das erste Varuslager, welches Germanicus erreichte.


Ich meinte das Sommerlager und nicht das 3Legionenmarschlager.
 
Ave Cherusker,



Na so ganz kann ich Dir da nicht folgen. Abgesehen davon das römische Historiographen dazu nichts erwähnen (wieso?), so saß Marbod doch gut 500 Meilen weiter im Südosten und war froh den Römern vor kurzem gerade noch entkommen zu sein. Welchen Vorteil soll da Anreppen gegenüber z.B. Mainz oder Carnuntum haben? Und wieso soll sich Asprenas dann obendrein noch weiter nördlich davon bewegt haben?

Beste Grüsse, Trajan.

Suebische Stämme saßen an der Elbe. Auch die Langobarden standen noch unter Einfluß des Marbod. Also so weit waren die nicht entfernt....
 
Im Übrigen würde ich mich mit der Eingrenzung des Raumes, wo die Varusschlacht stattgefunden haben könnte nicht zu weit von Westfalen entfernen, denn es heißt bei T. ja auch, das Germanicus sich zwischen Ems und Lippe befand, als er Lust verspürte den Ort der Varusschlacht aufzusuchen, weil er gerade in der Nähe war. Das ist zwar eine recht unbrauchbare Ortsangabe, aber die Sueben waren sicher nicht in der Nähe.

Die Sueben galten doch nur als Vorwand, um Varus in Bewegung zu setzen. Natürlich war die Varusschlacht westlich der Weser. Aber die Legionen waren nur auf dem Marsch leicht angreifbar und nicht in einem Standlager.
Und weil sie sich noch relativ weit vom Ort des Geschehens (Aufstand) befanden, ließ Varus auch noch nicht in "Gefechtsordnung" marschieren. Varus wähnte sich im befreundeten Gebiet. Erst östlich der Weser hätte er dann die Marschordnung geändert.
Siehe z.B. Germanicus. Der ließ seinen Troß im Taunus zurück, um so schneller marschieren zu können. Ebenso hätte Varus verfahren können....mit dem Troß zur Weser. Dort in ein Versorgungslager und dann mit den 3 Legionen und den germanischen Hilfstruppen im Eilmarsch zum Aufstandsgebiet. Das ist keine unmögliche Annahme...

Die Varusschlacht muß in einem Gebiet gewesen sein, daß die Brukterer, Chatten, Marser und Cherusker ohne großes Aufsehen erreichen konnten.
Anders Kalkriese.....wie kommen die Chatten und Marser dorthin? Hätten die Marser die Lippe überquert, so wäre das sofort aufgefallen. Neben Anreppen hat man auch auf der Sparrenberger Egge einen römischen Wachposten gefunden.

P.S.
Ich empfehle einmal den alten DELBRÜCK, "Geschichte der Kriegskunst" 1901.


Dort steht über die Germanen als Krieger:
"Tacitus,Germ.30,31,rühmt den Chatten ganz besondere Kriegseigenschaften nach und erzählt, daß es unter ihnen viel gebe, die ihr Leben lang weder Haus noch Acker haben, sondern nur dem Kriege leben." ... "Nur darf man, indem man diese Wildlinge Berufskrieger nennt, die anderen Germanen deshalb nicht zu Bauern machen: es ist nur ein Gradunterschied, Krieger sind sie alle."

oder zum Thema geplanter Hinterhalt:

"Man hat das so ausgelegt, als ob der Plan gewesen sei, Varus von der gebahnten Heeresstraße fort in eine für den Überfall besonders geeignete Gegend zu locken.
Das ist eine romanhafte Vorstellung. Zum Überfall geeignete Gegenden waren in Germanien allenthalben; ein feindliches Heer aber an eine ganz bestimmte , entfernte Stelle zu locken und an dem Tage, wo es diese durchzieht, die eigene Mannschaft dort unbemerkt zur Stelle zu haben, ist kein durchführbares Stratagem."

weiterhin im Hinblick auf EMS und WESER

"...ja, das Verfahren des Germanicus wird völlig unbegreiflich, wenn man sich erinnert, daß er vorher bereits mit sechs Legionen bei Aliso stand. Von hier bis an die Weser hätte er nicht mehr als vier Tagesmärsche gehabt - da soll er zurückgegangen sein, sich auf die Flotte gesetzt haben, um in die Ems zu fahren, von wo er, nördlich des Gebirges, wenigstens 8-10 Märsche an die Weser hatte? Das wäre eine merkwürdige Art gewesen, Pferde zu sparen und die Truppen frisch in die Mitte Germaniens zu bringen.
Zu alledem kommt, daß Tacitus von dem Marsch von der Ems zur Weser überhupt nichts erzählt, sondern das Heer, unmittelbar nachdem es angeblich am Emsufer ans Land gestiegen , an der Weser auftreten läßt.
Es gibt nur eine Korrektur, die Vernunft in diese Wirrnis bringt: daß Tacitus nämlich die Namen der Ems und Weser verwechselt hat."

Der alte Knabe wußte schon, worüber er da schrieb. Schließlich waren zu seiner Zeit noch Pferdekarren und keine LKWs unterwegs.
So hat DELBRÜCK schon damals ein Versorgungslager bei bzw. in Paderborn vermutet. Und in Anreppen wurde es gefunden!
 
Ave Cherusker und Cato,

also eure Varianten bzgl. Kalkriese halte ich aus guten Gründen nicht für realistisch, insbesondere Asprenas in Kalkriese nicht. Der hatte nach Aussage der Quellen keine nennenswerten Verluste. Aus statistischen Gründen, die ich vor langer Zeit schon mal ausführlich darlegte, kann der dann nicht für den mit Abstand grössten varuszeitlichen Münzhorizont verantwortlich sein. Was er mit zwei Legionen machte, war vermutlich dasselbe, was Germanicus in 15 und 16 beherzigte: Wenn man an der Weser und dahinter operierte war es ratsam, die Chatten im Süden zu beschäftigen und von einem Schulterschluss mit den Cheruskern abzuhalten, weil sonst konnte es so weit nach Osten ausgesetzt schnell gefährlich werden. So sehen das auch andere Historiker. Das Varus mit drei und Asprenas mit zwei Legionen auszog zeugt nach meiner Meinung von der professionellen Umsicht des Varus. Denn nur scheinbar befriedet war die Provinz, aber spätestens ab Weser war man ganz schön weit weg vom Rhein und nach den Erfahrungen der Vergangenheit war da durchaus vermeintlich übertriebene Vorsicht angeraten.

Soweit so gut.

Und jetzt kommt noch deine Marbod-Connection. Aber na gut, man weiss es nicht so genau. Eines jedenfalls muss ich sagen, eure Stories enthalten immer auch anregende Gedankengänge!

Deine Geschichte mit der Marbod-Connection hat imho einen prickelnden Reiz. Ich möchte die Story einmal aufgreifen und ausspinnen, wie sie vielleicht hätte sein können. Ohne dass ich dabei behaupten würde, dass das folgende tatsächlich so war! Es wäre nur eine interessante mögliche Variante:

Nun im Jahre 9 war das Reich nahe am Absturz gewesen, der gefährliche pannonische Aufstand war gerade zu Ende und hatte die letzten Ressourcen gefordert. Varus (mal in Wikipedia nachlesen) gehörte zum Dunstkreis des Augustus, er hatte hintereinander zwei Grossnichten des Augustus geheiratet und auch schon das Konsulat gemeinsam mit Tiberius bekleidet. Er war also erfahrener Politiker und Militär mit allerfeinsten Verbindungen in die höchsten Machtkreise. Und Augustus war ein alter Mann, die Nachfolgefrage stand in 9 klar auf der Tagesordnung!

Tiberius hatte bereits etliches Hin- und her in dieser Frage ausgestanden, und stand in Konkurrenz mit seinem Adoptivsohn Germanicus und seinem Adoptivbruder Agrippa Postumus (den er wohl direkt nach Augustus Tod liquidieren lies, mit Germanicus ging das nicht so einfach) um die anstehende Nachfolge, die in 9 nur als eine Frage kürzester Zeit erscheinen musste. Vielleicht wollte nun Varus in dieser Frage irgendwie mitmischen, sei es nun mit oder gegen Tiberius?

Aus den Funden von Kalkriese und auch von den brillanten Ausführungen Timpes wissen wir, das in der Schlacht nur wenig „richtige“ Germanen beteiligt waren, Arminius scheint den Aufstand aus dem Militärapparat heraus geplant und durchgeführt zu haben, die weiteren Beteiligten kamen erst mit dem Erfolg aus der Deckung. Auch wissen wir von Tacitus, dass er die unmittelbare Anzeige des Segestes kurz vorher in den Wind schlug. Da dies wohl öffentlich vor den anwesenden hohen Militärs geschah, und zudem der Vorschlag des Segestes ihn und Arminius vorsorglich und zusammen in U-Haft zu setzen gar nicht so dumm war, war das Ausschlagen schon ein starkes Stück. Blindes Vertrauen oder vielleicht doch Berechnung?

Nehmen wir mal an, Varus wollte in der Nachfolgefrage mitspielen. Dazu muss er seine militärische Machtbasis schnell und drastisch ausbauen. Seit 7 ist er mit dem Ritter und Cherukerfürsten Arminius (Tischnachbar!) bestens verbündet, man macht also einen Deal. Varus marschiert in 9 mit seinem kompletten Militär und seinem kompletten Hofstaat und Staatskasse, obwohl eigentlich überhaupt nicht nötig, ins Innere Germanien. Asprenas wird mit seinen zwei Südlegionen ins Wetteraugebiet kommandiert um dort zu „sichern“. Arminius soll nun durch einen Scheinangriff beim Rückmarsch Varus im Weserbergland „festsetzen“. Dann muss Asprenas zu Varus stossen um im aus der „Patsche“ zu helfen. Wenn er eintriff wird er zum Mitmachen gezwungen oder getötet. Dann hätte Varus die Rhein-Legionen und seine finanziellen Mittel quasi vorab unauffällig im Innern Germanien zusammengezogen. Voila, zusammen mit den Hilfskontingenten von Arminius plus eventuell noch von Marbod, falls der auch noch ins Boot käme, eine Machtposition im germanischen Sonderreich, nicht unähnlich wie Caesar nicht lange vorher in Gallien. Auch Caesar eroberte auf solche Weise die Macht in Rom. Oder auch Postumus, um 260 versuchte er das mit seinem gallischen Sonderreich.

Und jetzt käme wieder Arminius ins Spiel, der macht die Intrige mit, aber nur zum Schein. Der denkt sich nämlich, dass er den Staatsschatz des Varus auch prima für seine eigene germanische Sache nutzen kann und führt den Integranten wiederum selbst hinters Licht.
Aus dem Scheinangriff wird nun ein echter Überfall mit dem bekannten Ausgang. Varus macht bis dahin fleissig mit, viel zu spät erst als es richtig zur Sache geht, merkt er was los ist. Arminius reisst sich den Schatz unter den Nagel und der Rest ist Legende.

Das würde dann auch die exorbitanten Mengen an Goldmünzen in Kalkriese erklären (absolut einzigartig in ganz Europa). Denn die waren als Zahlungsmittel zum Handel kaum geeignet und für Bestechungen gab es eigentlich wenig Anlass, und wenn überhaupt, warum sollten diese, aus statistischen Gründen enorme, Bestände denn auf dem Rückweg noch mitgeführt werden?

Die Geschichte des Nibelungenhorts gibt da auch interessante Hinweise: In der nordischen Fassung erlegt Sigurd zwar den Drachen Fafner, aber er köpft ihn nicht. Angestiftet den Drachen zu killen hat ihn aber sein Ziehvater Regin. Und den köpft er! Und zwar weil ihm die Vögel zwitschern, dass dieser Ihn verraten wird und es besser wäre ihn vorher um die Ecke zu bringen. Was die Vögel da zwitscherten dürfte auch nicht so verkehrt gewesen sein, seinen Ziehsohn Arminius hätte Varus sicherlich auch früher oder später entsorgen müssen.


Nun gut, vielleicht war es ja auch so oder so ähnlich.

Beste Grüsse, Trajan.
 
@Trajan:Es wäre nur eine interessante mögliche Variante:

Wenn das so gewesen wäre, wäre es bestimmt überliefert worden. Es müssen ja viele in die Konspiration eingeweiht gewesen sein, die nicht in der Schlacht fielen. Spätestens bei den Germanicus-Zügen wäre die Wahrheit ans Licht gekommen, Segestes müsste es gewusst haben und hätte davon an die Römer berichtet.
"Wir Germanen haben den Usurpator Varus ausgeschaltet..., dumm nur dass Arminius sich nicht an die Abmachung hält". Besser hätte er sich doch gar nicht reinwaschen können.

Ein interessanter alternativer Romanstoff, mehr aber auch nicht.
 
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