Iulia starb vor Crassus.
Grundsätzlich bin ich kein Fan von "Was wäre wenn"-Spekulationen, da man nicht einfach eine Variable im Geschehnisablauf ändern, aber davon ausgehen kann, dass alles andere unverändert geblieben wäre. Niemand kann seriöserweise sagen, was gewesen wäre, wenn Crassus überlebt oder gar die Parther besiegt und zumindest Mesopotamien erobert hätte. Insbesondere in letzterem Fall hätte er mit Syrien und den Neuerwerbungen selbst über eine bedeutende Machtbasis verfügt.
Die erste Frage, die man sich stellen muss, ist, ob es überhaupt zum Bürgerkrieg gekommen wäre, wenn Crassus noch gelebt hätte. Der Bürgerkrieg wurde im Grunde genommen nicht zwischen Caesar und Pompeius (etwa aus persönlicher Rivalität) ausgetragen, sondern zwischen Caesar und seinen Gegnern, die Pompeius für sich instrumentalisierten. Crassus' Stärke war es eher, im Hintergrund seinen Einfluss geltend zu machen. Hätte er noch gelebt, hätte er vielleicht verhindern können, dass sich die innenpolitische Situation so zuspitzt, dass Caesar keine andere Wahl mehr bleibt als sich entweder seinen Gegnern auf Gedeih und Verderb auszuliefern oder aber den Bürgerkrieg zu wagen. Wenn es ihm zumindest gelungen wäre zu verhindern, dass Caesars Gegner Pompeius in ihr Lager ziehen, hätten Caesars Gegner es vielleicht nicht gewagt, so offensiv auf Konfrontationskurs zu gehen, da ihnen dann für den Fall eines Bürgerkriegs das Aushängeschild und der erfolgreiche Feldherr auf ihrer Seite gefehlt hätten.
Für den Fall, dass es dennoch zum Bürgerkrieg gekommen wäre, glaube ich ausschließen zu können, dass sich Crassus auf Pompeius' Seite geschlagen hätte, denn die beiden verstanden sich nicht und arbeiteten lediglich interessenhalber gelegentlich zusammen. Crassus wäre aber wohl klar gewesen, dass im Fall von Pompeius' Sieg er auch ausgespielt hätte. Crassus wäre also aller Wahrscheinlichkeit nach entweder neutral geblieben oder hätte Caesar (mit dem er sich verstand) unterstützt.
Allerdings, wenn Crassus noch gelebt hätte und ein Machtfaktor gewesen wäre, wäre das vielleicht auch ein Grund für Caesars Gegner gewesen, es nicht auf eine Konfrontation mit Caesar ankommen zu lassen: Nicht nur, weil sich Crassus vielleicht mit Caesar zusammengetan hätte, sondern auch weil Pompeius und somit sie selbst viel schwächer gewesen wären. Pompeius verfügte nämlich über eine umfangreiche Klientel im Osten des Reiches - und dort wäre aber im Alternativszenario Crassus gesessen, sodass die zu erwartende Unterstützung für Pompeius geringer gewesen wäre.
Weiters stellt sich aber auch die Frage, ob Crassus überhaupt in der Lage gewesen wäre, in einem allfälligen Bürgerkrieg zu intervenieren, oder ob er nicht noch alle Hände voll mit seinem eigenen Krieg gegen die Parther zu tun gehabt hätte.
Du siehst also, es gibt viele Wenns und Vielleichts. Sinnvolle Aussagen sind eigentlich nicht möglich.
Zu Crassus' Ambitionen: Wer kann schon in einen Menschen hineinsehen? Letztlich scheiterte er daran, dass er wie Caesar und Pompeius ein großer Feldherr und Eroberer sein wollte. Innenpolitisch stand er meist nicht so sehr im Vordergrund, sondern ließ eher Geld und Beziehungen spielen, wenngleich er natürlich auch die Ämterlaufbahn durchlief, zweimal das Konsulat bekleidete und Censor wurde. Er wollte auch angesehen und beliebt sein, suchte dies aber nicht ausschließlich politisch zu erreichen, sondern auch indem er sich z. B. als Anwalt betätigte.