Im Aufsatz "Unterschiedliche Deutungen..." wurde die Prunkvase ab #105 diskutiert. Welches waren die Vorbilder dieses Kunstwerks und was deren Verwendungszweck? Abbildungen in Wikipedia finden sich unter www.cratere de vix.de oder www.Fürstliche Grabstätte von Vix.de.
1953 wurde im französischen Vix ein bislang unberührtes Grab aus der Keltenzeit entdeckt. Es enthielt neben einer Anzahl kleinerer Kostbarkeiten einen gewaltigen Behälter, die Prunkvase von Vix, heute ausgestellt im Museum von Chatillon-sur-Seine. Der Behälter zeigt oben am Außenrand umlaufende Bandmuster, unterhalb von diesen das Relief eines Kriegerzugs. Am Außenrand befinden sich zwei aufgewölbte Henkel. Diese Ausführung wird als Volutenkrater bezeichnet. Zwischen den Henkelrändern befindet sich je ein kleines Löwenpaar, darüber ein Zwerg. Henkel, Löwen und Zwerge sind massiv gegossen. Der Behälter ist mit einer Wandstärke von nur 1 bis 1,5 mm erstaunlich dünnwandig. Unten ruht er auf einem runden Sockel.
Die Grabstätte wurde um 530 v.Chr. angelegt. In den 2500 Jahren bis zu ihrer Auffindung war sie zusammen gesunken. Dabei wurde der dünnwandige Behälter zerdrückt. Zum Glück war das Oberteil mit Henkeln, Zwergen und Kriegerzug unbeschädigt geblieben. Ein Stilvergleich mit anderen Funden führte auf eine Herstellung um 580 v.Chr. in einer lakonischen (=spartanischen) Werkstatt. Vermutlich war dies die Werkstatt in Tarent an der Südspitze Italiens, die damals für ihre Arbeiten berühmt war.
Herausragend ist der Kriegerzug, bestehend aus einem Fußsoldaten und einem Gespann, das Ganze achtmal wiederholt. Der Fußsoldat (spartanischer Hoplit) trägt Helm mit Busch, Brustpanzer und Beinschienen, dazu in der Linken einen Rundschild. Sonst ist er nackt, auch barfuß. Der Wagenlenker trägt gleichfalls Helm mit Busch. Er ist bekleidet mit einem langen dünnen Gewand mit Gürtel. Obwohl auf dem Bodenbrett des Wagens stehend, ist der Lenker gleich hoch wie der Fußsoldat (in der Kunstgeschichte: Isocephalia). Die zweirädrigen Wagen werden von je vier Pferden gezogen. Einige der dem Betrachter zugewandten Pferde schauen aus dem Relief heraus. Sie nicken in Richtung Betrachter.
Die beiden Henkel in der Form von aufgewölbten Widderhörnern enthalten jeweils einen Zwerg, der dem Betrachter die Zunge herausstreckt. Statt Beinen schauen unter seinem Lendenschurz zwei große Schlangen heraus, deren Köpfe auf dem Behälter liegen. Dünnere Schlangen umwinden die Arme. Sie richten ihre Körper auf den Betrachter. Die eine Gestalt scheint etwas älter und blickt ernst. Der andere Zwerg aber blickt bei Schrägbetrachtung seitlich am Beschauer vorbei. Er ist trotz seines Aussehens ein drolliges kleines Kerlchen, dem man nicht böse sein kann. Ursprünglich aus Phönizien stammend, in Griechenland als Gorgo übernommen, gelten die Zwerge in klassischer Zeit als Schutz- und Schreckmittel (Apotropaion).
Der Behälter trägt oben als Deckel einen ca. 10 cm tiefen Einsatz mit breitem Rand. Der Einsatz hat im Boden eine Anzahl (24x25 = 600) feiner Löcher. Also Luftaustausch zum Kessel ja, aber als Sieb ungeeignet. In der Mitte steht auf einem Sockel eine 19 cm hohe Frauenfigur mit Umhang und langem Kleid. Verglichen mit griechischen Frauendarstellungen ist ihr Gewand aber keine griechische Frauenkleidung (Peplos). So wurde die kleine Statue bereits als Druidin gedeutet. Im Museum wird der Deckel getrennt von der Prunkvase gezeigt. Möglicherweise wurden Deckel und Statue in der Umgebung von Vix hergestellt. Hier würde eine vergleichende Röntgenanalyse der Bronze-Zusammensetzung und der Menge und Art der Spurenelemente evtl. weiteren Aufschluß geben.
Der runde Sockel wiederholt das Ornament des oberen Behälterrandes. Der gesamte Behälter ist ohne schmückendes Beiwerk, anders als z.B. die Prunkvase von Derveni (330 v.Chr.) mit dem Relief von Ariadne und Dionysos: Ariadne wird in der Sage von ihrem Gefährten Theseus auf der Insel Naxos abgesetzt. Hier freundet sie sich mit dem Weingott Dionysos an, d.h. ergibt sich dem Trunke. Die Prunkvase von Vix in ihrer schlichteren Ausführung wirkt dennoch gleichfalls harmonisch und ausgewogen. Die Prunkvasen hatten die Form von Mischbehältern für Wein, waren aber dafür zu groß. Sie wurden als Kostbarkeiten wichtigen Personen, insbesondere Königen, geschenkt. Auch in unserer Zeit finden wir solche Gaben, z.B. die Prunkvase mit über 1 1/2 m Abmessungen im bayerischen Schloß Linderhof, im Erdgeschoß, Treppenhaus. Dies eine Aufmerksamkeit Napoleon III an den bayerischen König Ludwig II, hergestellt in der Porzellan-Manufaktur von Sevres.
Was sind die Vorlagen für die Prunkvasen? Zum einen sicher die Mischbehälter für Wein. Zum anderen aber weisen die Darstellungen auf frühere Vorlagen:
1. Zwerge und Schlangen schrecken den Näherkommenden: Hände weg!
2. Der Kriegerzug warnt: Soldaten schützen den Behälter.
3. Löwenpaare kennen wir aus Mykene und Tiryns. Sie stellen Abstand her.
4. Das Spiralmuster als von oben drittes Band, auch auf den Henkeln. Wie in den Aufsätzen "Unterschiedliche Deutungen..." und "Das Rätsel von Knossos" dargelegt, finden sich solche Spiralmuster in der Bronzezeit auf oder neben Sarkophagen.
Für einen Mischbehälter für Wein ist das eine seltsame Gestaltung, eher passend für einen Sarkophag. Hieraus wäre abzuleiten: Die Vorlage für die Prunkvase von Vix um 580 v.Chr. ist ein Sarkophag um 1500 v.Chr.
Hier die Fragen an die Teilnehmer des Geschichtsforums:
a) Entspricht die Darstellung dem allgemeinen heutigen Wissensstand?
b) Spiralmuster aus der Bronzezeit auf Stelen oder Grabkammer-Fresken sind abgebildet z.B. in H.G. Wunderlich Seiten 207 und 248. Dem gegenüber sind die Spiralen auf der Prunkvase innen offen, entsprechen also nicht exakt diesen. Gibt es nach ca. 1200 v.Chr. noch Darstellungen der Spiralmuster? Oder sind sie sämtlich durch die Formen der geometrischen Periode abgelöst?
1953 wurde im französischen Vix ein bislang unberührtes Grab aus der Keltenzeit entdeckt. Es enthielt neben einer Anzahl kleinerer Kostbarkeiten einen gewaltigen Behälter, die Prunkvase von Vix, heute ausgestellt im Museum von Chatillon-sur-Seine. Der Behälter zeigt oben am Außenrand umlaufende Bandmuster, unterhalb von diesen das Relief eines Kriegerzugs. Am Außenrand befinden sich zwei aufgewölbte Henkel. Diese Ausführung wird als Volutenkrater bezeichnet. Zwischen den Henkelrändern befindet sich je ein kleines Löwenpaar, darüber ein Zwerg. Henkel, Löwen und Zwerge sind massiv gegossen. Der Behälter ist mit einer Wandstärke von nur 1 bis 1,5 mm erstaunlich dünnwandig. Unten ruht er auf einem runden Sockel.
Die Grabstätte wurde um 530 v.Chr. angelegt. In den 2500 Jahren bis zu ihrer Auffindung war sie zusammen gesunken. Dabei wurde der dünnwandige Behälter zerdrückt. Zum Glück war das Oberteil mit Henkeln, Zwergen und Kriegerzug unbeschädigt geblieben. Ein Stilvergleich mit anderen Funden führte auf eine Herstellung um 580 v.Chr. in einer lakonischen (=spartanischen) Werkstatt. Vermutlich war dies die Werkstatt in Tarent an der Südspitze Italiens, die damals für ihre Arbeiten berühmt war.
Herausragend ist der Kriegerzug, bestehend aus einem Fußsoldaten und einem Gespann, das Ganze achtmal wiederholt. Der Fußsoldat (spartanischer Hoplit) trägt Helm mit Busch, Brustpanzer und Beinschienen, dazu in der Linken einen Rundschild. Sonst ist er nackt, auch barfuß. Der Wagenlenker trägt gleichfalls Helm mit Busch. Er ist bekleidet mit einem langen dünnen Gewand mit Gürtel. Obwohl auf dem Bodenbrett des Wagens stehend, ist der Lenker gleich hoch wie der Fußsoldat (in der Kunstgeschichte: Isocephalia). Die zweirädrigen Wagen werden von je vier Pferden gezogen. Einige der dem Betrachter zugewandten Pferde schauen aus dem Relief heraus. Sie nicken in Richtung Betrachter.
Die beiden Henkel in der Form von aufgewölbten Widderhörnern enthalten jeweils einen Zwerg, der dem Betrachter die Zunge herausstreckt. Statt Beinen schauen unter seinem Lendenschurz zwei große Schlangen heraus, deren Köpfe auf dem Behälter liegen. Dünnere Schlangen umwinden die Arme. Sie richten ihre Körper auf den Betrachter. Die eine Gestalt scheint etwas älter und blickt ernst. Der andere Zwerg aber blickt bei Schrägbetrachtung seitlich am Beschauer vorbei. Er ist trotz seines Aussehens ein drolliges kleines Kerlchen, dem man nicht böse sein kann. Ursprünglich aus Phönizien stammend, in Griechenland als Gorgo übernommen, gelten die Zwerge in klassischer Zeit als Schutz- und Schreckmittel (Apotropaion).
Der Behälter trägt oben als Deckel einen ca. 10 cm tiefen Einsatz mit breitem Rand. Der Einsatz hat im Boden eine Anzahl (24x25 = 600) feiner Löcher. Also Luftaustausch zum Kessel ja, aber als Sieb ungeeignet. In der Mitte steht auf einem Sockel eine 19 cm hohe Frauenfigur mit Umhang und langem Kleid. Verglichen mit griechischen Frauendarstellungen ist ihr Gewand aber keine griechische Frauenkleidung (Peplos). So wurde die kleine Statue bereits als Druidin gedeutet. Im Museum wird der Deckel getrennt von der Prunkvase gezeigt. Möglicherweise wurden Deckel und Statue in der Umgebung von Vix hergestellt. Hier würde eine vergleichende Röntgenanalyse der Bronze-Zusammensetzung und der Menge und Art der Spurenelemente evtl. weiteren Aufschluß geben.
Der runde Sockel wiederholt das Ornament des oberen Behälterrandes. Der gesamte Behälter ist ohne schmückendes Beiwerk, anders als z.B. die Prunkvase von Derveni (330 v.Chr.) mit dem Relief von Ariadne und Dionysos: Ariadne wird in der Sage von ihrem Gefährten Theseus auf der Insel Naxos abgesetzt. Hier freundet sie sich mit dem Weingott Dionysos an, d.h. ergibt sich dem Trunke. Die Prunkvase von Vix in ihrer schlichteren Ausführung wirkt dennoch gleichfalls harmonisch und ausgewogen. Die Prunkvasen hatten die Form von Mischbehältern für Wein, waren aber dafür zu groß. Sie wurden als Kostbarkeiten wichtigen Personen, insbesondere Königen, geschenkt. Auch in unserer Zeit finden wir solche Gaben, z.B. die Prunkvase mit über 1 1/2 m Abmessungen im bayerischen Schloß Linderhof, im Erdgeschoß, Treppenhaus. Dies eine Aufmerksamkeit Napoleon III an den bayerischen König Ludwig II, hergestellt in der Porzellan-Manufaktur von Sevres.
Was sind die Vorlagen für die Prunkvasen? Zum einen sicher die Mischbehälter für Wein. Zum anderen aber weisen die Darstellungen auf frühere Vorlagen:
1. Zwerge und Schlangen schrecken den Näherkommenden: Hände weg!
2. Der Kriegerzug warnt: Soldaten schützen den Behälter.
3. Löwenpaare kennen wir aus Mykene und Tiryns. Sie stellen Abstand her.
4. Das Spiralmuster als von oben drittes Band, auch auf den Henkeln. Wie in den Aufsätzen "Unterschiedliche Deutungen..." und "Das Rätsel von Knossos" dargelegt, finden sich solche Spiralmuster in der Bronzezeit auf oder neben Sarkophagen.
Für einen Mischbehälter für Wein ist das eine seltsame Gestaltung, eher passend für einen Sarkophag. Hieraus wäre abzuleiten: Die Vorlage für die Prunkvase von Vix um 580 v.Chr. ist ein Sarkophag um 1500 v.Chr.
Hier die Fragen an die Teilnehmer des Geschichtsforums:
a) Entspricht die Darstellung dem allgemeinen heutigen Wissensstand?
b) Spiralmuster aus der Bronzezeit auf Stelen oder Grabkammer-Fresken sind abgebildet z.B. in H.G. Wunderlich Seiten 207 und 248. Dem gegenüber sind die Spiralen auf der Prunkvase innen offen, entsprechen also nicht exakt diesen. Gibt es nach ca. 1200 v.Chr. noch Darstellungen der Spiralmuster? Oder sind sie sämtlich durch die Formen der geometrischen Periode abgelöst?