Ich hatte übersehen, daß hier noch etwas war...
... wäre es dann nicht logischer gewesen, die 8. Armee ebenfalls gegen Frankreich einzusetzen, wenn man davon ausging, dass noch genug Zeit vorhanden war, sie vor Ankunft der Russen wieder nach Ostpreußen zu verlegen?
Wenn wir mit Logik herangehen (wobei Krieg und Logik ehedem schon ein seltsames Gespann an sich ist), zeigt sich in Verbindung mit militärgeschichtlichen Aspekten, daß es in der modernen Kriegsführung gemeinhin vermieden wird, nahezu 100% seiner Truppen an einer Front zusammenzuziehen. Selbst 7 von 8 Hauptarmeen derart zu konzentrieren - wie im vorliegenden Fall im Westen -, ist bereits problematisch, solange (das ist der entscheidende Punkt) andere potentielle Gegner nicht besiegt worden sind.
Auch wenn also noch eine Armee im Osten stand, war dieser Landesteil faktisch dennoch militärisch zum großen Teil entblößt.
Zum Vergleich: selbst im Mittelalter, wo man diesbezüglich nun wirklich größtenteils auf nichts anderes als Entscheidungsschlachten ausgerichtet war, vermieden Heerführer nach Möglichkeit derartige Konstellationen, welche die Konzentration großer Verbände an einem Ort und damit die gleichzeitige Entblößung der anderen Landesteile bedeutete (das war schon einem
Karl d. Gr. während der Sachsenkriege bewußt). Schlachten während der Orientkreuzzüge - wie jene von Hattin 1187 oder von La Forbie (Gaza) 1244 -, bei denen faktisch (bis auf die geringen Besatzungen in Städten und Burgen) alles aufgeboten wurde, was man an Kämpfern hatte, waren diesbezüglich eher untypisch.
Wofür waren die Divisionen im Osten gedacht, wenn nicht dafür die russischen Truppen anzugreifen und zurückzuschlagen?
Zur Problematik der militärischen Entblößung von Landesdteilen siehe oben...
Sie waren planmäßig defensiv aufgestellt - v.a. wenn wir berücksichtigen, daß die beiden russischen Armeen, welche schließlich einmarschierten, gerade einmal um die 10% der russischen Haupttruppen ausmachten und jede dabei einzeln betrachtet bereits an Mannstärke die im Osten stehende 8. deutsche Armee übertraf.
Selbst für eine sichere Verteidigungslinie hätte es mindestens einer deutschen Armee mehr bedurft - daß
Tannenberg gelang bzw. im wahrsten Sinne des Wortes glückte, lag wie bereits ausgeführt neben dem taktischen Geschick der Deutschen v.a. auch an den Fehlern der Russen.
Warum drängte man die Österreich zur Offensive, wenn die Russen doch eh zu spät kommen würden?
Wann startete Österreich-Ungarn denn seine Offensive gegen die russische Front? Richtig; am 26.08. 1914 zur
Schlacht von Lemberg - ergo zeitgleich zur
Schlacht bei Tannenberg -, als die Russen bereits sowohl in Ostpreußen als auch in Galizien eingerückt waren.
Vgl. dazu bspw. meine Ausführungen in
http://www.geschichtsforum.de/209245-post22.html
Solltest Du Dich auf das offensive Vorgehen von Österreich-Ungarn gegen Serbien beziehen, so ging man von deutscher Seite ehedem davon aus, daß dies ein regionaler Konflikt sei, auf den Rußland nicht durch militärisches Eingreifen reagieren würde. Was zuegegebenermaßen eine Fehlannahme war, aber das ist eine andere Sache...
Das war aber meiner Meinung nach die alte Planung von 1905 die 1914 schon nicht mehr aktuell war.
Deine Meinung in allen Ehren, aber das ist falsch.
Die bis 1914 vorgenommenen Änderungen gegenüber dem Plan von 1905 bedeuteten v.a. eine Stärkung des linken Flügels im Westen gegenüber dem rechten Angriffsflügel.
Nicht mehr aktuell bzw. praktisch nicht mehr durchführbar machte ihn dann u.a. der Umstand, daß eben Rußland schneller mobil machte als angenommen. Erst ab diesem Zeitpunkt wurde den Deutschen bewußt, daß sie gewaltig unter Zeitdruck gerieten, wenngleich dennoch an der praktischen Umsetzung des Plans festgehalten wurde.
Anm.: Dazu genügt sogar
Schlieffen-Plan ? Wikipedia - obwohl auch in diesem Artikel nicht an allen Stellen ganz sauber zwischen Plan und Umsetzung differenziert wird.