Hallo,
genau- das ist das Wichtigste und die einzige Moglichkeit einer abschließenden Klärung. Ein Marschlager das zeitlich 9 n.Chr eingeordnet werden kann und die Vorgänge könnten ziemlich genau rekonsturiert werden.
So ein Marschlager besagt noch gar nichts. Es stellt sich dann immer noch die Frage, ob das Marschlager von Varus oder Asprenas stammt?
Anscheinend wird immer noch von der Annahme ausgegangen, daß sich Varus vom Rhein durch die germanische Wildnis "kämpfte", um so zu den Cheruskern an der Weser zu gelangen. Dort soll er dann ein 3Legionen-Sommerlager errichtet haben und von dort soll Varus auf dem Rückweg in die Winterlager aufgrund eines gemeldeten Aufstands vom richtigen Weg abgekommen sein.
Diese Meinung ist irgendwann im 19. bzw. 20.Jh. verbreitet worden und daran wird weitgehend widerspruchslos festgehalten.
Aber gibt es das 3Legionenlager überhaupt? Darüber haben wir hier in einem anderen Beitrag schon diskutiert.
Ich meine weiterhin: NEIN !
Varus war 7n.Chr. "legatus augusti pro praetore" für Gallien und mit dem Oberbefehl am Rhein. So hat er den anscheinend erfolglosen C. Sentius Saturnius abermals (wie schon zuvor in Syrien) abgelöst. Damit war klar, daß nach der Niederschlagung des "immensum bellum" (darüber bestehen keine weiteren Aufzeichnungen) durch Tiberius , Augustus wieder einen fähigen Mann brauchte, um Germanien zu verwalten. Übrigens Varus übernahm, zusammen mit Tiberius, 13 v.Chr. das Consulat (das höchste Regierungsamt). Somit war er kein unfähiger Zeitgenosse.
Da die Römer bereits im Lande waren und dort auch Siedlungen (z.B. Waldgirmes) und Handelsplätze errichteten, war das bereits römisch besiedelte Gebiet keineswegs unbekannt. Auch wurden die "antiken Autobahnen" Helwege durchaus genutzt. Ein Gebiet, daß die Römer schon zu Drusus Zeiten genutzt haben, war u.a. die Lippe-Linie. Daher ist es unwahrscheinlich, daß Varus einen anderen Weg genommen hat als über die Lippe-Linie. Mit Anreppen hat man dort ein großes Proviantlager gefunden, daß die römischen Heere vor ihren Marsch in den Weserraum ausstattete.
Bereits TIMPE hatte darauf hingewiesen, daß ein Statthalter keine 3 Legionen benötigte, um durch eine angehende Provinz zu ziehen, auch wenn diese Jahre zuvor (Schlacht bei Arbalo, immensum bellum) unruhig gewesen war.
Wieso hatte Varus 3 Legionen dabei und zeitgleich befanden sich auch noch seine 2 weiteren Legionen unter Führung von Asprenas im Gebiet? Dazu wollte Arminius außerdem noch cheruskische Krieger herbeiholen.
Welcher feindliche germanische Stamm hätte gegen 5Legionen + Hilfstruppen antreten können? Es gab nur einen Feind, der noch übrigblieb. Und das war Marbod und seine Verbündeten Sueben. (gleiche Auffassung seitens TIMPE) Wenn diese Sueben einen Einfall in die Provinz unternahmen, so mußte Varus sofort handeln. In Syrien hat er zweimal einen regelrechten Feldzug mit 3 Legionen gegen Aufständische unternommen und diese dann mit aller Gewalt niedergeworfen.
Warum sollte Varus seine Verhaltensweise in Germanien ändern?
So hat Varus den sofortigen Befehl gegeben, gegen den Feind vorzugehen. Segestes blieb somit kaum Zeit, den Arminius Plan zu verraten. Er konnte Varus nicht davon überzeugen, daß alles anscheinend nur fingiert war.
Aber wie kann man gegen einen Feind marschieren, der anscheinend weit entfernt war, wenn man sich in einem Sommerlager (möglichst mit Zelten und ohne große Vorratsspeicher) befindet?
Schon Drusus wurde auf einem Feldzug gegen die Cherusker zur Umkehr gezwungen, weil der Proviant ausging und er keinen großen Troß mitführte.
Daher ist zu vermuten, daß Varus in einem Lager saß, in dem es genügend Proviant gab, um einen Troß mit 3 Legionen auszurüsten. Und da bietet sich Anreppen geradezu an. Varus hatte so anfangs seine Legionen über das Land und die Lager verteilt. Er konnte sie schnell zusammenziehen und mit dem nötigen Proviant für einen Feldzug ausstatten.
Somit gehe ich davon aus, daß Varus von der Lippe her versuchte in das Gebiet der Aufständischen zu gelangen. Zeitgleich muß Asprenas auf einem anderen Weg (anscheinend nördlicher) in dem Gebiet sich bewegt haben.
Aufgrund der etlichen römischen Feldherren (Drusus,Ahenobarbus, Tiberius, Germanicus,...), die sich in Germanien bewegten, müssen unzählige Marsch- und etliche Versorgungslager errichtet worden sein. Ein Versorgungslager ist an der Weser gefunden worden: Hedemünden. Somit stimmen die, vormals als Märchen abgestempelten, römischen Überlieferungen von Lagern an der Weser und Elbe.
Jetzt aber jedes gefundene Lager wiederum Varus zuzuordnen, halte ich für nicht wissenschaftlich und somit verkehrt. Da sollte man dann doch lieber eine Hinweistafel anbringen, als wieder so einen "Hermann" zu machen....
Solange es keine Legionskennung gibt, ist Kalkriese weiterhin nur eine "Römerschlacht aus der Zeit des Arminius"!