Fakten, Fakten, Fakten
Plinius nennt keinen "Saltus Tariotarum".
In der Tat (man sollte seine Quellen sauber lesen) - Plinius nennt eine "antiqua regio tariotarium" (3.58.2):
dein tariotarum antiqua regio et castellum tariona, promunturium diomedis vel, ut alii, paeninsula hyllis circuitu [c], =
Next to this place comes the ancient regio of the Autariatares and the fortress of Tariona, the Promontory of Diomedes, or, as others call it, the peninsula of Hyllis, 100 miles in circuit.
Dass diese regio ein saltus war, wissen wir aus den Grenzsteinen, die in Marina (westlich Trogir) gefunden wurden, und von denen EQ dankenswerterweise ein Foto bereitgestellt hat. Die häufige Gleichsetzung von regio und saltus hatte ich ja schon erwähnt.
Es ist kaum überraschend, dass der "vasconum saltus" eine heftige Diskussion bei Spaniern und Basken angestossen hat. Eine interessante These ist, dass dieser saltus nicht das küstenseitige Gebirge vor dem Talzug Irun-Oiartzun, sondern die landeinwärts anschliessenden Penas de Aya (bask. Atako Harria) umfasste. Das Gebiet birgt vielfältige Zeugen römischen Bergbaus, und könnte als
metalla den exterritorialen Status eines
saltus erhalten haben.
El Vasconum Saltus :: Auñamendi Entziklopedia :: Euskomedia
"Gehäuft und regelmäßig" tauchen im
4. Buch folgende saltus auf:
- "saltus
Cithaeron"- "Hercynius saltus"
- "saltus Pyrenaeus"
- "Vasconum saltus"
Die ersten drei kann man klar als Gebirge identifizieren.
Beim
saltus pyrenaeos wäre ich mir nicht so sicher. In topographischen Kontexten benutzt Plinius
pyrenaeos montes (2,107; 3,19; 4,42),
iuga (Kette, 3,3; 4,46),
promonturio (4,46; 4,49), vor allem aber (gehäuft und regelmäßig) pyreneao als Eigenname ohne weiteren Zusatz (3,3; 3,12; 3,13, 3,19; 3,20; 4,42; 4,45; 4,46; 4,47, 7,40, 14,22 - da habe ich dann aufgehört..).
Der
saltus pyrenaeus erscheint lediglich einmal (4,44) bei der Beschreibung der aquitanischen Volker, dort eingestreut in eine Aufzählung von bald 50 gentes. Die Lokalisierung aquitanischer Stämme ist ungefähr so einfach wie die der Marser, aber diverse von ihnen konnten mit mehr oder weniger großer Verläßlichkeit spezifischen Regionen, darunter diverse Pyreneentäler, zugeordnet werden:
Novempopulanie ? Wikipédia
Eines der dort nicht repräsentierten Täler, das Vallée d'Aspe südlich Pau, reklamiert halboffiziell für sich, es sei der ehemalige
saltus pyrenaeos. Hierfür gibt es nicht nur gute etymologische Gründe, das Tal führt auch zu einem der wichtigsten Pyrenäenpässe.
VALLÉE d' ASPE
Etsaut ? Wikipédia
Plinius Vorgehen in seinem ethno-/siedlungsgeographischen Teil ist gut bekannt. Er nutzte offizielle Karten, v.a. wohl die Agrippas, fallweise ergänzt durch Zensuslisten. In einer dieser Quellen war offensichtlich inmitten diverser Stammesnamen, der "saltus pyreneaus" aufgeführt. Die naheliegendste Deutung ist hier die als "Pyrenäenpass" - das Vallee d'Aspe war Teil der wichtigsten Pyrenäenquerung im von Caesar neu eroberten Gebiet. Hatte dieser, strategisch wichtige Pass auch exterritorialen Status? Ein "procurator pyreneaos" ist epigraphisch nicht belegt, wohl aber
procuratores für größere Teile Galliens (teilweise provinzübergreifend), die einen solchen
saltus pyreneao hätten mit verwalten können.
saltus im Sinne von
Duchgang, Übergang, Pass(age) scheint jedenfalls zu republikanischen Zeiten häufig gebraucht worden zu sein. Ostfale hat weiter oben schon mehrere entsprechende Beispiele gebracht. Offensichtlich wird dieser Gebrauch u.a. bei Livius 32.6 (Epirus) und 36.10 (Tal/ Pass von Tempe)
http://de.wikipedia.org/wiki/Tempe_(Griechenland)
Der vorerwähnte
saltus Vescinus könnte ursprünglich ebenfalls topographisch, als Passage, hier zwischen dem Monte Massico und der nur wenige hundert Meter von seinem Fuß entfernten Küste, gemeint sein. Livius Beschreibung (siehe meinen vorherigen Beitrag) macht jedoch deutlich, dass die Römer das Gebiet dann auch territorial klar gegen den angrenzenden
ager Falernus abgrenzten, kolonisierten, und später zeitweise von Rom aus durch einen
procurator verwalten liessen.
EQ:
Womit wir wieder bei Zeitspannen und Anachronismen wären, wie von Sepiola schon an anderer Stelle angemerkt: Die Stelle bei Titus Livius bezieht sich auf ein Ereignis der frühen 3. Jahrhunderts vor Christus. Plinius' Lobpreisungen des Falerners sind ca 380 Jahre später zu verorten.
Lies doch hierzu noch mal den Wikipedia-Llink zum Falerner, insbesondere die Stelle über den Optimianer, der als ältester belegter Jahrgangswein der Welt (121 v. Chr.) gilt. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass kein Weinbaugebiet über Nacht so berühmt wird, geht der Zeitsprung in die Größenordnung von 100 Jahren herunter. Wie viele Quellen haben wir eigentlich über den römischen Weinbau des 3. Jahrhunderts v. Chr.?
EQ: Und woher hat Mondragone seinen Namen?
Weiß ich nicht. Als die Bewohner von Sinuessa nach Erdbeben und tektonischen Senkungen Ende des 4.Jh. nasse Füsse bekamen und sich weiter hangaufwärts orientierten, hiess ihre neue Siedlung Petrinum. Vielleicht von den Normannen, die dort spatter eine Burg anlegten?
Mondragone - Wikipedia, the free encyclopedia
Ob der "saltus Galliani" eine Verwaltungseinheit darstellt, geht aus Plinius nicht hervor.
Es geht aus Plinius nicht mehr und nicht weniger hervor, als dies für die im selben Kapitel genannten
coloniae (Modena, Parma, etc.),
oppida (Cesena),
fora, und sonstige Gebiete, z.B. die Regio des Lepidus (Reggio Emilia) gilt. Plinius Reihenfolge bei der Aufzählung zeigt übrigens sehr schön die Hierarchie dieser Gebietseinheiten.
Der (Hauptort des) saltus Galliani wird inzwischen von Teilen der itlalienischen Forschung mit Campogalliani bei Modena identifiziert, andere favorisieren das noch in frühmittelalterlichen Quellen auftauchende Campogallani südlich Forli.
La centuriazione nella pianura modense e carpigiana, Modena 2008, [Gianluca Bottazzi, Donato Labate] | Donato Labate - Academia.edu_
http://www.comune.campogalliano.mo.it/html/attach/37/3722.030.pdf
Offensichtlich wurde im Rahmen der Kolonialisierung der Gallia Cisalpina im frühen 2. Jh v. Chr. der Streifen entlang der Via Emiliana systematisch römisch aufgesiedelt. Die vorhandene gallische Restbevölkerung verblieb jedoch in eigenen Territorien unter römischer Aufsicht (saltus Galliani?), wurde vielleicht auch dahin vertrieben.
Vor diesem Hintergrund könnte "saltus Galliani" auch durchaus Plural sein, und das nachfolgende "qui cognominantur" sich auf alle anschließend aufgezählten "galliani" (Aquinaten, Tannetani, Veleiaten und Urbanaten) beziehen. Damit würde Plinius anschließender, sonst etwas willkürlich daherkommende Satz verständlich, in der Gegend gäbe es keine Bojier mehr. Wenn meine Vermutung stimmt, ist es natürlich müßig,
den "saltus galliani" zu suchen,da es davon mehrere gab.
Falls Du nichts anderes zu tun hast, Sepiola, würde mich die Zeitstellung für Mommsens zweiten "Beweisstrang" interessieren:
- Not. Dign. occ. c.11: procurator rei privatei per Apuliam et Calabriam sive saltus Carminianensis
- Interpol. Städteverzeichnis (grom. p. 261): ager carmeianus
- I.R.N. 2627 (C.I.L.IX, 1795=Dessau 1401): procurator regionis Calabricae
- Städteverzeichnis der besseren Recension (p. 211, vgl. p.262): territoris in saltibus assignada (für Kalabrien)
Die italienische Archäologie hat den saltus Carminianensis mit (St. Lorenzo in) Carmigiano bei Foggia identifiziert, und schließt aufgrund archäologischer Befunde für die
Spätantike:
G. Volpe, Il Saltus Carminianensis: Una grande proprietà imperiale e una diocesi rurale nella Apulia tardoantica, Boletín Arkeolan, 15, 2007-2008, pp. 127-141. | Giuliano Volpe - Academia.edu
Sulla dei dati e delle considerazioni che ho esposto, possiamo concludere che il saltus Carminianensis, affidato alle cure di un procurator, raccoglieva al suo interno una pluralità di situazioni geomorfologiche (zone montuose, fertili valli fluviali, pianura del Tavoliere con fascia lagunare) e, quindi, di paesaaggi agrari con differenti articolazioni produttive e insediative coprendo un extension enorme, pari a ca. 384 km². =
Auf Basis der vorbeschriebenen Daten und Überlegungen können wir schließen, daß der saltus Carminianensis, der Aufsicht eines procurators unterstellt, eine Vielzahl von geomorphologischen Formen (Berge, fruchtbare Flußtäler, das Tafelland des Tavoliere), und damit Agrarlandschaften mit unterschiedlichen Produktions- und Siedlungsformen auf einer enormen Fläche von 384 km² umfasste.
Über die Entstehungsgeschichte scheint noch wenig bekannt (vgl. ebd. S. 129): Eine kürzlich ergrabene, noch undatierte aber wohl frührömische Inschrift nennt ein gens Carminius, deren fundus der spätere saltus ursprünglich gewesen sein könnte. Auch scheint der saltus an den ager Collatinus angegrenzt zu haben - diese werden von Plinius als Gruppe in Apulien erwähnt. Italienische Historiker spekulieren, dass nach dem 2. Punischen Krieg die nahegelegene, zu Hannibal abgefallene Stadt Arpi einen Teil ihres Territoriums zu Gunsten der Ansiedlung römischer Veteranen und des/der saltus Apuliniensis aufgeben musste.